Wenn wir immer mehr dazu übergehen, die Teile unserer Wirtschaft systematisch abzubauen und zu ruinieren, in denen wir weltweit führend in der Technologie sind, dann haben wir am Schluss einen Zustand erreicht, in dem wir uns selbst wirtschaftlich lahmlegen. Davor möchte ich ausdrücklich warnen.
Zum Zweiten möchte ich darauf hinweisen, dass Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien, wenn sie denn zu kritisieren sind, schon seit vielen Jahren zu kritisieren sind.
Saudi-Arabien stand schon vor 15 Jahren auf der Liste der demokratiefernsten Länder unter den ersten zehn.
Der Krieg in Jemen, der Saudi-Arabien zu Recht vorgeworfen wird, weil insbesondere auch die Zivilbevölkerung mitnichten geschont, sondern in exorbitanter Weise
zu Opfern dieser Auseinandersetzung gemacht wird, tobt auch schon so lange, dass er vor dem Beschluss über den Export dieser Küstenschutzboote gelegen ist. Es ist also, was neu hinzugekommen ist, der in der Tat verurteilenswerte und bedauerliche Mord, wahrscheinlich sogar staatsbefohlene Mord, an dem Journalisten Jamal Khashoggi, der jetzt plötzlich alle wirtschaftspolitischen und rüstungspolitischen Debatten zu einer 180-GradWende – DIE LINKE nehme ich da mal aus, das hatte ich
aber bei allen anderen ist es dieser eine Mord –, der jetzt plötzlich zu einem generellen Exportstopp führen soll.
Da ist in der Tat – danke für den Einwand – ein nicht glaubwürdiges Argument, vorgeschoben. Wenn ich mich weltweit umsehe und mit offenem Blick die Zeitungen, die Nachrichten kontrolliere, dann haben wir mindestens einmal pro Woche einen solchen Vorfall,
sodass wir als Exportnation uns abmelden könnten, wenn wir all diese Länder von der Empfängerliste deutscher Wirtschaftsgüter streichen würden.
Hinzu kommt, dass Saudi-Arabien ein reiches Land ist, das jedenfalls nicht wegen der Rüstungsexporte die notwendigen Lebensgüter seiner Bevölkerung einschränkt und sie dort Hunger und Not leiden, anders als viele andere Empfängerländer unserer Rüstungsexporte, die von ihrem ohnehin kargen Budget massenweise Anteile in die Rüstung stecken. Dann sollte man doch auch mal darüber nachdenken, inwieweit wir da Hunger und Not und damit mittelbar den Flüchtlingszustrom in unser Land befördern, wenn wir diesen Ländern zugutehalten und das fördern, dass wesentliche Anteile des Steueraufkommens oder Bruttosozialprodukts dieser Länder in Rüstungsgüter gesteckt werden.
Zum Zweiten. Herr Wirtschaftsminister hat Herrn Weigler seine Stellungnahme vorgehalten und bittet Herrn Weigler, den Bürgermeister von Wolgast, doch wieder zur vernünftigen Arbeit zurückzukehren. Herr Weigler ist alles andere als ein der AfD nahestehender Bürgermeister.
Im Gegenteil, er ist jemand, der uns vehement ablehnt und bekämpft. Trotzdem möchte ich ihn hier ausdrücklich in Schutz nehmen. Dass er sich wortstark und wortgewaltig für seine Bevölkerung, für die Arbeitnehmer in seiner Stadt Wolgast einsetzt,
einem besonders strukturschwachen Gebiet innerhalb des ohnehin schon strukturschwachen Vorpommerns, kann man ihm, glaube ich, nicht ernsthaft vorhalten. Es geht ja nicht nur um die über 300 unmittelbar beschäftigten Arbeitnehmer auf der Werft und die dort Auszubildenden, sondern es geht vor allem auch um die ortsnahen Zuliefererbetriebe. Das sind fünfmal so viel Betroffene, wie es mit den unmittelbar Werftbeschäftigten auf sich hat. 1.500, rund 1.500 Arbeitsplätze in und um Wol
gast sind für diese Region sehr systemrelevant, um mal diesen merkwürdigen Ausdruck zu benutzen. Und dann wird man es einem Bürgermeister doch wohl nachsehen und es vielleicht sogar als seine Pflicht ansehen können, sich dafür auszusprechen.
