Protokoll der Sitzung vom 24.01.2018

wenn sie das lesen. Demokratisch können diese Menschen Sie gern wählen, das steht denen frei, wenn die aber lesen, dass andere Kommentatoren sagen, dass man die „Fotzen“ der AWO, des Deutschen Roten Kreuzes und der sozialen Arbeit an die Wand stellen soll, und Sie löschen es nicht, obwohl ich Sie darauf hinweise, dann finde ich das frech. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Frau Larisch, zeigen Sie mir das bitte mal!)

Weitere Wortmeldungen …

(Zuruf von Minister Lorenz Caffier)

Sie hat es zitiert, Herr Minister.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Ja, aber ich würde das gerne sehen. – Zurufe von Karen Larisch, DIE LINKE, und Peter Ritter, DIE LINKE)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, ich schließe die Aussprache.

Die Beratung des Tagesordnungspunktes 17 entfällt, da der Antragsteller die hier beantragte Aussprache zurückgezogen hat.

Deshalb kommen wir jetzt zum Tagesordnungspunkt 18, den ich hiermit aufrufe: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Politische Verantwortung für Rentengerechtigkeit wahrnehmen, auf Drucksache 7/1586.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Politische Verantwortung für Rentengerechtigkeit wahrnehmen – Drucksache 7/1586 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Peter Ritter.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Los Peter! Denk an das Glas!)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Überleitung der Alterssicherungssysteme der DDR in das bundesdeutsche Recht Anfang der 1990er-Jahre war eine große und komplexe Aufgabe. Allerdings gibt es immer noch Menschen, die das Renten-Überleitungsgesetz einschließlich des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes als Geringschätzung ihrer Lebensleistung ansehen. Ursächlich dafür ist, dass verschiedene DDR-Regelungen nur vorübergehend weitergalten, dass Lücken bei der Überführung entstanden oder dass zugesagte Ansprüche teilweise liquidiert wurden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der vorliegende Antrag will den Prozess, mit dem einige Lücken in der Rentenpolitik zu schließen sind, beschleunigen. Der Antrag zielt darauf, in einem weiteren Teilbereich die Lebensleistung in der DDR bei der Rentenberechnung konsequenter und beschleunigter anzuerkennen, …

(allgemeine Unruhe – Martina Tegtmeier, SPD: Wir hören alle gespannt zu.)

Ja, ich warte, bis es ganz ruhig ist,

(Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)

weil das unter anderem ein Punkt eines Gespräches von ISOR-Vertretern beim damaligen Ministerpräsidenten war, und da wäre es dann schon hilfreich, wenn er zuhören würde, liebe Kolleginnen und Kollegen.

… denn eine Annahme dieses Antrages kann den in aller Regel hochbetagten Betroffenen die Möglichkeit eröffnen, nach 27 Jahren staatlicher Einheit auch die soziale Einheit noch zu erleben und nicht länger auf armutsfeste Altersbezüge verzichten zu müssen. Für einige dieser Betroffenen käme diese Rechtstellung zu spät, wie zum Beispiel für meinen Vater, der 40 Jahre lang bei der Kriminalpolizei gearbeitet hat, aber leider schon verstorben ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, nach meinem Verständnis liegt der Schwerpunkt unseres Antrages heute nicht so sehr in einer politischen Auseinandersetzung. Er soll vielmehr dem Landtag die Möglichkeit eröffnen, sich beim Thema „soziale Gerechtigkeit“ nicht auf Sonntagsreden zu fokussieren, sondern sich konsequent zu positionieren, und zwar mit unmittelbaren Auswirkungen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Hintergrund und Inhalt des vorliegenden Antrages lassen sich in drei Punkten zusammenfassen:

Erstens. Das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt hat im April 2017 geurteilt, dass das an die Beschäftigten der Deutschen Volkspolizei der DDR gezahlte Verpflegungs- und Bekleidungsgeld Arbeitsentgelt und somit bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen ist. Die Landesregierung Sachsen-Anhalt, die bisher, wie unter anderem die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern, eine andere Rechtsauffassung vertreten hat, setzt nunmehr diese gerichtliche Entscheidung um.

