Protokoll der Sitzung vom 24.01.2018

Zum 1. Januar 2018 ist durch das Bundesteilhabegesetz nur das Vertragsrecht der Eingliederungshilfe im SGB IX verortet worden. Das Vertragsrecht der Eingliederungshilfe des SGB XII war aber auch bisher in Landesrahmenverträgen und Einzelvereinbarungen zu regeln.

Zudem unterstützt das Land die Landkreise und kreisfreien Städte nicht nur inhaltlich in der Vorbereitung auf das Inkrafttreten aller inhaltlichen Änderungen, sondern auch über Zielvereinbarungen zusätzlich finanziell. Wie dargelegt, werden die Leistungen der Eingliederungshilfe erst zum 1. Januar 2020 aus dem SGB XII herausgelöst und in das SGB IX überführt. Zudem tritt der Großteil der inhaltlichen Änderungen ebenfalls erst zu diesem Zeitpunkt in Kraft. Insoweit werden die weiteren erforderlichen landesgesetzlichen Anpassungen in den Jahren 2018 und 2019 in enger Abstimmung mit allen Beteiligten auf den Weg gebracht. Dies schließt natürlich Regelungen zu den finanziellen Folgen mit ein.

Hinsichtlich der vorgesehenen Änderung des Landesblindengeldgesetzes ist richtig, dass es Fälle gibt, in denen es auf der Grundlage des Gesetzentwurfs zu einer Reduzierung des Landesblindengeldes kommen kann. Dies sind zum einen wegen Rundungsdifferenzen im Centbereich der Übergang von der Pflegestufe 2 auf den Pflegegrad 3, die Anrechnung der Leistungen der sozialen Pflegeversicherung auf das Landesblindengeld in Fällen, in denen bislang keine Anrechnung erfolgte – dabei handelt es sich um Personen, die bisher der soge

nannten Pflegestufe 0 zugeordnet waren und nun mindestens den Pflegegrad 2 erhalten –, sowie andere Doppelsprünge, also von Pflegestufe 1 auf Pflegegrad 3 und Pflegestufe 2 auf Pflegegrad 4. Dies ist aber keine ungerechtfertigte Benachteiligung der entsprechenden Empfänger des Landesblindengeldes. Diejenigen, die von Pflegestufe 0 auf Pflegegrad 2 gesprungen sind, erhalten erstmals spezielle Leistungen der sozialen Pflegeversicherung und gleichzeitig wird weiter Landesblindengeld geleistet. In den anderen Fällen steigt das Pflegegeld deutlich.

Zudem wäre eine Nichtanrechnung der Leistungen der sozialen Pflegeversicherung auf das Landesblindengeld in den Fällen der sogenannten Doppelsprünge eine nicht zu rechtfertigende Besserstellung und damit Ungleichbehandlung dieses Personenkreises gegenüber anderen Empfängerinnen und Empfängern von Landesblindengeld mit gleichzeitigem Bezug von Leistungen der sozialen Pflegeversicherung mit den gleichen Pflegegraden. Gerade dazu würden aber die in der Ausschussberatung und auch hier als Änderungsantrag vorgelegten Vorschläge der Opposition führen.

Der von der Landesregierung vorgelegte Gesetzentwurf sieht keine Anpassung der unterschiedlichen Teil-IstErstattungsquoten im Landesausführungsgesetz zum SGB XII für die Landkreise und kreisfreien Städte vor. Auch wenn diese von verschiedenen Seiten, insbesondere von den betroffenen kreisfreien Städten, vehement gefordert und auf Ungerechtigkeit hingewiesen wurde, gibt es für sie objektiv betrachtet keinen sachlichen Grund. Die unterschiedlichen Teil-Ist-Erstattungsquoten in Paragraf 17 des Landesausführungsgesetzes zum SGB XII für Landkreise und kreisfreie Städte sind Folge des Konnexitätsprinzips. Das Land hat Anfang des 21. Jahrhunderts den örtlichen Sozialhilfeträgern auch die Aufgabe der ehemaligen überörtlichen Sozialhilfe, also der stationären und teilstationären Unterbringung, übertragen. Damit war, anders als bei der ambulanten Aufgabenwahrnehmung, also in der örtlichen Sozialhilfe das Konnexitätsprinzip anzuwenden. Dies führt aber zu den unterschiedlichen Quoten.