Zum Dritten. Konkret diese Küstenschutzboote, um die es hier geht, sind in meinen Augen keine Rüstungsgüter. Wenn wir von einem generellen Exportstopp im Moment sprechen, geht es ja nicht nur um Rüstungsgüter, aber der wird hoffentlich mit Klärung der Affäre Khashoggi überwunden sein. Rüstungsgüter sind diese Küstenschutzboote an sich nicht. Sie sind kein Objekt militärischer Brachialgewalt. Sie sind multifunktional einsetzbar. Wenn wir den Begriff so weit ausdehnen, dass auch solche Küstenschutzboote als Rüstungsgüter angesehen werden, dann sind jeder PKW, jeder LKW und zwei Drittel aller technisch hochgerüsteten Exportgüter wirtschaftstauglich einsetzbar und damit Rüstungsexport in dem so verstandenen Sinne.
Das sollte man mal überdenken in einer Nation, die gute Teile des hohen Steueraufkommens und des Reichtums, mit dem wir all das finanzieren, was die Bürger hier genießen, durch einen Exportüberschuss finanzieren. Wir sollten nicht an dem Ast sägen, auf dem wir alle sitzen. Wenn also schon über Rüstungsexporte kritisch nachgedacht wird, dann bitte über unmittelbar kriegstaugliche und zum Kriegseinsatz verwendete Materialien und nicht über all das, was darüber hinausgeht und eben auch so verwendet werden kann. Das dazu.
Im Übrigen halte ich wenig davon, dass man jetzt dazu übergeht und sich Gedanken macht, über Kurzarbeit, was sehr löblich ist, über Kurzarbeit und Um- und Nachschulung die Arbeitnehmer aufzufangen. Das ist wichtig und das ist gut für die Akutsituation, ist aber keine Lösung, die der Peene-Werft auf Dauer irgendwie helfen könnte. Das kann, wie gesagt, vielleicht bis zur Rücknahme des Exportstopps für alle Güter hinreichen. Wer davon nicht profitiert, das ist die Menge der Zuliefererbetriebe, die überwiegend in gleichem Maße betroffen sind, die aber von den Um- und Nachschulungen nur selten Relevanz genießen können und die auch mit der Kurzarbeit überwiegend nicht hilfreich in ihre Firmenstruktur eingreifen können.
Hinzu kommt, dass die nächste Gefahr besteht, dass die ohnehin raren Fachkräfte im Werftbereich sich nicht auf Umschulungen, Nachschulungen oder Kurzarbeit einlassen werden, sondern schlichtweg in besser beauftragte Regionen unseres Landes oder auch ins Ausland abwandern und damit endgültig dem Standort Warnmünde verloren gehen.
Alles in allem sind also die bisherigen Überbrückungsmaßnahmen nicht zielführend genug, um die zurzeit eingetretene akute Krisensituation für Wolgast auf der Peene-Werft in den Griff zu bekommen.
struktur, dann muss das bald geschehen. Ich plädiere nachhaltig dafür, dass nicht nur die vier bereits im Bau befindlichen Küstenschutzboote, sondern auch alle anderen beauftragten Küstenschutzboote weitergebaut werden zum Schutz der Arbeitnehmer und zum Schutz der Region. Ob man sie dann nach Saudi-Arabien weiter veräußert, ob man vielleicht andere Käufer findet, ob man sie Frontex zum Küstenschutz Europas zur Verfügung stellt oder etwa der Deutschen Lebens-RettungsGesellschaft und so weiter, ist dann eine politische Frage, die mit Rücksicht auf das besonders strukturschwache Vorpommern positiv beschieden werden sollte. Jedenfalls geht es nicht, dass man einseitig die Arbeitnehmer auf der Peene-Werft und die Zuliefererbetriebe zum Sündenbock abstempelt für all das, was jetzt in der Politik diskutiert und für ethisch und moralisch schätzenswert gehalten wird, sprich Rüstungsexporte zu verbieten auf dem Rücken von Beschäftigten, die von bestehenden Zusagen ausgehen konnten und darauf auch ein berechtigtes Vertrauensschutzinteresse ausweisen können.
Ich appelliere noch mal nachhaltig dafür, dass das Wirtschaftsministerium und die Landesregierung das in ihrer Macht Stehende tun, um alle möglichen Ausfälle in unserer Region zu vermeiden, und sich auch im Bund dafür einsetzen, dass dieser scheinheilige Exportstopp möglichst bald beendet wird. – Danke schön.
Herr Professor Weber, ich will zunächst auf Ihre Ausführungen in Bezug auf Bürgermeister Weigler eingehen.
Erstens, glaube ich, müssen Sie nicht Herrn Weigler in Schutz nehmen. Das würde er in seiner Funktion und nach seinen Taten der vergangenen Wochen und Monate auch gar nicht wollen.
Zweitens ist er einer der Bürgermeister, die sich immer dafür eingesetzt haben, eine weltoffene, eine demokratische Stadt zu haben, und der bereit war, Verantwortung auch in der Flüchtlingsfrage gerade in Wolgast zu übernehmen, und deshalb braucht er alles andere als Ihre Verteidigung.