Protokoll der Sitzung vom 16.11.2017

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Allein mit dem Blick in meine Gemeinde kann ich sagen, dass das, was das Leben im Ort tatsächlich ausmacht, was es lebenswert macht, wirklich dem unermüdlichen Engagement der Ehrenamtlichen zu verdanken ist. Das ist eigentlich, so behaupte ich mal, überall so.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns den guten Beispielen und guten Erfahrungen der anderen Bundesländer folgen. Wir müssen ja keinesfalls das Rad neu erfinden. Beispielsweise haben wir vor nicht allzu langer Zeit auf Initiative der Linksfraktion im Kreistag Vorpommern-Greifswald eine Ehrenamtskarte im Landkreis Vorpommern-Greifswald aufgelegt. In Rostock gibt es sie schon länger.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Schwerin auch.)

Wir brauchen also auch keine Modellprojekte mehr, wir sollten jetzt Nägel mit Köpfen machen. Wir sind zuversichtlich, dass die Karte ähnlich wie in anderen Bundesländern erfolgreich sein wird – eben eine Anerkennung mit Mehrwert. Die Inhaber erhalten einige Vergünstigungen und Rabatte, meine Kollegin ist darauf eingegangen.

Entscheidend ist natürlich die Attraktivität einer solchen Karte und damit verbunden, wie viele Akzeptanzstellen zu gewinnen sind. Natürlich brauchen wir klare Kriterien für die Vergabe und einen würdigen Rahmen für die Verleihung. Letztlich benötigen wir aber vor allem auch die Leute, die bei der Umsetzung der Ehrenamtskarte mitwirken, Leute, die die Kartenanträge bearbeiten, Karteninhaber betreuen und Akzeptanzstellen akquirieren. Ganz ohne zusätzliche Ressourcen wird es nicht gehen und darf es auch nicht.

Das Ehrenamt sollte uns schon etwas wert sein. Da passt es dann auch gar nicht, zu geizen oder über Effizienzen zu feilschen

(Heiterkeit bei Vincent Kokert, CDU: Aha! Da hat Frau Drese schon vorgedacht.)

und womöglich andere Gremien über Gebühr zu belasten. Nein, das wollen wir nicht. Wir brauchen Leute, die motiviert sind und immer mit neuen Ideen dazu beitragen, die Karte mit Leben zu erfüllen. Da wollen wir doch alle hinkommen. Und um mit Ihnen von der Koalition bei diesem Vorhaben auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen, werden wir unseren Punkt II hier zurückziehen.

(Beifall Jochen Schulte, SPD, und Vincent Kokert, CDU – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort gebeten hat zunächst die Ministerin für Soziales, Integration und Gleichstellung Frau Drese.

(Vincent Kokert, CDU: Mann, ist das ein langer Titel.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Zunächst einen herzlichen Dank für den Antrag der Fraktionen der CDU und SPD, der das Thema Ehrenamt befördert, und auch für die Initiative der Fraktion DIE LINKE

(Sebastian Ehlers, CDU: Hört, hört!)

im Sinne einer Anerkennung des ehrenamtlichen Engagements.

(Heiterkeit bei Vincent Kokert, CDU: Die Ministerin strahlt die Freude förmlich aus.)

Es steht völlig außer Frage: Bürgerschaftliches Engagement ist ein unverzichtbarer Bestandteil zum Wohle einer lebendigen, vielfältigen und solidarischen Gesellschaft. Es umfasst die vielen Facetten des Ehrenamtes: die Freiwilligentätigkeit und Selbsthilfe sowie das Engagement von Organisationen, Initiativen, Vereinen, Verbänden, Unternehmen und Stiftungen. Bürgerschaftliches Engagement findet in nahezu allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens statt. Das Engagement reicht dabei von der politischen und beruflichen Interessenvertretung bis hin zum Engagement in der Freizeit, zum Beispiel im Sport, in der Pflege, in Schulen und in Kindergärten.

