Protokoll der Sitzung vom 22.11.2018

Für Wolgast brauchen wir keine ideologischen Holzhammermethoden, sondern wir brauchen ein marktwirtschaftliches kluges Eintreten des Wirtschaftsministers und der Landespolitik für eine noch strukturschwache Region.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Werft Wolgast, Vorpommern, ja, ganz Mecklenburg-Vorpommern ist von der Entscheidung der Bundesregierung besonders betroffen. Ich möchte nicht missverstanden werden, ich habe nicht die sicherheitspolitische Kenntnislage der Bundesregierung, aber ich bin fest davon überzeugt, dass die Entscheidung des Exportstopps, wie sie die Bundesregierung getroffen hat, richtig ist. Zur Wahrheit gehört dann aber auch, dass eine strukturschwache Region unseres Landes in besonderer Weise vor einer sicher richtigen sicherheitspolitischen Bewertung geradestehen muss. Deswegen halte ich es für folgerichtig, heute ebenfalls einen Appell an die Bundesregierung auszusenden. Die Peene-Werft braucht Hilfe und auch der Bund ist in der Pflicht. Ich spreche diese Forderung mit sehr ruhigem Gewissen aus, weil ich weiß, dass in Wolgast exzellente Arbeit geleistet wird.

(Torsten Renz, CDU: So ist es.)

Deswegen können dort auch Aufträge der Bundeswehr bearbeitet werden, vielleicht Reparaturaufträge, und, falls möglich, auch Aufträge der Bundeswehr ohne entsprechende Ausschreibungen.

(Beifall Torsten Renz, CDU)

Die Benennung des Überwassermarineschiffbaus zur Schlüsseltechnologie kann dafür ein geeignetes Instrument sein. Die Fähigkeiten und Fertigkeiten der Mitarbeiter der Peene-Werft und auch der der Zulieferer sowie die lange Tradition des „grauen Schiffbaus“ in Wolgast

bieten eine große Chance, von einem solchen Schritt zu profitieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Eckpunktepapier zur Sicherheits- und Verteidigungsindustrie sind Aussagen zu Schlüsseltechnologien getätigt worden. Wolgast muss zukünftig eine gewichtige Rolle für den militärischen Bedarf der Bundesmarine spielen. Darauf zielt dieser Antrag ab. Ich bitte um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU und Thomas Krüger, SPD)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich kann Widerspruch dazu weder sehen noch hören, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Für die Landesregierung hat zunächst um das Wort gebeten der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit. Herr Minister, Sie haben das Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir zu Anfang einen kurzen Einblick in die Situation, wie gestaltet sich die maritime Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern.

Wir hatten bis zum Jahre 2014 eine lange Krisenstrecke zu überstehen. Mit der Ankündigung, dass drei Großstandorte in Form der Werften in Wismar, RostockWarnemünde und Stralsund durch die Genting Hong Kong Gesellschaft übernommen werden sollten, hat sich insgesamt im Schiffbau eine deutlich bessere Zukunft seit dem Jahre 2016 aufgetan.

Wir hatten in den Jahren 2014/2015 etwa noch 2.100 Werftmitarbeiter, die sich um Schiffbau und Zulieferer gekümmert haben. Meine Damen und Herren, mittlerweile haben wir auf den Werften 3.500 Beschäftigte und 350 Auszubildende. Die Zukunft ist in besonderer Weise in der Kreuzschifffahrt und dem Kreuzfahrtschiffbau zu sehen. Da haben wir eine Auftragslage von immerhin 303,6 Milliarden Euro insgesamt zu verzeichnen. Damit sind die Auslastungen für die Werften in den nächsten Jahren bis weit nach 2020 gesichert. Auch Tamsen Maritim hat gute Geschäftsaufträge.

Meine Damen und Herren, es ist so, die Peene-Werft hatte sich im Jahre 2013/2014 gut aufgestellt. Lürssen hat die Peene-Werft übernommen und dafür gesorgt, dass Aufträge in Wismar durch 350 Beschäftigte umgesetzt werden. Von daher kann man sagen, gute Qualität wird geleistet. Die Beschäftigungslage war hervorragend und die Hoffnung in Wolgast gerade im Schiffbau hat deutlich zugelegt. Von daher haben wir jetzt eine schwierige Situation, die zu meistern ist. Wir haben den Exportstopp der Bundesregierung erlebt, das kennt jeder. Auch die Ermordung von Khashoggi hat nicht dazu beigetragen, dass die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Saudi-Arabien auf einem hohen Niveau zurzeit festzustellen sind.

(Zuruf von Bernhard Wildt, Freie Wähler/BMV)

Morde sind grundsätzlich abzulehnen. Wenn diese Dinge aufgearbeitet sind, muss man sehen, wie sich die Bun

desregierung weiter verhält. Aber zurzeit besteht ein Exportstopp, es gibt noch keine Zurückweisung der Schiffe. Ich habe daraufhin zusammen mit Herrn Meyer und dem Parlamentarischen Staatssekretär Dahlemann

(Rainer Albrecht, SPD: Aha!)

Herrn Lürssen ins Wirtschaftsministerium eingeladen. Wir haben in der vorigen Woche besprochen, wie wir die Auftragslücke schließen können und wie wir insgesamt dafür sorgen können, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf der Werft weiter Arbeit finden oder über Kurzarbeit und Fort- und Weiterbildung die Dinge so abgefedert werden, dass die Belegschaft den Standort in Wolgast nicht verlassen muss.

Wir haben Folgendes festgelegt:

Erstens hat Herr Lürssen erklärt, er hält am Standort in Wolgast fest, er wird weiter Aufträge auch nach Wolgast geben. Das hat er auch gemacht. Zum einen werden die Schiffe 18, 19, 20 und 21 fertiggebaut. Das ist erst mal eine gute Maßnahme. Zum anderen werden die Mitarbeiter, die erhebliche Überstunden haben, diese erst mal abfeiern.

Zweitens. Kurzarbeit ist durch die BA genehmigt.

Drittens haben wir als Wirtschaftsministerium angeboten, Fort- und Weiterbildung zu 50 Prozent zu finanzieren. Wir haben eine Sofortarbeitsgruppe eingesetzt, die zusammen mit der Werftleitung die Dinge bespricht. Die Auftragslücke kann dadurch überbrückt werden. Sie wissen, Kurzarbeit wird etwa für ein Jahr gewährt. Wir gehen davon aus, dass es deutlich kürzere Kurzarbeit geben soll. Wir rechnen so mit drei oder vier Monaten.

Herr Lürssen hat angekündigt, dass es nicht nur um Marineaufträge geht, sondern er hat auch für eine ExplorerYacht den Auftrag gegeben. Dieser Auftrag soll in Wolgast aufgelegt werden. Der Brennschnitt ist für Januar vorgesehen. Das heißt, die Kiellegung wird drei Monate später stattfinden,

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Das ist doch schon mal was!)

sodass dann wieder mehr Arbeit da ist.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Zivile Produktion. Geht doch!)

Ja, ich habe gesagt, alles ist möglich, man muss sich nicht nur auf den maritimen Schiffbau konzentrieren,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Marine.)

sondern man kann auch zivile Aufträge akquirieren.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Ja, genau.)

Das macht Herr Lürssen auch.

Andererseits ist es so, dass Korvetten vorbereitet werden. Die Baumaßnahmen sollen etwas vorgezogen werden, sodass wir diese Auftragslücke über Kurzarbeit und Weiterbildung abfedern und dann wieder in die Produktion kommen. Die Frage, die in besonderer Weise wichtig ist, ist, dass wir dafür sorgen können, dass die

Korvette K 130 schon zum Sommer an den Start geht und damit die Beschäftigung wieder hochgefahren wird. Weiterhin geht es darum, dass wir weitere Aufträge auch noch begleiten wollen.