Ich bitte um Zustimmung zu dem Gesetzentwurf und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Marc Reinhardt, CDU)

Danke schön, Frau Ministerin.

Jetzt hat das Wort für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Professor Dr. Weber.

Liebe Bürgerinnen und Bürger von Mecklenburg und Vorpommern! Frau Präsident! Werte Kollegen! Liebe Gäste! Worum es bei diesem Entwurf eines Änderungsgesetzes im Einzelnen geht, hat die Frau Minister Drese hinreichend deutlich gemacht. Herr Koplin hat ausführlich dargelegt, welchen Beratungsgang dieses Änderungsgesetz bisher genommen hat. Das heißt, zu diesen Punkten ist das Wesentliche ausgeführt.

Ich möchte mich auf zwei Einzelpunkte beschränken. Beide finden sich im Übrigen in dem Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE wieder. Das eine ist die Gleich

stellung der kreisfreien Städte mit den Landkreisen hinsichtlich der Zielquoten – ein Antrag, der schon im Sozialausschuss von der Fraktion DIE LINKE eingebracht und von uns unterstützt wurde, dort aber keine Zustimmung gefunden hat. Wir halten das für eine Ungleichbehandlung zwischen den kreisfreien Städten und den Landkreisen, hier keine Angleichung herbeizuführen, unterstützen deswegen diesen Änderungsantrag nach wie vor und werden dem auch entsprechend zustimmen.

Besonderes Herzblut liegt aber in der anderen Frage, nämlich der Absenkung des Landesblindengeldes. Bereits bei der Ersten Lesung dieses Gesetzentwurfs hier im Plenarsaal hatte ich das vorgebracht. Wir hatten das im Sozialausschuss zur Rede gebracht und die Fraktion DIE LINKE hat es dann in Form eines Änderungsantrages auch zur Abstimmung gestellt, mit dem Ziel, diese Änderung, diese Absenkung des Landesblindengeldes in den Fällen eines Doppelsprunges, nicht durchzuführen. Dafür gibt es inhaltlich keine Gründe. Hier werden Äpfel mit Birnen verrechnet. Hier wird das Landesblindengeld, das eine besondere Belastung ausgleichen soll, und dessen Reduzierung damit gerechtfertigt, dass bei der Umstellung von Pflegestufen zu Pflegegraden ja eine im Ergebnis mindestens Gleichstellung bis sogar geringe Erhöhung für die Einzelnen rausspringt. Nur, die Tatsache, dass sich bei der Erhöhung der Pflegegrade im Ergebnis mehr an Gesamtsumme ergibt als bei einer Einzelverrechnung, ändert nichts daran, dass hier eine Gesamtausgleichung für Pflegebedürftige mit einer besonderen Härteausgleichung für Blinde verrechnet wird, die so keine inhaltliche Grundlage hat.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Sehr richtig!)

Ist schon das an sich ärgerlich, weil hier eine Menschengruppe betroffen ist, die eben mit einem besonderen Handicap durch das Leben zu gehen hat, dann wird es besonders ärgerlich, wenn man betrachtet, dass es um knapp 300 Betroffene geht. Das heißt, haushaltstechnisch wäre diese Anpassung, die hier beantragt wird, keinesfalls in irgendeiner Form besonders spektakulär. Es wäre nur ein Zeichen für die Herstellung sozialer Gerechtigkeit, eine Thematik, die uns allen doch am Herzen liegen sollte. Und dass das keine Mehrheit findet, ist schlichtweg nicht nachvollziehbar. Das ist auch der Grund, warum unsere Fraktion diesem Antrag nicht zustimmen, sondern sich der Stimme enthalten wird. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Für die Fraktion der CDU hat jetzt das Wort die Abgeordnete Frau Friemann-Jennert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zur Änderung des Landesausführungsgesetzes zum SGB XII und anderer Gesetze liegen Ihnen unter Drucksache 7/1635 die Beschlussempfehlung und der Bericht des Sozialausschusses vor.

