Protokoll der Sitzung vom 21.11.2018

(Karen Larisch, DIE LINKE: Was ist das für ein Vergleich?! Das ist unglaublich!)

und das beruhigt mich auch ein bisschen. Das ist im Kern genau das Gleiche,

(Karen Larisch, DIE LINKE: Nee, ist es nicht!)

was ansonsten Sie hier fordern mit der Streichung von Paragraf 219a.

(Zuruf von Christiane Berg, CDU)

Diese Norm ist inhaltlich richtig und sie ist auch gesetzestechnisch notwendig, um das noch zu sagen, weil wir hier den Sonderfall haben, dass eine rechtswidrige Tat wegen einem persönlichen Strafausschließungsgrund nicht unter Strafe steht, was richtig ist. Das bedeutet aber auch, dass ich Vorbereitungs- und Beihilfehandlungen als solche nicht strafbar gestalten könnte. Deswegen brauchen wir den 219a,

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

um solche Werbung zu verhindern. Das sei mal gesagt.

(Horst Förster, AfD: Das will DIE LINKE nicht verstehen.)

Um noch mal mit einem dritten Fehlargument aufzuräumen: Es ist eine Vorschrift, in der Tat, die ist 1933 ins Strafgesetzbuch gekommen. Das Strafgesetzbuch ist in der Zwischenzeit mehrfach grundlegend reformiert

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ach was!)

und überarbeitet worden.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ich denke, man kann Recht nicht ändern?!)

Selbst dieser Paragraf 219a ist in der großen Strafrechtsreform im Jahr 1977 grundlegend im Wortlaut geändert worden, der Inhalt ist allerdings erhalten geblieben. Dann noch von nationalsozialistischem Recht zu sprechen, ist bewusste Irreführung derer,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Habe ich an keiner Stelle gemacht.)

die Ihnen da zuhören.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Peter Ritter, DIE LINKE: Das habe ich an keiner Stelle gemacht.)

Aus all diesen Gründen,

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

aus all diesen Gründen

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist ein Schwachsinn! Meine Herren!)

soll und muss es bitte bei dem bisherigen Paragrafen 219a bleiben. Das sind wir der Würde des ungeborenen Lebens im Minimum schuldig.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD und Sebastian Ehlers, CDU)

Für die Fraktion der CDU hat jetzt das Wort die Abgeordnete FriemannJennert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hartnäckigkeit kann ja eine Tugend sein, aber sie kann auch ein Zeichen von Realitätsverleugnung sein. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der Linksfraktion, dass Sie nach elf Monaten den Paragrafen 219a StGB erneut zum Thema eines Landtagsantrages machen, ist ein solches Zeichen der Realitätsverleugnung.

(Beifall Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Sie verleugnen erstens, dass der Paragraf 219a StGB geltendes Recht ist, und Sie verleugnen zweitens, dass es im Deutschen Bundestag keine Mehrheit für seine Abschaffung gibt.

Am 13. Dezember letzten Jahres haben wir in diesem Haus Ihren Antrag „Umfassende Schwangerschaftsberatung gewährleisten – § 219a StGB abschaffen“ auf Drucksache 7/1328 debattiert. Ist Ihre einzige Erkenntnis seitdem, dass es bei der von Ihnen geforderten Abschaffung nicht darum geht, eine umfassende Schwangerschaftskonfliktberatung zu gewährleisten, sondern um die Stärkung des Selbstbestimmungsrechtes von Frauen? Es hat zumindest den Anschein, denn Ihre Antragsbegründung strotzt geradezu vor haltlosen Behauptungen und Halbwahrheiten, und darauf möchte ich gerne eingehen.

Richtig ist, die Verurteilung der Gießener Ärztin, deren Fall der Anstoß der letztjährigen Debatte war, ist inzwi

schen vom Landgericht Gießen in zweiter Instanz bestätigt worden. Das ist aber auch schon das einzig Korrekte.

Anschließend behaupten Sie, das Urteil des Landgerichtes sei „höchst umstritten“. Ich frage Sie: Worauf stützen Sie diese Behauptung? Alle Äußerungen, sowohl von juristischer als auch politischer Seite, lassen nur einen Schluss zu: Das Landgericht Gießen hat, wie auch schon vorher das Amtsgericht, lediglich geltendes Recht korrekt angewendet.

(Beifall Dr. Ralph Weber, AfD)

Wäre dem nicht so, wären Forderungen nach Streichung oder Veränderung des Paragrafen 219a schlichtweg überflüssig. Stattdessen wäre die höchstrichterliche Überprüfung des Urteils gefordert worden, bis hin zum Bundesverfassungsgericht.

