Meine Damen und Herren, viel Zeitungspapier und hohle Luftkammern finden wir im Paket mit dem Pakt für Sicherheit. Meine Kollegin Simone Oldenburg hat es heute zu Recht gesagt, er ist lediglich ein Sicherheitspäckchen. Selbstverständlich ist es gut, dass die Landesregierung mehr Geld für Polizeibeamte übrig hat, mehr Stellen geschaffen werden, ohne Frage. Aber mit diesem Geld allein ist es eben nicht getan, damit können wir uns keine Polizeibeamten backen. Sie müssen ausgebildet werden, und zwar in viel größerer Anzahl, als das die gegen
wärtigen Kapazitäten an der Fachhochschule in Güstrow hergeben. Darüber reden wir schon seit Jahren.
Ich habe die Worte des Vorsitzenden der Strafvollzugsbediensteten noch im Ohr, der in seiner Anhörung im Finanzausschuss sagte, wir gaukeln den Menschen vor, dass unsere Justizvollzugsanstalten sicher sind. Welch ein Offenbarungseid! Unser Änderungsvorschlag für den Bereich Justiz und Justizvollzugsanstalten würde 9 Millionen Euro mehr kosten, eine Summe, die uns die Sicherheit des Landes, die Beschäftigten und die Resozialisierung der Häftlinge wert sein sollten.
Meine Damen und Herren, hinter der Erweiterung des Versorgungsfonds um weitere Beamtenjahrgänge verbirgt sich der faule Kompromiss, die verzögerte OstWest-Anpassung bei den Beamten der Besoldungsgruppe A10 aufwärts rechtmäßig erscheinen zu lassen. Die betroffenen Beamten haben davon gar nichts. Wir haben in der Debatte zum jüngsten Besoldungsanpassungsgesetz bereits ausgeführt, dass wir es unterstützen, wenn die Landesregierung den Versorgungsfonds für weitere Beamtenjahrgänge öffnet. Aber es bleibt dabei, dies darf nicht zulasten der Beamten gehen, die aufgrund der verzögerten Ost-West-Anpassung der Besoldungsgruppen A10 aufwärts auf Bezüge verzichten mussten.
Meine Damen und Herren, was Sie mit dem Nachtragshaushalt auf den Gabentisch legen, löst wahrlich keinen Freudentaumel aus, von einer neuen Dynamik im Land ganz zu schweigen. Insbesondere die kommunale Ebene steht mit leeren Händen da. Dafür sind Sie auf dem Landesausschuss des Städte- und Gemeindetages in der letzten Woche harsch kritisiert worden, und ich meine, zu Recht.
Das Verhältnis zwischen kommunalen Landesverbänden und der Koalition scheint nicht das beste zu sein. Nicht einer einzigen Forderung der kommunalen Familie kommen Sie nach. Sie ignorieren die Ergebnisse der Anhörung vollständig. Die Vertreter der kommunalen Landesverbände gingen sogar so weit, den Nachtragshaushalt als „Kommunenverschlechterungsgesetz“ zu bezeichnen. Und bei genauerer Betrachtung ist er es auch tatsächlich. Da können Sie mit noch so viel Lametta und Glitzer diesen schmücken.
So haben Sie die Kostenverteilung für die Integration der Flüchtlinge mir nichts, dir nichts fortgeschrieben, ohne mit den kommunalen Landesverbänden zu verhandeln. Doch nicht nur das, auch die Abrechnung des Jahres 2016 soll nach der alten Beteiligungsquote erfolgen.
Meine Damen und Herren, haben Sie nicht zugehört, als uns die Kommunalvertreter vorgetragen haben, dass die Kostenlast für die Integration seit 2015 vom Land zu den Kommunen gewandert ist? Mittlerweile leben 90 Prozent der Bleibeberechtigten in den Kommunen des Landes. Ihre Forderung ist doch nur folgerichtig, dass die Mittel des Bundes nun auch zum Großteil bei den Kommunen ankommen müssen.
