Protokoll der Sitzung vom 15.12.2017

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Und Sie waren der Chefankläger und waren dann der Chefreformer. – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Sie sind durch das Volk 2016 abgewählt worden und mussten dann erleben,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, 2006, 2006.)

dass die Kreisgebietsreform, die Sie nicht wollten, am Ende kam.

(Peter Ritter, DIE LINKE: 2006.)

So verstehen wir uns doch ganz gut, ne?

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, ja, deswegen kann ich auch darüber lachen.)

Natürlich geht es darum, einerseits noch mal zu gucken, wie die jeweiligen Strukturen sind, wie sie sich entwickelt haben. Sie haben ja schon vorgetragen, dass wir jetzt ein Modell 6+2 haben, also sechs große Landkreise und zwei kreisfreie Städte. Insgesamt muss man sagen, dass aus den Zusammenlegungen zumindest für die Zukunft zu erwarten ist, dass die Fachleute in den nächsten Jahren in den Kreisverwaltungen da sind, um die vielen Aufgaben im Bereich Gesundheit, im Bereich Bau oder Jugend und Sozialhilfe zu erfüllen.

(Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke übernimmt den Vorsitz.)

Viele andere Dinge müssen durch die Kreisverwaltungen gesetzlich administriert werden. Dafür braucht man Leute und deswegen ist die Konzentration, glaube ich, am Ende richtig gewesen, auch wenn natürlich viele Bürgerinnen und Bürger in besonderer Weise die fehlende Bürgernähe beklagen, vor allen Dingen die weiten Wege. Dies haben Sie angesprochen. Aber es gibt eben unterschiedliche Modelle. Die einen haben sozusagen Bürgerzentren entwickelt, andere haben Nebenstellen der Kreisverwaltung in der Fläche gelassen. Das hat jeder Landkreis für sich entschieden.

Ich will jetzt nur von – da wir ja aus derselben Ecke kommen – Vorpommern Rügen sagen, es gibt natürlich die Kreisverwaltung in Stralsund und es gibt die Nebenstellen in Ribnitz-Damgarten, in Bergen und in Grimmen. Von daher ist zumindest nicht der Weg gegangen worden, aus den Mittelzentren komplett alle Verwaltungen abzuziehen. Es gibt da unterschiedliche Denkmodelle. Ich will nur sagen, bei uns ist es jedenfalls immer noch so, dass man

feststellenkann, der Bürger hat seine alten Anlaufpunkte, die man im Jahr 1994 geschaffen hat, zumindest als Nebenstellen, und von dort aus werden sozusagen alle Anträge weitergeleitet. Auch die Ämter machen Amtshilfe in dem Sinne, sodass der Bürger versorgt wird.

Die Demokratie im Kreistag – das sind natürlich Dinge, wir haben bevölkerungsstärkere und weniger bevölkerungsstarke Regionen, da gibt es die Wahlbereiche und aus denen setzen sich die neuen Kreistage zusammen. Das hat mit Einwohnerzahlen et cetera zu tun. Ich denke, es ist mittlerweile nicht so, wie es mal angekündigt worden ist, dass man keine Kreistagsmitglieder mehr gewinnen könnte, für den Kreistag zu kandidieren. Das ist mitnichten so. Alle Kreistage hatten eigentlich, glaube ich, genügend Kandidaten aufgestellt, also alle Parteien oder auch Bürgerinitiativen haben das getan, und da wird aus meiner Sicht die Demokratie gelebt.

Die wirtschaftliche Dimension muss man in verschiedenen Teilen untersetzen, aus meiner Sicht jedenfalls. Das, was Bauanträge und die Fragen der Ausweisung von Gewerbegebieten oder FFH-Geschichten beziehungsweise die Fragen der schützenswerten Natur anbelangt, diese Dinge werden, glaube ich, in der jeweiligen Kreisverwaltung fachlich gut bedient. Die Anzahl der Bauanträge ist deutlich gestiegen. Also es hat natürlich etwas mit der Konjunktur zu tun. Von daher kann ich zumindest nicht erkennen, dass ein großer Mangel entstanden ist.