Im nächsten Absatz Ihrer Begründung schreiben Sie, der Paragraf 219a verletze die Würde und die Grundrechte von Frauen, schränke ihre Selbstbestimmungsrechte ein, verstoße gegen die Informationsfreiheit und – ich zitiere aus Ihrem Antrag – „bringt Frauen in einer Lebenskrise, Ausnahme- und Notfallsituation in Gefahr“. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Linksfraktion, das ist nicht nur rechtlich haltlos, sondern geradezu grotesk.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD, Sebastian Ehlers, CDU, und Christel Weißig, Freie Wähler/BMV)

Nebenbei bemerkt, diese Begründung wird weder dem allgemeinen Anspruch an die Qualität einer Antragsbegründung in diesem Hause noch Ihrem eigenen gerecht. Vor allem aber wird es all den Frauen nicht gerecht, die sich tatsächlich in schwierigen Situationen befinden und auf Beratungshilfe angewiesen sind.

Meine Damen und Herren, worum geht es im Kern beim Paragrafen 218a?

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: 219!)

Ebenso wie Paragraf 219 Absatz 2 Satz 3 soll auch Paragraf 219a jegliche Gefahr einer möglicherweise auch nur indirekten und unbewussten Beeinflussung bei der Beratung durch wirtschaftliche Interessen von Ärzten ausschließen, die selbst Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Aus diesem Grund ist nicht nur durch Paragraf 219 Absatz 2 Satz 3 die Beratung nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz durch die Ärzte ausgeschlossen, sondern durch 219a auch die Werbung für Schwangerschaftsabbrüche. Schon im letzten Jahr wurde zu diesem Thema zutreffend ausgeführt, dass es keine objektiven Kriterien gibt, mit denen zwischen sachlicher Information und Werbung unterschieden werden kann.

Meine Damen und Herren, natürlich lässt sich argumentieren, eine sachliche Information über das Leistungsangebot werde wohl kaum eine Frau dazu bringen, sich leichtfertig für einen Schwangerschaftsabbruch zu entscheiden, schließlich sei diese Frage eine völlig andere als die Entscheidung für den Kauf eines Produktes oder die Inanspruchnahme einer anderen ärztlichen Dienstleistung. Man kann so argumentieren und zugleich die Befürworter des Werbeverbotes der Entmündigung der Frauen bezichtigen. Allerdings beweisen die Vertreter

dieser Argumentation lediglich, dass sie weder die Mechanismen von Werbung und Marketing kennen noch die Auswirkungen von ärztlicher Werbung auf die Inanspruchnahme von Leistungen.

Empirisch ist unbestreitbar, dass die Werbung für ärztliche Leistungen sehr wohl Einfluss darauf hat, ob diese Leistungen nachgefragt werden, unabhängig davon, ob sie medizinisch notwendig sind oder nicht. Allein ein weltweiter Vergleich des Anteils der Kaiserschnitte an den Geburten in Verbindung mit dem Blick auf das Marketing für diese ärztliche Leistung und der gesellschaftlichen Diskussion darüber in einzelnen Ländern ist in diesem Zusammenhang sehr aufschlussreich. Daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, geht es beim Schutz des Paragrafen 219a nicht um Bevormundung oder Entmündigung von Frauen, sondern um die Anerkennung von realen Wirkungsmechanismen.

Meine Damen und Herren, worüber sprechen wir in der Praxis? Über die Notwendigkeit, dass Betroffene die Informationen, welche Ärzte Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, nicht auf der Homepage der Ärzte, nicht aus der Zeitung und nicht aus Werbebroschüren erfahren können. Stattdessen müssen sie diese Informationen entweder bei Fachärzten oder über die Beratungsstellen einholen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und AfD – Zuruf von Horst Förster, AfD)

Wer dies als Eingriff in die Informationsfreiheit oder Schlimmeres bezeichnet, versteht nichts von Grundrechtsschranken und Eingriffen und hat darüber hinaus auch Probleme mit der Angemessenheit seiner Begründung.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Horst Förster, AfD: Richtig!)

Meine Damen und Herren, im Zusammenhang mit dem Paragrafen 219a geht es um die Anerkennung, dass ein Schwangerschaftsabbruch eben keine gewöhnliche ärztliche Leistung ist, sondern eine Leistung, die unter dem Regelungsvorbehalt des Artikel 1 Absatz 1 unseres Grundgesetzes steht, dessen Schutzgedanke auch für das ungeborene Leben gilt.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der AfD und Freie Wähler/BMV – Jens-Holger Schneider, AfD: So ist es.)

All das, was sich hinter den Paragrafen 218 bis 219b verbirgt, ist Ergebnis einer jahrzehntelangen gesellschaftlichen Diskussion, einer Diskussion im Übrigen, deren legislatives Ergebnis maßgeblich durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes bestimmt wird. DIE LINKE erwähnt in ihrem Antrag Juristinnen und Juristen, die den Paragrafen 219a für verfassungswidrig erklären. Sicherlich finden sich Juristen, die ihn für verfassungswidrig halten, aber es gibt auch viele Juristen, die bekanntlich zu jedem Thema viele Meinungen haben.

(Jens-Holger Schneider, AfD: Ja.)

Denjenigen, die wie die …