Jetzt muss ich bald meine Empörung artikulieren, denn, wenn ich hier das Wort ergreife, dann gebe ich zu Protokoll, was zu sagen ist. Wenn ich Ihnen dann wieder das Wort gebe, haben Sie so das Signal, dass ich am Ende dessen bin, was ich hier zu sagen beabsichtige. Dieses Ende habe ich jetzt erreicht und von daher können Sie jetzt bitte mit Ihrer Rede fortfahren.
Also nehmen Sie es mir bitte ab, das ist keine gespielte Empörung. Ich bin über solche Einwürfe wirklich empört. Das muss ich mir nicht bieten lassen.
(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Nikolaus Kramer, AfD: Bravo! – Tilo Gundlack, SPD: Aber Ihre Kollegen.)
Es gibt hier natürlich auch Kollegen und Kolleginnen, für die ist es schon so, wenn sie nur den Begriff des „deutschen Volkes“ oder „deutsch“ hören, als wenn sie von der Nessel gestochen werden.
Als Land in der Mitte Europas hatten wir immer Zuwanderung. Wir haben viele Fremde, die sich integriert haben. Das ist im Zweifel auch der Herr Caffier mit seinen hugenottischen Vorfahren,
das ist Herr de Maizière, das sind die Polen im Ruhrgebiet. Gegen die hat doch kein Mensch was, jedenfalls keiner, der ein bisschen Verstand im Kopf hat. Darum geht es doch gar nicht.
Worum es geht, ist dies, und da wird der Wähler Ihnen letztlich die Quittung überreichen, wenn Sie das nicht begreifen wollen: …
Schönen Dank, Herr Kollege Förster, dass Sie das noch zulassen, weil unser Disput zwar laut, aber nicht für alle verständlich war. Ich will Sie daher fragen: Was halten Sie von der Tatsache, dass Ihr Kollege Schneider – mit Ihnen zusammen nachgerückt – gemeinsam mit Neonazis durch die Straßen dieses Landes marschiert? Was halten Sie davon?
(Heiterkeit bei Tilo Gundlack, SPD – Zurufe von Patrick Dahlemann, SPD, Tilo Gundlack, SPD, und Thomas Krüger, SPD)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hätte auch eine persönliche Erklärung abgeben können, aber ich werde Ihnen jetzt sagen, warum ich das Recht habe, mich zu empören. Ich habe das Erbe einer Holocaust
Überlebenden angetreten und ich habe jedes Recht dieser Welt, mich zu empören, wenn Sie rassistische Äußerungen sagen.
Sie sprechen hier von Sprache. Haben Sie Herrn Ventzki gestern zugehört? Ich werde Ihnen sagen, was er ausdrücken wollte, Zitat: „Es fing nicht mit Gaskammern an. Es fing an mit einer Politik, die von WIR gegen DIE sprach. … Es fing an mit der Aberkennung von Grundrechten. Es fing an mit brennenden Häusern. Es fing an mit Menschen, die einfach wegschauten.“ Und es fing an mit hasserfüllter Sprache. Zitatende. Und darum: „Mir lebn ejbig, mir sajnen do!“. Das ist ein jiddisches Lied, das 1943 im Ghetto Lodsch entstanden ist. – Vielen Dank.
(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Wissen Sie, wie gefährlich und schäbig es ist, indem Sie das alles relativieren, indem Sie ganz schräge Vergleiche hier auftun?!)
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/1576. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/1576 bei Zustimmung der Fraktion der AfD, ansonsten Ablehnung aller anderen Fraktionen abgelehnt.
Gemäß Paragraf 88 unserer Geschäftsordnung – Persönliche Bemerkungen – hat Herr Schneider, Fraktion der AfD, den Wunsch geäußert, eine solche Erklärung abzugeben.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Die von Herrn Ritter aufgetane Behauptung, die weise ich insofern zurück, als dass ich mein Engagement bei der Mvgida in dem Moment eingestellt habe, als die ganze Geschichte, so, wie Sie es beschrieben haben, in eine völlig andere Richtung gegangen ist. Das bitte ich zu berücksichtigen, okay?!
(Tilo Gundlack, SPD: Du bist bei der NPD mitgelaufen. – Peter Ritter, DIE LINKE: Ich rede hier von einer NPD-Demonstration. Sollen wir mal die Bilder zeigen?)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn es da noch Gesprächsbedarf gibt, bitte nicht hier im Plenum, sondern an anderer Stelle!
Und, Herr Schneider, ich habe jetzt Ihre Anmerkung als Anrede gewertet, aber im Grunde genommen war sie es nicht wirklich. Vielleicht beim nächsten Mal darauf achten.
(Andreas Butzki, SPD: Er ist ja neu. – Simone Oldenburg, DIE LINKE: Er weiß jetzt nicht, was Sie meinen.)
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 36: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Mitbestimmungsrechte achten – in Dialog über Beschäftigungsperspektiven für die Zusteller des Nordkuriers eintreten, Drucksache 7/1587.