Sie wissen auch, die Wachstumsverluste sind in Vorpommern nicht eingetreten. Sie haben es ja selbst gesagt, ein Wachstum ist auch in Vorpommern zu registrieren, also in den östlichen Landesteilen Mecklenburgische Seenplatte, Vorpommern-Greifswald und VorpommernRügen. Die Arbeitslosenzahlen sind in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Das wird auch im nächsten und übernächsten Jahr, wenn die Konjunktur weiterläuft, stattfinden.

Es geht natürlich darum, sich einerseits die Verwaltungsstrukturen anzuschauen. Damit sind wir aber, glaube ich, weitestgehend durch. Die Arbeitsplätze müssen weiter aufgebaut werden, es müssen Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt entstehen und dafür sorgen die Unternehmen. Es hat viele Ansiedlungen und Erweiterungen von Unternehmen in Vorpommern gegeben. Da werde ich Ihnen nachher noch ein paar Beispiele bringen. Die fachliche Qualität in den Verwaltungen hat eigentlich zugenommen.

Die wirtschaftliche Entwicklung ist angesichts der Zahlen, die mir vorliegen, immerhin um 9,4 Prozent in den letzten Jahren angestiegen, auch in den drei Landkreisen, von denen wir reden. Die Infrastruktur und die Erschließung von Gewerbegebieten sind, glaube ich, beispielhaft vorangetrieben worden, wie in Franzenshöhe in Stralsund. Nehmen Sie das Pommerndreieck! Nehmen Sie Pasewalk, wo über 50 Hektar jetzt erschlossen werden! Nehmen Sie Greifswald! Nehmen Sie Lubmin! Das sind alles Gewerbegebiete, die aufgerüstet worden sind. Auch Mukran hat in den letzten Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen. Natürlich muss man immer noch mehr tun, aber bei der Infrastruktur kann man sagen, das ist, glaube ich, eine Erfolgsgeschichte, die man auch in Vorpommern weiter erleben wird, die Neu- oder Standortoffensive, die wir im Land ausgerufen haben, wo in besonderer Weise der Investor in M-V aktiv ist, gerade auch in Vorpommern.

Mit der Außenstelle in Greifswald wird jetzt für Unternehmen gesorgt, die sich in der Region Vorpommern oder Mecklenburgische Seenplatte ansiedeln wollen. Dafür gibt es Bereisungen mit den Unternehmen. Da werden die Gewerbegebiete vorgestellt, es werden auch die Förderkulissen vorgestellt, um weitere Arbeitsplätze zu schaffen. Die besondere Förderung für VorpommernGreifswald besteht darin, dass sie einen deutlich höheren Fördersatz haben als alle anderen Regionen. Also Vorpommern-Greifswald hat für Großunternehmen immer noch die Möglichkeit, 20 Prozent für ein Großunternehmen bei der Ansiedlung gefördert zu bekommen. Für mittelgroße Unternehmen – das sind bis zu 249 Beschäftigte – sind es 30 Prozent und für Kleinunternehmen mit bis zu 49 Angestellten immerhin 40 Prozent. Dieses gilt weiter bis 2020. Alle anderen Regionen in MecklenburgVorpommern müssen bei der Förderkulisse Abstriche machen. Da sind die Förderquoten 10 Prozent für Großunternehmen, 20 für mittlere Unternehmen und 30 Prozent für Kleinunternehmen.

Auch ist es in den letzten Jahren gelungen, dass der Mittelstand und das Handwerk in Vorpommern weiter auf dem Vormarsch sind. Wir haben in Mecklenburg-Vorpommern kleine und mittlere Unternehmen zu 99,6 Prozent. Diese sorgen dafür, dass das Bruttoinlandsprodukt deutlich steigt, dass die Beschäftigungszahlen in diesem Bereich steigen. Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht, aber der eine oder andere, der heute mal einen Handwerker oder einen Maler haben will, hat Wartezeiten zwischen sechs Monaten und einem Jahr.

(Andreas Butzki, SPD: Na, ganz so lange nicht.)

Also da läuft zumindest der Arbeitsmarkt hervorragend.

