Protokoll der Sitzung vom 27.06.2018

Meine Damen und Herren, wenn wir weiter verantwortungsvolle Haushaltspolitik für dieses Land machen wollen, darüber haben wir heute Vormittag schon geredet, dann kann das nicht der Weg sein, sondern wir müssen offen, ehrlich und fair im Ausschuss darüber diskutieren, wie eine Lösung aussehen könnte für die Straßenausbaubeiträge. Drei Beispiele aus meiner Sicht habe ich Ihnen genannt und damit will ich es bewenden lassen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und AfD)

Herr Fraktionsvorsitzender, das Wort „rotzen“

(Peter Ritter, DIE LINKE: Oh, oh, oh!)

im Zusammenhang mit dem Abgeordneten, ich glaube, es war Herr Borschke, weise ich als unparlamentarisch zurück.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Oh, oh, oh, Vincent!)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Gesetzentwurf der Fraktion der BMV auf Drucksache 7/2248 zur federführenden Beratung an den Innen- und Europaausschuss sowie zur Mitberatung an den Rechtsausschuss, an den Finanzausschuss, an den Wirtschaftsausschuss sowie an den Energieausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 14: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Fraktion der BMV – Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 7/2247.

Gesetzentwurf der Fraktion der BMV Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern (Schulgesetz – 6. SchulGÄndG M-V) (Erste Lesung) – Drucksache 7/2247 –

Das Wort zur Einbringung hat für die Fraktion der BMV der Fraktionsvorsitzende Herr Wildt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Es geht um das …

(Unruhe bei Andreas Butzki, SPD)

Herr Butzki, es geht jetzt nicht um Fußball, es geht um Paragraf 113 vom Schulgesetz. Nach diesem Paragrafen sind die Landkreise und die kreisfreien Städte verpflichtet, eine öffentliche Beförderung der Schüler zur örtlich zuständigen Schule sicherzustellen und dafür auch die Kosten zu tragen, eigentlich ganz klar geregelt.

Dann haben wir natürlich nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern, sondern in ganz Deutschland die freie Schulwahl. Das führt dazu, dass auch Kinder nicht die örtlich zuständige Schule besuchen, sondern eine örtlich nicht zuständige Schule. Und auch das ist im Schulgesetz aus meiner Sicht eigentlich klar geregelt. Die Kosten dafür müssen ebenfalls getragen werden, das heißt, die kostenlose Mitnahme dieser Schüler muss gewährleistet werden.

So, jetzt haben wir im Landkreis Vorpommern-Rügen seit drei Jahren eine Situation, in der 1.200 oder sogar schon 1.400 Familien, man muss sagen, eigentlich schikaniert werden, indem ihnen diese kostenlose Mitnahme bei der Schülerbeförderung verwehrt wird. Sie müssen also dafür Kosten übernehmen. Seit Neuestem wird wieder ein Teilbetrag übernommen, weil der Widerstand so groß geworden ist. Wir haben über dieses Thema hier im Landtag schon zweimal mindestens gesprochen, einmal die Frage, ob die Bildungsministerin bereit ist, dort einzugreifen. Das wurde im letzten Jahr verneint, weil erstens ja sowieso an der Schulgesetznovelle gearbeitet wird, zweitens eigentlich dann der Innenminister dafür zuständig wäre, das im Wege der Rechtsaufsicht durchzusetzen, denn man gab mir ja durchaus recht, dass die Rechtsauffassung des Landkreises nicht mit der Rechtsauffassung der Landesregierung übereinstimmt. Und im Übrigen hat man auch noch auf Einsicht des Landrates gehofft.

Daraus ist also nichts geworden. Dann habe ich in der letzten Runde nachgefragt, ob eventuell noch der Innenminister tätig werden möchte. Das ist auch nicht der Fall. Herr Caffier, wenn ich mich richtig entsinne, haben Sie gesagt, es ist zumindest nicht komplett auszuschließen, dass die Rechtsauffassung des Landkreises eventuell durchkommt bei Gericht, denn es gibt ja schon ziemlich viele Klagen, die vor dem Gericht liegen. Die Rechtsauffassung des Landrates ist eben, dass er selber gar keine Schülerbeförderung anbietet, weil es keine Schulbusse sind, sondern nur die Busse des öffentlichen Personennahverkehrs benutzt werden.

