Protokoll der Sitzung vom 16.03.2018

werkschaft beziehungsweise bei Vereinen wie arbeitsunrecht e. V. bereits heute bekommen können.

Was heißt das? Das heißt, es müssen auch gesetzliche Rahmenbedingungen verändert werden, und wir sehen zu folgenden Dingen Handlungsbedarf:

Erstens. Um Fehler bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu vermeiden, halten wir es für sinnvoll, im Paragrafen 20 Betriebsverfassungsgesetz eine Regelung zu treffen, die einen Schulungsanspruch für den Wahlvorstand und die bestellten Ersatzmitglieder sowie die Möglichkeit der Hinzuziehung externen Sachverstandes eröffnet. Das ist heute so nicht gegeben.

Zweitens. Analog den Regelungen für Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung in Paragraf 78a Betriebsverfassungsgesetz sollen auch Betriebsratsmitglieder mit befristeten Verträgen die Möglichkeit erhalten, nach deren Auslaufen im jeweiligen Betrieb eine Anstellung zu erhalten.

Drittens. Bei groben Verstößen von Arbeitgebern gegen ihre gesetzlichen Verpflichtungen soll das Höchstmaß des Ordnungs- und Zwangsgeldes von derzeit 10.000 auf künftig 25.000 Euro erhöht werden.

Viertens. Der Kündigungsschutz nach Paragraf 15 Absatz 3 Kündigungsschutzgesetz soll auf die Wahlvorstandsbewerber ab dem Zeitpunkt ihrer Bewerbungen erweitert und die Dauer auf 24 Monate verlängert werden.

Und fünftens. Der Kündigungsschutz im Paragrafen 15 Absatz 3a Kündigungsschutzgesetz soll für die in der Einladung oder Antragstellung genannten Beschäftigten von den ersten drei auf alle dort Aufgeführten erweitert werden und 24 Monate betragen.

Darüber hinaus regen wir an, dass die Landesregierung auch Kontakt zu den Universitäten im Land aufnimmt, mit dem Ziel, eine geeignete Person dafür zu gewinnen, sich im Rahmen eines Studiums oder einer Abschlussarbeit mit dem Thema „Behinderungen von Betriebsratsarbeit und Verhinderung von Betriebsratswahlen“ zu beschäftigen. Und diese Person sollte sich auch mal mit der Anzahl und dem Hintergrund von Verfahren nach Paragraf 119 Betriebsverfassung auseinandersetzen, der den Umgang mit Straftaten gegen Betriebsverfassungsorgane und ihre Mitglieder regelt. Denn während auf dem Papier Geld- oder sogar Freiheitsstrafen von bis zu einem Jahr drohen, kommt dieser Paragraf in der Realität nur sehr selten zum Tragen, und das liegt unter anderem daran, dass er im Betriebsverfassungsgesetz versteckt ist, weshalb beispielsweise der Verein arbeitsunrecht e. V. die Aufnahme dieses Straftatbestandes ins Strafgesetzbuch fordert.

So weit zu den gesetzlichen Stellschrauben, die es aus unserer Sicht gibt.

Über notwendige Änderungen im Kündigungsschutz wie im Betriebsverfassungsgesetz entscheidet der Deutsche Bundestag, aber die Landesregierung sollte nach unserer Auffassung ihren Einfluss in den Fachministerkonferenzen und im Bundesrat im Sinne einer Verbesserung für die Beschäftigten geltend machen. Darüber hinaus kann sie natürlich selber aktiv werden und sie kann die Arbeit von Betriebsräten beispielsweise durch einen in regelmäßigen Abständen stattfindenden landesweiten Be

triebsrätetag wertschätzen und auch in der Öffentlichkeit bekannter machen. Zudem würde sie mit einer solchen Veranstaltung einen guten Beitrag zur Vernetzung bestehender Gremien im Land leisten. Besondere Leistungen könnten gewürdigt und Beispiele für im Dialog von Arbeitgebern und Betriebsräten entwickelte betriebliche Projekte präsentiert werden.

Zu guter Letzt regen wir an, über die Möglichkeit nachzudenken, in Zusammenarbeit mit dem DGB Nord ein Informations- und Beratungsangebot zu initiieren, das der Behinderung von Betriebsratsarbeit und der Verhinderung von Betriebsratswahlen vorbeugen und im Konfliktfall zwischen den Konfliktparteien vermitteln soll. Da könnte man als Blaupause beispielsweise das Projekt „Fair im Betrieb“ aus Nordrhein-Westfalen hernehmen. Die Kollegen dort unterstützen bei Mobbing, bei haltlosen Kündigungen und bei ungerechtfertigten Gehaltskürzungen gegen Betriebsräte ebenso wie bei Fällen der Verhinderung, Anfechtung oder Manipulation von Betriebsratswahlen.

