Protokoll der Sitzung vom 14.03.2019

Dieses vorausgeschickt möchte ich noch ausführen, dass die INTERREG-Region POMERANIA nach wie vor ein Zusammenschluss von besonderer Bedeutung ist. Durch die ursprüngliche Verbindung schwedischer, deutscher und polnischer Gebiete stellt sie bereits viele Jahre ein Bindeglied zwischen Nord-, Mittel- und Osteuropa dar. Auch wenn die schwedische Provinz Skåne wieder aus der Euroregion ausgetreten ist und sie damit wieder „nur“ – in Anführungszeichen – eine bilaterale deutschpolnische Kooperation bildet, gilt es auch in Zukunft, die Euroregion POMERANIA gezielt weiterzuentwickeln, um die langfristig angelegten Zielsetzungen weiterzuverfolgen und auf den bisherigen Erfolgen aufzubauen.

Bei der Umsetzung des Kooperationsprogramms INTERREG V A Mecklenburg-Vorpommern/Brandenburg/Polen erhielten bisher 25 Projekte einen Fördervertrag. Die förderfähigen Gesamtausgaben dieser Projekte über ihre Gesamtzeit betragen zusammen 83,46 Millionen Euro. Diese Ausgaben werden durch die EU aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung mit insgesamt 66 Millionen Euro kofinanziert. Herr Waldmüller hatte die Zahl schon genannt. Die besonderen Stärken der Regionen liegen in dem hohen Anteil junger und qualifizierter Menschen, ausbaubarer Infrastrukturen, der besonders günstigen geografischen Lage und dem unverbrauchten Naturpotenzial. Daraus ergibt sich eine Vielzahl von besonderen Entwicklungsmöglichkeiten für die Weiterentwicklung der Telemedizin, den Ausbau zu einer Tourismusregion, die bilinguale Schulausbildung und den Standortvorteil einer modernen Großregion.

Als gutes Musterbeispiel kann übrigens gelten die 4Länder-Region Saar-Lor-Lux. Das habe ich auch erst gelernt, als ich mich mit diesem Thema näher befasste. Das ist ein vergleichbares Projekt zwischen den Ländern Belgien, Deutschland, Luxemburg und Frankreich und ist sehr erfolgreich. An diesem Ziel der Weiterentwicklung sollten, denke ich, alle im Landtag vertretenen Parteien gemeinsam weiterarbeiten. Aber nicht in unserem Land sollten wir an der Stärkung der Region arbeiten, sondern dies gemeinsam mit den Ländern Brandenburg und Berlin.

Deshalb dürfen wir auch nicht den deutsch-polnischen Entwicklungsraum Oder/Neiße, abgekürzt DPERON, bei der Gesamtbetrachtung aus den Augen lassen. Das Projekt DPERON wurde mit dem Ziel initiiert, die wirtschaftliche Entwicklung in diesem Raum zu intensivieren und die regionale Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg zu bestärken. Der Ausbau der Verkehrswege entlang der transnationalen europäischen Verkehrskorridore leistet dabei einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der Gesamtregion.

Als wesentliche Ergänzung sind vor allem die regionalen und kommunalen Verkehrswege von Bedeutung, da deren Ausbau und Verknüpfung in besonderem Maße zur Stärkung des Entwicklungsraums beiträgt. Dazu gehört auch die intensive Einbindung der Region POMERANIA. Für die Euroregion POMERANIA ergeben sich daraus folgende vordringlichen Handlungsfelder: Beseitigung der Diskrepanzen zwischen nationalen und grenzüberschreitenden Verkehrsrelationen, gezielte Angebotsverbesserung im Schienenpersonennahverkehr, insbesondere im grenzüberschreitenden Bereich, Schaffung leistungsfähiger Verkehrsangebote in Ost-West-Richtung. Der Ausblick in die Zukunft des Projektes ist möglicherweise ganz positiv.