In meinem Zuständigkeitsbereich spielen das Ehrenamt und das bürgerschaftliche Engagement eine besondere, eine bedeutsame Rolle, aber Engagementpolitik ist nicht allein eine Frage der Sozialpolitik, sondern umfasst die gesamte Gesellschaft. Deshalb – und das ist mir als Sozialministerin sehr wichtig – ist das Thema Ehrenamt eine politische Aufgabe, die wir alle gemeinsam erfüllen sollten und die sich nicht auf einzelne Ressorts oder Engagementfelder beschränken darf. Das Ehrenamt gehört ins Zentrum unserer Aufmerksamkeit.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bürgerschaftliches Engagement wird in unseren Städten und Gemeinden gelebt und geleistet. Damit dieses Engagement vor Ort gut gelingen kann, bedarf es keiner Gesetze und keiner Verordnungen. Vielmehr werden Rahmenbedingungen sowohl für das Engagement Einzelner als auch für die Einrichtungen und Organisationen benötigt. Dazu gehören eine bedarfsgerechte Infrastruktur, wie zum Beispiel Nachbarschafts- und Familienzentren, Mehrgenerationenhäuser, Freizeittreffs ebenso wie hauptamtliche Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner in den Verwaltungen, in Vereinen, Verbänden und Organisationen. Ohne das Engagement des Einzelnen, der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege, der Vereine und der Selbsthilfegruppen, aber auch der vielen Stiftungen wä

ren zahlreiche kommunale Leistungen, angefangen bei der freiwilligen Feuerwehr über die Kinder-, Jugend-, Seniorenarbeit, den Sport, die Kultur bis hin zu den sozialen Dienstleistungen, nicht oder nur eingeschränkt durchführbar.

In unseren Städten und Gemeinden nehmen immer mehr Bürgerinnen und Bürger die Gestaltung des öffentlichen Lebensumfeldes in die eigenen Hände, und das ist auch gut so. Sie übernehmen damit Verantwortung – eine unbezahlte Verantwortung für sich und für andere und damit für die Gesellschaft. Sie sorgen damit für einen sozialen Zusammenhalt, der so wichtig ist für das tägliche Zusammenleben. Für all diese Menschen ist ihr Engagement eine Selbstverständlichkeit, etwas ganz Normales geworden. Mit ihrem persönlichen Einsatz für Teilhabe, Zusammenhalt und Demokratie sind sie ein unbezahlbarer Gewinn für unser Land und daher sollten wir alles tun, um ihr Engagement zu fördern, anzuerkennen und zu würdigen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir sind dabei in den letzten 10 bis 15 Jahren enorm vorangekommen. Das freiwillige Engagement ist bei uns in MecklenburgVorpommern in diesem Zeitraum sehr stark gewachsen. So finden wir in M-V mittlerweile eine aktive Zivilgesellschaft und eine Kultur der Beteiligung. Dies belegen auch die Ergebnisse des jüngsten Freiwilligensurveys im Auftrag des Bundesfamilienministeriums. Mehr als 40 Prozent der Menschen ab 14 Jahren in unserem Land engagieren sich freiwillig in unterschiedlichen Bereichen. Darauf können wir sehr stolz sein. Wir belegen damit mittlerweile Platz eins in Ostdeutschland. Auch darauf können wir mehr als stolz sein.

Doch Ausruhen ist bei dem Thema nicht. So haben sich auch die Koalitionspartner in ihrer Koalitionsvereinbarung 2016 bis 2021 dazu verpflichtet, das ehrenamtliche Engagement in den Kommunen weiter zu stärken. Was wir brauchen, sind die von mir bereits erwähnten guten Rahmenbedingungen und, ganz wichtig, eine Kultur der Anerkennung und Wertschätzung in allen Bereichen und auf allen Ebenen. Ein wichtiges politisches Signal in der Engagementpolitik ist die 2015 durch das Land gegründete „Stiftung für Ehrenamt und bürgerschaftliches Engagement“. Insbesondere für kleine Initiativen, Gruppen und Vereine, die nicht in festen Strukturen eingebunden sind, bietet die Stiftung für alle Bereiche Möglichkeiten der Projektförderung und der Weiterbildung. Dies sind für mich Formen der Wertschätzung und Anerkennung. Die Erfahrungen mit der Ehrenamtsstiftung sind nach gut zwei Jahren ihrer Arbeit sehr gut. Wir werden die Ehrenamtsstiftung deshalb auch weiter aktiv unterstützen.

Sehr geehrte Damen und Herren, insbesondere in den letzten Jahren sind wir in Mecklenburg-Vorpommern auch auf dem Weg zu einer Kultur der Anerkennung ein gutes Stück vorangekommen. Es gibt Ehrungen auf lokaler Ebene, die Ehrenamtsmessen, den Tag des Ehrenamtes, auf dem die Ministerpräsidentin einmal im Jahr Menschen für herausragendes Engagement mit der Ehrennadel auszeichnet, und seit 2011 besteht bei uns im Land die Möglichkeit der Auszeichnung mit dem Ehrenamtsdiplom. In der bundesweiten Woche des bürgerschaftlichen Engagements finden jährlich im September auch in unserem Land Veranstaltungen statt, um zu verdeutlichen, dass

bürgerschaftliches Engagement bereichert und die Gesellschaft insgesamt stärkt. Und es gibt zahlreiche Würdigungen und Ehrungen in den Kommunen.

