Protokoll der Sitzung vom 22.11.2018

Niemand kann exakt sagen, wie viele Leute eben nicht eingestellt wurden in den letzten Jahren seit Beginn des Mindestlohns in Deutschland. Niemand kann sagen, wie viele Unternehmen statt nach Vorpommern lieber in die Woiwodschaft Westpommern gegangen sind, weil der deutsche Mindestlohn zu hoch war. Wenn ich an die Reportage über die Wäschereien, die Hoteltextilien waschen und bügeln, denke,

(Torsten Renz, CDU: Für welchen Mindestlohn sind Sie denn?)

die kurz hinter der Grenze auf polnischer Seite sind, bestätigt das diese Annahme.

(Torsten Renz, CDU: Für welchen Mindestlohn sind Sie denn?)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Fraktionsvor…

Oder liegt das nur an den Ener…

Herr Abgeordneter, ich bitte Sie, erst mal meine Frage abzuwarten.

Am Ende der Rede werde ich …

Nein, ich habe Sie noch gar nicht gefragt. Also einen Moment bitte!

Also, ich stelle jetzt die Frage: Möchten Sie eine Zwischenfrage des Fraktionsvorsitzenden Herrn Krüger beantworten?

Am Ende meiner Rede gern.

Oder liegt es dort an den Energiekosten, weil die Polen ja auf Kernkraft statt auf Windkraft setzen? Das kann natürlich auch möglich sein. Dann hat das wahrscheinlich mit dem Lohn nichts zu tun.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Nicht jeder Unternehmer ist ein Zylinder tragender, Zigarren rauchender und dickbäuchiger Großindustrieller mit Monokel und Frack, der den lieben langen Tag seine Arbeiter quält.

(Heiterkeit bei Andreas Butzki, SPD: Wer hat Ihnen das bloß aufgeschrieben?!)

Es soll vorkommen, dass Arbeitgeber auch loyale, freundliche und soziale Menschen sind, die im Team arbeiten. Sie stellen ihren Arbeitnehmern kostenlosen Kaffee, einen Wassersprudler, eine Büroküche,

(Thomas Krüger, SPD: Na, denn ist alles gut.)

ein Diensttelefon, einen Dienstwagen und so weiter.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Kann das mal jemand abstellen?! – Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Diese Nettigkeiten fallen natürlich dann weg. Der Betreiber eines Anrufzentrums zwingt seine Telefonisten nun, eigenes Wasser mitzubringen, oder er verlangt 50 Cent für den Kaffee.

Und überhaupt wird doch so viel in der realen Wirtschaft über den Arbeitsvertrag hinaus geregelt. Hier und dort bittet der Arbeitgeber seinen Angestellten um eine Extragefälligkeit oder drückt ihm einen schwarzen Zwanziger in die Hand, damit er Überstunden macht. Denken Sie ernsthaft, liebe Linksfraktion, dass alle kleinen Handwerksbetriebe in Vorpommern die Arbeitszeitkonten sorgsam ausfüllen, damit das Finanzamt seine Steuern korrekt erhält, damit Angela Merkel noch mehr Geld hat, um Lohndrücker und Konkurrenten aus der ganzen Welt anzusiedeln?

(Unruhe und Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Das kommt von mir jetzt auch. Natürlich, sicherlich auch. Aber es gibt auch jede Menge Schwarzarbeit.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Lächerlich, was Sie da vortragen.)

Die Existenz vieler kleiner Betriebe und ihrer Familien wäre oft anders gar nicht zu sichern.

(Peter Ritter, DIE LINKE: „Peinlichkeit für Deutschland“ sollte man Sie nennen!)

Wie viele Kontrollen sollen denn noch durchgeführt werden? Sie fordern mehr Kontrolleure.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Wie viele Fachkräfte wollen Sie denn noch dem Arbeitsmarkt entziehen?

(Zuruf von Henning Foerster, DIE LINKE)

Sowohl am Grand-Hotel-Abgrund der linken Schickeria als auch in den Trommelkreisen wohlstandsverwöhnter GRÜNER wird das aber nie verstanden werden, denn sie kennen ganz einfach die Realität freien Unternehmertums nicht. Eine bekannte Studie des Tübinger Instituts für Angewandte Wirtschaftsforschung und der Universität Linz hat das sogar 2015 deutlich gemacht. Mit dem Mindestlohn steigt die Schattenwirtschaft – je höher, desto mehr.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Je höher, desto mehr Schatten.)

Wenn Sie mir das immer noch nicht glauben, dann fragen Sie doch Ihren Parteikollegen, den Jugendstadtrat Sven Diedrich aus Berlin! Der versuchte sich als Gaststättenbetreiber und wurde bei massiver Schwarzbeschäftigung vom Zoll erwischt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ist klar! So eine Scheiße!)

Er antwortete darauf nur lapidar, das scheint in der Gastronomie üblich zu sein,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

wie vor über einer Woche in der „Berliner Zeitung“ zu lesen war.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Und sonst so?)

Kommen wir nun zu Option Nummer 4, der Überwälzung auf den Preis.

(Zuruf vonseiten der Fraktion DIE LINKE:

Hatten Sie nicht gesagt, Sie

wollten eine kurze Rede halten? –

Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE –

Das wäre besser gewesen. –

Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Der Preisaufschlag aufgrund überhöhter Personalkosten scheint hoffentlich auch für LINKE logisch. Diese Option wählen die meisten Betriebe. Unverständlich wird es dann in der Regel, wenn man erklärt, dass des einen Lohnerhöhung des anderen Lohnkürzung ist. Dies ist nicht nur beim Friseur sichtbar, sondern betrifft die gesamte Wirtschaft.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Dann sollten Sie das Ihrem Friseur vielleicht mal erzählen, was Sie hier vortragen.)

Fernfahrer, Lageristen, Einzelhandel, Taxifahrer, Praktikanten, Minijobber – alle möglichen Angestellten bekom

men mehr Geld. Dadurch wird alles teurer. Inwieweit nun der höhere Verdienst nach Abzug der höheren Steuern und Sozialabgaben überhaupt noch ein Gewinn an verfügbarem Einkommen ist, hängt von den individuellen Bedürfnissen ab. Volkswirtschaftlich betrachtet wird eine Preiserhöhung in bestimmten Branchen aber auf jeden Fall zu einem Absinken der Nachfrage führen. Die Preiserhöhungen in allen Lebensbereichen werden den Verbraucher schädigen und seinen Verdienst schmälern, dadurch, dass er sich weniger leisten kann.

(Bernhard Wildt, Freie Wähler/BMV: Mich stört das nicht.)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten …