Meine Damen und Herren, im konkreten Fall, auf den wir uns mit unserem Antrag beziehen, hat sich jetzt doch noch eine Perspektive für die von den Kündigungen betroffenen Kolleginnen und Kollegen ergeben. Es ist gut, dass die Geschäftsführung des „Nordkuriers“ hier eingelenkt hat. Zurückweisen möchte ich allerdings für mich persönlich – und ich denke, auch stellvertretend für die Kollegen Ritter, Reinhardt, Schulte und Krüger – den am Montag der Vorwoche im „Nordkurier“ zu lesenden Vorwurf, Politiker hätten bar jeder Sachkenntnis hier irgendetwas aufgebauscht, um sich persönlich zu profilieren, denn es waren die Zustellerinnen und Zusteller, die zu Weihnachten vor den Trümmern ihrer beruflichen Existenz standen
und uns, die Landespolitiker, ein Stück weit in die Pflicht genommen haben, Haltung zu zeigen und nicht immer nur abstrakt über gute Arbeit zu reden.
Sie haben uns gebeten, uns auch um den konkreten Fall zu kümmern. Das haben wir getan, nicht mehr und nicht weniger.
Es mutet natürlich schon eigenartig an, wenn der „Nordkurier“ wenig später erklärt, er würde die Betriebsratsgründung unterstützen – was uneingeschränkt zu begrüßen ist –, und im gleichen Atemzug wird bekannt, dass er versucht hat, eine Kundgebung der Betroffenen gemeinsam mit ihrer Gewerkschaft ver.di zu untersagen. Deshalb werden wir sehr genau hinschauen, was weiter dort passiert. Vielleicht nimmt die Geschäftsführung als erste vertrauensbildende Maßnahme mal das mehrfach geäußerte und immer wieder erneuerte Gesprächsangebot von ver.di an.
Meine Damen und Herren, der vorliegende Antrag hat nach augenblicklicher Einschätzung der Lage seine Pflicht und Schuldigkeit getan. Deswegen wollte ich ihn ursprünglich an dieser Stelle zurückziehen. Da uns allerdings signalisiert worden ist, dass es auch aus anderen Fraktionen den Wunsch gibt, noch einmal etwas in der Sache zu sagen, warte ich natürlich der Fairness halber damit bis zum Ende der Debatte und bin gespannt auf die Redebeiträge der Kolleginnen und Kollegen. – Vielen Dank.
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die aktuelle Entwicklung bei der Nordkurier Logistik Mecklenburgische Schweiz GmbH hat zu etlichen Diskussionen in der Öffentlichkeit geführt. Viele politische Äußerungen von Landespolitikern verschiedener Parteien haben dazu geführt, das am Ende die Geschäftsleitung deutlich festgestellt hat, dass die Kündigungen zurückgenommen werden, dass 60 Zustellerinnen und Zusteller ihre Arbeit behalten und dass man zweitens mit ver.di gesprochen hat. Ich denke, es war richtig, darauf zu reagieren, dass am 23. Dezember die Kündigungen zugestellt wurden.
Sie wissen, dass ich als Wirtschaftsminister mich angeboten habe, sozusagen zu vermitteln. Dieses Angebot hat die Gewerkschaft, aber auch der „Nordkurier“ angenommen. Mittlerweile sind die Ergebnisse bekannt. Man hat sich am Ende darauf verständigt, dass alle 60 Mitarbeiter ihre Arbeit behalten.
Man wird natürlich jetzt sehen. Dieses Gespräch wurde zwischen ver.di und der Geschäftsleitung, Herrn Schumacher, am 15. Januar geführt, relativ zielstrebig zum Ende gebracht und man hat in der Woche auch mit allen Betroffenen gesprochen.
Meine Damen und Herren, damit, glaube ich, hat die Landesregierung gezeigt, dass sie durchaus vermitteln kann, und zwar relativ geräuschlos.
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, Horst Förster, AfD, und Christel Weißig, BMV – Torsten Renz, CDU: Insbesondere der Wirtschaftsminister. Danke, Harry!)
Wir freuen uns, dass eine gütliche Lösung eingetreten ist und auch der „Nordkurier“ gesagt hat, dass man einen Betriebsrat nicht behindern wird, sondern das auch durchaus begrüßen würde. Von daher gehe ich in der Annahme weiter, dass am Ende eine Einigung zwischen beiden Seiten stattgefunden hat, und ich glaube, dass alle Politiker, die sich da in besonderer Weise zu Wort gemeldet haben, zufrieden sein können mit dem Ergebnis. Ich denke, die Dinge werden sich beruhigen und die Leser erhalten ihre Zeitungen, ihre Pakete und natürlich auch ihre Briefe. Das sind ja alles Dinge, die der „Nordkurier“ als Service anbietet.
