Protokoll der Sitzung vom 23.11.2018

Der Landesrechnungshof war so freundlich, das ebenfalls für die 80er-Jahre nachzureichen für die westlichen Bundesländer. Auch dort haben wir einen starken Abfall der Investitionsquote von damals noch 18 Prozent auf mittlerweile nur noch 6 Prozent. Wer sich also heute darüber freut, dass in Nordrhein-Westfalen die Rheinbrücken schon geschlossen werden müssen, weil dort die Investitionen kontinuierlich gefallen sind, und bei uns die Situation noch besser ist, dem empfehle ich, diese kleinkarierte Brille abzusetzen und wirklich mal zu schauen, wie ist die Gesamtsituation in Deutschland. Wir können nur als ein Land mit einer starken Investitionstätigkeit überhaupt für die Zukunft wetterfest bleiben. Das wird schwierig genug. Der demografische Wandel steht uns erst noch in seiner vollen Härte bevor. Dabei die Investitionen hochzuhalten und immer weiter in die Zukunft unseres Landes zu investieren, ist eine große Herausforderung.

Diese Herausforderung ist insbesondere deshalb so groß, weil die Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen ab 2020 wegfallen werden. Das führt dazu, dass die Eigenmittel, die eigenen Investitionen aus dem Landeshaushalt heraus massiv ansteigen müssen. Während sie in 2016 noch bei 87,9 Millionen standen, in 2017 aber bei 235, müssen Sie schon 2020, also mit dem ersten Jahr des Doppelhaushaltes, auf 725 Millionen ansteigen. Ich denke, es ist ein Kraftakt auch für den Finanzminister, das hinzubekommen. Wir haben in der mittelfristigen Planung kurz darüber gesprochen und ich hoffe, dass wir da weitere Erläuterungen bekommen, wie es möglich ist, diese Eigenanteile so massiv aufzubauen.

Ja, jetzt ist die Stichwortkarte weg, ist egal, machen wir weiter.

(Tilo Gundlack, SPD: Lies

das Ding doch einfach mal vor! –

Kommen Sie noch mal zur deutschen

Einheit zurück sonst! – Heiterkeit bei

Christel Weißig, Freie Bürger/BMV:

Nicht reagieren! – Zuruf von

Patrick Dahlemann, SPD)

So, jetzt habe ich sie schon.

Investitionsstau, was ist der Investitionsstau? Wir haben dazu eine Kleine Anfrage gestellt, die vom Finanzminister auch beantwortet wurde. Ja, Investitionsstau, darunter versteht man, wenn erforderliche Investitionen nicht vorgenommen werden. Laut Finanzministerium gibt es keinen Investitionsstau hier im Lande, weil die Investitionen pro Kopf relativ hoch sind, sie sind sogar höher als in den meisten anderen Bundesländern. Aber das eine hat natürlich mit dem anderen gar nichts zu tun. Das ist ja noch keine Aussage darüber, ob wir einen Investitionsstau haben. Darüber gibt es auch unterschiedliche Aussagen aus verschiedenen Richtungen, vom Landkreistag, immer wieder werden verschiedene Zahlen aufgerufen. Die möchte ich jetzt auch gar nicht kommentieren, weil wir eben keine verlässliche Zahl haben, keine sozusagen offizielle Zahl der Landesregierung.

Aber was würde uns dazu eine Antwort geben? Eine Antwort käme natürlich aus der Doppik. Ich möchte ganz stark dafür werben, dass, genauso wie jedes Unternehmen eine Bilanz aufstellen muss und seine Aktiva bewertet, das auch der öffentliche Sektor tut, ebenso die Landesregierung. Da hat man ein Anlagevermögen, dem man die Finanzschulden auf der anderen Seite gegenüberstellen kann, so, wie das in jedem Unternehmen auch ist. Wir haben Abschreibungen und können dem die Investitionen gegenüberstellen. Jeder weiß, ein Unternehmen, was dauerhaft weniger investiert, als es abschreiben muss, lebt aus seiner Substanz und das Anlagevermögen überaltert. Wir brauchen dieses vollständige Bild. Ich glaube, die Finanzschulden des Landes sieht man dann in einem anderen Licht als heute, wenn man auf der anderen Seite sieht, welche enormen Gegenwerte da schon geschaffen sind.

