Protokoll der Sitzung vom 28.09.2017

und wenn Sie sich persönlich angegriffen fühlen aufgrund dieser Ausführungen, was Rechtsradikalität betrifft, dann erwarte ich, dass Sie Ihren Unmut nicht in Form einer Anfrage zum Ausdruck bringen, sondern ich erwarte, dass Sie hier ans Mikro treten und in einer Debatte Stellung beziehen zu Hersel und Co und zu diesen Aussagen.

(Sebastian Ehlers, CDU: Richtig. – Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Das ist Ihre Verantwortung.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und Christel Weißig, BMV)

Ansonsten muss ich persönlich Ihr Dementi als halbherzig empfinden.

(Sebastian Ehlers, CDU: So ist es. – Dr. Ralph Weber, AfD: Das dürfen Sie ruhig so empfinden. – Zurufe von Jochen Schulte, SPD, und Sebastian Ehlers, CDU)

Ich möchte Ihnen zum Schluss sagen, dass ich glaube, dass unsere Demokratie in diesen 27 Jahren, auch hier in unserem jungen Bundesland, gewachsen ist. Viele Kollegen haben mit mir zusammen zehn Jahre – ich nicht ganz, aber andere –, zehn Jahre NPD ausgehalten, menschenverachtende Meinungen. Ich glaube auch, dass wir solche Fälle in dieser Demokratie aushalten werden mit allen Gefahren, die ich sehe, die ich beschrieben habe. Ich glaube auch nicht – das ist meine persönliche Auffassung –, dass wir hier zu Verfassungsänderungen kommen müssen und sollten, um im Nachgang Leuten ihr Mandat zu entziehen, weil ich denke, wir sind in der Lage, in einer demokratischen Auseinandersetzung in einem funktionierenden Gemeinwesen unter dem Blick der kritischen Öffentlichkeit durch Wahlen uns immer wieder zu regenerieren. Deshalb sage ich Ihnen, unser Land, dieses Parlament wird auch Abgeordnete überstehen, deren Herzen voller Zorn, deren Köpfe voller Wut und deren Worte voller Hass sind. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und Christel Weißig, BMV)

Danke, Herr Abgeordneter.

Das Wort erhält der Vorsitzende der Fraktion der BMV Herr Wildt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Werte Gäste! Liebe Bürger des Landes! Herr Renz hat es gerade richtig gesagt, ich bin noch Landessprecher der AfD hier in Mecklenburg-Vorpommern. Ich bin mir durchaus bewusst, dass ich deshalb auch eine Verantwortung für die Partei trage, so, wie sie sich entwickelt hat. Ich bin auf viele Dinge stolz, die wir in der AfD geleistet haben, aber, wie Sie sich vorstellen können, natürlich nicht auf alles. Ich übernehme auch die Verantwortung für Fehlentwicklungen, sofern sie stattgefunden haben.

Dem vorliegenden Antrag stimmen wir als Fraktion Bürger für Mecklenburg-Vorpommern zu. Da gibt es auch kein Wenn und Aber. Allerdings möchte ich Sie schon bitten, bei der Beurteilung von Menschen an einige Dinge zu denken. Man sollte immer den ganzen Menschen im Auge behalten, nicht nur einzelne Facetten.

Herr Renz, Sie sagten gerade dieses chinesische Sprichwort, aus den Gedanken wird nach einer Kette dann der Charakter. Das ist richtig, aber, wenn man jetzt einzelne Mitteilungen zum Beispiel aus diesen Chats nimmt, dann kann man daraus eben noch nicht zwingend auf den Charakter schließen. Diese Fragen sollten wir uns erst mal noch einen Moment lang offenhalten. Dann geht es aber weiter: Wie lange werden solche Äußerungen geleistet? Ist das nachhaltig? Ist das andauernd oder sind das einzelne Dinge? Herr Ritter hatte eben meine Kollegin Frau Weißig angesprochen. Da bin ich fest der Überzeugung, es war einfach eine einzelne Aktion, die man überhaupt nicht vergleichen kann mit den ArppeChats – überhaupt nicht.

Dann ist das Entscheidende, wie man sich dazu verhält. Gibt es eine Distanz? Kann man sich selbst reflektieren? Kann man vielleicht auch seinen Kurs korrigieren, oder ist das nicht möglich? Versucht man zu relativieren? Versucht man mit Gegenangriffen sozusagen abzulenken von der eigenen Verantwortung? Das kann nicht unser Weg sein, das ist nicht der Weg der Bürger für Mecklenburg-Vorpommern.

(Beifall vonseiten der Fraktion der BMV)

Ich nenne da ganz ausdrücklich noch mal unsere Fraktion. Das ist natürlich mit ein Grund, warum wir ausgetreten sind. Und wir, …

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Ja, kleinen Moment, Herr Weber!

… und wir haben heute nach der Rede von Ralph Weber endgültig beschlossen, sämtliche Gespräche mit der AfDFraktion bezüglich einer eventuellen Rückkehr abzubrechen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE, BMV und Dr. Ralph Weber, AfD – Vincent Kokert, CDU: Oh, das ist eine gute Entscheidung.)

Leider habe ich...