Ich will durchaus Herrn Schumacher jetzt sagen, dass er dann, als die Diskussion begann, am Ende eingelenkt hat, um dafür zu sorgen, dass der „Nordkurier“ weiter ein wichtiges Element ist, um die politische Willensbildung mit zu begleiten, kritisch zu sein und unabhängig zu sein. Von daher will ich meine Rede jetzt beenden. – Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist doch so: Jeden Morgen stehen wir auf, wir drücken den Lichtschalter und das Licht geht an. Wir gehen zum Bäcker, es gibt frische Brötchen.
den wir nur deshalb erleben, weil Nacht für Nacht viele fleißige Menschen in unserem Land unterwegs sind, beispielweise im Umspannwerk oder in der Bäckerei oder eben als Zusteller. Es hat mich – und offenbar ja nicht nur mich, sondern auch andere Kollegen – sehr betroffen gemacht, zu hören, wie beim „Nordkurier“ mit den Verteilerinnen und Verteilern umgegangen worden ist. Offenbar hat Peter Ritter das Gespräch mit den Verteilerinnen und Verteilern gesucht und Herr Foerster auch. Ich habe sie auch bei mir im Wahlkreisbüro gehabt und habe mir berichten lassen, vor welchem Hintergrund die Kolleginnen und Kollegen dort einen Betriebsrat gründen wollten. Es waren wirklich aus meiner Sicht, aus meinem Gefühl heraus relativ kleine Probleme, die man gehabt hat, beispielsweise, dass die Dienstbekleidung, die sie tragen müssen, nicht in ausreichendem Umfang zur Verfügung gestellt wird, sie sie also selbst kaufen mussten, obwohl sie nur Mindestlohn kriegen, also alle durch die Bank weg Mindestlohn kriegen würden. Es ging darum, dass man nachts unterwegs ist und mehr Reflektoren an der Dienstkleidung beispielsweise haben wollte, um gesehen zu werden,
Jeder von uns, der selbst mal in einem Betriebsrat gearbeitet hat – das habe ich getan, ich habe auch auf der anderen Seite gearbeitet, mit Betriebsräten als Geschäftsführer –, der weiß, dass ein Betriebsrat ein wirklich wertvolles Instrument sein kann, um Betriebsfrieden zu halten, um die Dinge, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort an Bedürfnissen haben, letztendlich auch verwirklicht zu sehen. Ich freue mich sehr, dass es jetzt letztendlich zu einer Lösung gekommen ist. Es hat mich sehr betroffen gemacht, muss ich sagen, wie die Geschäftsleitung ursprünglich mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umgegangen ist. Es hieß nachher, es ging irgendwo um Umstrukturierung.
Ganz klar gesagt, das erste Mal ist man da zusammengekommen, hat einen Wahlvorstand gegründet, um einen
Betriebsrat zu wählen. Jeder, der sich damit auskennt, weiß, der Wahlvorstand ist eigentlich unkündbar. Die einzige Möglichkeit, den Betriebsrat dann noch zu verhindern, ist, den gesamten Betrieb zu schließen. Den gesamten Betrieb zu schließen, macht dann ja nur Sinn, wenn man das künftig günstiger erledigen kann. Da alle nur Mindestlohn kriegen, da die Touren weiterhin abgedeckt werden müssen, da alle Mitarbeiter nur den Mindesturlaub bekommen, ist es günstiger anders nicht zu machen. Das heißt, damit war klar, dass hier die Gründung eines Betriebsrates verhindert werden soll.
Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wenn jetzt der Geschäftsführer des „Nordkuriers“ sagt, dass er begrüßt, dass die Betriebsratsgründung bei der Nordkurier Mecklenburgische Schweiz passieren soll, dann sage ich, das ist gut, das werden wir beobachten. Aber es geht ja nicht nur um die Nordkurier Mecklenburgische Schweiz, sondern es geht darüber hinaus um den Gesamtkonzern. Und ich sage auch in Richtung der Menschen in diesem Land, meine Damen und Herren, organisieren Sie sich, werden Sie Mitglied einer Gewerkschaft, gründen Sie Betriebsräte, kämpfen Sie für Ihre Rechte! Ihre Rechte fallen nicht vom Himmel. Nur wenn Sie einig sind, sind Sie stark, also seien Sie einig, seien Sie stark! – Besten Dank.
Herr Foerster, ich habe Sie so verstanden, dass Sie das Thema deshalb aufgebracht haben oder daran festgehalten haben, um ein deutliches Bekenntnis des Landtages zum Betriebsverfassungsgesetz zu erhalten, und das gebe ich für unsere Fraktion Bürger für MecklenburgVorpommern sehr gerne. Natürlich gilt das Betriebsverfassungsgesetz auch in Mecklenburg-Vorpommern, das ist gut so. Ich muss sagen, ich war selber 20 Jahre lang Führungskraft in großen Unternehmen, habe in dieser Zeit immer mit Betriebsräten zusammengearbeitet und kann das bestätigen, dass ich da sehr, sehr gute Erfahrungen gemacht habe. Die Produktivität steigt tatsächlich an, weil die Mitarbeiter über den Betriebsrat sehr gut eingebunden sind und gute Vorschläge machen können. Das ist eindeutig so, dass das über einen guten Betriebsrat funktioniert. Da gibt es natürlich auch Unterschiede, wie überall, und schwierige Konflikte. Gerade schwierige Konflikte können mit einem Betriebsrat überhaupt erst vernünftig gelöst werden – also eindeutig eine positive Rolle des Betriebsrates.