Auch der berechtigten Forderung nach einer kommunalen Infrastrukturpauschale haben Sie, meine Damen und Herren von SPD und CDU, eine Abfuhr erteilt. Und erzählen Sie uns jetzt nicht, dass die 30 Millionen Euro aus der geplanten Erhöhung der Grunderwerbssteuer künftig die geforderte Infrastrukturpauschale sein sollen!
Die Mittel haben zwar auch etwas mit Infrastruktur zu tun, sollen aber die Ausbaubeiträge der Anwohner ersetzen.
eben nicht noch länger zu warten, sondern diese wirklich ganz breit getragene Forderung aus dem kommunalen Raum schon jetzt mit dem neuen Jahr umzusetzen. Das wäre ein echtes Signal. Sie waren doch auch im Finanzausschuss dabei, als die Vertreter der Kommunen berichteten, wie hoch der Investitionsstau allein in den Landkreisen ist. Dreistellige Millionenbeträge stehen da in Rede. Viele Kommunen wurden in den vergangenen Jahren kaputtgespart. Das Wasser steht ihnen bis zum Hals und der Frust ist groß.
Und ja – die Ministerpräsidentin ist doch da –, und ja, die ehrenamtlichen Kommunalpolitiker fühlen sich oft wie das
Kellergeschoss. Wir wissen doch alle, ein ausgeglichener Haushalt allein sorgt nicht für eine lebens- und liebenswerte Gemeinde, in der sich Jung und Alt gleichermaßen wohlfühlen. Dazu gehören eben auch gute Schulen, gute Kitas, dazu gehört der Jugend- und Seniorentreff, dazu gehören Busse und Bahnen, intakte Straßen und Brücken und vieles mehr. Und zweifellos gehört heute dazu auch schnelles Internet und die Möglichkeit, überall mit dem Handy zu telefonieren. Wohnortnahe Daseinsvorsorge heißt auch, dass der Laden und der Arzt erreichbar sein müssen. Aber anstatt den Kommunen wenigstens ein Wichtelgeschenk zukommen zu lassen,
bleibt für sie nur die Rute. Wir können und wollen das nicht so stehen lassen und stellen unsere Änderungsanträge heute erneut zur Abstimmung, damit am Ende doch alle ein friedliches und schönes Weihnachtsfest feiern können.
Für die Fraktion Freie Wähler/BMV hat jetzt das Wort der Fraktions... Herr Dr. Manthei? Okay, dann Herr Dr. Manthei.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir halten den Gesetzentwurf für die Stärkung des Rechtsstaats für unzureichend. Ich bitte daher um Zustimmung zu unseren Änderungsanträgen, die ich hier erläutern möchte.
Wir fordern eine erhebliche Aufstockung der geplanten 23 neuen Stellen für Richter und Staatsanwälte. Wir haben aktuell allein in der Staatsanwaltschaft 28 Stellen, die fehlen. Uns droht eine massive Pensionierungswelle. Wir haben in den nächsten Jahren bis 2030 die Situation, dass etwa die Hälfte aller Richter und Staatsanwälte pensioniert wird, das sind 296. Also jährlich brauchen wir 27 Neueinstellungen, die alle nicht ad hoc realisierbar sein werden, wenn dann tatsächlich die Kollegen in Pension gehen, sondern wir müssen hier sozusagen einen Einstellungskorridor schaffen und Vorsorge betreiben. Damit müssen wir quasi jetzt anfangen und es reicht nicht, abzuwarten, bis dieser Ernstfall eingetreten ist.
Wir müssen auch unterscheiden zwischen den Zahlen. Also wenn Sie den Bedarf nehmen, wenn ich sagte zum Beispiel, 28 Staatsanwälte fehlen aktuell in MecklenburgVorpommern, müssen Sie auch immer dabei beachten, dass die Verfahrensbestände in den Justizbehörden dabei gar nicht berücksichtigt sind. Wir haben insbesondere einige Gerichtszweige, wo wir erhebliche Bestände an Verfahren haben, die einfach nicht abgearbeitet werden, und das wiederum führt dazu, dass wir sehr lange Gerichtsverfahren haben. Wir sind im Bereich der Verwaltungs- und Sozialgerichte bundesweit das Schlusslicht. Die Verfahren an den Sozial- und Verwaltungsgerichten dauern nirgendwo so lange wie in Mecklenburg-Vorpommern.
