Protokoll der Sitzung vom 25.04.2018

Zum Schluss einen Wunsch, da möchte ich den Wunsch von dem Wirtschaftsminister aufgreifen: Ich möchte mir das auch wünschen, dass wir einen ambitionierten Zeitplan, den wir ja schon beschrieben haben, einhalten. Dann könnten wir theoretisch im Oktober 2018 in MecklenburgVorpommern das Vergabegesetz oder den Vergabemindestlohn auf den Weg bringen, den zweithöchsten in Deutschland. Das wollen wir ambitioniert angehen. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Foerster.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit Blick auf die noch anstehenden Ausschussberatungen will ich meinen Beitrag durchaus ein Stück kürzer halten, aber ich kann natürlich nicht sitzenbleiben, mir die Dinge anhören, die hier in der Debatte vorgetragen worden sind, und sie unkommentiert im Raum stehenlassen.

(Egbert Liskow, CDU: Warum nicht? – Heiterkeit bei Bernhard Wildt, BMV)

Zunächst mal …

Herr Schulte, dass Ihnen das vielleicht lieber wäre, das kann ich ja nachvollziehen,

(Jochen Schulte, SPD: Nee, ich bin da völlig schmerzfrei, Herr Foerster.)

aber jetzt mal ernsthaft zurück zu den Dingen, die hier vorgetragen worden sind.

Als Erstes stimme ich mit Ihnen, Herr Kollege Schulte, in der Einschätzung überein, dass es gut ist, dass jetzt auch die Kommunen vom neuen Vergabegesetz, und zwar in dem Fall in beiden Entwürfen, erfasst sind, denn zwei Drittel aller Auftragsvergaben finden auch in Mecklenburg-Vorpommern, was die öffentliche Auftragsvergabe angeht, in den Kommunen statt. Das ist in der Tat nicht ganz so einfach gewesen, auf Basis der bisherigen Kannregelung zu rechtssicheren Beschlüssen zu kommen. Sie haben es angesprochen, auch in Schwerin gab es ja einen entsprechenden Beschluss, bei städtischen Vergaben einen Mindestlohn einzufordern unter Bezug auf den entsprechenden Passus im bisherigen Gesetzestext.

Herr Wildt, ich habe es mir nicht einfach gemacht und ich meine, ich habe auch die Unternehmer hier nicht lächerlich gemacht. Wenn ich über Kontrollen rede, dann hat das seinen guten Grund. Ich habe gesagt, Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Und warum?

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Ich möchte nur an zwei Zahlen deutlich machen, wie ich zu dieser Einschätzung komme. Vor eineinhalb oder zwei Wochen hat die SVZ unter Bezug auf eine Untersuchung noch mal darauf hingewiesen, wie viele Millionen Euro in den drei Nordländern Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern den Arbeitnehmern dadurch entgangen sind, dass sich trotz geltenden gesetzlichen Mindestlohns von nur 8,84, in dem Fall der Verpflichtung, diesen zu zahlen, entzogen wird. Durch das Unterlaufen des gesetzlichen Mindestlohns in diesen drei Ländern gingen den Arbeitnehmern 470 Millionen Euro verloren und den Sozialkassen weitere 80 Millionen im Jahr 2017. Das ist doch nicht nichts! Und das ist auch ein Grund, warum ich sage, okay, aber ich stelle mich hier nicht hin und unterstelle per se jedem Unternehmer, dass er sozusagen vorhat, die geltenden gesetzlichen Regelungen zu unterlaufen.

(Egbert Liskow, CDU: Doch!)

Auch die Unternehmer, die sich daran halten, müssten doch ein Interesse daran haben, dass wir die schwarzen Schafe, die dazu führen, dass wir über solche Dinge reden, tatsächlich mal ausfindig machen und sie auch entsprechend sanktioniert werden.

(Zuruf von Bernhard Wildt, BMV)

Herr Waldmüller, über die Tarifautonomie haben wir uns hier schon häufig gestritten. Ich darf Sie noch mal darauf hinweisen, dass wir diese ganzen Diskussionen um Mindestlöhne, ob nun gesetzlich, vergabespezifisch oder wie auch immer, gar nicht führen müssten, wenn die Arbeitgeber flächendeckend und in allen Branchen bereit wären, in Verhandlung mit den Gewerkschaften einzutreten.

