Protokoll der Sitzung vom 25.01.2018

Ich möchte nicht einfach unter den Tisch kehren, dass es mit dem Ausbau der Windenergie zu Belastungen der Bevölkerung kommt. Das wäre unehrlich. Allerdings möchte ich gern zurückweisen, Herr Professor Weber, dass wir Wirtschaft vor die Gesundheit der Menschen stellen.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Doch!)

Ich bin selbst im Planungsausschuss von Vorpommern. Wir befinden uns jetzt in der dritten Beteiligungsrunde, in der dritten Runde der Öffentlichkeitsbeteiligung, und es wird wahrscheinlich auch noch eine vierte Runde geben. Also es ist ein ganz langer Zeitraum, in dem wir mit vielen verschiedenen Betroffenen und Akteuren sowie Interessenten in der Diskussion sind und uns die Abstimmung, die Abwägung überhaupt nicht leichtmachen, zu jedem einzelnen Eignungsgebiet.

Windräder haben eine optische Wirkung, das ist so. Die einen mögen sie, andere finden sie einfach nur grauenhaft und unglaublich störend. Die Landschaft verändert sich.

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Ich verstehe, dass die Menschen nicht in Jubel ausbrechen, wenn in der näheren Umgebung ein Windpark entsteht, und ich stelle auch nicht in Abrede, dass wir weiteren Forschungsbedarf in puncto Infraschall haben, aber so, wie Sie das hier darstellen, Herr Reuken, dass die Untersuchungen völlig eindeutig sind, so ist es nicht. Es gibt genauso viele, vielleicht sogar noch mehr Untersuchungen und Studien, die genau das Gegenteil beweisen, nämlich, dass ab einer Entfernung von etwa 400 Metern Infraschall überhaupt nicht mehr wahrnehmbar ist für Menschen.

Ich möchte auch betonen, dass Menschen, die Windräder als große Belästigung empfinden, sich trotzdem die Frage nach den Alternativen stellen müssen. Herr Albrecht ist auch schon darauf eingegangen. Ist ein Atom- oder ein Kohlekraftwerk in der Nähe schöner, besser, erträglicher und vor allem umweltfreundlicher? Das mag der eine oder andere bejahen, aber ich kann mich noch gut daran erinnern, dass wir im Landtag MecklenburgVorpommern über die Fraktionsgrenzen hinweg alles dafür getan haben, dass die MIBRAG in der Griesen Gegend nicht Braunkohle fördert.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Und in Vorpommern, auch daran werden sich sicherlich einige noch erinnern, gab es eine große Volksbewegung gegen die Pläne von DONG Energy, ein Steinkohlekraftwerk in Lubmin zu errichten.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig!)

Mit den Hinterlassenschaften des Atomkraftwerkes in Lubmin haben wir auch so unsere Probleme und ein atomares Endlager will schon gar keiner vor seiner Haustür haben.

(Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

Wo sind dann die Alternativen?

(Thomas Krüger, SPD: Herr Strohschein hat das schon mal gefordert.)

Der Strom muss ja zunächst erst mal in die Steckdose, ehe man ihn herausziehen kann.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Auch beim Erneuerbare-Energien-Mix heißt aus unserer Sicht Ausgewogenheit das Zauberwort. Eine 10H-Regelung ist kein verträglicher Kompromiss.

Das andere Extrem wäre, keine Regelungen zum Ausbau der Windenergie zu haben. Das sei die Situation, wollen Sie uns ja jetzt weismachen. Die Empfehlungen der Landesregierung zu den Abständen zur Wohnbebauung sind kein Minimalkompromiss, der den Behörden abgerungen werden musste. Die 1.000 beziehungsweise 800 Meter sind schon weit mehr, als durch BundesImmissionsschutzgesetz und durch Gerichte bestätigt als Mindestabstände vorzusehen sind. Da geht es um 400 bis 600 Meter. Die regionalen Planungsverbände weisen bei uns die Eignungsflächen aus und ich frage mich, wann Sie denn endlich begreifen, dass das ein Instrument zur Begrenzung von Windenergie ist.

(Rainer Albrecht, SPD: Aha! – Dr. Ralph Weber, AfD: Ist es nicht.)

Nach dem langen Beteiligungsprozess und dem Beschluss der Verbandsversammlungen wird der Regionalplan festgestellt und ist dann Gesetz. Ohne diese Steuerung würde nur die im Bundesgesetz festgelegte Privilegierung im Außenbereich Grundlage sein.

