Protokoll der Sitzung vom 27.09.2017

Nun ist auch mir klar, dass man solche Konzerne, große Unternehmen wie Genting, nicht mit einem 5-MannBetrieb in Mecklenburg-Vorpommern vergleichen kann, aber ich sage, man muss zweierlei Dinge tun: Man muss zum einen die Chancen nutzen, die sich mit dem Bau dieser Ozeanriesen beispielsweise für die Werften, die Standorte und die regionale Wirtschaft drum herum bieten, und man muss andererseits überlegen, wie man tatsächlich kleine Unternehmen besser unterstützen kann. Da gibt es ja viele Ansatzpunkte, die man nennen könnte, zum Beispiel die bessere Unterstützung bei der betrieblichen Gesundheitsvorsorge, Hilfe bei der Gestaltung des digitalen Wandels in der Arbeitswelt, die Beratung bei der Sicherung der Unternehmensnachfolge, die Ausweitung der Mittel für die Verbundforschung oder auch die Herstellung von Chancengleichheit im Zusammenhang mit Ausschreibungen.

Aktuell sind kleine Unternehmen bei der Frage, ob sie Tarif zahlen oder nicht, ob sie öffentliche Aufträge bekommen oder nicht, ein Stück weit in den sogenannten Hintern gekniffen, weil da in aller Regel der Preis regiert und nichts anderes. Ich hatte heute eigentlich erwartet, dass auf der Tagesordnung der ersten Landtagssitzung nach der Sommerpause ein Entwurf Ihres tollen, unschlagbaren Vergabegesetzes steht, Herr Schulte. Gefunden habe ich nichts und seit gestern 17.00 Uhr weiß ich auch, warum. Sie wollen bis Anfang Dezember weiterreden

(Peter Ritter, DIE LINKE: Gut Ding will Weile haben.)

und dann geschlagene 14 Monate, nachdem sich dieses Parlament konstituiert hat, endlich erste Vorschläge präsentieren, wie Sie das Gesetz ändern und auch für neue, überarbeitete Förderrichtlinien sorgen können.

Immerhin spricht, nachdem wir im Sommer noch einen Schlagabtausch zur Auslegung des Koalitionsvertrages bezüglich dieser Themen erleben durften, nun auch die CDU von der Notwendigkeit wettbewerbsfähiger Löhne.

(Vincent Kokert, CDU: Ja. – Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr gut!)

Herr Kokert, „gute Löhne“ hätte mir besser gefallen. Das haben ja auch Ihre Strategen aus dem Konrad-AdenauerHaus im Bundestagswahlkampf landauf, landab plakatiert.

(Vincent Kokert, CDU: Ich bin aber nicht bei den LINKEN, Herr Foerster!)

Man muss ja staunen, was sich in einem Jahr Abwesenheit vom Landtag so alles ändert.

(Heiterkeit und Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Heiterkeit bei Vincent Kokert, CDU)

Ausgerechnet ein CDU-Wirtschaftsminister will jetzt auch die Langzeitarbeitslosigkeit mit Bürgerarbeitsplätzen bekämpfen

(Vincent Kokert, CDU: Ja, und nun?)

und reicht, wie ich jüngst lesen durfte, Preise für die Gesundheitsförderung aus

(Vincent Kokert, CDU: Dann loben Sie das doch mal, Herr Foerster! – Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Links wirkt! Links wirkt!)

bei kleinen Unternehmen, in der letzten Legislatur alles noch „linkes Teufelszeug“ – na ja.

(Zurufe von Sebastian Ehlers, CDU, und Dietmar Eifler, CDU)

Herr Minister, vielleicht müssen wir beide auch mal einen Werbespot drehen, so nach dem Motto „Wer hats erfunden?“

(Heiterkeit und Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Minister Harry Glawe: Im Zweifel die CDU! Im Zweifel die CDU!)

Ich nehme dann in Anspruch, dass ich das kleine Männchen bin, das Sie befragt.

Aber Spaß beiseite, meine Damen und Herren! Es geht ja auch darum, alte Denkmuster zu überwinden. Die Vereinbarkeitsfragen mit Erwerbs- und Privatleben dürfen eben nicht nur unter dem Aspekt der steigenden Flexibilisierungsanforderungen in Unternehmen diskutiert werden. Der Mindestlohn muss als das begriffen werden, was er ist, nämlich eine Lohnuntergrenze.

(Torsten Renz, CDU: Wie viel hätten Sie denn gern?)

Und, Herr Waldmüller, Tarifflucht und die Mitgliedschaft in sogenannten OT-Arbeitgeberverbänden müssen weiterhin stärker thematisiert und aus meiner Sicht geächtet werden. Die Landesregierung muss im Dezember endlich

Farbe bekennen und ernst machen mit den Vorhaben, die ich aufgezählt habe.

