Anstatt die bisherige qualitativ hochwertige Erzieherausbildung in den bewährten Ausbildungs- und Studiengängen zu stärken, wurde, wie schon beschrieben, die duale Praxisintegrierte Ausbildung PiA eingeführt. Ausbildungsinhalte, Dauer und Einsatzmöglichkeiten entsprechen in keiner Weise dem hier beschriebenen Anspruch der höheren Qualifizierung des pädagogischen Personals. Das wurde auch so noch mal in der Anhörung zum Kindertagesförderungsgesetz am 11. Oktober 2017 im Sozialausschuss deutlich.
Noch im Februar und März dieses Jahres hat die Linksfraktion einen Antrag auf Ausweitung der Ausbildungskapazitäten an den staatlichen Schulen und der Studienkapazitäten im Bachelorstudiengang „Early Education“ an der Hochschule Neubrandenburg in den Landtag eingebracht. SPD und CDU haben diesen Antrag abgelehnt. Nun, ein halbes Jahr später, kommt die Landesregierung mit einem Gesetzentwurf um die Ecke, in dem genau das steht: Ausbau der Studiengänge „Bildung und Erziehung in der Kindheit“, siehe Gesetzentwurf Seite 12, Absatz 2. Das ist für uns als Linksfraktion an Widersprüchlichkeit kaum zu überbieten. Diese Ambivalenz hat die Landesregierung auch noch schwarz auf weiß in die Gesetzestexte und die Gesetzesbegründung gegossen.
Auf ein Zweites möchte ich noch eingehen, was hier schon in der Debatte eine Rolle spielte: Es geht um die weitergehenden Regelungen für die Anerkennung im Ausland erworbener Qualifikationen und Nachweise. Diese entsprechen dem großen Bedarf an Fachkräften, die natürlich auch aus den Absolventen und Absolventinnen aus dem nicht europäischen Ausland eingesetzt werden sollen. Menschen, die nach Deutschland kamen und kommen, hier leben und bleiben möchten, sollen eine realistische Chance erhalten, dies auch zu tun.
In der Erläuterung zu Paragraf 7 auf Seite 14 des vorliegenden Gesetzentwurfes steht, ich zitiere: „Es besteht der Bedarf, die im Ausland erworbenen beruflichen Qualifikationen und Abschlüsse auf dem Arbeitsmarkt in Mecklenburg-Vorpommern angemessen zu nutzen. Angesichts der demographischen Entwicklung und des sich abzeichnenden Fachkräftemangels müssen alle vorhandenen Qualifikationspotentiale künftig besser genutzt … werden.“
Dringend notwendig in diesem Zusammenhang sind aus unserer Sicht aber auch Nachbesserungen bei den aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen im Bereich der Asylbewerberinnen und Asylbewerber, Geduldeten und Flüchtlinge. Das möchten wir der Landesregierung mit auf den Weg geben. Es ist absurd, Menschen, die bereits berufstätig sind oder eine Arbeit in Aussicht haben, abzuschieben. Unternehmerinnen und Unternehmer vor allem in den kleinen und mittleren Unternehmen des
Landes verstehen die Welt nicht mehr, wenn das erfolgreich eingearbeitete Personal wieder gehen muss. Wir hören von solchen Fällen bei uns nahezu jeden Tag. Es ist unfassbar, insbesondere, wenn die Herkunftsländer nicht sicher sind, und es bringt einfach niemandem etwas.
Was Regierung und Behörden hier betreiben, ist aus unserer Sicht ein Geschacher mit Schicksalen. Das Dümmste daran ist, es schadet nach unserer Ansicht beiden Seiten: der Aufnahmegesellschaft, weil sie die Fachkräftepotenziale, die konkret oder entwickelbar vorhanden sind, nicht nutzt, und den Menschen, die zu uns kommen, weil hier Lebensperspektiven zerstört werden. Die Regierungen von Bund und Ländern müssen damit aufhören, stoisches Verwaltungshandeln nach Aktenlage zu befördern. Gesetze und Vorschriften müssen so ausgestaltet sein, dass sie den Fokus auf die Menschen, den individuellen Fall und den dringenden Bedarf vor Ort als oberste Priorität für ihre Entscheidung richten. Spätestens bei Menschen, die bereits gut integriert sind und sich in den allermeisten Fällen nichts zuschulden haben kommen lassen, müssen Abschiebungen aus unserer Sicht komplett ausbleiben. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Für die Fraktion der Bürger für Mecklenburg-Vorpommern hat jetzt das Wort die Abgeordnete Frau Weißig.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kollegen! Liebe Gäste! Die Fraktion der Bürger für Mecklenburg-Vorpommern stimmt dem Gesetzentwurf zum Sozialberufe-Anerkennungsgesetz zu. Die BMVFraktion ist der Ansicht, dass mit der staatlichen Anerkennung der hohe deutsche Standard im Bereich der Sozialarbeit fortgeschrieben wird. Sozialarbeiter und Sozialpädagogen sind durch den Gesetzgeber reglementierte Berufe. Die staatliche Anerkennung erlangt nur der, der neben seinem Studienabschluss weitergehende Kenntnisse und Fertigkeiten sowie praktische Erfahrungen nachweist. Das Gesetz schafft auch die Voraussetzung für die deutschland- und europaweite Anerkennung der mecklenburgisch-vorpommerschen Sozialarbeiterpädagogen.