Der Änderungsantrag von SPD und CDU, zu welchem ich sie wie zum Gesetzesentwurf insgesamt um Zustimmung bitte, zielt im Wesentlichen auf zwei Aspekte ab:

Erstens wird unter Ziffer 1 eine Regelung getroffen, wie künftig die Vorsitzende beziehungsweise der Vorsitzende in der Verbandsversammlung des Kommunalen Sozialverbandes bestimmt wird.

Zweitens – diese Änderung ist ebenfalls sinnvoll – wird festgelegt, wer die Interessen der Menschen mit Behinderungen bei der Erarbeitung und Beschlussfassung der Landesrahmenverträge vertritt. Nach unserer gemeinsamen Auffassung wird dies der Integrationsförderrat des Landes durch die Entsendung eines Vertreters übernehmen, weil er hierzu bestens geeignet und befähigt ist.

Ich habe daher mit Freude zur Kenntnis genommen, dass diese Änderung im Ausschuss einstimmig beschlossen wurde. In der Gesamtheit passen wir somit das Landesausführungsgesetz zum SGB XII und weitere Gesetze an, was durch die Änderungen des Bundesteilhabegesetzes notwendig wurde.

Ende Dezember 2016 wurden mit dem Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen bundesgesetzliche Regelungen im XII. Gesetzbuch geändert. Damit einher geht eine Weiterentwicklung der Sozialhilfeleistungen für Menschen in und mit besonderen Lebenslagen, welche ich als sozialpolitische Sprecherin meiner Fraktion grundsätzlich sehr begrüße. Eine neue Regelung erfährt hierbei etwa das landesrechtliche Verfahren und die Weiterleitung der Bundesmittel 2017 bis 2019 als zu erstattende Teilbeträge an die Landkreise und Kommunen als Aufgabenträger je Leistungsberechtigtem und je Kalendermonat. Zu den Leistungen der Eingliederungshilfe zählen zum Beispiel eine angemessene Schulbildung oder Leistungen zur medizinischen Rehabilitation behinderter Menschen am Arbeitsplatz.

Daneben regelt das Landesausführungsgesetz nach dem XII. Gesetzbuch unverändert die zentral wahrzunehmenden Aufgaben der Sozialhilfeträger. Seit Januar 2016 liegt diese Aufgabe beim Kommunalen Sozialverband. Bis Ende dieses Jahres bestimmen die Sozialhilfeträger, das heißt die Landkreise und kreisfreien Städte, die zentrale Stelle neu.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, neben diesen Änderungen entwickelt das Bundesteilhabegesetz in Anwendung der UN-Behindertenrechtskonvention die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen von einer mehr oder weniger schlichten Sozialhilfeleistung hin zu einer modernen, personenzentrierten Teilhabeleistung außerhalb des Fürsorgesystems – nach meiner festen Überzeugung ein wichtiger emanzipatorischer Schritt, um die Ziele der Behindertenrechtskonvention zu erreichen. Hierzu werden zum Beispiel die Leistungen der Eingliederungshilfe ab Januar 2020 aus dem XII. Sozialgesetzbuch herausgelöst und als besondere Leistung ins IX. Sozialgesetzbuch, also Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen, überführt.

Des Weiteren zielt der Gesetzentwurf auf eine Änderung im Bereich des zweiten Landesausführungsgesetzes des Sozialgesetzbuches. Damit wird sichergestellt, dass die zur Entlastung der kommunalen Träger dienenden zusätzlichen Mittel aus der Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft und Heizung für Geflüchtete an die Landkreise und kreisfreien Städte weitergeleitet werden.