(Dr. Ralph Weber, AfD: Austreten!)

Es wurde gerade gefordert, dass ich austreten soll. Das sind persönliche Dinge, die werde ich in einer persönlichen Erklärung machen. Ich möchte das Parlament hier nicht über Gebühr damit belasten, zumal ich nur sehr wenig Redezeit habe.

(Zuruf von Stephan J. Reuken, AfD)

Das kommt also auch noch, das ist richtig.

Aber der entscheidende Punkt ist heute noch mal sehr deutlich geworden: Ist man bereit, seinen Kurs zu reflektieren, eventuell auch mal zu korrigieren, oder ist man das nicht? Wer diesen Abstand zu sich selber nicht herstellen kann – da führen dann auch alle Gespräche zu nichts. Wir haben es letzten Endes versucht, und es war eigentlich so gemeint, dass man vielleicht noch mal gemeinsam darüber nachdenken könnte, wie man sich verbessern kann. Aber offensichtlich ist das nicht gewünscht, das tut mir sehr leid.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist sehr deutlich geworden bei Herrn Weber.)

Das ist sehr deutlich geworden, ja.

Dann wurde die Wahl der Liste angesprochen, dass wir alle Mann gemeinsam Herrn Arppe auf diese Liste gewählt hätten und jeder hätte Bescheid gewusst. Das muss ich allerdings abstreiten. Wir haben mit Sicherheit nicht darüber Bescheid gewusst, mit Ausnahme von einigen wenigen, die in diesem Chat waren.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Zum Beispiel Herr Manthei.)

Deren Aufgabe wäre es allerdings gewesen, diese Kandidatur zu verhindern, das ist richtig.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und BMV – Peter Ritter, DIE LINKE: Da wären Sie ja selber nicht auf die Liste gekommen.)

Es hat also nicht jeder,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ich gucke Sie gar nicht an, sondern den Kollegen da hinten.)

es hat also nicht jeder Bescheid gewusst.

Ich will auch noch mal ausdrücklich als Landesvorsitzender der AfD sagen: Wir haben sehr viele anständige Mitglieder in unserer Partei, die sich wahrscheinlich jetzt im Moment sehr darüber ärgern, welches Bild hier abgegeben wird, und die es nicht verdient haben, in diesen Schmutz hineingezogen zu werden. Ich bitte Sie, das zu bedenken und zu beachten.

(Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

Wir haben Millionen Wähler in Deutschland. Auch das sind zum allergrößten Teil sehr anständige Menschen, die ganz ehrenwerte Motive haben, eine andere Partei zu wählen als Sie. Da bitte ich, das zu respektieren. Es ist ein demokratischer Wettstreit. Wir haben etwas andere Ideen als Sie, wir sind eine konservative Partei.

(Vincent Kokert, CDU: Das sind wir auch. – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD)

Das wollen vielleicht auch andere sein,

(Zuruf von Stephan J. Reuken, AfD)

das wollen auch andere sein. Man muss diese Dinge …

(Unruhe bei Vincent Kokert, CDU, und Stephan J. Reuken, AfD)

Aber wie gesagt, ich will nichts relativieren. Ich möchte nur damit klarstellen, man muss diese Dinge voneinander trennen. Es geht nicht darum, einen allgemeinen Verdacht auszusprechen gegen alles, was AfD ist. Das wäre völlig unangemessen. Es sind Einzelfälle. Das kam aus Ihrem Antrag auch sehr deutlich heraus, und deswegen können wir ihn mittragen. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und BMV)

Danke, Herr Abgeordneter.

Das Wort hat für die Fraktion der SPD der Fraktionsvorsitzende Herr Krüger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir erleben eine Verrohung der Sprache und wir wissen, dass nach der Verrohung der Sprache die Verrohung der Tat kommt. Das hat mein Kollege Torsten Renz in ähnlicher Weise mit seinem Sprichwort ausgeführt. Dem kann man sich am Ende auch anschließen.

Konsens war hier im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern unter den demokratischen Parteien immer, dass wir die Aufgabe haben, die Gesellschaft zusammenzuführen, die Gesellschaft zusammenzuhalten und eben nicht die Gesellschaft einzuteilen in diese oder jene, in Gute oder Böse. Wir haben gehofft, dass mit der Abwahl der NPD aus dem Landtag die Verrohung der Sprache und damit die Bereitschaft der Verrohung der Gesellschaft abgewählt wurde. Ich muss sagen, nach dem, was ich hier erfahren habe – auch vor dem Hintergrund Ihrer relativierenden Rede, Herr Weber –, ist es uns leider nicht vergönnt, dass mit dem Auszug der NPD die Verrohung auch mit ausgezogen ist.

Sie, meine Herren von der AfD, haben sich fürchterlich aufgeplustert, als die Vizepräsidentin des Landtages vor etlichen Wochen hier festgestellt hat, dass sie der Meinung ist, dass es bei der AfD Menschen geben würde, die sich vorstellen könnten, Demokraten an die Wand zu stellen. Darüber haben Sie sich fürchterlich aufgeregt. Heute wissen wir, Frau Dr. Schwenke hatte seinerzeit recht, sie hat es vorausgesehen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und Christel Weißig, BMV)