Meine Vorredner haben schon nahezu erschöpfend das Für und Wider des Gesetzentwurfs ausgeführt. Ich stelle fest: Es ist ein überwältigendes Für. Der Gesetzentwurf weicht die deutschen Standards nicht durch Gleichstellung ausländischer Abschlüsse auf. Ganz im Gegenteil, die hohen Standards gelten im gleichen Maße für ausländische Bewerber und die staatliche Anerkennung. Das haben offensichtlich auch die Kollegen auf der rechten Seite begriffen.
Eines möchte ich allerdings noch anmerken: Bei Paragraf 7 des Gesetzentwurfes scheint mir eine dicke fette Nachtigall ganz laut durch die Begründung zu trapsen. Nachtigall, ick hör dir trapsen! Dort werden demografische Entwicklungen und Fachkräftemangel angeführt, um im Ausland erworbene Qualifikationen für den hiesigen Arbeitsmarkt zu aktivieren. Für mich klingt das schon ein
wenig danach, als sollen hier Versäumnisse des Landes kaschiert werden, denn fehlende Fachkräfte, meine Damen und Herren, sind bei elf Prozent Jugendarbeitslosigkeit auch immer nur ein hausgemachtes Problem. Ich hoffe, dass die Landesregierung 2018 dieses Problem konsequent anpackt. Gehen Sie nicht den einfachsten Weg und werben Sie ausländische Arbeitskraft dort ab, wo sie mindestens ebenso dringend gebraucht wird! – Ich danke Ihnen.
(Thomas Krüger, SPD: Sie haben es nicht verstanden! Es ist eine Präsidentin! Das wurde so oft schon erklärt.)
Liebe Bürger von Mecklenburg und Vorpommern! Werte Kollegen! Sehr geehrte Frau Kollegin Larisch! Liebe Gäste!
(Unruhe vonseiten der Fraktion der SPD – Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Martina Tegtmeier, SPD: Donnerwetter! – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)
Ich glaube, liebe Christel, dass du nicht richtig geblickt hast, wenn du gesagt hast, dein Blick nach rechts würde dir zeigen, dass wir das auch verstanden hätten, was du gesagt hast. Wir haben verstanden, dass das, was du gesagt hast, falsch ist.
Diese Anerkennung ausländischer Sozialberufe bei uns und die Möglichkeit, hier praktisch tätig zu werden, nivelliert unser bisheriges berufliches Ausbildungsniveau. Ich frage mich: Wie soll der afghanische Kindersozialbetreuer oder -pädagoge seinen afghanischen Landsleuten hier klarmachen, dass die Mädchen am Schwimmunterricht teilzunehmen haben, der afghanischen Eltern,
Wie soll das funktionieren vor dem Hintergrund von Sprachschwierigkeiten und von einer schwer zu überbietenden Kulturferne?
(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Zurufe von Thomas Krüger, SPD, und Maika Friemann-Jennert, CDU)
Wie soll der Sozialpädagoge aus dem Sudan oder aus Mali, der hier bei uns gestrandet ist, deutschen Eltern
In diesem Zusammenhang möchte ich ausdrücklich davor warnen, hier das hohe Lied der Integration wieder zu spielen und davon auszugehen, dass kulturfremde Menschen uns in der Sozialarbeit, jedenfalls auf dem Gebiet der reglementierten Berufe, bereichern können. Es ist mehrfach betont worden, die können arbeiten, aber eben außerhalb des Bereichs der reglementierten Berufe. Und das ist gut so und das soll so bleiben, meine Damen und Herren!
Wenn die Kollegin Bernhardt von der Linksfraktion das Ganze dann auch noch mit Abschiebungen oder der Frage von Abschiebungen verknüpft und meint, es sei unerträglich, dass Menschen abgeschoben werden,
die hier doch einen Beruf ausüben, dann muss ich sagen, das ist nicht unerträglich, das ist genau der Vollzug unserer entsprechenden Gesetze und bitter notwendig. Ich kann sogar noch sagen, das geschieht viel zu wenig.
(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist unerträglich, was Sie sagen, das ist unerträglich, Herr Professor! Und so was hat Juristen ausgebildet in diesem Land! Pfui Teufel! – Zuruf von Thomas Krüger, SPD)
Und was den Nachweis der ausländischen Qualifikation in gewissen Ländern angeht, dazu wird dann der erste Heimaturlaub der Geflüchteten genutzt, um die Papiere, die bei der Einreise alle nicht da waren, nicht mal Pass, höchstens Handy, entsprechend nachzuliefern. Die Glaubwürdigkeit solcher Nachweisungen ist höchst zweifelhaft. Ich möchte nicht, dass unser Sozialsystem mit solchen Berufstätigen überschwemmt wird.