Überdies passt der Gesetzentwurf das Landesblindengeld an die zum 1. Januar 2017 geltende Neufassung

des XI. Sozialgesetzbuches an. Mit dem Landesblindengeld gewährt das Land freiwillig eine einkommens- und vermögensunabhängige Geldleistung, die dem Ausgleich der Mehrbelastungen dient, die durch Blindheit und hochgradige Seebehinderungen entstehen können. Ziel ist es, die Teilhabe blinder oder hochgradig sehbehinderter Menschen am gesellschaftlichen Leben zu fördern und zu unterstützen. Diesbezüglich bezweckt der Gesetzentwurf die rechtliche Ausgestaltung des Landesblindengeldes im Zuge der Neufassung des XI. Sozialgesetzbuches durch das Zweite Pflegestärkungsgesetz vom Dezember 2015. Der Entwurf überträgt daher die bisherigen Pflegestufen uneingeschränkt in die Pflegegrade. Frau Drese hatte das auch schon ausführlich hier dargelegt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, um ein besseres Verständnis für den vorliegenden Gesetzentwurf zu erhalten, ist abschließend ein Blick auf die Zeitschiene lohnenswert. Die Regelungen zu den erwähnten Leistungen der Eingliederungshilfe werden erst zum 01.01.2020 aus dem XII. Sozialgesetzbuch herausgelöst und ins IX. überführt. Diese Änderung hat zwar Auswirkungen auf das Konnexitätsprinzip, jedoch könnte man argumentieren, dass die Kommunen bereits heute diese Aufgaben als Träger der Sozialhilfe wahrnehmen. Nach dieser Logik entstehen den Kommunen keine zusätzlichen Kosten. Dennoch plädiere ich dafür, die Kostenentwicklung in diesem Bereich genau im Blick zu behalten, da die Kommunen als Träger der Sozialhilfe nicht auf den Kosten sitzen bleiben dürfen.

Die Folgen der mit dem Bundesteilhabegesetz verbundenen Standarderhöhungen der Leistungen werden erst ab 2020 eintreten. Insofern werden auch erst in diesem Zeitraum die tatsächlichen Kosten abschätzbar sein. Wie bereits erwähnt, ein Großteil der Änderungen des Bundesteilhabegesetzes wird erst ab 2020 in Kraft treten.

In diesem Zusammenhang wurde im Ausschuss über einen Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE beraten, der die Angleichung der derzeitigen unterschiedlichen Zielquotenregelungen zwischen Kreisen und kreisfreien Städten zum Inhalt hatte. Seitens der kreisfreien Städte wurde argumentiert, dass bereits mit der Änderung des Landesausführungsgesetzes zum 1. Januar 2016 unterschiedliche Kostenerstattungsquoten für die anteiligen Kosten des Landes für Sozialhilfeleistungen der Kommunen eingeführt wurden. Ihr Kollege aus Rostock, Sozialsenator Bockhahn, hatte in der Anhörung von einer himmelschreienden Ungerechtigkeit gesprochen. Das ist sicherlich nicht richtig. Der Vorschlag der LINKEN würde etwa 18 Millionen Euro Mehrkosten verursachen. Woher das Geld kommt, wird natürlich nicht gesagt. Die Quotenregelung im SGB XII stellt letztlich eine Konnexitätsregelung dar, wodurch der Konnexitätsausgleich für die übertragenen Aufgaben gewährleistet ist. Das steht in Paragraf 17 Ausführungsgesetz zum SGB XII Mecklenburg-Vorpommern vom 20.12.2004 mit der Festlegung der Zielquoten zum 01.01.2016. Dies sollte zunächst zur Kenntnis genommen werden.