Meine Damen und Herren, eine letzte Bemerkung noch: DIE LINKE wird immer dafür streiten, wie die Energiewende am besten zu schaffen ist, damit alle Menschen davon profitieren können. Da gibt es eine ganze Menge Baustellen. Wir werden uns auch weiter vor Ort den kritischen Fragen stellen und versuchen, Lösungen zu finden, aber wir werden keine Diskussion darüber führen, ob die Energiewende notwendig ist. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Franz-Robert Liskow.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die CDU hat sich immer für einen moderaten Ausbau der

erneuerbaren Energien hier im Land ausgesprochen. Dazu stehen wir auch weiterhin. Wenn man sich den Antrag der AfD anschaut, hat er eigentlich nur zur Folge, dass es einen Stopp des Ausbaus geben wird. Ich bin da meinem Kollegen Herrn Albrecht sehr dankbar, denn er hat das hier sehr ausführlich ausgeführt. Das möchte ich gar nicht alles wiederholen, weil es eigentlich die Istsituation auf den Punkt gebracht hat.

(Heiterkeit bei Rainer Albrecht, SPD: Gern geschehen, Herr Kollege.)

Da wollen wir jetzt ein bisschen Zeit einsparen, denn wir haben heute auch noch eine lange Regelung.

(Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

Es ist ein Trugschluss, wenn die AfD hier sagt, wir brauchen diese Regelung, weil wir im Land verschiedene Kriterien wieder einführen können. Das ist längst Sache, das haben auch die Vorredner alle erwähnt. Wir können im Land selbstverständlich abweichen von anderen Regelungen.

(Stephan J. Reuken, AfD: Es gibt keine Rechtssicherheit.)

Es ist im Bundes-Immissionsschutzgesetz geregelt, dass eine Windkraftanlage zur Wohnbebauung einen Abstand von etwa 600 Metern einhalten muss. Wir sind dort weit darüber mit 1.000 Metern, und selbstverständlich könnten wir im Land auch Regelungen treffen, die das noch mehr ausweiten.

Ich möchte auch noch mal kurz auf die 10H-Regel eingehen. Da hat ja die Kollegin Schwenke gesagt, man könnte sich ein stufenweises Modell vorstellen. Wenn wir uns das aktuelle EEG anschauen, das seit 2017 in Kraft ist, wissen wir eigentlich auch alle, dass das eben nicht mehr möglich ist, weil nur noch die ganz großen Anlagen tatsächlich wirtschaftlich zu betreiben sind. Und wenn man über Anlagen redet, die jetzt, sage ich mal, eine Gesamthöhe von 100 Metern haben, die erstens teilweise gar nicht mehr hergestellt werden und im zweiten Fall auch gar nicht mehr wirtschaftlich darstellbar sind, dann wäre es so, dass eine 10H-Regel automatisch heißt, es werden keine Windkraftanlagen mehr in Mecklenburg-Vorpommern gebaut.

Aus den genannten Gründen lehnt die CDU diesen Antrag ab. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU und Thomas Krüger, SPD)

Ich begrüße auf der Besuchertribüne Bürgerinnen und Bürger aus dem Landkreis Vorpommern-Greifswald und darunter passend zum Thema Vertreter der Bürgerinitiative „Freie Friedländer Wiese“.

Das Wort hat jetzt nicht der Finanzminister,

(Heiterkeit bei Rainer Albrecht, SPD – Heiterkeit und Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

sondern der Minister für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung Herr Pegel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Finanzminister möge mich gern hinterher ergänzen, ich würde aber zumindest einmal vorweg aus der Fach- und Ressortsicht einiges beitragen wollen.

Schade, dass Herr Professor Weber davon ist. Ich würde ihm gern gleich zwei, drei direkte Fragen stellen, weil man vorhin möglicherweise nicht alle Antworten zu Protokoll nehmen konnte. Ich finde das schon beachtlich, was da in Zwischenrufen an wesentlichen politischen Botschaften, von denen ich glaube, dass die Menschen sie kennen sollten, mittransportiert wird.

Aber vorneweg, der Antrag hat ja in der Einbringung das Bemühen unternommen zu sagen, wir sind die Guten. Ich würde mal einen anderen Gegensatz aufbauen: Dieser Antrag ist aus der Kategorie „Hauptsache ich und jetzt“, und die Mehrheit in diesem Parlament ist aus der Kategorie „Wir und unsere Kinder“. Genau das ist nämlich das Ziel von Klimaschutzpolitik und damit auch davon, dass wir Windkraftausbau moderat und strukturiert in diesem Lande betreiben.

(Jürgen Strohschein, AfD: Aber am verkehrten Ende.)

Um es mal an Ihrem Papier und Ihren Begründungen festzumachen …

Wer verkehrt ist, entscheiden ja zum Glück die Wählerinnen und Wähler in diesem Lande.