Sie sehen also, es gibt vielfältige Möglichkeiten, etwas für die Stärkung der Mitbestimmung und den besseren Schutz von Betriebsräten zu tun. – Ich danke für die Aufmerksamkeit und freue mich auf die Debatte.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Danke, Herr Abgeordneter.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann verfahren wir so und ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort gebeten hat zunächst der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit. Herr Glawe, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Die Fraktion DIE LINKE möchte mit ihrem Antrag die Landesregierung in die Pflicht nehmen und sie auffordern, sich hinsichtlich der Tätigkeit von Betriebsräten in Angelegenheiten der Unternehmen einzubringen.

Der Betriebsrat ist die gewählte und damit legitimierte Organisation der Interessenvertretung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und wird nach Wahlvorschlägen der Beschäftigten oder der im Betrieb vertretenen Gewerkschaft gewählt. So weit ist das, denke ich, auch völlig klar. Es geht um das Wohl der Beschäftigten, es geht aber auch um das Wohl des Betriebes. Das hat Kollege Foerster schon ausgeführt.

Wie Sie wissen, finden derzeit vom 1. März bis zum 31. Mai dieses Jahres in ganz Deutschland und damit auch in Mecklenburg-Vorpommern Betriebsratswahlen statt, und das befürworte ich ausdrücklich. Ich halte ein Streben nach mehr Betriebsräten aus den unterschiedlichsten Gründen für sinnvoll. Aber ich erzähle Ihnen auch nichts Neues, wenn ich sage, dass in MecklenburgVorpommern über 80 Prozent Kleinst- und Kleinbetriebe am Markt sind und damit die Beschäftigungen deutlich weniger als 50 – also Beschäftigtenzahlen, nicht Jahre vom Alter her – gegeben sind. Herr Foerster nannte die Zahl 5.

Natürlich ist es einerseits die Aufgabe, ein gutes Klima in den Unternehmen sicherzustellen. Dazu braucht man vielleicht nicht in jedem Fall mit fünf oder sechs Angestellten einen Betriebsrat, aber ich will mich da auch gar nicht weiter einmischen. Am Ende müssen das die jeweiligen Beteiligten in den Unternehmen besprechen. Fakt ist eins, Behinderungen dürfen nicht stattfinden, und dazu hat der Kollege Foerster auch die Rechtsgrundlagen dargestellt.

Ich will nur darauf hinweisen, dass die Politik in besonderer Weise vermitteln kann, so, wie wir das beim „Nordkurier“ getan haben. Und ich denke, dass unter Vermittlung der Landesregierung eine schnelle Lösung zum Vorteil aller Beteiligten, auch des Unternehmens, gefunden wurde. Von daher wird bei uns das Prinzip gelebt, Herr Kollege Foerster, und die Landesregierung ist immer relativ schnell am Ball. Zumindest haben Sie uns das ja nicht zugetraut – oder mir nicht.

(Heiterkeit bei Christian Brade, SPD)

Meine Damen und Herren, ich war selbst vor Ort und habe mit der Geschäftsführung gesprochen, habe die Zustimmung der Gewerkschaften vorher eingeholt. Von daher können wir sagen, in dem Fall hatten alle Seiten Erfolg und die Dinge sind geregelt.

Ich will mich natürlich auf das Land Mecklenburg-Vorpommern konzentrieren und kann Ihnen sagen, dass der Landesregierung keine Erkenntnisse über Aktivitäten vorliegen, die Wahlen von Betriebsräten zu unterbinden oder gar zu verhindern. Im Übrigen gibt es ja nach dem Betriebsverfassungsgesetz auch noch die Staatsanwaltschaft, die den Anfangsverdacht dann untersucht. Jedenfalls ist, glaube ich, von der Rechtslage her die Sache sehr klar.

Von daher will ich nur noch sagen, Informationen an die Landesregierung durch Gespräche mit dem DGB Nord pflegen wir und können diese Themen dann auch einfügen. Aber die Frage, die Sie angesprochen haben, dass wir sozusagen einen Betriebsrätetag initiieren, da sehe ich in erster Linie die Gewerkschaften in der Pflicht und nicht die Landesregierung.

(Beifall Sebastian Ehlers, CDU: Sehr richtig!)

In dem Sinn, denke ich, habe ich den Antrag umfänglich erläutert. Danke, dass Sie mir zugehört haben.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Danke, Herr Minister.

Für die Fraktion der AfD hat jetzt das Wort Herr Professor Weber.