In der Tat wird hinsichtlich der Erstattungsquote zwischen den Landkreisen und kreisfreien Städten differenziert. Das ist so, weil die Kreise und kreisfreien Städte eine vollkommen unterschiedliche Kostenstruktur in der Erbringung ihrer Sozialhilfeleistungen haben. Sie als Kommunalpolitiker wissen doch nur zu gut, dass die Infrastruktur für beispielsweise ambulante Sozialhilfeleis

tungen außerhalb der beiden kreisfreien Städte viel schwieriger und kostenintensiver zu organisieren ist im Vergleich zu den Städten Rostock oder Schwerin.

Diesem Umstand trägt die bisherige Regelung angemessen Rechnung. Dazu kommt, dass mit dem Inkrafttreten des Bundesteilhabegesetzes ab 2020 die Hilfeleistungen, welche etwa die Sicherung des Lebensunterhaltes berühren, ohnehin zu diesem Zeitpunkt im Land neu ausgestaltet werden müssen. Die Finanzierung der Sozialhilfe werden wir dann erneut prüfen und dabei selbstverständlich auch die Abwägungen möglicher Konnexitätsauswirkungen für die Kreise und kreisfreien Städte. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU und Thomas Krüger, SPD)

Für die Fraktion BMV hat jetzt das Wort die Abgeordnete Frau Weißig.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Liebe Gäste! Unsere Fraktion stimmt dem vorliegenden Gesetzentwurf zu. Gerade die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes mithilfe der landesrechtlichen Ausführungsregelungen ist ein wichtiges Signal für Menschen mit Pflegebedarf. Durch die Umsetzung wird zum einen die Teilhabe dieser Personen am öffentlichen und privaten Leben gestärkt. Zum anderen gewinnen sie mehr Selbstbestimmung. Ihre Bedürfnisse werden, anders als es bei den früheren Fürsorgesystemen der Fall war, individuell ermittelt. Das führt zu einer Verbesserung der Lebenssituation. Ob die betreffende Person in ambulanter oder stationärer Behandlung ist, sollte kein Entscheidungsmerkmal mehr sein. Auch das unterstreicht die gewollte personenzentrierte Ausrichtung. Einfach gesagt, die Bedarfsermittlung richtet sich ganz nach dem Menschen, der die Leistungen empfängt.

Das klingt zwar alles sehr gut, ich befürchte aber, dass die Umsetzung dieses Vorhabens noch einige Schwierigkeiten mit sich bringt. Ein ganz entscheidendes Problem sehe ich beim nach wie vor existierenden Fachkräftemangel. Durch den eintretenden Systemwechsel wird die ambulante Versorgung gefördert. Mehr Menschen werden also länger in ihrem vertrauten Zuhause gepflegt. Das hört sich erst einmal gut an, wünschen sich doch die meisten Menschen, so lange wie möglich in ihren vier Wänden bleiben zu können. Doch wo nehmen wir das Personal her? Schon jetzt reicht es hinten und vorne nicht. Die Pflegekräfte, die sowieso überlastet sind, werden noch mehr und zu noch schlechteren Bedingungen arbeiten müssen. Und das wird keinesfalls zu einer verbesserten Versorgung der pflegebedürftigen Menschen führen. Ganz im Gegenteil, die Fälle von Gewalt und Vernachlässigung werden zunehmen, wenn wir es nicht endlich schaffen, die Arbeitsbedingungen für Fachkräfte attraktiver zu gestalten, damit wieder mehr Leute diesen Beruf ausüben möchten. Nur dann ist noch eine ganzheitliche Versorgung garantiert.

In diesem Zusammenhang finde ich es außerdem nicht hinnehmbar, dass die Anfahrtszeit auf die Pflegezeit angerechnet wird. Das bedeutet, wenn eine ambulante Pflegekraft einen langen Anfahrtsweg zum Patienten hat, wird das einfach verrechnet und am Ende bleibt kaum Zeit für eine ordentliche Versorgung. Auch hier müssen unbedingt Regelungen gefunden werden, um zum einen

die Pfleger zu entlasten, aber andererseits auch die nötige Zeit für den Patienten zu garantieren.

