Protokoll der Sitzung vom 24.10.2018

(Unruhe vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Herr Kollege Koplin, diese Rede wäre wahrscheinlich auf dem Parteitag – am Sonnabend, glaube ich – in Grimmen besser angekommen als hier.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Hier haben Sie wieder bewiesen, dass Sie eigentlich nicht darüber frohlocken können, dass Sie nicht recht hatten, dass wir diese Schulgeldfreiheit in der Pflege und die Fondsbildung nicht auf den Weg bringen. Wir haben alles geregelt, eigentlich im besten Sinne der LINKEN. Das waren doch früher Ihre Schokoladenseiten und die bröckeln Ihnen langsam weg. Diese Große Koalition zeigt, dass sogar ein CDU-Gesundheitsminister Sachen in relativ kurzer Zeit auf den Weg bringt,

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

die Sie über Jahre nicht geschafft haben. Das ist doch die Wahrheit.

(Torsten Renz, CDU: Zwei Mal die Sozialminister gestellt in diesem Land. Und was ist passiert? – Zuruf vonseiten der Fraktion DIE LNKE: Sechs Jahre haben Sie gebraucht. – Zuruf von Tilo Gundlack, SPD)

Sie haben heute gesagt, die CDU ist aus der Zeit gefallen. Wir sind genau in der Zeit angekommen, wo es richtig ist, die Weichen zu stellen. Das haben wir als CDU und als Koalition mit der SPD zusammen auf den Weg gebracht.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Da können Sie doch nicht behaupten, dass wir unfähig sind oder unsere Hausaufgaben nicht gemacht haben.

(Torsten Renz, CDU: Heuchlerisch.)

Der Bundesgesetzgeber hatte vor, vor 24 Monaten das Gesetz auf den Weg zu bringen. Nein, er hat es nicht geschafft. Warum hat er es nicht geschafft? Weil eine

Debatte auf der Bundesebene ausgebrochen ist: Ist die Große Krankenpflege das Ziel, also die generalisierte Ausbildung, oder ist Altenpflege das große Ziel? Jeder von den Abgeordneten wird sich daran erinnern können, unsere Computer sind damals fast abgestürzt, so viele Proteste haben wir bekommen, dass die Altenpflege weiter als Ausbildung auch für private Schulen erhalten bleiben muss. Jetzt haben wir eine Lösung, die dazu führt, dass die Pflege aufgewertet wird und dass insgesamt, denke ich, auch der Beruf ein deutlich attraktiverer wird, als er es vorher war.

Die Übergangszeit, die haben wir deswegen geregelt, weil der Bund reingeschrieben hat, ab 2020 ist die Fondslösung erst anzustreben. Wir haben – wie viele andere Länder auch, das gebe ich zu – uns darum gekümmert, die Entlastung der jeweiligen Pflegeschüler und -schülerinnen zu schaffen. Das legen wir Ihnen heute vor. Wir machen es sogar rückwirkend. 2017, die kriegen ein Jahr eine Entlastung, 2018, zwei Jahre Entlastung, 2019, drei Jahre Entlastung.

(Torsten Renz, CDU: Genau, das ist die Erklärung.)

Ab 2020 greift der Fonds, und damit sind die Finanzprobleme geklärt. Auch die Frage der Bezahlung der Schulen, die Honorierung der Lehrkräfte, all die Themen sind sozusagen in der Pipeline. Jetzt wird das Gesetz noch auf den Weg gebracht und dann sind wir startklar.

Ich weiß nicht, Herr Koplin, wie Sie so weit von der Realität weg sind. Sie sind doch LINKEN-Politiker. Eigentlich hätte ich erwartet, dass Sie mich den ganzen Tag loben heute.

(Beifall und Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)

Mit diesem zweiten Redebeitrag hat der Minister seine angemeldete Redezeit um dreieinhalb Minuten überschritten. Diese Zeit steht den nicht in der Regierung befindlichen Fraktionen zur Verfügung.

