Protokoll der Sitzung vom 12.09.2018

was mit den Medien los ist, das sind für uns alles Systemmedien, bezahlte Medien, und die schreiben sowieso schlecht,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Lügenpresse!)

dann hätten Sie das ganz einfach sagen sollen, dann hätten wir gewusst, woran wir sind.

Damit bin ich auch beim Änderungsantrag der LINKEN. Ich persönlich habe eine relativ hohe Sympathie für den Punkt 1. Wenn wir die einzeln abstimmen, könnten ich und meine Fraktion dem in jedem Fall zustimmen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Können wir gern machen.)

Bei Punkt 2 bin ich zurückhaltender, weil das kann ich mir nur schwer vorstellen, dass wir jetzt politisch auch den Medien vorschlagen, wo denn die Handlungsoptionen liegen sollen. Ich habe allein mit der Ankündigung, dass ich eine gewisse Sympathie, das will ich Ihnen einfach mal so mit auf den Weg geben, für das dänische Modell habe – ich habe das hier schon mal ausgeführt, da gibt es also einen Topf, der unabhängig verteilt wird von einer unabhängigen Kommission, und der wird an die Tageszeitungen so aufgeteilt, wenn man dafür im investigativen Bereich bei den Journalisten neue Stellen schafft...

(Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke übernimmt den Vorsitz. – Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Ja, ach, das ist doch Unsinn! Also da müssen Sie auch permanent dem NDR vorhalten, dass der von irgendjemandem politisch gesteuert ist. Das wissen Sie, Sie haben ja selbst Rundfunkratsmitglieder. Fragen Sie die doch mal, ob da was politisch gesteuert wird!

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ich glaube, den haben sie nicht gewählt, den Landesvorstand.)

Nein, wird es nicht, Herr Professor Weber. Nein, wird es de facto nicht.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Deshalb glaube ich, wenn wir solche Vorschläge den Verlagshäusern machen, werden die das immer mit großer Ablehnung quittieren. Mir ist es damals so gegangen. Ich habe drei böse Briefe der Geschäftsführer der Tageszeitungen gekriegt,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Oh, oh!)

ich soll mich mal nicht in ihre Angelegenheiten einmischen, sie wüssten schon allein am besten, wie sie wirtschaftlich klarkommen, und im Übrigen, Quersubventionen von staatlichen Quellen lehnen sie im Grunde genommen ab. Allerdings sind sie auch die Antwort schuldig geblieben, wie wir denn noch zukünftig qualitativ hochwertige Tageszeitungen in diesem Land erhalten sollen.

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Also, Herr de Jesus Fernandes, wenn Sie da Ihr Papier in der Schublade haben, wie wir das hier schaffen können, legen Sie das auf den Tisch. Dann können wir endlich mal einen inhaltlichen Vorschlag der AfD diskutieren, das wäre eine absolute Neuerung. Ansonsten freue ich mich sehr über den Bericht aus der Staatskanzlei. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt das Wort die Abgeordnete Kröger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

Also, Herr Kokert, ich hatte mich hier auf eine fachliche Debatte eingestellt und dementsprechend haben wir nicht vor, rumzususen, und so populistisch oberflächlich zu bleiben wie die AfD, hatte ich auch nicht vor. Ich wollte mich mit der Sache auseinandersetzen. Ich glaube, das ist auch in Ihrem Sinne.

Es sollte seit 2009 jährlich einen Bericht zur Situation und Entwicklung der Medienlandschaft in MecklenburgVorpommern geben. Das hat leider nicht geklappt. Das heißt, an den Antrag, den Sie selbst hier 2008 beschlossen haben, haben Sie sich bedauerlicherweise nicht gehalten. 2015 wurde der letzte Bericht vorgelegt und seitdem warten wir auf einen neuen. Deshalb unterstützen wir Ihren Antrag auch und werden dem heute zustimmen.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Etwas getrübt ist die Vorfreude trotzdem und daraus resultiert auch dieser Änderungsantrag, denn wir würden uns wünschen, dass hinsichtlich Quantität und Qualität noch etwas nachgebessert wird. Dazu möchten wir Ihnen drei Vorschläge machen:

Erstens, lediglich einmal pro Legislaturperiode einen Bericht zur Situation und Entwicklung der Medienlandschaft vorzulegen, scheint uns zu wenig zu sein. Angesichts der rasanten Entwicklungen, vor allem im Bereich der Digitalisierung und auch des Fachkräftemangels, müsste häufiger und auch tiefgründiger nachgeschaut werden, wie sich die Medienlandschaft hierzulande ent

wickelt. Andere Bundesländer sind da etwas fleißiger, vielleicht nehmen wir uns da ein Beispiel.

