Protokoll der Sitzung vom 24.10.2018

Wie auch immer. Ich habe gesagt, ich sprach von „Eindruck erwecken“ und „könnte“, glaube ich. Ich habe versucht, es ein bisschen zu relativieren.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Ja, man spricht allgemein von „klebrigen Fingern“: – Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Der Sachverhalt ist aber folgender: Ich glaube, wir sind uns einig, die Bewältigung der Flüchtlingsaufgaben ist eine nationale Herausforderung. Da hat der Bund seine Aufgabe zu schultern, die Länder, aber auch die Kommunen, alle. Der Bund hat die Kommunen freigestellt, zum Beispiel von den Kosten der Unterkunft. Das war die Leistung des Bundes für die kommunale Ebene. Der Bund hat den Ländern Geld gegeben für ihre Aufgaben. Wir nutzen dieses Geld nicht und stecken es jetzt uns in die Tasche, sondern Sie wissen, das gesamte Asylverfahren wird vom Land gezahlt, nicht von den Kommunen, die gesamte Unterbringung minderjähriger Flüchtlinge wird vom Land voll erstattet und nicht von den Kommunen bezahlt. Wir haben von diesen Integrationsmitteln auch noch der kommunalen Ebene darüber hinaus Mittel gegeben.

Gleichwohl finde ich es legitim, dass man nach zwei oder drei Jahren darüber diskutiert, ob es eine andere Situation gibt, ob es Argumente gibt, wirklich auch statistisch und rational nachvollziehbare Argumente gibt, dass es zu einer Belastungsverschiebung gekommen ist, sowohl zwischen Land und Kommunen als auch zwischen den Kommunen. Das kann man alles diskutieren. Jedenfalls für die Stadt Schwerin gibt es eine besondere Lage, auch weil ihr Haushalt nicht ausgeglichen ist.

(Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke übernimmt den Vorsitz.)

Das muss man zur Kenntnis nehmen. Solche Gespräche mit Kommunalvertretern sind bereits aufgenommen worden. lch kann heute das Ergebnis natürlich nicht vorwegnehmen, aber selbstverständlich werden wir dieses Thema vernünftig, sachlich und fair mit der kommunalen Ebene erörtern. Dann wird man sehen, ob wir zu dem Ergebnis kommen, Ihnen vorzuschlagen, an dem Vorschlag, den wir jetzt unterbreitet haben, etwas zu ändern oder nicht. Das kann ich heute nicht sagen. Jedenfalls sind wir für Gespräche offen.

Hätten wir aber diese Lösung nicht vorgeschlagen, die Sie jetzt auf dem Tisch haben, noch mal, dann hätten

genau die Kommunen Millionenbeträge verloren, die heute die größten Flüchtlingslasten schultern. Ich glaube, das wäre im Sinne von niemandem hier im Haus gewesen. Deswegen, glaube ich, ist das erst mal eine vernünftige Diskussionsgrundlage. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Für die Fraktion der BMV hat jetzt das Wort der Fraktionsvorsitzende Herr Wildt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Mitbürger! Ich möchte gerne daran erinnern, dass wir vor einem Jahr über den Doppelhaushalt 2018/2019 gesprochen haben und in diesem Zusammenhang auch über etwaige Jahresüberschüsse, die in der Vergangenheit entstanden sind und auch immer wieder entstehen können. Ich hatte damals für den Vorschlag geworben, dass die Landesregierung gerade bei einer bestimmten Höhe des Jahresüberschusses von der Regelung 75 Prozent Schuldentilgung und 25 Prozent Strategiefonds abweicht und einen größeren Betrag investiert, also die Schuldentilgung auf einen etwas geringeren Anteil deckelt. Das haben wir dann auch im März dieses Jahres in einer Aussprache zu dem Thema noch mal ausgiebig diskutiert.

Ich muss sagen, ich freue mich, dass die Landesregierung und die sie tragenden Koalitionsfraktionen diesem Vorschlag letzten Endes im Ergebnis gefolgt sind, warum auch immer. Sie sind sicherlich auch selbst auf diese gute Idee gekommen, aber es ist ein absolut ordentliches Ergebnis, wenn mehr investiert wird, wenn man nicht nur an die Schuldentilgung denkt, sondern auch auf diesem Wege das Vermögen unseres Landes im Wert erhält und dafür sorgt, dass die Zukunft gelingen kann.