(Stephan J. Reuken, AfD: Richtig, richtig!)

Um es mal an Ihrem Papier festzumachen, meine sehr geehrten Damen und Herren, da ist in der Einbringung behauptet worden, die 800 Meter zu Einzelgehöften und die 1.000 Meter Mindestabstand bei der Windeignungsgebietsplanung seien „abgetrotzt“. Meine Damen und Herren, das ist vor vielen Jahren von dieser Landesregierung als Empfehlung in die Planungsverbände gegeben worden, da haben wir über diese Distanzen noch lange nicht diskutiert, und da waren sie damals bundesweit ziemlich einmalig, weil sie schon mit einem deutlichen Sicherheitsabstand, eben nicht als Minimalkompromiss, sondern mit deutlichem Sicherheitsabstand geplant worden sind. Wenn Sie die reinen Abstände, die das BundesImmissionsschutzgesetz typischerweise vorgibt, sehen, liegen sie im Durchschnitt bei etwas über 600 Metern. Das sind die für den Gesundheitsschutz zwingend erforderlichen Abstände, die etwas mit Schlagschatten zu tun haben, mit tatsächlich hörbarem Schall, also mit Lärmemissionen und den Dingen, die damit zusammenhängen.

Meine Damen und Herren, dieser Abstand des BundesImmissionsschutzgesetzes hat im Übrigen nichts mit der Höhe der Anlagen zu tun, sondern die gucken sich einfach für jede einzelne Anlage an, welche Emission sie erzeugt. Und ich finde diese Einzelfallprüfung – ich bin ein Freund des Rechtsstaates, ich finde, das ist eine schöne Erfindung – auch sehr überzeugend, denn Sie können eine unglaublich laute Anlage auf einen sehr kurzen Mast stellen, dann werden Sie trotzdem mehr Sicherheitsabstand für die Menschen brauchen, als wenn Sie eine sehr emissionsarme moderne Anlage auf einen sehr hohen Punkt stellen. Meine Damen und Herren, auch für die 200-Meter-Anlage gilt das eben Gesagte.

Dann haben Sie ja versucht, einen einzigen echten Kronzeugen herbeizuziehen, und das ist das große Schwert des Gesundheitsschutzes. Und weil beim Gesundheitsschutz beim Thema „Normaler Lärm – hörbare Schallwellen“ und beim Thema „Schlagschatten“ mit den Sicherheitsabständen, mit den in den letzten 20 Jahren geschaffenen rechtlichen Instrumentarien alles abgeräumt ist, muss es dann dieses drohende Ungetüm Infraschall sein. Das geistert in ganz vielen Debatten umher.

Erstens gibt es eine herzliche Einladung: Wenn man eine ernsthafte Auseinandersetzung damit will, das ist die Voraussetzung, dann lade ich Sie herzlich ein auf unsere Internetseite. Wir haben mal eine Veranstaltungsreihe mit externen Dozentinnen und Dozenten gemacht, wo wir uns nicht Kolleginnen und Kollegen aus dem Haus geholt haben. Das ist klar, die sagen nur, was der Minister braucht und will. Wir haben ganz bewusst Externe genommen, in diesem Fall im Übrigen für das Thema Infraschall eine Mitarbeiterin des Bayerischen Gesundheitsamtes. Bayern ist nun nicht bundesweit bekannt dafür, dass sie die Speerspitze der Windkraftbewegung seien, eher deutlich kritisch draufgucken, aber okay, das ist doch ein lauterer Zeugnisgeber für eine seriöse Einschätzung des Themas. Das Video dieses Vortrages ist noch heute auf unseren Seiten zu sehen. Die sehr klaren Hinweise der Kollegin, die sie dort vorgetragen hat, gebe ich gleich gern wieder. Das ist der Stand der Wissenschaft entgegen allen hier vorgetragenen Behauptungen. Der Infraschall wird erst dann zu einem Problem – um es mal einzuordnen, Infraschall sind Schallwellen unterhalb der Hörbarkeit von Menschen, weit unterhalb dessen, was wir hören können, was klare wissenschaftliche Erkenntnisse sind –, Infraschall kriegt erst dann gesundheitsgefährdendes Potenzial für Menschen, wenn er so doll ist, so stark auftritt, dass er in den hörbaren Bereich kommt.

Ich übersetze das mal in Ihren hörbaren Bereich: Sie brauchen mindestens Presslufthammerqualität neben sich von der Intensität des Infraschalls, damit er überhaupt in Ihren Hörbereich kommt. Dann allerdings hat er in der Tat die Gefahr, gesundheitsgefährdend zu werden. Davon sind wir bei Windkraftanlagen meilenweit entfernt.