Protokoll der Sitzung vom 15.12.2020

(Zuruf von Ann Christin von Allwörden, CDU)

und auch mit Selbstverantwortung sehr gut vermischen lässt, will ich an einem Beispiel erläutern, an einem eigenen, an meiner Familie. Da habe ich einen Bruder, der arbeitet im Gastronomiebereich, der hat quasi ein Berufsverbot. Der ärgert sich. Der weiß jetzt nicht, wo er seine Kinder, der muss sich über seine Kinder jetzt erst mal keine Gedanken machen. Dann gibt es da die Frau mit Kindern, alleinerziehend, wenn die Kita zumacht, muss sie um ihren Arbeitsplatz bangen oder zumindest in Zukunft schauen, sucht sich mein Arbeitgeber nicht irgendjemanden ohne Kinder, damit er nicht mehr vor diese Herausforderung gestellt wird, wenn sie wegfällt quasi, weil sie ihre Kinder zu Hause betreuen muss. Und dann habe ich da den Bruder im Einzelhandel, der ganz normal weiterarbeitet und einen Kontakt nach dem anderen hat dort im Einzelhandel, aber alle arbeiten für sich auch eigenverantwortlich.

Und da will ich zurückkommen, wir haben einen Risikofall zu Hause bei uns – und da komme ich auch auf Weihnachten zu sprechen –, …

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Das interessiert Sie alle nicht, ich erzähle es trotzdem.

… und wir alle haben uns verständigt, dass wir Weihnachten schmaler ausfallen lassen, um diesen Risikopatienten zu beschützen. Und das ist Eigenverantwortung, meine Damen und Herren, und auf der anderen Seite aber auch Kritik an den Maßnahmen, und beides funktioniert und beides passt zusammen und beides muss möglich sein in einer lebhaften Demokratie. Und dafür stehen wir und nichts anderes steht bei uns in unserem Antrag drin: Risikogruppen beschützen, auf Eigenverantwortung setzen, aber Zwangsmaßnahmen wirklich nur da, wo es absolut nötig ist, meine Damen und Herren. Das wollte ich hier noch mal loswerden. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD und Holger Arppe, fraktionslos – Peter Ritter, DIE LINKE: Das war ja nicht doll! Das hat uns jetzt weitergebracht.)

Für die Fraktion der SPD hat noch einmal das Wort der Abgeordnete Barlen.

Ja, sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wie falsch das ist, was Sie hier gerade alles erzählt haben, konnte man sehen, wenn man sich die Demonstration unten angeschaut hat: nichts mit Eigenverantwortung, keine Masken, kein Abstand. Professor Weber hat selber gepostet. Völliger Schuss nach hinten!

Und dann wollte ich noch sagen, Dr. Jess, ich weiß nicht, bei welcher studentischen Seminararbeit Sie Ihre eigenen Zahlen da abgeschrieben haben. 7.514 Tote in Schweden, das ist die Zahl der Johns-Hopkins-Universität und des schwedischen Gesundheitsministeriums, alles andere müssten Sie hier mal darlegen. – Danke!

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse zunächst über den Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/5666 abstimmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Herr Arppe, stimmen Sie auch zu? Das kann ich nämlich nicht erkennen durch das Spiegeln hier. Gegenprobe, bitte! – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/5666 bei Zustimmung durch die Fraktion der AfD und den fraktionslosen Abgeordneten, ansonsten Gegenstimmen aller anderen anwesenden Abgeordneten abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE auf Drucksache 7/5673. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Danke schön! Gegenprobe. – Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE auf Drucksache 7/5673 bei Zustimmung durch die Fraktionen von SPD, CDU, DIE LINKE und die fraktionslose Abgeordnete und Gegenstimmen der Fraktionen der AfD und des fraktionslosen Abgeordneten angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktionen der CDU und SPD – MV Werften unterstützen, auf Drucksache 7/5674.

Antrag der Fraktionen der CDU und SPD MV Werften unterstützen – Drucksache 7/5674 –

Das Wort zur Begründung des Antrages wird nicht gewünscht.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 55 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen und wir verfahren so.