Also so gesehen könnte ich heute einer der zufriedensten Abgeordneten hier im Parlament sein, könnte sagen, super, das ist ja erst mal schön gelaufen, die Landesregierung ist dem Vorschlag gefolgt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: BMV wirkt!)

Leider ist es natürlich nicht ganz so. Ich möchte dann doch noch daran erinnern, was ich auch im März schon gesagt habe: Der Jahresüberschuss ist natürlich ein einmaliger Betrag, der ist nur einmal in der Höhe konkret vorhanden. Wir können das auch nur einmal ausgeben. Deswegen sollten diese Mittel in Investitionen fließen, nicht in Konsumausgaben und schon gar nicht in Ausgaben, die Folgekosten hinter sich herziehen, wie Stellenschaffungen. Das ist eigentlich mit einem Jahresüberschuss in der Form nicht zu machen. Ich benutze dieses Wort „eigentlich“, was ich auch nicht gern tue, werde das aber gleich noch mal erläutern.

Zum Zweiten sprechen auch andere Argumente dafür, tatsächlich nur zu investieren, denn ein Teil des Jahresüberschusses und sogar ein erheblicher Teil entsteht ja dadurch, dass die geplanten Investitionen nicht so, wie geplant, erfolgen konnten, dass das Geld, was übrigbleibt am Jahresende, einfach nicht verausgabt wurde, aber es war mal für Investitionen gedacht. Aus diesem Grund sollte auch der Nachtragshaushalt, dieses Sonderprogramm, in Investitionen fließen.

Was ist nun geschehen? Wir haben es gehört, sehr ausgiebig. Im Bereich der inneren Sicherheit, Polizei und Justiz handelt es sich nicht um Investitionen, es werden Stellen geschaffen, es werden Zulagen erhöht. Trotzdem – und dazu hatte auch Kollege Manthei, glaube ich, sehr deutlich Position bezogen – sind wir für diese Maßnahmen. Wir haben sie auch schon im Vorfeld aus dem regulären Haushalt gefordert. Es wäre ja nun widersinnig zu sagen, jetzt im Nachtragshaushalt wollen wir sie nicht, wenn wir sie vorher gefordert haben. Die entscheidende Frage – und die werden wir im Finanzausschuss natürlich noch mal intensiv diskutieren – ist: Wie ist die Anschlussfinanzierung sichergestellt im nächsten Doppelhaushalt? Das darf nicht zulasten von anderen Positionen im Innenministerium gehen. Also nicht, dass Herr Caffier schon wieder die Kommunalaufsicht reduzieren muss, um nun die Polizeiausgaben durchhalten zu können, sondern das muss echtes zusätzliches Geld für das Innenministerium sein, sonst wären wir mit der Lösung nicht einverstanden.

Das Zweite – Kita – ist auch ein lang angekündigtes Programm. Sicher, das brauchen wir jetzt nicht noch mal alles auszuwalzen. Das ist aber ein Posten, der zu den Sozialausgaben gehört. Gute und sinnvolle Ausgaben zur Familienentlastung, das ist gar keine Frage, aber es sind Sozialausgaben, es sind keine Investitionen im eigentlichen Sinne. Diese Kosten dürften nicht nur für ein Jahr anfallen, sondern sie sind ja ebenfalls in den Folgejahren präsent, also auch da das Thema der Anschlussfinanzierung. So, wie ich es bisher verstanden habe, ist die Anschlussfinanzierung einfach schon gesichert durch das Bundesprogramm und durch die landesseitigen Planungen. Aber auch das wird ein Thema sein, was wir im Ausschuss noch mal hinterfragen müssen: Ist die Folgefinanzierung dieser 15 Millionen gesichert? In dem Fall kann man es vertreten, weil die 15 Millionen für 2019 eben nur eine Zwischenfinanzierung darstellen und keine komplette Finanzierung für die Folgejahre.

Dann kommen wir zum nächsten Sektor: 40 Millionen für die Digitalisierung.