Jetzt hat das Wort für die Fraktion der BMV der Fraktionsvorsitzende Herr Wildt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich denke, die Bedeutung der Pflegekräfte, sei es jetzt Krankenpfleger oder Altenpfleger, ist uns allen hier bewusst. Das ist eines der wenigen Themen, was wirklich völlig unstrittig sein sollte, sogar zwischen allen Fraktionen. Ich glaube, da sind wir uns einig.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Es ist uns allen klar, dass gerade bei dem demografischen Wandel eine große Aufgabe auf uns zukommt und die Ausbildung neuer Pflegekräfte entsprechend hohe Priorität hat. Darüber brauchen wir, glaube ich, gar nicht viel zu reden, das ist völlig unstrittig.

Aus dem Grunde hat auch der Pflegeverband, der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste, bpa, schon seit Jahren gefordert, die Ausbildung komplett kostenfrei zu stellen. Das ist keine ganz neue Forderung gewesen, sondern, wie wir es jetzt auch gehört haben,

schon seit Jahren im Gespräch. Da wurde ein sehr schöner Vergleich gezogen: Wenn das Land ein kostenloses Medizinstudium ermöglicht, dann sei es nicht zu vermitteln, warum künftige Altenpfleger für ihre Ausbildung zahlen sollen. Das Argument trifft, glaube ich, nach wie vor den Nagel auf den Kopf. Deswegen ist es auch richtig, dass der Bund reagiert hat, dass es das neue Gesetz gibt und ab 2020 bundesweit kostenfrei ausgebildet werden soll.

Dementsprechend, Herr Minister Glawe, auch wenn Sie dafür den ganzen Tag gelobt werden wollen, aber die Leistung des Landes beschränkt sich dann doch tatsächlich auf die Lücke bis 2020, eben die Kostenfreiheit schon früher hinzubekommen. Das ist lobenswert, aber wir wollen es auch nicht übertreiben. Es sind drei Jahrgänge betroffen, also die, die 2017, 2018 oder dann eben 2019 die Ausbildung beginnen. Auch die profitieren schon von der Regelung, die sonst erst ab 2020 gelten würde.

(Torsten Renz, CDU: Endlich hat es einer verstanden. Endlich hat es einer verstanden.)

Das ist ein Betrag von 1,4 Millionen. Wie gesagt, es ist aller Ehren wert, aber man braucht es auch nicht zu übertreiben. Das Ganze ist insgesamt positiv, aber es ist noch keine komplette Lösung. Das muss man zur Wahrheit nun dazusagen, denn der Mangel in den Pflegeberufen besteht nicht nur aufgrund der Ausbildung oder der Schwächen in der Ausbildung, sondern die Menschen müssen auch hierbleiben, die Pfleger müssen hierbleiben. Wir haben immer noch eine Abwanderung von Pflegekräften in andere Bundesländer, weil sie dort besser bezahlt werden. Das ist im Grunde genommen das größere Problem.

Wir haben auch aufgrund der Struktur in MecklenburgVorpommern – mit den vielen Kliniken, Kurkliniken und so weiter, Rehakliniken in unserem Land – einen erhöhten Bedarf, einen überproportional hohen Bedarf an Pflegekräften. Auch das muss man dabei berücksichtigen. Das heißt, es ist ein schöner erster Schritt, da kann man auch ein kleines Lob aussprechen, aber das rechtfertigt noch lange nicht, sich jetzt schlafen zu legen, sondern man muss nun weiterschauen, wie schaffen wir es, die Bezahlung der Pflegekräfte insgesamt zu verbessern und damit die Kräfte im Land zu behalten und die Abwanderung zu verhindern.