Zweitens. Machen Sie aus dem Bericht eine Untersuchung. Sie benötigen wissenschaftliche Begleitung, damit aus einer Beschreibung auch eine Analyse wird. Der bisherige Bericht ist vor allem eine Darstellung des Istzustandes, er ist eine Statistik. Print, Hörfunk, Fernsehen, Online – wer agiert am Markt, in welcher Auflage gibt es wo noch welche Zeitung und wie haben sich die Arbeitsplätze entwickelt? Trends werden nur angerissen, aber kaum analysiert, geschweige denn bewertet. Schlussfolgerungen und Handlungsbedarfe werden nicht benannt.

Warum sollte die Staatskanzlei keine Handlungsoptionen aufzeigen können? Auf diese Frage möchte ich gleich mal eingehen, Herr Krüger. Sie hatten ja gesagt, ich habe noch die Chance, Sie zu überzeugen. Für mich waren Optionen immer Möglichkeiten und Ideen und noch keine Verbindlichkeiten, und da die Staatskanzlei ja auch die Arbeit der Ministerpräsidentin unterstützt, verstehe ich nicht ganz, warum sie nicht auch Vorschläge und Optionen aufzeigen kann und uns damit ja auch in unserer Arbeit unterstützen kann. Was wir am Ende machen, was wir umsetzen und inwieweit dann politische Initiativen daraus erwachsen, das ist natürlich immer noch unsere Aufgabe.

Mit der Einzelabstimmung der Punkte sind wir natürlich einverstanden. Sollten Sie sich für Punkt 2 gar nicht erwärmen können, freue ich mich natürlich auf die zukünftigen gemeinsamen Anträge zur Qualifizierung und zur Stärkung der Medienlandschaft in MecklenburgVorpommern. Aber vielleicht überdenken Sie das noch mal. Wie gesagt, Optionen sind Vorschläge,

(Vincent Kokert, CDU: Wollen wir mal nicht übertreiben!)

und ich glaube, die Staatskanzlei ist – erst recht, wenn der Bericht wissenschaftlich begleitet wird – schon in der Lage, hier auch Optionen aufzuzeigen.

In Ihrem letzten Bericht steht: Stellenabbau hat stattgefunden, er wird sich vermutlich fortsetzen. Punkt. Weniger Menschen lesen gedruckte Zeitungen. Punkt. Diese und jene Daten seien nicht miteinander vergleichbar. Auch das ist leider häufiger zu lesen im letzten Bericht. Die Mediennutzung wird dargestellt, man kommt zur Einsicht, das Internet spiele eine immer größere Rolle. Oha!

(Heiterkeit bei Vincent Kokert, CDU)

Erkenntnisse sehen natürlich etwas anders aus. Wir benötigen eine analytische Diskussion zur Situation und Rolle der Medien: Was können sie noch leisten? Was sollten sie leisten? Ist investigativer Journalismus überhaupt noch möglich? Herr Kokert hat einige wichtige Punkte mit Blick auf die Zeitungsredaktionen hier schon angesprochen. Erst vor Kurzem haben wir beispielsweise auch darüber geredet, wie wichtig die Integrationsfunktion der Medien ist. Wenn die Mediennutzung verschiedener gesellschaftlicher Gruppen betrachtet wird, lassen sich aus diesen Nutzungsmustern Rückschlüsse ziehen, wie fragmentiert das Publikum ist, wo sich Mediennutzungen überschneiden und ob es kollektive Medienthemen gibt, die eine gemeinsame Identität fördern und zur

Integration beitragen. Es geht um die Aufgabe, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken, und diese Aufgabe ist dringender denn je. Herr Krüger, Sie haben heute Mittag im Landtag schon darüber gesprochen.

