Protokoll der Sitzung vom 24.10.2018

Und zum Dritten …

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Na, zum Glück, Herr Professor Dr. Weber, sonst wäre ich vielleicht ausgetreten aus der SED, wenn Sie SEDMitglied gewesen wären.

(Heiterkeit bei Dr. Ralph Weber, AfD: Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich da eingetreten.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das, was ich aber anders sagen will, ist zu dem Vorwurf an die SPD, sie wäre ja in der SED gewesen und da würde sozusagen viel Diktatur dahinterstecken. Ich will Ihnen Folgendes sagen: Das ist ein Zufall der Geschichte.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der AfD)

Einer meiner Großväter, ich glaube, ich habe es schon einmal erwähnt, war Mitglied der SPD und hat in der Hitler-Zeit im Zuchthaus gesessen. Mein anderer Opa war KPD-Mitglied. Reiner Zufall – beide haben in Riesa, in meinem Geburtsort, freiwillig die SED gegründet.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Schlimm genug, was Sie immer so dazwischenrufen, das ist ja wirklich unterirdisch!

Beide haben sozusagen 1946 freiwillig die SED in Riesa mitgegründet. Ich bin in diesem Umfeld aufgewachsen

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

und habe die Spannungen zwischen beiden immer wieder bemerkt, auch die Auseinandersetzungen bis zum Ende ihres Lebens. Da jemandem den Vorwurf zu machen, er hätte irgendetwas mitgetragen, gerade an die SPD gerichtet, ist vollkommen falsch.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Viertens will ich noch mal deutlich machen: Wenn ich hier den Vorschlag unterbreitet habe, weil ich ja zur Kenntnis genommen habe, dass unser erster Vorschlag, die Behörde umzubenennen in „Behörde zur Aufarbeitung der DDR-Geschichte“ keine hinreichende Unterstützung findet, wenn ich da sozusagen weiterdenke – und das ist meine Aufgabe als Oppositionspolitiker – und einen weiteren Vorschlag unterbreite und meine, vielleicht kann man die Aufgabenbeschreibung dahin gehend formulieren, dass man die Opfer des Stalinismus im Auge hat, dann ist das eben nicht nur auf eine Person gerichtet.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Nein, aber die Richtung.)

Damit zeigen Sie doch, dass Sie von der Historie überhaupt keine Ahnung haben. Stalinismus als System hat existiert auf einem Großteil dieser Erde. Dieses System ist zu Recht zusammengebrochen, dieses System hat Opfer hinterlassen und um diese Opfer müssen wir uns kümmern.

(Zuruf von Elisabeth Aßmann, SPD)

Und da ist es doch angebracht, dass man mal darüber nachdenken kann, dass man vielleicht auch einer solchen Behörde diese Aufgabe mit übergibt. Nur eine Rede zu halten, weil die eigene Besuchergruppe hier ist, ist zwar hübsch, aber es hilft uns nicht weiter. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Ich frage jetzt noch einmal in die Runde: Gibt es weitere Wortmeldungen? Das scheint nicht der Fall zu sein, dann schließe ich jetzt beruhigt die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 7/2682 zur federführenden Beratung an den Rechtsausschuss und zur Mitberatung an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 5: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Landesbehindertengleichstellungsgesetzes, Drucksache 7/2683.

Gesetzentwurf der Landesregierung Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Landesbehindertengleichstellungsgesetzes (Erste Lesung) – Drucksache 7/2683 –

Das Wort zur Einbringung hat die Ministerin für Soziales, Integration und Gleichstellung Frau Drese. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Europäische Union hat am 26. Oktober 2016 die Richtlinie 2016/2102 über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen verabschiedet, die am 23. Dezember 2016 in Kraft getre

ten ist. Mit dieser Richtlinie sollen Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten zu den Barrierefreiheitsanforderungen für die Webseiten und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen angeglichen werden.

Zweck der Richtlinie ist es, dass digitale Produkte und Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen besser zugänglich sind. Zu diesem Zweck sollen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten, die einen barrierefreien Zugang zu Webseiten und mobilen Applikationen öffentlicher Stellen regeln, angeglichen werden. Durch Schaffung transparenter, wirksamer und nicht diskriminierender Bedingungen sollen Markthindernisse im EU-Binnenmarkt für Unternehmen der Informations- und Kommunikationstechnologie beseitigt werden.

Grundlage hierfür sind die weltweit anerkannten Empfehlungen der Richtlinie für barrierefreie Internetinhalte. Diese Empfehlungen legen fest, dass Webseiten und deren Inhalte entsprechend gestaltet sein müssen, damit sie für Menschen mit Behinderungen barrierefrei nutzbar sind. Zur Umsetzung der Richtlinie müssen daher auch die Länder ihre gesetzlichen Regelungen überarbeiten. In Mecklenburg-Vorpommern beschränkt sich derzeit die Vorgabe des Paragrafen 13 Landesbehindertengleichstellungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern darauf, die Träger der öffentlichen Verwaltung zu verpflichten, ihre Internetauftritte und -angebote sowie die von ihnen zur Verfügung gestellten Programmoberflächen, die mit Mitteln der Informationstechnik dargestellt werden, gemäß der Barrierefreien Informationstechnik-Verordnung Mecklenburg-Vorpommern vom 17. Juli 2007 schrittweise technisch so zu gestalten, dass sie von Menschen mit Behinderungen grundsätzlich uneingeschränkt benutzt werden können.