Oft wird als Negativbeispiel das Bild der Kommunen genannt, die mit der Umstellung auf die Doppik ihre Schwierigkeiten haben, die bis heute auch noch nicht ganz abgearbeitet sind. Das ist insofern nicht ganz zutreffend, weil wir auf Landesebene natürlich professionelle Ministerien haben, die damit ganz anders umgehen können als die vielen Ehrenamtler in den Kommunen. Da sind auch Fehler gemacht worden. Letzten Endes waren die Fehler schon vor der Umstellung auf Doppik vorhanden. Man wusste einfach in vielen Fällen nicht genau, wie groß das Anlagevermögen ist und in welchem Zustand es ist. Bei den Kommunen ist gerade genau dieses Problem immer noch da. Das Bild ist nicht vollständig und deswegen sind die Rücklagenbildungen nicht in der Form vorgenommen worden, wie wir das bräuchten.

Das ist dann auch schon der nächste Punkt, nämlich die FAG-Novelle, die wir im nächsten Jahr ja hier besprechen werden, und wie wir es erreichen können, dass dort die Investitionen auch im kommunalen Sektor stabil bleiben und ansteigen können. Gestern wurde schon angeführt, dass es dafür vielleicht eine Investitionspauschale geben könnte, um genau die Investitionen aus den

Haushaltszwängen der Kommunen etwas herauszubekommen, sodass Investitionen auch durchgeführt werden, wenn die Haushaltslage das eigentlich nicht mehr zulassen würde, aber durch die Pauschale können ja dann die Investitionen durchgeführt werden.

Das Ziel muss es einfach sein, dass wir kontinuierlich investieren, dass damit keine Konjunktursteuerung versucht wird. Es ist aus meiner Sicht aussichtslos, dass ein kleines Bundesland wie Mecklenburg-Vorpommern damit Konjunktursteuerung betreiben möchte, sondern dass wir lieber eine Stabilität haben, die der entsprechenden Wirtschaft das Signal gibt, die öffentlichen Aufträge laufen stetig und verlässlich weiter und schwanken nicht je nach Kassenlage hin und her.

Dann gibt es natürlich das Argument der Kosten. Die Investitionen sind teuer. Woher kommt das Geld, beziehungsweise die Baukosten – darum geht es ja häufig –, die Baukosten sind stark gestiegen. Da verweise ich noch mal kurz auf das Vergabegesetz. Aus meiner Sicht hat das Vergabegesetz an der Stelle nicht geholfen. Die vergabefremden Kriterien treiben den Aufwand für Investitionen noch mal nach oben. Dass die Baukosten gestiegen sind, können Ihnen die Baufirmen ganz genau erklären. Das sind zum einen die Lohnkosten. Ich denke, da muss man auch geradlinig bleiben. Wir wünschen uns höhere Löhne im Land, dann müssen wir uns auch freuen, wenn die Löhne steigen. Ansonsten steigen die Baukosten aus vielerlei anderen Gründen: wenn die Materialkosten steigen, aber auch, wenn die eigenen Auflagen der Politik steigen, zum Beispiel im Bereich Wärmedämmung. Das kann man alles gut finden, dann muss man aber auch damit leben, dass die Baukosten steigen, und darf sich darüber nicht beschweren.

Aktuell gibt es schon Fortschritte. Ich hatte bereits erwähnt, die Investitionspauschale, die auch der Landkreistag fordert, wurde gestern so beiläufig, kann man sagen, durch den Innenminister schon fast bestätigt. Es gibt andere gute Signale, zum Beispiel von Herrn Glawe, der die Investitionsförderung und die Infrastrukturförderung gerade diese Woche noch mal genannt hat, dass das verstärkt werden sollte für den Bereich Tourismus. Nicht zuletzt möchte ich sagen, letzte Woche waren im Finanzausschuss tatsächlich schon alle Fraktionen dafür, die Investitionstätigkeit des Landes zu stärken. Alle haben sich dafür ausgesprochen.