Frau Schwesig, da muss ich Ihnen widersprechen. Diese 40 Millionen sind natürlich nicht nur für die Wirtschaft. Sie haben es gerade so dargestellt, als wären es 40 Millionen für die Digitalisierung der mittelständischen Wirtschaft. Das ist aber nur ein kleiner Teil der Position. Wenn ich mir die 22 Projekte anschaue – das war ja genau im März die Frage, wofür das Geld ausgegeben wird, was der Zweck dieser 40 Millionen ist –, sind das natürlich alle möglichen Dinge, zum Beispiel der digitale Audioguide der Schlossgärten mit 700.000 Euro. Das hat jetzt nicht direkt etwas mit der Wirtschaft zu tun, es sind aber sehr gute Programme dabei, gerade aus dem Wirtschaftsministerium: zentrales Betten- beziehungsweise Kapazitätsnachweissystem, Ausrollen des Telenotarztes, dagegen kann man natürlich gar nichts haben, das sind super Projekte. Andere dagegen sind sehr schwammig formuliert, wie die Förderung von kleineren Digitalisierungsinvestitionen mit immerhin 6 Millionen. Das ist noch sehr schwammig, das werden wir hinterfragen, was Herr Pegel dort genau vorhat. Das Kompetenzzentrum Digitalisierung – das ist wieder vom Wirtschaftsministerium – müssen wir auch hinterfragen oder den digitalen Innovationsraum, darunter Digitalisierungskongress und Innovationspreis mit 4 Millionen. Das sollen jetzt nur einige wenige Beispiele sein.

Das heißt, da ist noch Klärungsbedarf, wofür das Geld genau ausgegeben werden soll. Unser Vorschlag war gewesen, nicht zu kleckern, sondern zu klotzen, und tatsächlich ein Programm aufzulegen zugunsten der Bildung, Investitionen in den Bildungssektor, und zwar in Form von echten Investitionen. Das war unser Vorschlag, das hätte uns besser gefallen. Gut, jetzt legen Sie etwas anderes vor, und wir werden uns natürlich konstruktiv an der Diskussion beteiligen. Wichtig ist immer, es müssen Investitionen sein oder zumindest nur Zwischenfinanzierungen mit einer gesicherten Anschlussfinanzierung. Es darf also nicht dazu führen, dass man nach einem Jahr dann vor dem Nichts steht und hofft, dass der Jahresüberschuss das nächste Jahr rettet.

Wichtig ist der Jahreshaushalt oder der Nachtragshaushalt vor allen Dingen deshalb geworden, weil neue Stellen geschaffen werden sollen. Das geht gar nicht anders. Das kann man nur auf diesem Wege tun mit einem Nachtragshaushalt. Von der Seite her ist das sicherlich auch richtig.

Dann hat der Herr Finanzminister darauf hingewiesen, dass ein paar andere Themen gleichzeitig geregelt werden. Darauf gehe ich jetzt nicht weiter ein, das werden wir im Ausschuss noch mal besprechen. Umbuchungen letzten Endes von der Ausgleichsrücklage ins Sondervermögen haben Vor- und Nachteile, das muss man noch mal in Ruhe diskutieren. Gerade bei dem Breitbandausbausondervermögen erscheint mir das auch sehr sinnvoll und bei dem Versorgungsfonds sowieso. Das muss man aber im Ausschuss besprechen.

Das große Thema, was Frau Rösler angesprochen hat, den kommunalen Finanzausgleich, ich glaube, das sprengt jetzt hier den Rahmen einer Ersten Lesung des Haushaltsentwurfes, das ist aber natürlich ein riesengroßes Thema, was uns noch längere Zeit beschäftigen wird. Und da sind die Ausführungen von dem Minister nicht so ganz schlüssig in meinen Augen gewesen. Das müssen wir noch mal intensiver diskutieren.

