Protokoll der Sitzung vom 25.04.2018

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Für die Fraktion der AfD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Schneider.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Landsleute! Werte Gäste! Wie wir sehen können, entfacht die Erhebung von kommunalen Straßenausbaubeiträgen teils heftige Emotionen, und das sowohl innerhalb als auch außerhalb der Parlamente. Immer mehr zeichnet sich auf kommunaler Ebene ein parteipolitischer Konsens ab, dass der Status quo revisionsbedürftig ist. Mein Kollege Dirk Lerche hat bereits von den Ergebnissen aus der Schweriner Stadtvertretung berichtet. Der Herr Minister sprach von circa 25 Millionen Euro, deren Wegfall finanziert werden müsste.

In Deutschland sind die Länder sukzessive dabei, die Straßenausbaubeiträge abzuschaffen. Aktuelles Beispiel ist Bayern, das ist heute schon erwähnt worden. Hier wurde jüngst von der CSU ein Gesetzentwurf eingebracht, durch den die Beiträge sogar rückwirkend zum Jahresanfang 2018 abgeschafft werden sollen. Ist das Wahltaktik? Ein Schelm, wer Arges dabei denkt. Zahlreiche Bürgerinitiativen haben sich landauf, landab gebildet, um die Beitragserhebungspflicht abzuschaffen. Bewegung gibt es auch durch Initiativen in Hessen und Niedersachsen. Baden-Württemberg hat keine Beitragserhebungspflicht, Schleswig-Holstein hat eine Kannregelung eingeführt, Berlin, Hamburg und Bremen haben diese konsequenterweise ganz abgeschafft, weil nach deren eigener Begründung die zu erwartenden Erträge in keiner vernünftigen Relation zu dem Verwaltungsaufwand stehen und obwohl sich diese das tendenziell überhaupt nicht leisten können, zumindest nicht Berlin und Bremen.

Bei uns im Land haben sich Initiativen gebildet wie die „Faire Straßen“, die an vielen Beispielen eine nicht nachvollziehbare Erhebungsrealität kritisieren. Langsam merken selbst einige Vertreter der Koalitionsfraktionen im Landtag, dass die Kommunalwahl näherkommt. Vor einem Jahr, als die AfD das Thema zweimal ins Plenum brachte, war noch dagegen eisiger Wind deutlich zu spüren. Die Kraft selbstbewusster Bürger wirkt. Mein Kollege Christoph Grimm erwähnte letztes Jahr im Plenum das Beispiel eines Rentners, der bis zu 100.000 Euro an Ausbaubeiträgen für eine stark befahrene Straße zu entrichten hat. Das ist eine unhaltbare Erhebungspraxis. Wir haben weitere Beispiele wie die Rogahner Straße in Schwerin. Warum müssen die Anlieger auch für den Ausbau der bahngleisigen Seite finanziell aufkommen?

Gesagt worden ist auch, was zum Beispiel mit der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen für städtische Wohnungsgesellschaften wie in Schwerin ist. Will die WGS als Eigentümer die Beiträge nur deshalb nicht zahlen,

weil sie sich das finanziell nicht leisten kann, so wie viele Eigentümer im Übrigen auch? Bedeutet dies, dass nur dort, wo der Bürger für die grundhafte Sanierung der Straßen zur Kasse gebeten werden kann, er die Beiträge entrichten muss? Das sind Fragen, die dringend in den Ausschüssen geklärt werden sollten.

Bekanntermaßen ist Mecklenburg-Vorpommern ein Flächenland, ein Land mit über 23.000 Quadratkilometern und einer relativ geringen Bevölkerungsdichte. Etliche Anlieger beziehungsweise Eigentümer verfügen über verhältnismäßig große Grundstücke. Der sogenannte Sondervorteil – davon war heute auch schon die Rede –, der von den Befürwortern einer Erhebungspflicht ins Spiel gebracht wird, ist zum Teil schwer zu bemessen. Das mag von Kommune zu Kommune anders sein. Das bedeutet, es bedarf einer Entscheidung der jeweiligen Kommune. Und genau hier kommt unsere Kannregelung, sprich unsere Veränderung im Kommunalabgabengesetz ins Spiel.

Ein Jahr nach unserem Gesetzesentwurf haben wir weiterhin den rechtlichen Grundsatz der Beitragserhebungspflicht. Im Land Mecklenburg-Vorpommern gibt es also die Sollreglung, die de facto eine Mussregelung bedeutet. Wenn wir diese ändern wollen, dann müssen wir an die Gesetzgebung ran, sprich, uns für eine Novelle der landesrechtlichen Vorschriften einsetzen. Doch verstehen Sie uns bitte nicht falsch! Wir wollen mit unserem Gesetzentwurf den Kommunen neue Spielräume geben. Wenn sich diese gesetzliche Neuregelung mittelfristig aber nicht bewähren sollte, ist es selbstverständlich auch geboten, über eine weitergehende Änderung der landesrechtlichen Vorschriften nachzudenken.