Dabei haben wir eher noch das Problem, dass wir zu wenig Fachkräfte haben. Das wissen Sie ja viel besser als ich. Ich will nur sagen, auch bei der Frage, wie wir insgesamt im Bereich der Gesundheitswirtschaft vorankommen, haben wir erhebliche Cluster in Vorpommern entwickelt. Eines der größten Cluster ist die Universität, ist die Fachhochschule in Stralsund, sind natürlich auch Forschung, Entwicklung und Innovation. Das sind Themen, die die Wirtschaft zusammen mit der Wissenschaft auf den Weg bringt, um neue Produkte zu entwickeln.

Wir hatten vor Kurzem eine Rieseninvestition in Vorpommern mit Cheplapharm, einem Pharmaunternehmen, das immerhin 400 Millionen Euro investiert hat. Das ist das Doppelte von dem, was Nestlé zum Beispiel hier in Schwerin gemacht hat. Also ich will sagen, es gibt durchaus Ansätze, wo man sagen kann, wir kommen in Vorpommern gut voran. Natürlich müssen wir noch weiter richtig zulegen, aber in der Gesundheitswirtschaft, denke ich, sind wir gut aufgestellt oder fast sehr gut.

Wir haben auch bei Forschung, Entwicklung und Innovation ein weiteres Thema. Da geht es um die Frage Continental und russischer Löwenzahn. Kriegen wir neue Produkte entwickelt, um am Ende dafür zu sorgen, dass die Pilotanlage jetzt gebaut wird für 35 Millionen? Es wird im nächsten Jahr oder etwas früher in Anklam eine Forschungsanlage getestet werden, um neue Produkte im Bereich von Großunternehmen zu entwickeln. Wenn das funktioniert, gehe ich davon aus, dass durch die Forschung – das Fraunhofer Institut hat diese schon vorher angestellt –, die einen Praxistest dazu durchführen wird,

am Ende auch in Anklam neue Arbeitsplätze entstehen. Dasselbe gilt für die Vermarktung des Gewerbegebietes in Pasewalk.

Nehmen Sie sich insgesamt den Tourismus vor! Das ist auch eine Erfolgsgeschichte, die seit 27 Jahren in Vorpommern-Rügen, auf dem Darß, auf Usedom und auch in den ländlichen Regionen geschrieben wird. Da ist sozusagen Vorpommern ganz vorn, noch deutlich vor der Ostseeküste in Mecklenburg und vor der Mecklenburgischen Seenplatte. Das kann man, glaube ich, auch erkennen, wenn Sie sich die ganze Städtebauförderung ansehen, die Bäderkultur et cetera. Das sollte man auch erwähnen, wenn man die Diskussion dazu führt.

Es gibt aber auch Dinge, die in Vorpommern gar nicht so bekannt sind. Das ist zum Beispiel Haff Dichtungen, ein Unternehmen, das weltweit agiert. 80 Prozent aller Exporte von Haff Dichtungen gehen ins Ausland. Wir haben zum Beispiel Automobilunternehmen, die die meisten Bremssattel für alle Autos dieser Welt in Ueckermünde produzieren. Wir haben auch Windräder, die in Torgelow gebaut werden. Wir haben Heizungen und Heizungsunternehmen, die in Torgelow agieren. Das sind solche Beispiele, die man oft nicht wahrnimmt, weil sie relativ wenig bekannt sind. Wir haben in Pasewalk den Lila Bäcker mit über 2.000 Beschäftigten. Das wird in der öffentlichen Diskussion kaum erwähnt, aber die sind da. Wir haben eine boomende Bauwirtschaft, über zehn Prozent mehr Aufträge, und eigentlich sind die Auftragsbücher auch für 2018 schon bis Mitte des Jahres weitestgehend voll. Man weiß auch, dass es eigentlich im Jahr 2018 mit der Baukonjunktur weitergehen muss. Wir haben das DiabetesInnovationszentrum in Karlsburg aufgebaut. Da geht es auch um Forschung und Entwicklung, um neue medizinische Ansätze.