Liebe Bürger von Mecklenburg und Vorpommern! Werte Frau Präsident! Werte Kollegen! Liebe Gäste! Es kommt nicht oft vor, dass betriebsverfassungsrechtliche Probleme hier im Landtag diskutiert werden. Es hat nicht immer etwas damit zu tun, dass es ein Bundesgesetz ist, sondern dass es ohnehin eher ein Randdasein pflegt, diese Rechtsmaterie. Deswegen bin ich umso dankbarer, dass Sie die Gelegenheit gegeben haben, darüber heute zu sprechen, zumal Sie den Paragrafen 2 Absatz 1 BetrVG angesprochen haben. Das ist

das Thema, worüber ich promoviert habe, nämlich die Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, also so ein kleines Heimspiel für mich. Vielen Dank für diese Möglichkeit.

Damit endet aber eigentlich auch schon die Gemeinsamkeit, die wir in diesem Bereich finden.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Gott sei Dank!)

Sie hatten auf die laufenden Betriebsratswahlen bis 31. Mai hingewiesen und genau in diesem Zusammenhang haben wir in der Tat neuerdings vermehrt festzustellen, dass es zu Behinderungen bei Betriebsratswahlen kommt, bei der Etablierung von Betriebsräten, von Wahlbewerbern. Aber das sind nicht die Fälle, die Sie im Auge haben, dass Arbeitgeber in Gänze die Wahl des Betriebsrates hintertreiben und zu unterbinden versuchen, sondern es sind die Fälle, in denen die auch Ihnen ein Dorn im Auge seienden Bewerber von der AfD und anderen vergleichbaren Listen die Betriebsräte erobern oder zu erobern versuchen. Sie können fest davon ausgehen, die Farbe der Arbeitnehmerschaft, die Fahne der Arbeitnehmerschaft ist die der AfD und die Farbe der Arbeitnehmerschaft ist künftig nicht mehr rot, sondern blau.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das werden,

(Henning Foerster, DIE LINKE: Träumen Sie weiter!)

das werden diese Betriebsratswahlen einleiten und das wird in Folge weiter so sein, denn die Interessen der Arbeitnehmer, der Bevölkerungsschicht, die vor allem Verdrängungsprozessen durch die Zuwanderer ausgesetzt ist, die werden von der SPD schon lange nicht mehr vertreten.

(Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

Das haben wir übernommen und wir übernehmen es gerne. Wir sind eine soziale Partei. So viel dazu.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Ihre Horrorgeschichten über die Behinderung von Betriebsratswahlen klassischerweise sind schon deswegen nicht stichhaltig. Wir sind uns einig, Behinderungen von Betriebsratswahlen in jeglicher Form sind Unrecht, müssen bekämpft werden.

(Beifall Horst Förster, AfD – Zuruf von Wolfgang Waldmüller, CDU)

Dazu gibt es die Staatsanwaltschaften, darauf hat der Wirtschaftsminister hingewiesen. Wenn also so etwas auftaucht, steht es jedem frei, Anzeige zu erstatten. Im Betriebsverfassungsgesetz gibt es eine eigenständige Strafnorm dafür. Das heißt, es wird strafrechtlich relevant. Diese Anzeigen finden zurzeit vermehrt statt, aber eben von Wahlbehinderungen gegen rechte Betriebsratsaktivisten, die versuchen, die Systemgewerkschaften in ihrer Verlogenheit und in ihrer Ungenauigkeit der Betriebsratsarbeit darzustellen und fortzuführen.

Das war auch Anlass dafür – Sie hatten ja danach gerufen, dass Sie zusammenarbeiten wollen mit der Universi

tät, um Wahlbehinderungen bei der Betriebsratswahl mal untersuchen zu lassen –, ich habe dazu vor drei Monaten eine Doktorarbeit ausgegeben mit genau diesem Thema „Wahlbehinderung bei der Betriebsratswahl bei rechten Kandidaten auf den Betriebsratslisten“. Also Sie sehen, auch diesem Anliegen wird – allerdings von uns in der uns eigenen Form – Rechnung getragen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

In der Überschrift Ihres Antrages steht „Mitbestimmung stärken“. Von Mitbestimmung haben Sie im Weiteren gar nicht mehr gesprochen. In der Tat, Mitbestimmung stärken ist eine Form der direkten Demokratie, für die wir eintreten. Uneingeschränkt richtig, Mitbestimmung, auch die betriebliche Mitbestimmung, muss gestärkt werden. Wir werden uns darum bemühen, das breitflächig voranzutreiben. Insofern Punkt richtig, aber in Ihrem Antrag nicht widergespiegelt.

Das andere, „Betriebsräte besser schützen“, da muss ich Sie fragen: Was wollen Sie eigentlich erreichen? Sie haben schon über die Behinderung gesprochen, aber ansonsten, wenn Sie sich mal das Betriebsverfassungsgesetz anschauen, keine Rechtsinstitution in diesem Land ist besser geschützt als die Betriebsräte.