Ich glaube, so ein bisschen Umdenken hat schon stattgefunden. Wir alle wollen noch stärker an die Zukunft denken und die Investitionen fördern. Deswegen noch mal meine herzliche Bitte: Lassen Sie uns das gemeinsam versuchen und da, wenn Sie so wollen, dem Finanzminister den Rücken stärken, das Geld für Investitionen aufzutreiben und nicht immer alles nur für konsumtive Zwecke zu verbrauchen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion Freie Wähler/BMV)

Ums Wort gebeten hat jetzt für die Landesregierung der Finanzminister Herr Brodkorb.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ganz klar ist mir die Botschaft nicht.

(Beifall Dr. Ralph Weber, AfD)

Wenn die Botschaft ist, dass man, wenn man ein Land entwickeln will, investieren muss, um Wertschöpfung zu generieren und eben das zu erarbeiten, was man dann am Ende auch verteilen kann, ich glaube, auf diesem allgemeinen Niveau würden wir wohl alle zustimmen. Die Folge davon ist, dass man sich bei konsumtiven Ausgaben nicht zu viel leisten darf. Auch das ist wahr. Aber ansonsten ist mir, Herr Wildt, jetzt wirklich nicht ganz klar, was da strategisch hier diese Aussage war. Vielleicht liegt es an mir, aber ich versuche so auf einige Punkte einzugehen.

Sie greifen damit Diskussionen aus dem Finanzausschuss auf. Sie schlagen vor, dass wir auch im Landeshaushalt die Doppik einführen. Sie wissen wie ich, das vermehrt das Geld, das wir für Investitionen haben, nicht. Das führt nicht zu einem Cent mehr. Es führt aber zu deutlich mehr Arbeit, also insofern zu höheren Kosten. Ob das am Ende wirklich höhere Kosten sind, weiß man nicht, man kann es den Kollegen, die da heute arbeiten, ja auch einfach zusätzlich auf den Tisch packen, dann kostet es nicht mehr.

Allein, was ich interessant finde, ist Folgendes: Ich hatte in der dafür zuständigen Abteilung, in der Haushaltsabteilung, 40 Kolleginnen und Kollegen. Ich würde sagen, Sie haben sie auch als Finanzexperten kennen- und schätzen gelernt. Das Interessante ist, bisher habe ich keinen, höchstens einen halben getroffen,

(Jens-Holger Schneider, AfD: Einen halben!)

der dafür argumentiert, die Doppik einzuführen auf Landesebene, und das finde ich überraschend. Aber das sind durchaus Finanzexperten, die wissen, was sie machen und warum sie glauben, das nicht zu brauchen, weil wir am Ende sagen, genau das, was ich gesagt habe, ist ein Riesenaufwand und nach diesem Riesenaufwand habe ich genauso viel Geld wie vorher. Die Kommunen machen das, weil das rechtlich vorgeschrieben wurde vom Land, und wer das seinerzeit wollte und warum, aus der Debatte halte ich mich wirklich raus,

(allgemeine Heiterkeit)

aus verschiedensten Gründen. Da können sich die kommunalen Spitzenverbände und der Innenminister wunderbar parlierend miteinander verständigen. Also in diesen Streit mische ich mich nicht ein.

(Nikolaus Kramer, AfD: Was sehr vernünftig ist.)

Wir haben das im Finanzausschuss gehabt, ich sehe darin keinen Sinn.