Halten wir fest: Erst diese Kannregelung ermöglicht einen Ermessensspielraum der Kommunen. Die AfD setzt sich grundsätzlich dafür ein, Probleme immer auf der Ebene zu lösen, deren Entscheidungen betroffen sind. Das wäre die kleinste politische Ebene, und das sind die Kommunen. Die Kommunen sollen die Entscheidungsfreiheit besitzen können, ob sie die Beiträge erheben oder auch nicht. Sie müssen es, wenn sie sie erheben wollen, auch begründen. Das ist die Frage der Transparenz. Der Bürger will über die Entscheidungen, die seine Geldbörse betreffen, detailliert Auskunft haben und hier aktiv mitgestalten. Ausbaubeiträge dürfen nicht dazu missbraucht werden, Anlieger in einer Weise zu belasten, dass trotz lebenslang gezahlter Steuern und bei kleiner Rente der Lebensabend ruiniert würde. Holen Sie die Bürger bitte endlich dort vor Ort ab!

Hinzu kommt, dass den Einnahmen aus Straßenausbaubeiträgen erhebliche Ausgaben für die Beitragserhebung gegenüberstehen können. Dies muss jede Kommune selbst beantworten. Sofern die Finanzlage es zulässt, benötigt es zumindest dann in der Kommune keine Beiträge. Wir sprechen uns deshalb gegen die Pflicht aus, Straßenausbaubeiträge zu erheben. Wir plädieren für eine Kannregelung und freuen uns auf eine für unsere Bürger zielführende und ergebnisorientierte Diskussion in den Ausschüssen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Für die Fraktion DIE LINKE hat noch einmal das Wort die Abgeordnete Rösler.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will zunächst gleich Folgendes an den Anfang stellen: Entgegen bisheriger Gepflogenheiten fällt meiner Fraktion eine Überweisung des vorliegenden Gesetzentwurfes zur Beratung in die Ausschüsse etwas schwerer.

(Egbert Liskow, CDU: Aha!)

Herr Liskow hat es bereits gesagt, unter einer anderen Drucksachennummer haben wir diesen Gesetzentwurf bereits am 5. April letzten Jahres behandelt. Die einreichende AfD-Fraktion hat an ihrem damaligen Papier kein Wort und keine Silbe geändert. Auch da stimme ich Herrn Liskow zu: Wer es bei diesem Thema schafft, in der Gesetzesbegründung das inzwischen stattgefundene Expertengespräch zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen vom Juni 2017 komplett auszublenden, der ist an ernster parlamentarischer Arbeit, glaube ich, kaum interessiert.

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Haben Sie das anders erwartet? – Zuruf von Jörg Kröger, AfD)

Dass dieser Gesetzentwurf nicht auf die Lösung vorhandener Probleme zielt, sondern vielmehr mit Ängsten und Befürchtungen zahlreicher Bürgerinnen und Bürger spielt, möchte ich mit vier Anmerkungen belegen.

Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf will die Beitragserhebungspflicht durch eine Kannregelung ersetzen und damit lockern. Erstens geht es den Einreichern jetzt aber nicht um Erleichterungen für potenzielle Beitragszahler, nein, Begründung und Lösungsansatz sprechen davon, die Kommunen und die kommunalen Vertretungen aus einem Verantwortungsnebel herauszuziehen, damit sie sich endlich demokratisch verantworten können.

Bei diesen Konstruktionen, meine Damen und Herren, kann einem angst und bange werden. Allerdings haben diese Nebelschwaden mit kommunaler Praxis wenig zu tun. „Auf kommunaler Ebene“, so der Bürgermeister von Grevesmühlen im Rahmen des Expertengespräches, „entscheiden politisch gewählte Vertreter, welche Straße unterhalten und welche grundhaft instandgesetzt wird“, und zwar „gewissenhaft … und das schon seit Jahren und nicht aus taktischen Erwägungen heraus, sondern weil sie ihren Bürgern Rechenschaft schuldig sind.“ Zitatende.

Meine Damen und Herren, zweitens kann man selbstverständlich über eine Aufhebung der Beitragserhebungspflicht in unserem KAG nachdenken. Dabei sollte man aber zumindest die Faktenlage zur Kenntnis nehmen. Ich zitiere den Städte- und Gemeindetag ebenfalls im Rahmen des Expertengespräches. „Auch in den Bundesländern, in denen es die scheinbare Kann-Regelung … gibt, ist es schlicht so, dass die Einnahmegrundsätze gelten und die Gemeinde nur dann darauf verzichten kann, wenn sie ohne Inanspruchnahme von Steuermitteln in der Lage ist, diese Anlage zu finanzieren und keine Beiträge erheben muss. Da fallen mir hier im Land vielleicht 12 Gemeinden ein, die abundant sind. Alle anderen könnten diese Kann-Regelung gar nicht ziehen. Insofern hilft die Kann-Regelung nicht weiter.“ Zitatende.