Ja, das ist eine Haarspalterei, die wir so eigentlich nicht durchgehen lassen dürften, und deswegen unser Antrag heute. Wir möchten gerne, dass das im Gesetz klargestellt wird. Man kann natürlich sagen, es ist jetzt ein neuer Landrat gewählt worden, der sieht das Ganze jetzt offensichtlich anders, zumindest hat er das so verkündet. Aber trotzdem ist es natürlich sinnvoll, eine gesetzliche Klarstellung zu schaffen, die Definition einfach zu klären,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Die ist doch geklärt.)

damit er sich darauf auch sofort berufen kann im Oktober, wenn er das Amt übernimmt. Denn ansonsten wird man ihm natürlich vorhalten, es gibt so viele Rechtsstreitigkeiten, wir müssen warten, bis das Ganze ausgeurteilt ist.

Deswegen meine herzliche Bitte: Wir haben es heute in der Hand, das Problem schnell und unkompliziert zu lösen. Es kann sein, dass der vorgeschlagene Satz vielleicht nicht ganz das Gefallen von jedem Juristen findet. Das muss man akzeptieren. Es gibt immer wieder noch mal zusätzliche Meinungen. Aber wir hätten natürlich überhaupt kein Problem, zwischen der Ersten und der Zweiten Lesung einen Konsens herzustellen, wie denn diese Klarstellung erfolgen muss. Es muss auf jeden Fall eine Klarstellung erfolgen, sodass auch für den Landkreis Vorpommern-Rügen ganz selbstverständlich ist, dass die Kinder, die nicht zur örtlich zuständigen Schule fahren, eben mitgenommen werden müssen vom öffentlichen Personennahverkehr. Darum geht es.

Vielleicht noch ein kleines Beispiel dazu. Wir haben die vollkommen absurde Situation – und übrigens sehr, sehr viele Eingaben und Briefe an den Bürgerbeauftragten, der kann Ihnen das ja auch noch mal sehr hautnah erzählen, was es da so alles an irrsinnigen Situationen gibt –, dass zum Beispiel Geschwisterkinder nebeneinander im Bus sitzen, das eine Kind fährt weiter zur örtlich zuständigen Schule nach Bergen, dort ist auf Rügen das einzige örtliche Gymnasium, und das andere Kind steigt in Sellin aus, geht dort zur Gesamtschule. Die Fahrkarte nach Bergen, die sehr viel teurer ist, wird übernommen, die Fahrkarte zur Gesamtschule wird nicht übernommen, weil es eben nicht die örtlich zuständige Schule ist. Das kann man auch niemandem erklären. Gerade wurde das mehrmals genannt, dieses oder jenes kann man dem Bürger nicht erklären. Das kann man den Bürgern auch nicht erklären. Und wir haben es, wie gesagt, in der Hand, das ganz schnell zu beenden.

Ich hoffe, dass Sie sich dem anschließen können. Frau Ministerin hat mir schon gesagt, dass die Arbeit am Schulgesetz, an der Schulgesetznovelle jetzt doch zügig vorangeschritten ist und dass wir da ein Ergebnis be

kommen. Vielleicht können Sie das ja gleich noch mal genauer klarstellen, wann das sein wird. Ich wäre trotzdem dafür oder plädiere trotzdem dafür, nicht auf diese Novelle zu warten, denn Sie müssen immer bedenken, dass die Entscheidung von Eltern davon abhängt, wie die Situation ist. Also wenn sie jetzt ihr Kind anmelden auf eine Schule, dann machen sie es natürlich auch davon abhängig, wie sie das dorthin transportieren können, ob es eine Schulbuslinie überhaupt gibt, ob dann das Schulticket bezahlt wird oder nicht. Gerade auf Rügen sind viele Familien nicht in der Lage, diese Schulbusfahrkarten zu bezahlen. Das gilt aber auch für den restlichen Landkreis Vorpommern-Rügen.