Zunächst hat ums Wort gebeten für die Landesregierung der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Das Geburtstagskind!)

Bitte schön, Herr Minister Glawe!

(Andreas Butzki, SPD: Früher hat er ʼne Torte mitgebracht. – Simone Oldenburg, DIE LINKE: Früher hat er uns allen was geschenkt. – Heiterkeit bei Andreas Butzki, SPD: Und wenn es nur ein Burger ist an der Tankstelle.)

Das waren Berliner.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! „MV Werften unterstützen“ ist ein kurzer, aber prägnanter Antrag, den SPD und CDU formuliert haben. Wir haben in den letzten Jahren erlebt, dass gerade Genting Hong Kong hier in Mecklenburg-Vorpommern drei große Werften betrieben hat, und das sehr erfolgreich. Und lassen Sie mich kurz zurückschauen: Im Dezember, im Januar dieses Jahres waren wir davon aus

gegangen, dass es maximal eine Epidemie ist, Covid-19, und keine Pandemie. Ich will alle daran erinnern, in Wuhan waren die ersten Ausbrüche in China zu erkennen und wir waren in Europa noch relativ entspannt. Das hat sich allerdings innerhalb von zweieinhalb Monaten geändert. Am 15. März hatten wir den ersten Lockdown, das heißt, Ausgangssperre, und wir mussten dafür sorgen, dass die Infektionszahlen nicht weiter steigen, und wir hatten gar keine Erfahrung mit diesem neuen Covid19-Erreger, den die Welt so noch nie gesehen hat, wenn man die Schwarze Grippe 1917/18/19 in Verbindung mit dem Ersten Weltkrieg mal vor Augen hat. Also ein gewisses kollektives Vergessen hat auch in hundert Jahren eingesetzt.

Ja, meine Damen und Herren, es ist natürlich so, dass wir insgesamt natürlich eine Riesenherausforderung haben, und diese Riesenherausforderung heißt eben auch, jedenfalls aus unserer Sicht, dass wir einem Unternehmen, das unverschuldet in Schwierigkeiten gekommen ist, helfen sollten, solange wir es wirtschaftlich verantworten und rechtlich sicher können.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Und, meine Damen und Herren, es war 2016 ein Glücksfall, dass Genting nach Mecklenburg-Vorpommern gekommen ist. Die haben fast 2 Milliarden Euro hier investiert. Sie haben aus 1.300 Beschäftigten 3.200 Beschäftigte gemacht, sie haben dafür gesorgt, dass viele Zulieferer entstanden sind, und sie haben dafür gesorgt, dass auch eine gewisse positive Stimmung in der Industrielandschaft in Mecklenburg-Vorpommern herrscht, sprich, das maritime Herz Mecklenburg-Vorpommerns, die Werften, hat wieder geschlagen – aber eben nur bis zum 15. März dieses Jahres. Und dann kamen die Schwierigkeiten. Man kann es so bezeichnen oder auch ein Bild malen, dass ein Schiff bei voller Fahrt auf einen Eisberg rammt. So ähnlich kann man es...

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Das hatten wir heute schon mal, nur mit einem Auto.)

Ja, dass Sie das nicht verstehen, Herr de Jesus Fernandes, das verstehe ich schon. Also Ihnen fehlt ja jede Fantasie,

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Ich hab gesagt, das hatten wir heut schon mal, die Geschichte, nur mit einem Auto.)

Ihnen fehlt jede Fantasie, und ich kann Ihnen nur mal raten, ab und zu auch mal zuzuhören. Und dann können Sie Ihren Spruch gerne tun.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Nee, das ist einfach … Ich will das mal mit einem Grundschüler vergleichen, der sozusagen in der Klasse immer der Pausenclown ist.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)