Eine Untersuchung kann prüfen, ob Qualität, Transparenz und Vielfalt ausreichend sind, um der Demokratie hierzulande den Rücken zu stärken. Des Weiteren kann eine Untersuchung auch Grundlage sein, um mit der Medienbranche qualifizierter diskutieren zu können, an welchen Stellen Politik etwas tun kann, um die Zukunftsfähigkeit von Medienstandorten zu stärken. Nächstes Beispiel – und diese Aufzählung könnten wir länger fortsetzen –, auch in Bezug auf die wichtige Medienkompetenzvermittlung würden wir detaillierter erfahren, wo es Handlungsbedarfe gibt.

Unser dritter Vorschlag: Die Untersuchung sollte sich auf Medien und Formen der Onlinekommunikation beziehen. Sie haben als Koalitionäre den Anspruch formuliert, selbst formuliert, „Diversifikationsprozesse der Medien“ hierzulande darstellen zu wollen, so steht es in der Einleitung des letzten Medienberichtes. Zudem möchten Sie erklären, wie sich Meinungsvielfalt in Mecklenburg-Vorpommern in den Medien widerspiegelt. Wenn Sie das wirklich wollen, dann müssen Sie aus unserer Sicht deutlich tiefgründiger schürfen als bisher.

Im letzten Bericht stellen Sie den Einfluss der Medien auf die Meinungsbildung in Mecklenburg-Vorpommern nur sehr kurz dar. Dieser Teil muss erweitert werden. Fake News, Framing, Agenda Setting, Filterblasen, Algorithmen, Bots und, und, und, Polarisierung, Globalisierung und Digitalisierung spielen auch in der Welt der Medien eine sehr große Rolle. Besondere Aufmerksamkeit sollten Sie eben auch den neuen, digitalen Angebotsformen widmen. Gerade bei den jüngeren Menschen erkennen wir eine Funktionsverschiebung, die dazu führt, dass Onlineangebote als Hauptnachrichtenquelle fungieren. Sind unsere Medien darauf eingestellt? Falls ja, wie? Sind sie darauf nicht eingestellt, warum? Dies ist nur einer der Gründe, warum Sie Entwicklungen medien-, ressortübergreifend und interdisziplinär erfassen müssen. Die einzelnen Mediengattungen gesondert zu behandeln, so, wie Sie es jetzt noch tun, macht nur Sinn, um ganz speziellen Handlungsbedarf herauskristallisieren zu können.

In diesem Zusammenhang möchte ich Sie noch mal auf unseren Änderungsantrag hinweisen, der eine Erweiterung des Untersuchungsgegenstandes vorschlägt. Wie beeinflussen Medien und Intermediäre die öffentliche Meinungsbildung und die öffentliche Kommunikation?

An die AfD-Fraktion, die unseren Änderungsantrag offensichtlich überhaupt nicht verstanden hat: Intermediäre sind soziale Netzwerke, Instant Messenger, Suchmaschinen, Videoportale und dergleichen. Sie sind heutzutage wesentliche Elemente des Kommunikations- und Informationsverhaltens, sie sind jetzt schon Bestandteil der Medienlandschaft und sie werden von den Medienträgern auch verwendet. Intermediäre selektieren, sie bündeln und präsentieren Inhalte, sie erzeugen Aufmerksamkeit und sie beeinflussen Meinungsbildungsprozesse und unsere öffentliche Kommunikation. Damit rücken sie zunehmend in den Fokus der Vielfaltssicherung. Die Bund-Länder-Kommission zur Medienkonvergenz hat in ihrem Abschlussbericht bei den Intermediären Handlungsbedarfe identifiziert. Diese entsprechen auch dem,

was die Medienanstalten uns regelmäßig sagen. Wir brauchen Einblicke, wie Intermediäre in konkrete Praktiken und Netzwerke der Meinungsbildung eingebunden sind, auch mit Blick auf die Medienträger im Land.

Sehr geehrte Damen und Herren, der Austausch über Onlineplattformen wird immer notwendiger, auch für die Medienlandschaft. Es geht nicht nur um die Zeitungen, es geht um viele Formen. Sogenannte „Civic Tech Tools“, die ich kurz vorstellen möchte, sind online gestaltete Räume, die einen Austausch auf hohem Niveau ermöglichen, abseits der oft polarisierenden und oberflächlichen Kommentare bei Twitter und Facebook. Open Knowledge Labs und die Netzwerktreffen der Open-DataBewegten sind längst dabei, solche Tools voranzubringen. Wer sich mit der Entwicklung der Medienlandschaft tatsächlich befasst, der weiß auch, worüber ich rede. Ich hoffe, das ist der Fall.