Diese absolute Ungleichbehandlung, dass nur ein einziger Landkreis vollkommen aus der Reihe tanzt und nicht das macht, was an und für sich von der Landesregierung und vom Schulgesetz vorgesehen ist, das ist eigentlich ein Zustand, den hätten wir schon seit Jahren nicht zulassen dürfen. Und wenn ich „wir“ sage, meine ich zwar uns alle hier im Landtag, aber natürlich vor allen Dingen die Koalitionsfraktionen SPD und CDU. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der BMV)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 210 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort gebeten hat zunächst die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Frau Hesse.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich sage es – wie schon so oft – noch einmal: Zuständig für die Schülerbeförderung sind die Landkreise und kreisfreien Städte. Das ist ein Teil der kommunalen Selbstverwaltung und es wird in den Kommunen per Satzung geregelt. Auch der Landkreis Vorpommern-Rügen, der Ihnen hier als Negativbeispiel dient, hat von diesem Satzungsrecht Gebrauch gemacht und Ende vergangenen Jahres eine freiwillige Leistung beschlossen, nach der Schülerinnen und Schüler, die eine örtlich nicht zuständige Schule besuchen, bis zu 50 Euro Zuschuss für ihre ÖPNVMonatskarte erhalten. Wie gesagt, das ist eine freiwillige Leistung, und dass wir daraus kein Muss machen, ist aus meiner Sicht auch logisch und sinnvoll, schließlich impliziert die Wahlfreiheit, sich für eine Schule zu entscheiden, dass man bewusst eine Entscheidung für eine bestimmte Schule trifft. Wähle ich als Erziehungsberechtigter oder Erziehungsberechtigte also eine örtlich nicht zuständige Schule, wähle ich die damit gegebenenfalls einhergehenden Mehrkosten mit, was bedeutet, ich bin bereit, sie zu tragen. Durch diese Wahlfreiheit ist auch der Vorwurf, gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz zu verstoßen, hinfällig.

Mal ganz davon abgesehen würde die von Ihnen, sehr geehrte Kollegin und Kollegen der BMV-Fraktion, vorgeschlagene Formulierung gar nicht zu der von Ihnen gewollten Erstattung der Fahrkosten führen, denn Paragraf 113 Absatz 2 Satz 3 des Schulgesetzes schließt die Erstattung der notwendigen Aufwendungen für die Wahlschüler aus. Ihr Gesetzentwurf würde dazu führen, dass die betreffenden Schülerinnen und Schüler den öffentlichen Personennahverkehr bis zur örtlich zuständigen

Schule nutzen könnten. Wie viel ihnen das dann im Einzelfall brächte, sei dahingestellt.

Dieser Entwurf enthält zudem weder eine Abschätzung der finanziellen Folgen noch eine Antwort darauf, woher denn Mittel, in welcher Höhe auch immer, kommen sollten. Zu Forderungen, jede Schülerin und jeden Schüler auf Kosten der öffentlichen Hand zu jeder beliebigen Schule zu befördern, dazu würde ich mich heute zurückhalten, weil das, wenn ich das richtig im Kopf habe, morgen unter TOP 22 beraten wird.

Ich will jetzt auch gar nicht weiter auf die Einzelpunkte Ihres Antrages eingehen. Ich kann Ihnen nur sagen, diese Klarstellung, die wir alle wollen, werden wir in der Schulgesetznovelle nachzeichnen. Das habe ich erklärt, dazu stehe ich auch. Die Schulgesetznovelle ist jetzt in der Ressortabstimmung, geht dann in die Verbandsanhörung. Insofern werden wir sehr zeitnah da ein Ergebnis vorlegen. Und ganz ehrlich, ich würde mir manchmal wünschen, Sie warteten auch darauf, dass wir unsere Gesetze vorbringen können, und nicht immer Einzelanträge bringen, weil das verzögert das Verfahren. Ich habe angekündigt, dass wir das klarstellen werden. Insofern vertrauen Sie bitte auf mein Wort. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Dr. Jess.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Landsleute und Gäste! Wir werden hier am Donnerstag dieses Thema noch in etwas ausführlicherem Maße behandeln und deshalb, denke ich mal, haben wir heute so ein Spezialthema des Paragrafen 113 Schulgesetz, das aber durchaus besprochen werden kann. Herr Wildt hat ausführlich dargestellt, worum es da geht, deshalb will ich das jetzt nicht mehr tun.