Dieser Dringlichkeitsantrag der Fraktionen der SPD und CDU wird dazu führen, dass wir natürlich darauf drängen wollen, dass auch der Bund seiner Verantwortung gerecht wird, das heißt, Reparaturaufträge vermehrt an die Peene-Werft oder an Lürssen zu vergeben, um dafür zu sorgen, dass die Arbeit weiter stattfindet. Diese Arbeit auf der Peene-Werft wird in hoher Qualität ausgeführt. Die 350 Werftmitarbeiter sollen am Standort bleiben.

Ich gehe davon aus, dass der Bürgermeister Weigler endlich mal zur Tagesordnung übergeht und sich nicht immer nur beklagt, sondern auch darüber nachdenkt, wie sich insgesamt die Struktur in seiner Stadt aufbaut. Es hilft nicht, nur immer zu meckern, sondern man muss als Bürgermeister auch konstruktiv sein und dafür sorgen, dass es ein Miteinander gibt und nicht immer nur ein Gegeneinander.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig!)

Ich halte jedenfalls die Aussagen des Bürgermeisters nicht eben dafür glücklich.

Meine Damen und Herren, es geht weiter darum, dass wir das Mehrzweckkampfschiff MKS 180 noch in der Diskussion haben. Es wird wahrscheinlich im Frühjahr eine Entscheidung fallen, ob Lürssen an diesem Schiffbau mitbeteiligt wird. Die Chancen sind jetzt wieder da, sie waren vor Wochen schlechter. Aber dazu kann ich dann was sagen, wenn wir insgesamt zu der Thematik wissen, ob der Zuschlag an Lürssen gegangen ist oder nicht.

Auf alle Fälle ist es so, dass wir, glaube ich, sehr verantwortungsvoll zwischen Parlament und Landesregierung die Dinge so abgefedert haben, die man uns, glaube ich, vor 14 Tagen noch gar nicht zugetraut hat. Auf alle Fälle hätte ich mir gewünscht, dass auch Bundestagsabgeordnete sich mal äußern.

(Heiterkeit bei Bernhard Wildt, Freie Bürger/BMV – Torsten Koplin, DIE LINKE: Ja, die äußern sich in anderen Sachen.)

Ich habe bis heute nichts gehört. Es ist die Leistung der Koalition und der Landesregierung, einen, ich glaube, erträglichen Übergang hingekriegt zu haben, ohne dass Arbeitsplätze gefährdet sind. Wir wollen an der Zukunftslösung arbeiten. Dazu lade ich Sie gerne alle ein. Ich bin auch jederzeit zu Gesprächen bereit. – In dem Sinne vielen Dank, dass Sie zugehört haben.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Für die Fraktion der AfD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Professor Dr. Weber.

Liebe Bürger von Mecklenburg und Vorpommern! Frau Präsident! Werte Kollegen! Liebe Gäste! Ich möchte zunächst einmal allgemein zum Thema Rüstungsexporte kurz ausführen. Es ist ein ethisch brisantes Thema, ob und inwieweit sich unser Land an

Rüstungsexporten beteiligen sollte, kann und darf. Es ist ein Thema, das primär bundespolitisch geklärt werden sollte. Ich weise nur vorsorglich darauf hin, das wäre sicherlich nicht einseitig in den Griff zu bekommen. Solange sich selbst unsere europäischen Partner aus Frankreich, Großbritannien und den Niederlanden einem solchen Exportstopp nicht anschließen, geschweige denn die Hauptexporteure von Rüstungsgütern, also die USA, die Sowjetunion und China,

(Heiterkeit und Zuruf von Bernhard Wildt, Freie Wähler/BMV – Tilo Gundlack, SPD: Russland!)

Russland und China, solange sollten wir nicht die Vorreiterrolle übernehmen, einseitig vorpreschen und generell dazu übergehen, Rüstungsexporte grundsätzlich zu verdammen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)