(Zurufe von Christian Brade, SPD, und Sebastian Ehlers, CDU)

Jetzt darf ich noch mal ein Beispiel aufrufen, weil es mich ja über viele Jahre selbst beschäftigt hat. Ich habe viele Jahre in einem Callcenter gearbeitet. In dieser Branche gibt es nach wie vor keinen tariffähigen Arbeitgeberverband, und das liegt schlicht und ergreifend daran, dass die Arbeitgeber sagen, Tarifverhandlungen brauchen wir nicht, das regeln wir lieber alleine. Das gehört nämlich zur Wahrheit auch dazu. Wenn Sie Tarifautonomie hier hochhalten, dann nehmen Sie Ihren Einfluss wahr und wirken Sie auch in Ihrer Funktion als Chef eines Unternehmerverbandes darauf hin! Werben Sie dafür, dass es solche Dinge in Zukunft nicht mehr gibt, genauso wenig übrigens wie die leidigen OT-Mitgliedschaften, die es ja nach wie vor massenhaft in den Arbeitgeberverbänden gibt!

Ich habe in der Einbringung etwas zu dem von uns vorgeschlagenen Mindestlohn gesagt. Bei unserem Mindestlohnvorschlag – da muss ich dem Redner der AfD-Fraktion widersprechen, der hat sich auf eine Antwort der Bundesregierung zu einer Anfrage der Linksfraktion bezogen mit besagten 11,68, da geht es darum, was ich mindestens verdienen muss, um nach 45 Jahren nicht auf Sozialtransferleistungen angewiesen zu sein –, bei dem Vorschlag, über den wir heute reden, nämlich über das Tariftreue- und Vergabegesetz, ist es so, dass wir gern sehen möchten, dass der vergabespezifische Mindestlohn in Mecklenburg-Vorpommern an einen Tarifvertrag gekoppelt wird, ganz konkret an die unterste Stufe im Tarifvertrag der Länder. Das wären nach meinem Kenntnisstand momentan 10,09 Euro.

Das folgt – und das habe ich hier in der Vergangenheit auch schon mal vorgetragen – durchaus einer gewissen Logik, weil wir der Auffassung sind, dass immer dann, wenn das Land Aufträge nach draußen vergibt, die es bei Vorhandensein des entsprechenden eigenen Personals gegebenenfalls auch selbst erledigen könnte, die Beschäftigen bei dem Unternehmen, was diese Aufträge nachher ausführt, wenigstens nach der Entgeltgruppe entlohnt werden sollen, die dem untersten Niveau des Tarifvertrages der Länder entspricht.

Unser Vorschlag hätte im Übrigen auch noch den Vorteil, dass es schon deshalb eine regelmäßige Dynamisierung gibt, weil ja regelmäßig Tarifverhandlungen stattfinden und man dann das entsprechend erzielte Ergebnis aus den Tarifverhandlungen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften auf den Landesmindestlohn übertragen könnte. Das ist ein Stück weit eine andere Systematik als die, die Sie vorschlagen. Sie wollen sich ja den Index des Statistischen Bundesamtes zur Gesamtentwicklung der Tariflöhne hernehmen und dann auf Basis dessen entscheiden, wie Sie den Landesmindestlohn erhöhen.

Insofern glaube ich, dass wir, wenn es darum geht, ein Signal für eine Stärkung der Tarifbindung zu setzen, mit unserem Vorschlag ein ganzes Stück mehr dran sind als Sie. Alles andere dann in den Ausschüssen und in der Zweiten Lesung. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 7/1931 sowie den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/1992 zur federführenden Beratung an den Wirtschaftsschuss und zur Mitberatung an den Innen- und Europaausschuss, an den Rechtsausschuss sowie an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU, AfD und DIE LINKE, bei Gegenstimmen der Fraktion der BMV angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 7: a) Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Fraktion der AfD – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes – Abschaffung der Pflicht zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen, Drucksache 7/1983, in Verbindung mit b) Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Erhebung ungerechter Straßenausbaubeiträge stoppen, Drucksache 7/1889.

Gesetzentwurf der Fraktion der AfD Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes – Abschaffung der Pflicht zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen (Erste Lesung) – Drucksache 7/1983 –

Antrag der Fraktion DIE LINKE Erhebung ungerechter Straßen- ausbaubeiträge stoppen – Drucksache 7/1889 –

Das Wort zur Einbringung zum Gesetzentwurf der Fraktion der AfD hat der Abgeordnete Herr Lerche.

Sehr geehrte Präsidentin! Werte Abgeordnete! Liebe Landsleute und Gäste im Saal! Pünktlich ein Jahr, nachdem wir von der AfD-Fraktion diesen Gesetzesänderungsantrag zum ersten Mal in den Landtag eingebracht haben, versuchen wir es heute erneut. Vieles wurde im letzten Jahr gesagt, ich möchte nicht alles wiederholen.