Natürlich hat die Regierung oder man grundsätzlich die berechtigte Frage zu stellen – und Frau Hesse hat es heute getan –, ob der Staat als Vertreter der Allgemeinheit der Bürger wirklich verpflichtet ist, über die Beförderung zur örtlich zuständigen Schule hinaus auch den Transport zu Wahlschulen zu subventionieren. Wer das Angebot des Staates nicht annehmen möchte, hat eben die Mehrkosten selbst zu tragen. Durch diesen Gesetzänderungsentwurf sollen diese Mehrkosten der Allgemeinheit nun aufgebürdet werden.

(Bernhard Wildt, BMV: Das ist nicht richtig. Das ist so nicht richtig. – Simone Oldenburg, DIE LINKE: Das ist falsch.)

Das mag der eine richtig finden, der andere aber ebenso ungerecht. Ich weiß, bei Rügen geht es um eine spezielle Angelegenheit, weil praktisch die Regelungen bereits da sind, aber grundsätzlich kann man auch diese kommunale Selbstverwaltung in dem Sinne interpretieren, wie die Rügener das machen.

Wir meinen, dass angesichts der bestehenden Schulwahlfreiheit und stetig steigender Schülerzahlen bei den freien nicht staatlichen Wahlschulen sich schon die Frage auftut, ob der ursprüngliche Ansatz des Gesetzes noch gerechtfertigt ist. Insofern stimmen wir Ihnen da durchaus zu, Herr Wildt, schließlich sind auch die Eltern, die die

Schulwahlfreiheit nutzen, Steuerzahler. Wir haben es also, wenn eine größere Zahl Kinder betroffen ist, mit einem evidenten Gerechtigkeitsproblem zu tun. Sie haben durchaus recht. Wenn wir die Schulwahlfreiheit als Grundprinzip unserer Schullandschaft ernst nehmen, dann sollte auch das Problem der Ungleichbehandlung bei der Schülerbeförderung ernst genommen werden.

Die Lösung des Problems wird ohne Belastung der öffentlichen Haushalte allerdings nicht zu bewerkstelligen sein. Wir halten die mit diesem Gesetzänderungsentwurf gewählte Lösung eigentlich für eine ganz gelungene Lösung, weil die Beförderungspflicht sich auf den ÖPNV beschränkt. Damit fallen zum Beispiel Beförderungskosten für entferntere Internatsschulen individueller Prägung aus der Finanzierung heraus. Allerdings sind wir durchaus unsicher, ob die beabsichtigte Wirkung einer Gleichstellung der Schüler in ländlichen Regionen auch wirklich erreicht werden kann. Es fehlt einfach an der Passgenauigkeit des ÖPNV. Trotzdem könnte diese neue Regelung für betroffene Familien eine zusätzliche Option der Entlastung eröffnen.

Es bleiben allerdings einige unklare Punkte bestehen, die vor der Umsetzung zu klären wären, die da wären:

1. Wie werden die Beförderungsleistungen des gegebe

nenfalls beanspruchten ÖPNV durch die Landkreise vergütet?

2. Wie werden die Leistungen des ÖPNV erfasst?

3. Welche Bürokratiekosten entstehen für die kommuna

le Verwaltung?

Unabhängig davon werden wir einer Verweisung in die Ausschüsse zustimmen, ebenso wie dem Gesetzentwurf insgesamt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der AfD und BMV)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Reinhardt.