Wenn es heute darum geht, zunächst einen konzeptionellen Rahmen für die Einführung einer landesweit gültigen Ehrenamtskarte zu entwickeln, finde ich das nicht einfach nur gut, sondern auch sehr weitsichtig, denn die Umsetzung einer guten Idee braucht eine gute Vorbereitung, damit die Ziele auch so erreicht werden können, wie wir uns das hier alle sicherlich vorstellen. Unser Vorschlag ist, dass wir zunächst ein Arbeitsgremium, in dem die Ehrenamtsstiftung, der Landkreistag und der Städte- und Gemeindetag vertreten sind, einberufen. Gemeinsam werden wir die Ziele, Inhalte und Schwerpunkte einer landesweiten Ehrenamtskarte erarbeiten.

Vorbehaltlich der Zustimmung des Arbeitsgremiums sollten darauf aufbauend die Landkreise, die Städte und Gemeinden im Rahmen einer Umfrage kontaktiert werden, um eventuell ihre Erfahrungen bei der Einführung einer Ehrenamtskarte zu berücksichtigen und Schlussfolgerungen für die Einführung einer landesweiten Ehrenamtskarte daraus zu ziehen. Hier zähle ich übrigens auf Ihre Hilfe, sehr geehrte Landtagskolleginnen und -kollegen. Fast alle von uns haben auch kommunale Mandate, sind Mitglieder in Kreistagen und Stadträten. Wir alle sollten die Idee einer landesweiten Ehrenamtskarte in die Regionen tragen, um auch vor Ort für politische Unterstützung zu sorgen, denn diese Unterstützung der kommunalen Ebene werden wir brauchen, um eine Ehrenamtskarte des Landes mit Leben zu füllen.

Für die Ergebnisse der Befragung könnte sodann eine Übersicht erstellt werden, aus der für die Landkreise sowie die Städte und Gemeinden ersichtlich ist, wie bereits eine Ehrenamtskarte vergeben wurde und darüber hinaus, welche Vergünstigungen durch wen und für welchen Zeitraum gewährleistet werden. Diese wichtigen Vorarbeiten sind sicherlich eine gute Grundlage für den danach erforderlichen Schritt. Dann geht die Arbeit so richtig los: Öffentlichkeitsarbeit und Werbung von Sponsoren aus allen Bereichen, insbesondere aus der Ernährungswirtschaft, dem Tourismusgewerbe, der Gastronomie und des Einzelhandels. Aus zahlreichen Gesprächen mit Gewerbetreibenden ist mir bekannt, dass diese bereits jetzt regional viele Initiativen, Vereine und Organisationen unterstützen, weil sie einen regionalen Bezug haben. Unsere Aufgabe ist es, durch gute Akquise landesweit Sponsoren zu finden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Landtagskollegen, Sie sehen, vor der Einführung einer landesweiten Ehrenamtskarte liegt noch viel Arbeit vor uns. So müssen wir auch besprechen und klären, wie weit der Empfängerkreis gehen soll und welche für alle nachvollziehbaren Kriterien wir hierbei zugrunde legen. Doch gerade diese Klärung der Fragen und die Erarbeitung einer Konzeption sollten für uns alle Ansporn sein, zu einem guten Ergebnis zu kommen im Sinne der vielen ehrenamtlich Engagierten in unserem Land. Ich bin optimistisch und zuversichtlich, weil sich eine ganz große Mehrheit für die Einführung einer landesweiten Ehrenamtskarte abzeichnet und ich daher auf die Unterstützung von Ihnen allen bei diesem sehr wichtigen Thema hoffen darf. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Frau Ministerin.

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der AfD der Abgeordnete de Jesus Fernandes.

Sehr geehrtes Präsidium! Werte Kollegen! Liebe Gäste! Die Gäste gehen gerade.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Warum wohl?)

(Unruhe und Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD)

Ja, das könnte Ihnen so gefallen, dass sie wegen uns gehen, ne?! Ich glaube, das ist nicht so.

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Ich glaube, sie haben einen engen Terminkalender und...

(Zuruf aus dem Plenum: Die nicken! Die nicken!)

Sehen Sie! Sehen Sie! Das war wieder völlig daneben, Ihr Kommentar.

(Zuruf von Jörg Heydorn, SPD)

Als ich die Anträge gelesen habe, habe ich gedacht, sag mal, ist denn heute schon Weihnachten?!

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Ist denn heute schon Weihnachten?!

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Einen kleinen Clown gefrühstückt hat er.)