Aber dazu gehört auch, dass ein innerbetrieblicher Konflikt nicht unbedingt vollständig in der Öffentlichkeit ausgetragen werden muss. Dieser Hinweis muss schon erlaubt sein, da sollte man sich ein bisschen zurückhalten. Und es ist auch nicht unbedingt so, dass die Gewerkschaft und der Betriebsrat gleichzusetzen sind. Da lege ich sehr viel Wert drauf, dass das ganz unterschiedliche Organisationen sind. Es gibt auch Betriebsräte ohne Gewerkschaftsmitglieder. Und ich muss feststellen, dass manchmal sowohl über die Arbeitgeberverbände wie auch über die Gewerkschaften Konfliktpotenzial erst in
die Betriebe hineingetragen wird. Auch das gehört zur Wahrheit dazu. Also Betriebsrat ist nicht gleich Gewerkschaft.
Von daher, Herr Krüger, kann ich Ihren Aufruf zwar unterstützen, es ist sinnvoll, Betriebsräte zu gründen. Ob man dazu noch in eine Gewerkschaft eintreten möchte, das muss dann aber wirklich jeder selbst entscheiden. Das Gleiche gilt letzten Endes auch für die Unternehmer. Unternehmer, die ihre Aufgabe verantwortungsvoll ausüben wollen und in Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern wirklich die besten Ergebnisse erzielen möchten, haben definitiv nichts gegen die Gründung eines Betriebsrates. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, was soll man sagen?! An sich war dieser ganze Vorfall schon ein Ding aus dem Tollhaus. Ich kann ja an ganz viele Zufälle glauben, aber ganz ehrlich, hier beim „Nordkurier“ waren es doch einige Zufälle zu viel. Wir haben das heute schon gehört, die zeitliche Nähe zur Gründung eines Betriebsrates und zu den 60 Entlassungen, dazu auch noch einen Tag vor Weihnachten, das hat doch sehr befremdlich gewirkt, kann man sagen. Man kann vieles erzählen, aber alles, was da vom „Nordkurier“ kam, hat mich nicht überzeugt.
Hinzu kommt, dass wir es dann auch mit einer tagelangen – so kann man es sagen – Sprachlosigkeit des „Nordkuriers“ zu tun hatten. Viele haben sich bemüht – Herr Foerster, weiß ich, ich auch selber –, Verantwortliche mal ans Telefon zu holen, das wäre ja schon was gewesen. Das hat nicht wirklich funktioniert. Ich hatte dann, da ich genauso wie Herr Ritter in dem Zustellbereich wohne und es in meinem persönlichen Umfeld tatsächlich ein paar dieser Zusteller gibt, relativ schnell persönlichen Kontakt mit diesen Zustellern. Einige von denen waren fast 25 Jahre dabei und man konnte aus den Gesprächen hören, die standen quasi vor dem Nichts. Wir haben es schon gehört, dort wird Mindestlohn gezahlt. Die meisten sind, oder viele, wenn sie den „Nordkurier“ austragen, um 2.00 Uhr oder um 3.00 Uhr morgens auf den Beinen und bringen uns die Zeitungen.
Es gab wenig später tatsächlich irgendwann Reaktionen vom „Nordkurier“, Herr Krüger hat es beschrieben. Es wurde mitgeteilt, es handele sich um Umstrukturierungen und es hätte Vorfälle gegeben, dass die Zeitungen und die Briefe nicht korrekt zugestellt wurden. Ich sage, das kann ja alles sein, das will ich gar nicht sagen, dass es solche Vorfälle nicht gibt, aber ich kann persönlich feststellen, den „Nordkurier“ habe ich während der ganzen Zeit immer pünktlich bekommen und genau in diesen Zeitraum sind auch, ich glaube, an die Tausend Briefe der CDU Mecklenburgische Seenplatte gefallen – wir haben nämlich zum Parteitag eingeladen –, die sind alle angekommen. Insofern kann es solche Fälle ja gegeben haben. Was man dann aber nicht machen kann als Unternehmen, man nimmt quasi die Angestellten in eine Art Sippenhaft und sagt, weil es jetzt bei Zusteller XY einen Vorfall gab, entlassen wir erst mal alle 60 Zusteller. Ich glaube, das kann man so nicht machen und das haben wir ja dann auch relativ schnell gesehen.
Am Ende ist es so – so kann man es ja nennen –, es wurde mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Es ist ganz klar aus meiner Sicht, am Ende, auch wenn man mit Beschäftigten gesprochen hat, wie die Atmosphäre im Betrieb war, hat es ganz klar darauf hingezielt, die Betriebsratsgründung zu verhindern. Das sage ich hier ganz ungeschützt und ganz ehrlich.
Auch ich möchte mich bedanken bei allen Fraktionen und allen Abgeordneten, die hierzu beigetragen haben. Ich will mich auch beim NDR bedanken.