Ein besonders extremer Fall ist derzeit das Oberverwaltungsgericht. Das ist unser zweiter Änderungsantrag, dass wir fordern, dass hier ein weiterer Senat für das Berufungsgericht eingerichtet wird. Sie wissen, dass die
Verwaltungsgerichte wegen des extremen Anstiegs der Asylverfahren etwas entlastet wurden. Das hatte dann aber zur Folge, dass auch die Rechtsmittelverfahren anstiegen, und das Rechtsmittelgericht, daran hatte man damals wohl nicht gedacht, war jedenfalls nicht gestärkt worden, sodass wir jetzt die Situation am Oberverwaltungsgericht in Greifswald haben, dass dort ein Bestand von 1.387 Verfahren vorliegt und das Gericht aber darüber hinaus mit 128 Prozent überlastet ist. Die Überlastungssituation beruht nur auf den Verfahrenseingängen. Das bedeutet, dass das Gericht – das wurde auch in der Anhörung deutlich – nicht in der Lage ist, diese Bestandsverfahren überhaupt abzuarbeiten.
Das führt dann wiederum zu langen Verfahrensdauern. Das deutlichste Beispiel, was wir gehört haben, ist der Bereich aus den Asylverfahren. Da wurde uns mitgeteilt, dass ein Berufungsverfahren, ein Asylverfahren, über vier Jahre dauert. Und Sie müssen dann noch dazurechnen das erstinstanzliche Verfahren. Wie lange dann sozusagen so ein Verfahren in Asylsachen dauert, ich glaube, da sind wir uns einig, das ist schlichtweg nicht hinnehmbar und da ist auch akuter Handlungsbedarf, da können wir uns auch nicht vertrösten lassen auf die nächsten Haushaltsberatungen.
Ich komme dann zu den nächsten Änderungen, der Antrag 7/2966. Wir haben noch des Weiteren beantragt, das Personalkonzept für die Justiz auszusetzen. Die Landesregierung möchte 23 neue Justizstellen schaffen. Gleichzeitig muss das Justizministerium ein Prozent der Personalkosten jährlich sparen. Umgerechnet auf R1-Stellen, also Richter-/Staatsanwaltsstellen, bedeutet das, dass 15 R1-Stellen gespart werden müssen. Das heißt, die Wahrheit ist, dass nicht 23 neue Richter- und Staatsanwaltsstellen geschaffen werden, sondern nur 8.
Es ist auch nicht nachvollziehbar, dass die Landesregierung für den Bereich der Polizei das Personalentwicklungskonzept ausgesetzt hat, nicht aber für die Justiz. Wir müssen den Rechtsstaat immer als Ganzes betrachten. Wir setzen uns dafür ein, das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat zu stärken.
Abschließend noch zu unserem weiteren Änderungsantrag, das bereits angesprochene Problem bei den Justizvollzugsbeamten. Hier setzen wir uns dafür ein, dass diese Wechselschichtzulage, die für die Polizeibeamten geschaffen wurde, auch für die Justizvollzugsbeamten angeglichen wird. Das ist ja bereits gesagt worden von Herrn Liskow, das Problem ist erkannt. Wir meinen auch hier, dass akuter Handlungsbedarf besteht. Wir haben das dramatisch in den letzten Wochen und Monaten gehört, das Betriebsklima ist dort teilweise ziemlich im Keller und das wäre ein gutes Signal an die Mitarbeiter in der Justiz, dass wir uns der Probleme annehmen und handeln und nicht vertrösten auf irgendwann, sondern hier schnell handeln.