Am Ende könnte man sagen, die Doppik ist ein Informationsinstrument, um zu wissen, wie viel vom Haushalt muss ich ungefähr für Investitionen zur Verfügung stellen. Das kann ich auch, indem ich sage, ich brauche die und die Investitionsquote. Schauen Sie bitte die Daten des Statistischen Bundesamtes an, da wird ausgerechnet, wann wir eine Netto-DIN-Investition haben und wann wir wirklich eine Nettoinvestition haben, wann es nach oben oder nach unten geht. Das können Sie statistisch auch so bestimmen, dazu brauchen Sie keine Doppik, und daraus können Sie eine mittlere Investitionsquote ableiten, die Sie brauchen, um keinen Vermögensverbrauch oder keinen Vermögensverzehr zu haben.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir den auf Landesebene zunächst einmal nicht haben. Es gibt jetzt Streitereien, ob wir das auf kommunaler Ebene haben, das haben Sie angesprochen. Mit der Frage muss man sich auseinandersetzen. Aber wir haben, wie Sie wissen – jedenfalls nach meiner Kenntnis ist es so und Sie wissen es –, die zweithöchste Investitionsquote aller Länder, hinter Sachsen, mehr als Bayern, mehr als Hessen, mehr als BadenWürttemberg. Deswegen, glaube ich, spricht nicht allzu viel dafür, dass wir im Moment ein Investitionsdefizit haben, was die Bereitstellung der Finanzmittel angeht. Deswegen plädiere ich dafür, weiter den Weg zu gehen, den wir gehen, nämlich eine Investitionsquote zu definieren, die wir als nachhaltig ansehen, um Vermögensverzehr zu vermeiden, und dann die politischen Schwerpunkte zu setzen, dass diese Quote auch erreicht wird, und dann die eigentliche interessante Diskussion zu führen. Das ist für mich die interessante Diskussion. Wenn wir acht Prozent eigenfinanzierte Investitionen erreichen, ja, wofür denn? Wo soll das Geld denn hingehen, in welche Bereiche? Im Prinzip entgeht man mit der Doppik-Debatte dieser Frage, weil die Doppik spuckt das quasi als automatisches Ergebnis aus, wo das Geld hingehen soll.

Ich finde es umgekehrt richtig zu sagen, wir haben eine grundsätzlich auskömmliche Investitionsausstattung, die wird sich, was die eigenfinanzierten Investitionen angeht, verbessern. Dann ist die Frage: Was machen wir mit dem Geld? Setzen wir alles fort, was es an EU-Programmen gibt, ja oder nein? Waren das sinnvolle Programme? Darüber kann man diskutieren.

Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, würde ich die Diskussion lieber darauf konzentrieren zu sagen, wir wollen bei den Investitionen an der Spitze der Bundesrepublik Deutschland mitmarschieren. Dazu müssen wir die eigenfinanzierten Investitionen erhöhen. Das ist im Übrigen, um die Antwort zu geben, möglich, weil wir uns in den Bund-Länder-Finanzbeziehungen von 2019 zu 2020 verbessern. Dadurch gibt es Spielraum, das zu tun. Das heißt aber nicht, dass sich die Investitionsmittel insgesamt vermehren, sondern das tritt an die Stelle von anderen Zahlungen, EU et cetera.

Und dann muss man die Frage beantworten: In welche Bereiche müssen wir das Geld investieren, um bis zum Jahr 2030 das Land weiterhin gut zu entwickeln und vielleicht auch in bestimmten Bereichen noch mal einen Sprung nach vorne zu machen?

(Heiterkeit bei Tilo Gundlack, SPD)

Sprung nach vorn, einen großen Sprung nach vorn, fällt mir dabei ein.

Deswegen glaube ich, das ist die spannende politische Debatte. Die kann ein Finanzminister nicht alleine führen, weil da gibt es noch viele Minister, die sagen, ist aber meine Zuständigkeit, ob ich wichtig bin oder nicht oder ob die Sachen wichtig sind oder nicht. Deswegen bleibe ich ganz allgemein. Aber das ist die politische Debatte, zu der ich uns alle und auch das Parlament einlade. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Lerche.

Sehr geehrte Präsidentin! Werte Abgeordnete!

(Tilo Gundlack, SPD: Keiner da.)

Werte Gäste im Saal und liebe Landsleute! Ich mache es kurz. Bei den Haushaltsverhandlungen zum Doppelhaushalt 2018/2019 haben wir im Dezember 2017 unsere Vorstellungen und Änderungswünsche hier vorgebracht. Wir wollten Umschichtungen im Haushalt, aber bei den Investitionen haben wir keine Änderungen eingereicht.

Auch die AfD steht für eine solide Finanzpolitik mit Schuldenabbau und Rücklagen für kommende Verpflichtungen.

(Beifall Jens-Holger Schneider, AfD)

Wir können bei den harten Wirtschaftsfaktoren, in diesem Fall die Straßen des Landes, noch eine Schippe drauflegen. Es sind auch Möglichkeiten der Einsparungen aus unserer Sicht in manchen Titeln vorhanden. Wir würden sie aber in die Polizei zur Sicherheit unserer Bürger stecken und in die Bildungsausgaben.