Zweitens. Da die oben genannte Entscheidung des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt keine unmittelbare Wirkung für unser Land entfalte beziehungsweise keinerlei Auswirkungen auf die Betroffenen in MecklenburgVorpommern habe und unser Landessozialgericht in diesen offenen Streitverfahren noch nicht entschieden hat, bestehe nach Auffassung unserer Landesregierung weder Veranlassung, von der bisherigen Rechtsansicht abzuweichen, noch momentaner Handlungsbedarf. Und das ist schade.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist juristisch betrachtet auf den ersten Blick völlig korrekt. Als Beklagte allerdings sind Landesregierung beziehungsweise Innenministerium keinesfalls gezwungen, sich weiter hinter gerichtlichen Verfahren zu verstecken, die bereits über mehrere Jahre laufen. Den politischen Willen vorausgesetzt – und den fordert bereits der Titel unseres Antrages ein –, sind unverzüglich Entscheidungen mit dem Ergebnis höherer Rentengerechtigkeit möglich.

Drittens. Nach wiederholten Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts sind auch bei uns weder Landesre

gierung noch Landtag gehalten, bei Regelungen der Rentenüberleitung abzuwarten, bis alle Problemfelder höchstrichterlich abgeurteilt sind. So erkennt etwa unser Nachbarland Brandenburg bereits seit 2008 das Verpflegungs- und Bekleidungsgeld sowie Prämien als rentenwirksame Arbeitsentgelte an.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, insbesondere vor dem Hintergrund der Verfahrensdauer – in unseren Fällen durchschnittlich bereits über sechs Jahre – und des Lebensalters der Betroffenen sowie des Umstandes, dass in diesen Fällen die gesetzliche Rente regelmäßig das einzige und bescheidene Einkommen darstellt, wird die Landesregierung aufgefordert, in ihren Entscheidungen ab sofort die Rechtsauffassung des Landessozialgerichtes Sachsen-Anhalt maßgeblich zu berücksichtigen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Diskussionen um juristisch umstrittene und zum Teil als politisches Strafrecht empfundene Rentenregelungen sind hier heute fehl am Platz. Hier geht es um eine konkrete Beschäftigtengruppe. Heute geht es um niedere Dienstgrade beziehungsweise Empfänger niedriger oder geringer Renten. Etwa ab Dienstgrad Hauptmann ist davon auszugehen, dass die Versorgungsempfänger aufgrund ihres damaligen Verdienstes die Beitragsbemessungsgrenze überschreiten und damit die von uns geforderte Anerkennung des Verpflegungs- und Bekleidungsgeldes keine finanziellen Auswirkungen hätte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Innenminister! Nach Annahme des vorliegenden Antrages wird von Ihnen nicht weniger, aber auch nicht mehr gefordert als folgender Satz an die für den Bereich der Sonderversorgung zuständige Behörde unseres Landes, ich zitiere: „Ich bitte, in Abänderung der bisherigen Verwaltungspraxis die Rechtsauffassung des Landessozialgerichtes Sachsen-Anhalt ab sofort bei der Anwendung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberleitungsgesetzes maßgeblich zu berücksichtigen. Mit freundlichen Grüßen, Ihr Innenminister.“ Dann bräuchten Sie, Herr Innenminister, und weitere Abgeordnete, die in dieser Sache schon länger, aber bisher vergeblich im Land unterwegs sind, die GdP beziehungsweise die zahlreichen Senioren-GdP-Gruppen nicht weitere Jahre zu vertrösten oder hinzuhalten.

Ich bitte herzlich um Zustimmung zu unserem Antrag. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen.

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Wird knapp.)

Ich sehe und höre keinen Widerspruch dazu, dann verfahren wir so. Ich eröffne die Aussprache.

Als Erster hat ums Wort gebeten der Innenminister. Herr Caffier, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten!

Lieber Kollege Ritter! Einen solchen Satz wird es von der Landesregierung, wird es von mir nicht geben. Und wir

werden auch nicht schon wieder dafür Sorge tragen, dass privilegierte Gruppen aus der Vergangenheit jetzt beim Rentenrechnungsrecht erneut eine bestimmte Privilegierung erhalten.

