Protokoll der Sitzung vom 06.04.2017

Sehr geehrte Damen und Herren, vor diesem Hintergrund ist es besonders wichtig, dass Familien eine starke Lobby in der Gesellschaft haben. Genau dies wird durch den AfD-Antrag aber konterkariert. Dieser Antrag ist Populismus pur – viel schlimmer: Er hilft Familien nicht, sondern diskriminiert und grenzt aus. Und das, meine Damen und Herren, ist mit mir nicht zu machen. Es dürfte sich auch bis zur AfD herumgesprochen haben, dass Diskriminierung aufgrund der Herkunft oder der Rasse in Deutschland ausdrücklich verboten ist.

(Holger Arppe, AfD: Machen wir doch gar nicht.)

Das gilt nach Paragraf 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes auch und erst recht für den Sozialschutz, soziale Leistungen und soziale Vergünstigungen. Hören

Sie auf, Ihre ideologischen Grabenkämpfe auf dem Rücken der Familien auszutragen! Das war in Brandenburg völlig daneben und ist es auch in Mecklenburg-Vorpommern.

Sehr geehrte Damen und Herren, kommen wir zu einem anderen Aspekt. Der AfD-Antrag suggeriert, dass die Förderung von Familien unzureichend ist. Was ist denn Ihr Maßstab dafür? Der Bund gewährt wesentliche finanzielle Leistungen für Familien, vom Mutterschaftsgeld über Elterngeld, ElterngeldPlus und Elternzeit bis zu Kindergeld, Kinderregelsätze im SGB II, steuerrechtliche Leistungen und weitere soziale Transferleistungen.

Mecklenburg-Vorpommern hält insbesondere nachfolgende Leistungen vor:

ein umfangreiches qualitatives Netz von lebenslangen

und bedarfsorientierten Beratungs- und Unterstützungsangeboten,

Bildung, Erziehung und Betreuung von jungen Kin

dern, verbunden mit der weiteren finanziellen Entlastung von Familien – wie stark das Land in den Kitabereich investiert hat, habe ich bereits gestern deutlich gemacht –,

im Schul- und Ausbildungsbereich,

bei der Ansiedlung von Gewerbe und Unternehmen

und damit der Schaffung und dem Erhalt von Arbeitsplätzen

flankierende Programme zur Beseitigung bezie

hungsweise Verhinderung von Arbeitslosigkeit und Langzeitarbeitslosigkeit, damit Familien ihren Lebensunterhalt selbst erarbeiten und ein ausreichendes Erwerbseinkommen erzielen können,

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Erhalt einer funktionierenden Infrastruktur, wie medi

zinische Versorgung, öffentlicher Personennahverkehr, Einkaufsmöglichkeiten, Kultur und Sport, Orte der Freizeit und Begegnung der Generationen.

Familien – ich betone: alle Familien – erhalten Unterstützung bei der Erziehung ihrer Kinder durch niedrigschwellige Angebote der Familienbildung, können Erfahrungen mit anderen Eltern austauschen und können so Strategien entwickeln, die ihre Kompetenzen im Interesse ihrer Kinder weiterentwickeln. Dazu dienen auch die Familienzentren, Familienbildungseinrichtungen und Mehrgenerationenhäuser.

Besonders belastete Familien können gemeinsam Familienerholungsangebote in Familienferienstätten des Landes in Anspruch nehmen, die durch das Land gefördert werden. Und insbesondere die bestehenden Lokalen Bündnisse für Familien setzen sich vor Ort dafür ein, dass Familien mehr Zeit füreinander haben. Gemeinsam mit den Familien und den Kommunalverwaltungen sowie weiteren Akteuren entwickeln sie Angebote, die das Leben für Familien erleichtern – Öffnungszeiten von bestimmten Einrichtungen, Familienpatenprojekte, Sicherheit im Straßenverkehr und Ähnliches.