In Mecklenburg-Vorpommern hängen wir den neuen Entwicklungen hinterher. Auch hier läuft uns die Digitalisierung davon. Dabei gibt es viele Projekte im Bereich Civic Tech, die dazu beitragen könnten, die Bürgerinnen und Bürger zu ermächtigen, sich in den Meinungsbildungsprozess niedrigschwellig einzubringen, sich einzumischen und hier natürlich auch ihre Mitgestaltung und ihre Meinungsbildung zu qualifizieren.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir erleben eine Transformation im Bereich Kommunikation und Medien. Wenn Sie dem ersten Punkt unseres Änderungsantrages zustimmen würden, wäre für uns auch nachvollziehbar, wenn es den Bericht nur einmal in der Legislaturperiode gäbe. Dann würden wir natürlich bevorzugen, dass er in der Mitte der Legislatur herauskommt, damit man noch Zeit hat, auch zu handeln,

(Thomas Krüger, SPD: Da sind wir uns einig.)

bevor wieder der Trubel und die Wahlen und so weiter alles überschatten. Das wäre dann natürlich sehr sinnvoll.

Sie wollen sich auch mit den Beschäftigten in den Redaktionen beschäftigen. Sie haben darauf hingewiesen, dass die letzten Debatten im Landtag Sie da auch ein bisschen aufgerüttelt haben. Das finden wir natürlich wunderbar. Schauen Sie da ganz genau hin, das ist uns auch wichtig. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und DIE LINKE)

Für die Fraktion der BMV hat jetzt das Wort der Fraktionsvorsitzende Herr Wildt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Bürger! Wer die Arbeit der BMV-Fraktion im letzten Jahr verfolgt hat, der weiß, dass wir große Anhänger von Evaluierungen sind. Damit haben wir auch schon mal den einen oder anderen etwas genervt, aber für uns ist tatsächlich immer sehr wichtig, faktenbasiert zu arbeiten. Deswegen ist es auch überhaupt gar keine Überraschung, dass wir dem Antrag und der Erstellung dieses Berichtes zustimmen, denn wir brauchen tatsächlich eine solide Faktenlage, wenn wir die Medienlandschaft in Mecklenburg-Vorpommern vernünftig beurteilen wollen.

Und da hat Frau Kröger absolut recht, es geht nicht nur darum, einen Bericht zu haben, der den Istzustand darstellt, sondern wir brauchen auch die Analyse, warum entwickelt sich das eine oder andere in diese Richtung und ist das tatsächlich unabänderlich oder kann man da eventuell oder muss man irgendwo eingreifen.

Wenn ich von Eingreifen spreche, dann sind wir da natürlich sehr, sehr vorsichtig. Das oberste Prinzip ist die Pressefreiheit. Die Medien müssen sich vollkommen frei entwickeln können. Aber auch wir stellen fest, dass die Medienlandschaft in Mecklenburg-Vorpommern relativ dünn ist – das ist so, Herr Kokert hat natürlich an der Stelle recht – und dass die drei unabhängigen Verlagshäuser auch schon gar nicht mehr so unabhängig sind, sondern sie sind ja schon in große Verlage eingebunden, in einer relativ kleinen Abteilung nur noch hier in Mecklenburg-Vorpommern. Da muss man sich tatsächlich fragen: Ist die investigative Arbeit in diesen Zeitungen überhaupt noch möglich? Gerade die investigative Arbeit ist natürlich ein wesentlicher Bestandteil in der Demokratie. Die Presse muss auch in der Lage sein, mal etwas aufzudecken. Und das ist vollkommen getrennt, da hat Frau Schwesig recht. Da ist die Distanz zwischen Politik und Presse, und die muss auch gewahrt bleiben. Kurz und gut, die Medien müssen wirtschaftlich so stark sein, dass sie genau diese Aufgabe, diese Funktion erfüllen können, und daran bestehen tatsächlich Zweifel. Wir müssen das deswegen im Auge behalten.