Das Landesmarketing wirbt mit den Slogans „MV tut gut.“ und das „Land zum Leben“. Füllen wir diese Slogans mit Inhalt aus! Dazu gehören keine exorbitanten Straßenausbaubeiträge. Wir haben es hier mit einem Relikt aus alter monarchischer, preußischer Zeit zu tun, als dieses Gesetz seine Berechtigung hatte. Heute sind Straßen Allgemeingut. Sie gehören zur Daseinsvorsorge und dienen dem Gemeinwohl. Wir leben nicht mehr im Zeitalter, wo einige wenige nicht aus der Kutsche in den Matsch und Dreck aussteigen wollten, heute rollt der Individualverkehr, ob nun mit dem Fahrrad, Moped, Auto oder 40-Tonner. Es werden Kfz- und Mineralölsteuer erhoben, auf Autobahnen und Bundesstraßen wird Maut erhoben. Warum dürfen die Anlieger einer Gemeindestraße, die sie selbst bezahlt haben, keine Maut erheben?

Aber mit solchen Fragen brauchen wir uns nicht zu beschäftigen, wenn wir fortschrittlich, wie es uns andere Bundesländer schon vorgemacht haben, die Pflicht zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen aus dem Kommunalabgabengesetz streichen. Das ist der erste Schritt auf dem Weg, die Bürger unseres Bundeslandes von heutigen ungerechten Abgaben zu befreien.

(Torsten Renz, CDU: Was ist der zweite Schritt?)

Der Antrag der LINKEN hat hier genauso seine Berechtigung, denn er wird zum zweiten Schritt der völligen Abschaffung der Straßenausbeiträge in Mecklenburg-Vorpommern führen.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Der Weg bedeutet dann Änderung der Kommunalverfassung und Novellierung des Finanzausgleichsgesetzes. Wir müssen uns in den Ausschüssen Gedanken machen, wie wir als Land finanzschwachen Kommunen bei der Unterhaltung ihrer Straßen unter die Arme greifen können.

Dass wir hier im Parlament alle zusammen etwas tun müssen, dass also die Notwendigkeit besteht, in puncto Straßenausbaubeiträgen zu handeln, machen die ganzen Bürgerinitiativen, Gemeinde- und Stadtvertretungen deutlich, die Sturm gegen die ungerechten Straßenausbaubeiträge laufen. Nicht nur die Städte Schwerin und Rostock, die schon letztes Jahr den Landtag aufgefordert haben, dies zu tun, nein, 30 Kommunen, deren Vertreter sich vor gar nicht langer Zeit in Güstrow getroffen haben, und eine beginnende Volksinitiative sind Zeichen, die alle anwesenden Parteien ernst nehmen sollten.

Ein Bundesland, welches die Straßenausbaubeiträge komplett abgeschafft hat, warb mal mit dem Spruch „Wir sind arm, aber sexy!“. Sagen wir aus diesem Parlament gemeinsam, wir sind zwar arm, aber nicht habgierig.

(Thomas Krüger, SPD: Wo ist denn Ihre Alternative?)

Die Mittel haben wir in der Hand. Der Strategiefonds wird etwas kleiner, Rückstellungen sind vorbildlich geschaffen,

(Thomas Krüger, SPD: Das reicht bei Weitem nicht.)

da müssen wir in den nächsten Jahren nicht mehr so viel tun.

(Thomas Krüger, SPD: Wo ist Ihre Alternative?)

Bedenken wir auch, es gibt viele Gemeinden in unserem Land, die würden ihre Straßen auch ohne Beiträge finanzieren.

(Andreas Butzki, SPD: Welche?)

Geben wir ihnen sofort diese Freiheit.

(Andreas Butzki, SPD: Welche?)

Die anderen könnten spätestens in einem Jahr folgen. Dann wird auch ein anderer Aspekt keine Rolle mehr spielen. Bei Straßen, wo hauptsächlich kommunale Wohnungsgesellschaften Anlieger sind, werden diese meistens zurückgestellt, denn die Kommune will ja nicht ihren eigenen Betrieb in den Ruin treiben. Dort wird vielfach an der Straßenbeleuchtung und an den Gehwegen gespart. Man kann es an den sozialen Brennpunkten

erkennen wie zum Beispiel an manchen Straßen hier in Schwerin, in den Ortsteilen Neu Zippendorf oder im Mueßer Holz.

Zum Schluss möchte ich noch auf die Rede von Herrn Minister Caffier im letzten Jahr zurückkommen. Sie sprachen damals von einer Problemverlagerung. Das aber impliziert, dass es ein Problem gibt. Nun wird sich das Innenministerium mit dem Stadtvertreterbeschluss der Landeshauptstadt Schwerin beschäftigen müssen. Andere Kommunen werden folgen.