Ein Punkt, der angesprochen wurde von Herrn Dr. Jess – ich muss sagen, das war absolut richtig in dem Fall –, waren die weiteren Berufe, die Schulgeld in der Ausbildung verlangen, wie zum Beispiel Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie. Auch das sind wichtige Berufe, Gesundheitsfachberufe. Die Kleine Anfrage wurde schon zitiert. Ich möchte mich auch noch mal darauf beziehen. Im Jahr 2013/2014 wurden in diesen Berufen 1.107 junge Menschen ausgebildet, im Jahr 2017/2018 nur noch 984. Das ist ein Rückgang von elf Prozent. Daran sieht man, dass dort Handlungsbedarf besteht und wir uns auch in diesen Berufen etwas überlegen müssen. Es sind eben nicht nur die Krankenpfleger, es sind auch die Gesundheitsfachberufe.

(Tilo Gundlack, SPD: Bauarbeiter und Köche.)

Ich möchte auch sagen – in der Aussprache darf man bekanntlich alles sagen und alles ansprechen –, auch

das Thema der Erzieher ist tatsächlich ein Thema. Auch dort findet immer noch Bezahlung an den privaten Schulen statt. Dieses Gerechtigkeitsproblem gibt es tatsächlich.

Ja, ich traue dem Gesundheitsminister also zu, dass er die weiteren Probleme angehen wird. Ob er sie lösen wird, das müssen wir sehen, aber zumindest wird er sie angehen, die Pfleger hier im Lande zu behalten. Deswegen wiederhole ich auch noch mal meinen Vorschlag, das Gesundheitsministerium zu stärken, denn wie man auch bei dieser Aussprache merkt, es waren drei Ministerien betroffen: das Bildungsministerium, das Sozialministerium und das Gesundheitsministerium.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Das ist jetzt natürlich allein kein Ausschlusskriterium.

(Torsten Renz, CDU: Staatskanzlei.)

Man kann …

Ja, sogar die Staatskanzlei vielleicht noch.

Man kann natürlich auch mit mehreren Ministerien zusammenarbeiten.

(Minister Dr. Till Backhaus: Finanzministerium.)

Das ist mir schon klar, dass das geht. Trotzdem, bei der hohen Bedeutung des Themas Gesundheit, gerade für Mecklenburg-Vorpommern aus den benannten Gründen – demografischer Wandel einerseits, Niedriglohnsektor andererseits und erhöhter Bedarf an diesen Kräften –, ist es auf jeden Fall sinnvoll, alles, was mit Gesundheit zu tun hat, zu bündeln in einem Gesundheitsministerium, so, wie das zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen der Fall ist. Es ist also nicht korrekt gewesen in der letzten Debatte im September, wenn gesagt wurde, dass das auch in allen anderen Bundesländern so wäre, dass man das auseinanderdividiert, zum Beispiel die Universitätskliniken immer in dem Bildungssektor ansiedelt. Das ist tatsächlich nicht der Fall. In Nordrhein-Westfalen sind sie auch im Gesundheitsministerium. – Schönen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der BMV)

Um das Wort hat noch einmal gebeten für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Koplin.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Vorhin musste ich eine Antwort schuldig bleiben, weil ich das einfach nicht wusste. Es kam die Frage auf, wie das im Freistaat Thüringen gehandhabt wird. Laut „Ärzteblatt“ vom 6. Juni dieses Jahres erklärt Thüringen, dass es die Schulgeldfreiheit einführen will –

(Thomas Krüger, SPD: So wie wir jetzt.)

dort federführend die SPD, die das initiiert für die gesamte Koalition und das dann auch mit dem Hinweis flankiert, dass man nicht auf den Bund warten will, sondern eigenständig diese Brücke schlagen möchte bis die Bundesregelung greift.

(Thomas Krüger, SPD: Auch erst jetzt.)

Das machen wir jetzt auch, aber weil es eben die Frage war.

Und, Herr Glawe, gern lobe ich, wenn Lob angebracht ist. In einer Angelegenheit möchte ich gerne und ausdrücklich loben. Das ist die Sache, die Sie heute auch bekannt gegeben haben: Impfaktion hier im Pferdestall. Ich habe seit heute einen Impfausweis. Vielen Dank, dass das ermöglicht wurde! Ja, tolle Sache. Danke schön, Harry Glawe.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)