Sehr geehrte Damen und Herren, das alles zeigt, wie vielschichtig und breit gefächert die Angebote zur Unter

stützung und Förderung von Eltern und Kindern in ihrer Gesamtheit sind. Deshalb gestatten Sie mir noch eine Ergänzung: Auch Paare mit unerfülltem Kinderwunsch, auch sie erhalten eine Unterstützung. Dies zeigt noch einmal mehr, dass Frauen und Männer in ihrer Einzigartigkeit unterschiedliche Maßnahmen und Angebote benötigen, und dies muss eine gute Familienpolitik beachten.

Der uns vorliegende Antrag vernachlässigt das jedoch komplett. Es sollen nur „Bürger Mecklenburg-Vorpommerns“, die „mindestens fünf Jahre“ hier leben, gefördert werden.

(Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)

Warum werden Familien, die aufgrund eines Umzugs nach Mecklenburg-Vorpommern kommen, ausgeschlossen? Wenn man Ihr Staatsbürgerverständnis zugrunde legt, wird Ihre Intention klar. Die Wahrheit hinter dieser Formulierung ist Ihre Fremdenfeindlichkeit.

(Thomas Krüger, SPD: Sehr richtig, Frau Ministerin, sehr richtig. – Zuruf von Holger Arppe, AfD)

Mit Ihrer scheinheiligen Formulierung sollen nicht deutsche Familien ausgeschlossen und diskriminiert werden. Solche Anträge hat in der vergangenen Legislaturperiode bereits eine andere, glücklicherweise nicht mehr im Landtag befindliche Fraktion gestellt.

(Thomas Krüger, SPD: Genau.)

Denken Sie darüber mal nach!

(Zurufe von Holger Arppe, AfD, und Enrico Komning, AfD)

Deshalb mein klares Votum: Keine Unterstützung für dieses Ansinnen! Das ist kein familienpolitischer Antrag, sondern ein dünnes, ideologisches Pamphlet. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Torsten Koplin, DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Ministerin.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal darauf aufmerksam machen, dass, wie ich festgestellt habe, während der Rede der Ministerin – die sich davon Gott sei Dank nicht hat beeindrucken lassen – hier eine Lautstärke, ein unterschwelliges Gemurmel im Saal war, die es eigentlich einem Redner schwermacht. Ich bitte darum, doch die Gespräche auf ein Minimum zu reduzieren beziehungsweise notwendige Gespräche draußen in der Lobby zu führen, damit hier auch ein ordnungsgemäßer Ablauf gewährleistet werden kann.

Das Wort hat jetzt der Vorsitzende der Fraktion der AfD Herr Holm.

Oh, Moment! Herr Holm, Sie sind noch nicht dran. Jetzt ist erst mal Frau Bernhardt dran.

(Heiterkeit bei Jochen Schulte, SPD: Das hat mich jetzt auch irgendwie irritiert.)

Nun habe ich den weiten, beschwerlichen Weg auf mich genommen.

(Zurufe von Thomas Krüger, SPD, und Simone Oldenburg, DIE LINKE)

Das tut mir leid, aber das ist von der Reihenfolge hier verkehrt festgehalten.

(Zuruf von Holger Arppe, AfD)

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der AfD heißt „Familien durch Darlehen gezielt fördern“. Jeder Fraktion hier von uns im Landtag liegt es daran, Familien in unserem Land zu halten und ihnen gute Rahmenbedingungen sowohl für die Familie als auch für ihren Beruf zu geben.

(Enrico Komning, AfD: Klappt nur nicht so richtig.)

Ein menschenleeres Mecklenburg-Vorpommern will niemand. Aber in der Umsetzung, wie wir dieses fordern, haben wir einfach unterschiedliche Ansätze. Die Unterschiede fangen schon beim Familienbegriff an. Während die AfD von einem traditionellen Familienbegriff ausgeht,

(Enrico Komning, AfD: So ist es.)

auf eine „Familie, bestehend aus Vater, Mutter und“ zwei „Kindern“, abzielt,

(Enrico Komning, AfD: Ja.)

so, wie es im Punkt I.1 geschrieben steht, geht DIE LINKE von einem weiten Familienbegriff aus.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig.)