Meine Damen und Herren, vielleicht 12 betroffene Gemeinden von über 750 Gemeinden – hiermit hätte sich

ein solider Gesetzentwurf auseinandersetzen müssen, wenn der Regelungszweck ernsthaft verfolgt werden würde. Und genau an dieser Ernsthaftigkeit habe ich, drittens, bei der AfD erhebliche Zweifel. Sowohl vor dem Expertengespräch als auch danach sowie heute wieder möchte die AfD die Beitragserhebungspflicht durch eine Kannregelung gesetzlich ablösen.

(Zurufe von Dirk Lerche, AfD und Bert Obereiner, AfD)

Das widerspricht allerdings eklatant den AfD-Verkündungen während des Expertengespräches. Ich zitiere Ihren damaligen Obmann: „Wir als AfD stehen ganz klar auf der Seite der Grundstückseigentümer. Wir sind für die vollständige Abschaffung, weil wir es eben … als Daseinsvorsorge der öffentlichen Hand ansehen.“ Zitatende.

(Dirk Lerche, AfD: Richtig!)

Meine Damen und Herren, die Auflösung dieses AfDinternen Widerspruchs, der sich ja auch heute in der Debatte wieder gezeigt hat, sehe ich allerdings nicht als meine Aufgabe an.

Viertens und abschließend will ich daran erinnern, dass die AfD weder zu den Haushaltsberatungen noch zur Änderung des FAG auch nur einen einzigen Vorschlag zur Verbesserung der kommunalen Finanzausstattung unterbreitet hat. Das nenne ich nun wahrlich scheinheilig,

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

denn die Kommunen müssen doch wohl in die Lage versetzt werden, den Straßenausbau beziehungsweise die Straßenerneuerung überhaupt finanzieren zu können, erst recht, wenn die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen abgeschafft würde.

Besonders skurril war aber heute der Auftritt vom Kollegen Borschke, der hier plumpe Forderungen aufmachte, ohne einen konkreten Vorschlag vorgelegt zu haben.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ein typischer Borschke war das.)

Und das, Herr Kollege Borschke,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Nach der Wahl. – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

ist wirklich weit weg von einer konstruktiven Politik. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Für die Fraktion der AfD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Professor Weber.

Liebe Bürger von Mecklenburg und Vorpommern! Frau Präsident! Werte Kollegen und liebe Gäste! Der Verlauf der Diskussion gibt einmal Anlass zu einer kleinen Freude. Ich habe vernommen, dass immerhin erwogen wird, unseren Antrag in die Ausschüsse zu überweisen, wo er auch hingehört, damit man in der Sache darüber und über vernünftige Lösungen weitersprechen kann.

(Thomas Krüger, SPD: Schweren Herzens. – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Insofern muss ich sagen – das hat Herr Minister Caffier ja aufgezeigt –, es ist ein problematisches Terrain mit unterschiedlichsten Problemansätzen und Lösungsansätzen. Es ist dringend notwendig, dass wir das endlich ernst nehmen und uns in den Ausschüssen darüber unterhalten. Insofern, das macht Freude.

Wenn ich mir allerdings die Diskussionsbeiträge, die jetzt gekommen sind, anhöre, dann wird mir vor dem, was in den Ausschüssen drohen könnte, angst und bange.

(Torsten Renz, CDU: Ziehen Sie jetzt zurück, Ihren Antrag? – Heiterkeit bei Dr. Matthias Manthei, BMV)

Mit Sicherheit nicht.

Frau Tegtmeier, das fängt bei Ihnen an, wenn Sie Ihr Beispiel mit der geschätzten Beitragslast für Ihr Grundstück von 3.000 Euro zugrunde legen und das dann runterrechnen, …

(Susann Wippermann, SPD: 6.000 hat sie gesagt.)

… wenn Sie das runterrechnen auf 16,66 Euro im Monat. Das wäre ja schön für Sie, wenn das so ist und wenn das so kommen sollte, aber eine solche Art, die Probleme herunterzurechnen, ist in meinen Augen unredlich.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Martina Tegtmeier, SPD: Das war doch nur ein Beispiel, ein Beispiel!)

Das trifft nicht die Problemlage der Betroffenen, die wirklich existenziell mit Ausbaubeiträgen belastet sind.

Das, was der Kollege Borschke gesagt hat, war ohne inhaltliches Niveau, keinerlei Lösungsansatz, dazu möchte ich überhaupt nicht Stellung nehmen.

(Zuruf von Christel Weißig, BMV)