Also ich will nur sagen, es gibt genügend Beispiele, wo man sehen kann, dass die Kreisgebietsreform die eine Seite ist. Die andere Seite ist aber, wie man Arbeitsplätze schafft, wie man Arbeitsplätze sichert und wie am Ende auch in Vorpommern das Bruttoinlandsprodukt steigt. Und es steigt. Wir haben auch in Fragen der Energie gute Ansätze. Insgesamt geht es darum, dass wir weiter daran arbeiten, dass wir die Standorte Vorpommern und Mecklenburgische Seenplatte nicht schlechtreden, sondern wir müssen dafür sorgen, dass auf die Region aufmerksam gemacht wird. Deswegen gibt es diese Marketingaktionen im europäischen Raum, in der Schweiz,

(Zuruf von Bernhard Wildt, BMV)

in Skandinavien, um diese Regionen als guten Standort für neue Unternehmen immer wieder anzubieten und dafür zu sorgen, dass die Bekanntheit steigt.

Ein letztes Wort: Wir haben auch die Häfen ausgebaut, die ganze Hafenstruktur läuft, die Werften werden anspringen. Wir werden im Januar erleben, dass die First Class in Stralsund kommt, dass der Arbeitsbeginn stattfindet, und dann werden wieder 500 Werftarbeiter Arbeit finden, die Zulieferer finden Arbeit. Ich höre, dass in Stralsund noch weitere Schiffe gebaut werden außer dieser drei FirstClass-Schiffe, denn es gibt schon Anfragen für weitere Schiffe, die in Stralsund produziert werden.

Meine Damen und Herren, ich wollte Ihnen nur sagen, wir müssen das ganzheitlich betrachten. Ich finde den Antrag, den Sie gestellt haben, durchaus okay, dass man

sich die Dinge abgeschichtet mal ansieht, aber ich glaube nicht, dass zumindest in den nächsten Jahren erreicht werden kann, dass man die Kreisgebietsreform zurückdreht.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist Quatsch!)

Wir müssen dafür sorgen, dass die Akzeptanz steigt. Wir müssen dafür sorgen, dass die Bürgerinnen und Bürger auch über die Möglichkeiten, die in Vorpommern und in der Mecklenburgischen Seenplatte vorhanden sind, Arbeit zu finden, informiert sind. Neue innovative Arbeitsplätze sollen entstehen und wir müssen dafür sorgen, dass in besonderer Weise Forschung und Entwicklung auch in Vorpommern einen guten Ruf haben. Da sollten wir die Stärken, die wir haben, und die Chancen ergreifen, wo wir Unternehmen erstens beraten, wenn sie sich erweitern wollen. Dazu haben wir die Mittel, um das noch ein bisschen zu unterstützen. Zweitens müssen wir natürlich dafür sorgen, dass auch Neuansiedlungen in Vorpommern und in der Mecklenburgischen Seenplatte weiter stattfinden.

Von daher möchte ich meine Ausführungen jetzt erst mal einstellen. Mal hören, wie es weitergeht. Falls es weitergeht, komme ich noch mal. Wenn es einigermaßen erträglich für die Landesregierung ist, komme ich nicht noch mal.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE)

Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Danke, Herr Minister.

Für die Fraktion der AfD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Kröger.

Werte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen! Leiwe Mäkelbörger un Vorpommern! Sind hüt wenig hier.

Das vorliegende Wortungeheuer der BMV könnte genauso gut ein Dissertationsthema sein, es klingt jedenfalls so: „Wachstumsverluste im östlichen Landesteil durch die Auswirkungen der Kreisgebietsreform“ und so weiter. Wenn man sich die entsprechenden Statistiken im bestimmten Zeitfenster übereinanderlegt und mal guckt,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wir sind in der Frage doch gar nicht auseinander.)

wie sich die Storchenpopulation und die Geburtenrate in diesem Zeitfenster entwickelt haben, könnte man auch auf die Idee kommen, hier Zusammenhänge herzustellen, wenn man denn nur wollte.

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Gott sei Dank wissen wir alle, dass es irgendwie anders funktioniert.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Aufgrund der weiten Wege müssten eigentlich mehr Kinder geboren werden.)

Inwieweit die Zahlen stimmen, die dieser Greifswalder Professor ermittelt hat, müssen wir irgendwie versuchen, von Fachleuten bewerten zu lassen, denke ich mal. Hier ist ja auch schon einiges gesagt worden.

Um nach dieser scherzhaften Einleitung

(Andreas Butzki, SPD: Ein Scherz, ach so!)