Der deutsch-polnischen Grenzregionen drohen jedoch drastische Kürzungen bei EU-Fördermitteln. Ab 2021 sollen nur noch Einwohner in einem jeweils 25 Kilometer breiten Streifen beiderseits der Grenze von den Förderungen profitieren. Damit würden zwei Drittel des Gebietes der Euroregion POMERANIA aus der Förderung herausfallen. Darüber hinaus will die EU aber auch den Fördersatz von 85 auf höchstens 70 Prozent senken und verwaltungstechnische Neuerungen einführen. Die AfDFraktion wird daher den Antrag in vollem Umfang unterstützen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Dahlemann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, an diesem Tagesordnungspunkt kann man ganz deutlich erkennen, wenige Wochen vor der Europawahl geht es um eine Menge – um eine Menge, die nicht nur im fernen Brüssel entschieden wird, die vielleicht Parlamentarier und Kommissionsmitglieder betreffen, sondern um eine Menge, die ganz konkret bei uns im Land MecklenburgVorpommern ankommt. Man kann sagen, Europa, Brexit und mehrjährige Haushaltsrahmen sind für uns in Mecklenburg-Vorpommern und in dieser Frage erst recht für den östlichen Landesteil von ganz entscheidender Bedeutung.

Ich will an dieser Stelle auch daran erinnern, dass das größte Geschenk für Vorpommern zweifelsohne das Schengen-Abkommen war und ist. Vorpommern ist damit aus der Randlage Europas mitten ins Herz gerückt – die geografisch zentrale Lage, die für uns eine Ausgangsbedingung ist, die wir mit aller Kraft heben wollen. Zu einer solchen Ausgangslage gehört auch immer, einmal zu blicken, was ist uns denn dabei in den vergangenen Jahren gelungen, wo liegen aber auch noch Herausforderungen.

Ich kann mich gut erinnern, so war es Ministerpräsident a. D. Erwin Sellering, der 2011 bei einer Veranstaltung in Pasewalk auf die Frage antwortete, wie kriegen wir denn diese hohe Arbeitslosigkeit abgebaut, wie kriegen wir das Problem – und ich glaube, man muss auch daran erinnern – mit einer Arbeitslosenquote von zum Teil über 30 Prozent in den Griff. Erwin Sellering hat damals gesagt, dass wir das Zusammenwachsen Deutschlands und Polens stärker als Chance für Vorpommern nutzen müssen und gegenseitige Belebungen des Arbeitsmarktes auch als Chance verstehen. Die Begeisterung damals hielt sich in Grenzen, es gab einen Aufschrei. Der „Nordkurier“ hat den Skandal gewittert und hat gefragt, ob die Polen jetzt die letzten Hoffnungen der Vorpommern seien.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin sehr froh darüber, dass es ein solches Empören heute nicht mehr gibt und dass jenseits aller Fraktionen, aber vor allem auch der Akteure vor Ort, die Chancen darin gesehen werden. So war es auch Ministerpräsident Erwin Sellering, der die Idee einer gemeinsamen Metropolregion Stettin gemeinsam mit seinem Amtskollegen Marschall Geblewicz, dem Marschall der Woiwodschaft Westpommern, geboren hat – mit einer Protokollnotiz in Greifswald, eine Veranstaltung, die für uns heute für

einen solchen Antrag und eine solche Initiative von ganz entscheidender Bedeutung ist. Deswegen sage ich im Namen der SPD-Landtagsfraktion, lieber Erwin, herzlichen Dank für diese Weitsicht. Das war sehr richtig und zukunftssicher.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Diesen Kurs von Ministerpräsident Erwin Sellering hat die Landesregierung weiterentwickelt. Die SPD-Fraktion hat diesen Ball aufgenommen.

Lieber Herr Kollege Waldmüller, ich freue mich für die entdeckte Liebe zu der deutsch-polnischen Zusammenarbeit, finde aber, Sie sind ein bisschen spät dran. So war es im Jahr 2016 die SPD-Landtagsfraktion, die sich erstmals, als erste Fraktion aus diesem Hohen Hause ganz bewusst für eine Fraktionsklausur in Stettin entschieden hat. Ich finde, da können alle Fraktionen mal endlich nachziehen,

(Zuruf von Simone Oldenburg, DIE LINKE)

um die Akteure der deutsch-polnischen Zusammenarbeit in diesem Themenfeld einzubauen.

Liebe Frau Oldenburg, diese Einladung geht genauso herzlich an die Fraktion DIE LINKE.

(Unruhe vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Sie waren gerade da? Sehr schön, wundervoll.