Meine Damen und Herren, natürlich ist es so, dass die Werftenstandorte eine Riesenherausforderung für das Land Mecklenburg-Vorpommern, aber auch für die Bun

desregierung darstellen. Und wir haben natürlich in den letzten Monaten viel unternommen, um die Liquidität auf den Werften mit Unterstützung aller zu sichern. Trotzdem muss man feststellen, nachdem wir sehr lange darüber diskutiert haben, wie kriegen wir einen Plan A umgesetzt, also wie kriegen wir Universalschiffe dann auch geordert und wie kriegen wir sie gebaut, da gab es lange die Überlegung, mindestens zwei Universalschiffe zusätzlich in das Portfolio hineinzuholen, zu den Schiffen, die jetzt schon fast fertig sind. Dieser Plan musste zurückgestellt werden, und zwar hat ihn Genting zusammen mit der Bundesregierung zurückgestellt, weil die Liquidität des Unternehmens nicht so groß ist, dass man sagen kann, man kann solche Investitionen stemmen. Auch der Mutterkonzern hat keine Einnahmen, er lebt von der Kreuzfahrt.

Und das sind all die Dinge, die uns natürlich Kopfzerbrechen machen und uns auch weiter fordern. Aber wir haben in den letzten Tagen auch erreicht, dass wir durchaus auch durch den Vorratsbeschluss, den dankenswerterweise heute der Finanzausschuss heute Morgen gefasst hat, dass wir weitere 57 Millionen einsetzen können, sofern Genting bis Freitag ein positives Signal dazu gibt. Das haben wir als Landesregierung sehr intensiv mit dem Bund verhandelt, und ich will mich ausdrücklich bei Reinhard Meyer bedanken, der sehr intensiv mitgetan hat, um den Bund zu überzeugen, dass wir jede Chance nutzen wollen, die irgendwie noch möglich ist, dieses Unternehmen am Leben zu halten. Dass das nicht leicht ist, will ich hier nicht verhehlen.

Aber andererseits, was machen wir, wenn wir da eine Werftruine stehen haben? Eine Werft kaltzustellen, geht schnell, aber sie wieder warm zu machen und für andere Produktionen vorzubereiten, ist äußerst schwierig. Und da haben wir unsere Erfahrungen. Wir haben ja auch bei P&S Werften gesagt, die Werft bleibt warm, egal, was passiert.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Und die Entscheidung war damals richtig und es kann jetzt nicht richtig sein, andersrum zu sagen, nach den großen Investitionen, die hier auf den Werften stattgefunden haben, dass wir dieses Thema jetzt überhaupt nicht mehr angehen.

Meine Damen und Herren, es ist natürlich so, dass wir weitere Gespräche und auch Verhandlungen brauchen. Am Ende geht es darum, den Plan B unter den Wirtschaftsstabilisierungsfonds zu bringen. Das würde bedeuten etwa 450 Millionen Euro vom Bund zur Finanzierung dann auch von „Global 1“. Und das sollte es wert sein, dafür zu kämpfen, dass wir einerseits die „Endeavor“ fertigbauen, die wird ja schon im nächsten Jahr fertig und „Global 1“ 2022.

Grundsätzlich geht es darum, Zeit zu kaufen, um zu gucken, ob sich weitere Geschäftsfelder dann auftun. Nichts ist schlimmer, als wenn man eine Werft zumacht und damit keine Perspektiven hat.

(Präsidentin Birgit Hesse übernimmt den Vorsitz.)

Deswegen sind wir als Landesregierung bereit, mit Ihnen zusammen, solange Sie den Weg natürlich auch mittragen, und der muss ja in gewisser Weise auch logisch sein, so lange sind wir bereit, die Dinge auch auf den

Weg zu bringen und damit eine Weiterführung der Werften, wenn es irgendwie geht, zu sichern.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Wir brauchen weitere Meilensteine, über die wir dann reden müssen, wenn wir jetzt wissen, was passiert. Ich will nur noch mal darauf hinweisen, worum es auch geht. Es geht natürlich – und das will ich auch Herrn de Jesus Fernandes mal sagen, wir haben alleine für die kleinen und mittleren Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern, das sind 36.000, haben wir 340 Millionen Euro zur Stützung der Wirtschaft ausgegeben –, also es geht nicht nur um Werften, sondern es geht um den gesamten Mittelstand und um kleine Unternehmen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Ich meine, Sie sind der Wirtschaftsexperte, das müsste Sie doch interessieren, ne?