Darüber hinaus sollten wir im Übrigen auch im Bundesrat wieder Druck machen, um die Allgemeinverbindlichkeitserklärung zu erleichtern. Wie wichtig das ist, können Sie sehen, wenn Sie sich mal mit der Tarifauseinandersetzung im Einzelhandel beschäftigen. 2014, wo wir noch 30 Prozent Tarifbindung hatten, haben wir heute, drei Jahre später, nur noch 21 Prozent.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Die Folge davon ist, dass die überwiegend weiblichen Beschäftigten in prekären Beschäftigungsverhältnissen sind und eine der größten Gruppen, die der sogenannten Aufstockerinnen, in Deutschland darstellen.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Das können wir nur ändern,

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

wenn wir noch mal über das Vetorecht für die Arbeitgeber im gemeinsamen Ausschuss reden.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Meine Damen und Herren der SPD, wollen wir hoffen, dass den großen Ankündigungen von gestern Nachmittag nun auch tatsächlich große Taten folgen.

(Vincent Kokert, CDU: Da mache ich Ihnen nicht viel Hoffnung.)

Aus unserer Sicht kann es schlichtweg nicht sein, dass wir einerseits Unternehmen bei größeren und kleineren Investitionsvorhaben unter die Arme greifen und die dann hinterher Löhne zahlen, die direkt in die Altersarmut führen. Das wäre eine absurde Geschichte.

Und, Herr Waldmüller, auch noch eine Bemerkung zum Sommertheater zwischen den Koalitionsfraktionen: Wenn das Land als Fördermittelgeber Bedingungen für die Ausreichung selbiger definiert, hat das nun wirklich überhaupt nichts mit Tarifautonomie zu tun. Das sollten Sie als Chef eines Unternehmerverbandes nun wirklich besser wissen, und diese Mär sollten Sie auch nicht weiterverbreiten.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, wir werden der Landesregierung, die es ja bislang nicht mal geschafft hat, das Bündnis für Arbeit, das immer so hoch gelobt wird als gemeinsame Gesprächsebene zwischen Gewerkschaften, Arbeitgebern und Politik, ein Mal tagen zu lassen, auf die Finger schauen, damit es nächstes Jahr nicht wieder heißt „Worte, nur Worte“ oder „Und täglich grüßt das Murmeltier“. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion BMV der Abgeordnete Herr Wildt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Werte

Gäste! Die Fraktion Bürger für Mecklenburg-Vorpommern formuliert zum aufgerufenen Thema eine klare Zielposition: Das Bruttosozialprodukt pro Einwohner in Mecklenburg-Vorpommern soll wachsen, damit ein Wachstum der Durchschnittslöhne daraus finanziert werden kann, denn alles das, was verteilt werden soll, was als Lohn ausgezahlt werden soll, muss ja vorher erst einmal verdient und erarbeitet werden.

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Mit einer Schlusslichtposition in Deutschland können und wollen wir uns nicht abfinden.

(Beifall Ralf Borschke, BMV)

Mehr Einkommen bedeutet gerade im Falle von Mecklenburg-Vorpommern eine massive Verbesserung der Lebenssituation.

Und, Herr Waldmüller, da hilft auch der Vergleich der Lebenshaltungskosten beziehungsweise des frei verfügbaren Einkommens nicht weiter. Die vorpommerschen Landkreise sind deshalb so prekär, weil wir dort in den Urlaubsgebieten recht hohe Lebenshaltungskosten gerade im Wohnbereich und gleichzeitig niedrige Löhne antreffen. Diese niedrigen Löhne liegen zum Teil an den Saisonarbeitsplätzen. Wir brauchen mehr gut bezahlte Ganzjahresarbeitsplätze. Und es bedarf mehr hoch qualifizierter Arbeitsplätze, zum Beispiel in der gewerblichen Produktion mit exportfähigen Produkten oder in innovativen Unternehmen, die zum Beispiel die Chancen der Digitalisierung nutzen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der BMV)

Internationalisierung bietet viele Chancen, da haben Sie recht, Herr Schulte, die Globalisierung. Wir sind auch für den freien Welthandel, aber wir legen sehr viel Wert auf faire Regeln. Freier Welthandel und Globalisierung funktionieren nur, wenn die Regeln fair sind, und das war in der Vergangenheit nicht immer der Fall. Ein breiteres Spektrum an beruflichen Möglichkeiten dient darüber hinaus nicht nur der Einkommenssteigerung, sondern bietet den jungen Menschen im Land auch vielseitigere berufliche Perspektiven, sodass sich mehr junge Menschen entscheiden können, im Lande zu bleiben oder auch nach MecklenburgVorpommern zu kommen.

Das Wachstum innovativer Unternehmen und das Aushandeln von Tariflöhnen in der freien Wirtschaft sind keine staatlichen Aufgaben. Die Politik kann also weder seriös Versprechungen machen, noch hätte eine staatliche Instanz überhaupt die Möglichkeit zu entscheiden, welche Unternehmen innovativ sind. Daher ist ein Wunschkonzert an dieser Stelle entbehrlich. Trotzdem ist es richtig, dieses Thema hier im Landtag zu diskutieren und damit eine möglichst gemeinsame Zielvorstellung für unser Land zu erarbeiten.

Ein üblicher Verlauf dieser Diskussion wäre wohl, dass Herr Minister Glawe auf die Erfolge und Fortschritte der Landesregierung hinweist. Gerade gestern wurde ja wieder ein Erfolg im Schweriner Industriepark gefeiert: Firma Ypsomet. Die Oppositionsfraktionen sind damit selbstverständlich nicht zufrieden. Gefragt sind also möglichst neue und möglichst konkrete Ideen, wie es gelingen kann, noch viele weitere innovative Unter