Infolgedessen stimmen wir der Überweisung in die Ausschüsse selbstverständlich zu. Wir haben noch ein paar Sachen zu monieren und zu meckern, wie immer, aber im Großen und Ganzen ist das heute ein Tag, der sehr gut ist für die BMV, denn unser Hauptvorschlag hat sich durchgesetzt. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der BMV)

Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Gundlack.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kollegen Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat uns den Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Haushalt für das Haushaltsjahr 2019 sowie den Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes zum Nachtragshaushaltsgesetz 2019 zur Beratung vorgelegt, so mal konkret zu sagen. Mit dem zwischen der SPD und CDU in 2016 geschlossenen Koalitionsvertrag sind wichtige Eckpunkte – ich will sie besser Rahmenbedingungen nennen – vereinbart worden, die für unser Bundesland einen großen finanziellen und gesellschaftlichen Schritt bedeuten. So können Sie das im Entwurf nachlesen.

Erstens wollen wir die Digitalisierung weiter voranbringen und somit die Weichen für die Zukunft richtigstellen. Mit

dem Breitbandausbauprogramm wird die Grundlage dafür geschaffen. Die Digitalisierung bietet uns neue Möglichkeiten der wirtschaftlichen Entwicklung, aber auch oder gerade im Bildungsbereich werden weitreichende Möglichkeiten eröffnet. Diese wollen wir auch konsequent nutzen. Hier wird die SPD-Landtagsfraktion gemeinsam mit der CDU-Fraktion die Weichen so stellen, dass alle Landesbereiche, Städte und ländlichen Räume mehr gute Arbeit bekommen.

Zweitens wurde schon mehrfach angesprochen, dass die beitragsfreie Kita kommt. Es wurde immer von den LINKEN gefragt, wann das denn sei, dass das mal 2008 beschlossen wurde und wann es jetzt komme.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Zehn Jahre später und dann merken Sie, dass das Finanzsystem umgestellt werden muss!)

Ja, jetzt kommt es und Sie meckern auch wieder herum. Jetzt machen wir es.

(Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Ja und? Wo ist denn das Problem?! Ich darf Sie mal erinnern an einen schönen Satz: „Vorwärts immer, rückwärts nimmer!“. Vielleicht gehen wir auch mal danach. Sie müssen nicht immer daran denken, was mal war, sondern wo wir hinwollen, in welche Richtung wir wollen.

(Unruhe vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Peter Ritter, DIE LINKE: Erich als Beispiel, das geht nach hinten los!)

Dann kommen Sie immer an und sagen: Frau Ministerpräsidentin, nun legen Sie doch mal einen Plan vor! Nun macht die Ministerpräsidentin das und sagt, dass das bis 2020 erfolgt, aber nun passt Ihnen das wieder nicht und Sie kommen mit anderen Sachen um die Ecke.

(Unruhe auf der Regierungsbank)

Sie müssen sich schon mal überlegen, was Sie eigentlich wollen!

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Meine Damen und Herren, mit der beitragsfreien Kita wird ein Ziel erreicht, an dem in den vergangenen Jahren konsequent gearbeitet wurde. Der Finanzminister sagte es bereits. Ich darf noch mal erwähnen, bereits 2012 wurden die Krippenbeiträge um bis zu 100 Euro pro Monat gesenkt, im Jahr 2018 wurden die Eltern um weitere 50 Euro entlastet

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

und ab 2019 soll nun ein weiterer Schritt erfolgen, die Beitragsfreiheit für alle Geschwisterkinder, bevor ab 2020 die Kindertagesbetreuung vollständig beitragsfrei wird. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, ich wurde andauernd angerufen, als der erste Schritt kam, und gefragt: Wann kriegen wir diese 50 Euro, wann kriegen wir diese 100 Euro?

(Heiterkeit bei Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Es wurde nie gesagt, wann ich eine zusätzliche Kraft in der Kita kriege, sondern die Eltern, die es betrifft, haben

immer gefragt, wann sie die Beitragsbefreiung bekommen. Die Eltern interessiert …

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Weil die Eltern als Erstes das Geld interessiert, meine Güte!)

Ja, wir wollen ja auch die Eltern entlasten, das ist doch der Sinn der Sache!

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Ich weiß nicht, wo Ihr Sinn da ist, aber unser Sinn ist der, erst mal die Eltern zu entlasten.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Auf Biegen und Brechen, koste es, was es wolle! – Zuruf von Thomas Krüger, SPD)