Antrag der Fraktion DIE LINKE Mitbestimmungsrechte achten – in Dialog über Beschäftigungsperspektiven für die Zusteller des Nordkuriers eintreten – Drucksache 7/1587 –
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als mich kurz vor dem Jahreswechsel über meinen Kollegen Peter Ritter der Hilferuf der „Nordkurier“-Zustellerinnen und -Zusteller aus der Mecklenburgischen Schweiz erreichte, waren meine Fraktion und ich bereit, die Ärmel hochzukrempeln und den Beschäftigten im Rahmen unserer und meiner Möglichkeiten zu helfen. Ich habe also den Kontakt zur Geschäftsführung und zu den Kolleginnen und Kollegen gesucht und mich auch in der Öffentlichkeit klar positioniert. Das haben Kollegen aus SPD und CDU einschließlich des Wirtschaftsministers und vor allem auch zahlreiche Leserinnen und Leser des „Nordkuriers“ ebenso getan.
Deshalb will ich zu Beginn meiner Rede hier und heute – vielleicht etwas untypisch für einen parlamentarischen Diskurs – auch nicht darüber streiten, wer sich zuerst, am meisten oder am besten um das Thema gekümmert hat, sondern all denjenigen danken, die sich im Sinne der von Kündigung und Arbeitslosigkeit bedrohten Kolleginnen und Kollegen engagiert haben. Ich hoffe sehr, dass es uns gemeinsam gelungen ist, deutlich zu machen, dass Politiker verschiedenster Couleur in diesem Land aktuell und auch in Zukunft sehr genau hinschauen, wenn irgendwo der Eindruck entstehen sollte, dass Beschäftigte, die ihr in Paragraf 1 des Betriebsverfassungsgesetzes verbrieftes Recht auf die Wahl einer betrieblichen Interessenvertretung wahrnehmen wollen, dabei nicht nur behindert, sondern ganz real mit dem Verlust ihres Arbeitsplatzes bedroht werden.
Neben dem konkreten Anliegen, einen Ausweg aus der verfahrenen Situation bei der Nordkurier Logistik Mecklenburgische Schweiz zu finden, war es das Ziel meiner Fraktion, mit dem Beschluss über diesen Antrag ein klares Bekenntnis des Landtags zum Paragrafen 1 des Betriebsverfassungsgesetzes und zum Recht auf Mitbestimmung herbeizuführen, und das nicht nur als Lippenbekenntnis. Meine Fraktion ist der Auffassung, dass die betriebliche Mitbestimmung tatsächlich ein hohes Gut ist und darüber hinaus auch ein wesentliches Merkmal für eine funktionierende Sozialpartnerschaft, denn der Dialog zwischen Arbeitgebern und Betriebsräten dient dazu, Interessengegensätze einer gemeinschaftlichen Lösung zuzuführen. Dieser Dialog sorgt somit für einen Interessenausgleich, und zwar zum Wohle der Beschäftigten und der Unternehmen.
Wenn heutzutage in den Medien von Wahlen die Rede ist, dann werden die zwischen März und Mai 2018 bundesweit stattfindenden Betriebsratswahlen leider häufig vergessen,
und das, obwohl sich dort die gesamte Vielfalt der Unternehmen abbildet. Es gibt Ein-Mann- oder Ein-FrauBetriebsräte in kleinen Unternehmen mit 5 bis 20 Beschäftigten und es gibt 35 Mitglieder starke Betriebsratsgremien in Großunternehmen mit 7.001 bis 9.000 Beschäftigten. Arbeitsschutz, Arbeitszeit, Sozialauswahl, Vereinbarkeit von Privat- und Erwerbsleben, betriebliche Gesundheitsförderung – die Themenpalette ist ebenfalls breit. Und oft fällt ein wichtiges Argument für die Existenz von Betriebsräten unter den Tisch. Empirische Studien belegen nämlich, dass dort, wo es Mitbestimmung durch diese Gremien gibt, die Produktivität je nach Branche und Betriebsgröße zwischen 9 und 30 Prozent steigt. Es lohnt sich also entgegen vieler Vorbehalte auch für die Arbeitgeber, betriebliche Herausforderungen im Dialog mit den Interessenvertretungen der Beschäftigungen anzugehen.
Meine Damen und Herren, im konkreten Fall, auf den wir uns mit unserem Antrag beziehen, hat sich jetzt doch noch eine Perspektive für die von den Kündigungen betroffenen Kolleginnen und Kollegen ergeben. Es ist gut, dass die Geschäftsführung des „Nordkuriers“ hier eingelenkt hat. Zurückweisen möchte ich allerdings für mich persönlich – und ich denke, auch stellvertretend für die Kollegen Ritter, Reinhardt, Schulte und Krüger – den am Montag der Vorwoche im „Nordkurier“ zu lesenden Vorwurf, Politiker hätten bar jeder Sachkenntnis hier irgendetwas aufgebauscht, um sich persönlich zu profilieren, denn es waren die Zustellerinnen und Zusteller, die zu Weihnachten vor den Trümmern ihrer beruflichen Existenz standen