(Marc Reinhardt, CDU: Sehr richtig!)

Doch darauf gehe ich noch ein.

Zunächst erst mal möchte ich den Ausführungen voranstellen, dass es bei diesem Antrag nicht um ein Urteil über den Verdienst oder die Lebensleistung von ehemaligen Volkspolizisten geht. Ich stehe dazu, habe ich auch immer wieder ausgeführt, dass wir uns seinerzeit 1990 entschieden haben, diejenigen, die nicht stasibelastet waren, in die Polizeien der neuen Länder zu übernehmen. Das war eine richtige, es war eine gute Entscheidung. Zwar hatten Mitarbeiter der bewaffneten Organe der damaligen DDR deren Normen und Werte zu verkörpern, aber für die meisten Polizisten stand vor allem die Gewährleistung der inneren Sicherheit und Ordnung im Mittelpunkt ihrer Arbeit: die Kriminalitätsvorbeugung, die Bekämpfung und Ermittlung von Straftaten, die Regelung des Straßenverkehrs, Aufnahme und Ermittlung bei Verkehrsunfällen, die Bewachung von Objekten, die Sicherung von Wasserstraßen.

Hinter all diesen Tätigkeiten stehen Fertigkeiten von ausgebildeten Polizisten, auf die wir nach der Wende nicht verzichten wollten und auch nicht verzichten konnten. Ich bin sehr froh darüber, dass heute viele Landeskinder in der Landespolizei Mecklenburg-Vorpommern auch leitende und führende Funktionen bekleiden, auch in Spitzenämtern.

Gleichzeitig können wir aber bei der Bewertung dieser Aufgaben den politischen Kontext nicht ganz ausblenden. Deshalb wurde das Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz ja erlassen. Hierdurch wurde damals geregelt, wie die Ansprüche und Anwartschaften der ehemaligen Angehörigen der Deutschen Volkspolizei der DDR in die gesetzliche Rentenversicherung zu überführen sind. Wichtiger Gedanke bei diesem Gesetz war damals auch, zu vermeiden, dass überhöhte Verdienste von privilegierten Beschäftigten sowie von Funktionsträgern des DDR-Regimes in die gesetzliche Rentenversicherung überführt werden.

Bislang gilt das AAÜG immer noch, auch wenn 2007 durch ein Urteil des Bundessozialgerichtes gefordert wurde, dass Jahresendprämien in die Entgeltberechnung einzubeziehen sind. Aber mit Ausnahme Brandenburgs und Sachsen-Anhalts lehnen die ostdeutschen Bundesländer eine darüber hinausgehende Einbeziehung anderer Bezüge von Sonderzahlungen ab, und wie ich meine, zu Recht. Welche Mitarbeiter in der ostdeutschen Wirtschaft, in der Landwirtschaft, wo auch immer, haben Verpflegungsgeld, Sockengeld, Bekleidungsgeld, Haarpflegegeld und Sonstiges gekriegt? Die haben maximal einen Morgen Rüben zum Hacken bekommen, aber nicht, dass sie noch zusätzliche Leistungen bezahlt kriegen. Und jetzt wollen wir das wieder sanktionieren, indem wir sagen, das nehmen wir zusätzlich in die Berechnungen der Renten rein?! Das halte ich für eine zusätzliche Privilegierung, die die Mehrzahl der ostdeutschen Bevölkerung nicht will. Deswegen sagen wir, wir bleiben bei unserer Rechtsauffassung,

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

es sei denn, in gerichtlichen Entscheiden wird auch für das Land Mecklenburg-Vorpommern das Sozialgericht zu anderen Auffassungen kommen.

(Marc Reinhardt, CDU: Sehr richtig, Herr Minister!)

Weil wir in der Frage Gerechtigkeit wollen und es nicht um die Lebensleistung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geht, für die ich mich auch ganz aktuell intensiv einsetze, sondern nur um die Privilegierung der damaligen Leistungen, sage ich, die dürfen wir nicht heute wieder sanktionieren, und deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab. – Recht herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Für die Fraktion der AfD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Professor Dr. Weber.

Liebe Bürger von Mecklenburg und Vorpommern! Frau Präsident! Werte Kollegen!