Das Ziel dieser Gesetzesänderung ist es also, eine bessere Betreuung der pflegebedürftigen Menschen vollständig und gut umzusetzen. Dafür müssen wir uns aber ebenfalls Gedanken machen, wie wir das Pflegepersonal unterstützen, damit die Hilfe wirklich bei den Betroffenen ankommt. – Ich danke Ihnen.

(Beifall Dr. Matthias Manthei, BMV)

Danke, Frau Abgeordnete.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Heydorn.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Gerade habe ich mir überlegt, ob ich es ganz kurz mache, denn in der Sache ist ja letztendlich alles dargelegt worden. Aber vielleicht kann man die Dinge noch ein bisschen besser betonen und vielleicht ist es sinnvoll, jetzt mit Hinweis auf den Antrag der LINKEN sich die Historie der ganzen Angelegenheit des SGB XII noch mal vor Augen zu führen.

Es ist inzwischen schon viele Jahre her und vielleicht auch nicht allen bekannt, da hatten wir im Bundessozialhilfegesetz zwei unterschiedliche Zuständigkeiten. Es gab den örtlichen Sozialhilfeträger, das waren die Kreise und kreisfreien Städte, und es gab den überörtlichen Sozialhilfeträger, das war bei uns im Land das Land Mecklenburg-Vorpommern. Je nachdem, mit was für sachlichen Aufgaben man es zu tun hatte, ergab sich daraus die Zuständigkeit, und mit der Zuständigkeit war auch die Verpflichtung zur Bezahlung verbunden. Das heißt, Aufgaben des örtlichen Sozialhilfeträgers waren von den Kreisen und kreisfreien Städten zu bezahlen, Aufgaben des überörtlichen Sozialhilfeträgers trug das Land Mecklenburg-Vorpommern.

Das war nie eine Regelung, die in der Sache dazu geführt hat, dass wirklich an den Bedürfnissen der einzelnen Hilfeempfänger entschieden worden ist, sondern in den örtlichen Sozialämtern gab es durchaus häufiger Bestrebungen, Entscheidungen herbeizuführen, die letztendlich die örtlichen Sozialhilfeträger entlasten und Kostenfolgen zulasten des überörtlichen Trägers herbeiführten. Um das ganz deutlich zu machen: Also alles, was ich in einer Einrichtung unterbringen konnte, musste ich nicht mehr bezahlen, sondern das machte dann das Land.

Damit waren alle unzufrieden, vor allen Dingen wir waren unzufrieden, und wir haben eine Neuregelung vorgenommen. Die sah dann so aus, dass jetzt für beide Bereiche die örtlichen Träger zuständig waren. Für das Land blieb nur noch, die Kosten zu bezahlen. Also es wurde abgerechnet und wir hatten dann für den Bereich der überörtlichen Sozialhilfe die Kostenerstattungspflicht an der Backe, ohne dass wir inhaltlich was beeinflussen konnten.

Das beschäftigte mich über viele Jahre meines Abgeordnetenseins hier in diesem Landtag, denn zufriedenstellend war das nicht. Vor ein paar Jahren ist es uns gelungen, eine andere Regelung herbeizuführen, nämlich eine Regelung herbeizuführen, die uns auf der einen Seite als Land im Rahmen einer Fachaufsicht wieder die Möglich

keiten einräumt, inhaltlich auf die Hilfegewährung Einfluss zu nehmen, und auf der anderen Seite, dass wir nicht mehr betrachten, was sind Ausgaben der örtlichen Sozialhilfe und was sind Ausgaben der überörtlichen Sozialhilfe, sondern wir gucken uns an, was wird insgesamt an Sozialhilfelasten bei einem Kreis oder einer kreisfreien Stadt bezahlt.