Zur Umsetzung der Richtlinie ist es mit Blick auf die Vorschriften der Richtlinie erforderlich, zum einen den Geltungsbereich in Paragraf 2 Landesbehindertengleichstellungsgesetz M-V anzupassen. Artikel 3 Nummer 3 der Richtlinie bezeichnet als öffentliche Stelle den Staat, die Gebietskörperschaften, die Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder Verbände, die aus einer oder mehreren solcher Gebietskörperschaften oder Einrichtungen des öffentlichen Rechts bestehen, sofern diese Verbände zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen. Zum anderen müssen im Paragrafen 13 Landesbehindertengleichstellungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern die erforderlichen Anpassungen zur Umsetzung der Richtlinie vorgenommen werden. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um Zuständigkeits- und Verfahrensregelungen.

Das Sozialministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung die technischen, finanziellen, wirtschaftlichen und verwaltungsorganisatorischen Maßgaben und Möglichkeiten zu regeln und die Überwachungsstelle zur periodischen Überwachung, inwieweit Webseiten und mobile Anwendungen öffentlicher Stellen den Barrierefreiheitsanforderungen genügen, und zur Berichterstattung des Landes gegenüber dem Bund zur Vorbereitung des Berichts der Bundesrepublik Deutschland an die Europäische Union zu benennen. Der erforderliche Aufwand für die praktische Umsetzung der Überwachung, also beispielsweise die Bestandserhebung aller bestehenden Webseiten und mobilen Anwendungen, Beratung, Prüfung ausgewählter Stichproben, Durchführung von Schulungsprogrammen für öffentliche Stellen im Land, die Berichterstattung gegenüber dem Bund und die

Ausübung der Fachaufsicht und die sich daraus ergebenen Kosten werden derzeit in meinem Haus ermittelt. Danach muss haushaltsseitig über diese Kosten entschieden werden.

Im Rahmen der Verbandsanhörung wurden selbstverständlich die Kommunalen Landesverbände, die Landesverbände der Menschen mit Behinderungen und die Landesverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Mecklenburg-Vorpommern beteiligt. Mit der heutigen Einbringung in den Landtag bitte ich Sie, sehr geehrte Abgeordnete, die Beschlussfassung des Landtages herbeizuführen, und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr de Jesus Fernandes.

Sehr geehrtes Präsidium! Werte Abgeordnete! Liebe Gäste! Die Ministerin hat es schon erwähnt, seit 2016 gilt es, diese EURichtlinie umzusetzen. Das ist eben auch der Knackpunkt, der daran zu bemängeln ist, dass wir keine Regierung haben, sondern nur noch eine Reagierung,

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Thomas Krüger, SPD: Ach ja! – Ministerin Stefanie Drese: Süß!)

die jetzt wieder verspätet in letzter Minute ihr Gesetzespapier vorlegt.

(Thomas Krüger, SPD: Vielleicht kommen Sie mal zur Sache.)

Wie gesagt, der Antrag kommt zu spät. Schön, dass er kommt und Regelungen schafft. Die Kosten sind unvollständig aufgeführt, auch das hat die Ministerin bereits selbst hier auch gesagt.

(Thomas Krüger, SPD: Es gibt keinen einheitlichen Gesetzentwurf.)

Schön ist auch, dass mobile Geräte, Smartphones und Tablets nutzbar sein sollen. Das gehört zum barrierefreien Zugang dazu. Also wenn Sie dann noch unseren Energieminister mit ins Boot holen, damit wir auch einen barrierefreien, Mecklenburg-Vorpommern-weiten Internetzugang haben, dann funktioniert das auch. Das haben wir nämlich noch nicht.

(Thomas Krüger, SPD: Die sind am Arbeiten.)

(Dr. Ralph Weber, AfD: Schon lange.)

mehr gibt es dazu gar nicht zu sagen. Gut, dass es jetzt kommt, und wir werden das natürlich unterstützen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Tilo Gundlack, SPD: Inhaltlich fundiert.)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU die Abgeordnete Frau FriemannJennert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen im Landtag! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Weitere Barrieren zu beseitigen, das ist das Ziel des Entwurfes des Landesbehindertengleichstellungsgesetzes. Diese Barrieren sind nicht nur physischer Natur, die die Bewegungsfreiheit für Menschen mit Benachteiligungen einschränken, auch die Digitalisierung stellt eine Aufgabe der Gleichstellungspolitik dar, die angegangen werden muss, und das tut die Landesregierung mit dem vorliegenden Gesetz.

Die Bedürfnisse von Blinden, Seh- und Hörgeschädigten beziehungsweise von Menschen mit anderen Handicaps liegen uns sehr am Herzen. Die Anwendungsfähigkeit von digitalen Angeboten wie Websites und mobile Anwendungen werden für Behinderte auch immer wichtiger. Da ist die Umsetzung der vorliegenden EU-Richtlinie nur sinnvoll. Wie im Koalitionsvertrag niedergeschrieben, werden Gesetze zur Gleichstellung ständig an die Richtlinien der Vereinten Nationen und der Bundesgesetzgebung angepasst und natürlich auch an die Richtlinien der EU. Es ist zu erwarten, dass die Bedeutung der digitalen Verwaltung und der digitalen Anwendungen, die von öffentlichen Stellen angeboten werden, weiter ansteigen wird. So ist es auch richtig, dass die Finanzierung durch Mittel aus dem Maßnahmenplan Digitalisierung gedeckt wird. Das Geld ist sinnvoll angelegt und das verfolgte Ziel sollte es uns wert sein.