Wenn wir uns angucken, was ist dann regierungstechnisch gefolgt: Ministerpräsidentin Manuela Schwesig hat in ihrer Amtszeit den sogenannten „Polen-Tag“ eingeführt. Zweimal im Jahr trifft sie sich mit Marschall Geblewicz, und wir sind längst über diese tollen Veranstaltungen bei herrlichem Blumenbukett hinweg, wo wir uns gegenseitig erzählen, was wir Tolles machen, sondern wir sind bei einer ganz konkreten Zusammenarbeit, wo wir gucken: Wo liegen denn noch Hürden? Was sind die ganz praktischen Herausforderungen? Die gibt es zweifelsohne in der Metropolregion Stettin. Wie überwinden wir Sprachbarrieren? Wie klappt es besser bei der Anerkennung von Berufsabschlüssen? Wir kriegen wir es hin, dass wir Unternehmerinnen und Unternehmer jenseits der Grenze mit den anderen zusammenbringen, um auch die Wirtschaft stärker beleben zu können? Wie werden wir beim Zusammenwachsen der Infrastruktur besser?

All das sind Themen, die wir auf Ebene beider Regierungen ganz konkret beraten. Wir nehmen aber diese Themen auch sehr wohl mit nach Brüssel. Sie haben verfolgen können, dass die Landesregierung im letzten Jahr – und ich freue mich, dass zum Beispiel der Fraktionsvorsitzende Thomas Krüger dabei war – in Brüssel mit Haushaltskommissar Günther Oettinger genau dazu gesprochen hat. Ich kann Ihnen sagen, diese grenzüberschreitende Zusammenarbeit war ganz konkret Thema dabei, und ja, wir legen auch den Finger in die Wunde.

Es gab in den vergangenen Wochen mehrere Treffen mit den Akteuren – Herr Waldmüller hat es angesprochen –, Treffen unter anderem auch mit dem Vorstand der POMERANIA, Diskussionen mit den Industrie- und Handelskammern, Diskussionen mit der kommunalen

Familie dazu, ja, und auch das Benennen der einen oder anderen offenen Frage. Wir haben uns im VorpommernRat dazu befasst und in der Lenkungsgruppe Vorpommern, also die Runde aller Staatssekretäre der Landesregierung, auch einen ähnlich lautenden Beschluss gefasst.

(Torsten Renz, CDU: Da waren doch sicher auch CDU-Staatssekretäre dabei, nicht nur SPD?!)

Aber, sehr geehrter Herr Waldmüller, wir beide haben doch eine unterschiedliche Herangehensweise, was Politik tun muss.

(Torsten Renz, CDU: Oha!)

Ich gehöre nicht zu den Politikern, die sich hier in den Stuhl zurücklehnen und entspannt immer vortragen, was alles gut klappt, sondern ich glaube, wir müssen uns auch angucken, wo wir besser werden müssen.

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Genau zu diesem Besserwerden gehört die Frage der deutsch-polnischen Zusammenarbeit. Ich will mich an dieser Stelle ausdrücklich bei den Akteuren, bei den Mitarbeitern und auch bei den Geburtshelfern des Konstrukts POMERANIA bedanken. Ich glaube, die POMERANIA ist die einzige Kommunalgemeinschaft in ganz Europa, die auf eine so stolze Tradition zurückblicken kann und die auch funktioniert.

Aber Schulterklopfen allein reicht in dieser Frage nicht, sondern wir müssen auch gucken, worin können wir besser werden. Ich gucke mal meinen Kollegen Herrn Liskow an, ich glaube, wir hören diese Dinge tatsächlich auch in Vorpommern. Wenn die Akteure für die Kleinstförderung der deutsch-polnischen Zusammenarbeit Projekte beantragen und nach der Durchführung eines bewilligten Projektes drei Jahre später immer noch kein Geld dafür haben, dann sage ich Ihnen, das ist zu bürokratisch, so können wir nicht arbeiten.

(Torsten Renz, CDU: Wo liegen die Ursachen aus Ihrer Sicht? – Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Ich will mal den Vergleich ziehen: Würde ich mich das mit dem Vorpommern-Fonds trauen oder die Koalitionsfraktionen mit dem Strategiefonds, würden wir das wahrscheinlich in diesem Hause leidenschaftlich debattieren. Ich sage, zu Recht. Also, wie können wir zügiger werden? Wie können wir die Anforderungen der Europäischen Kommission auch bei uns im Land MecklenburgVorpommern gemeinsam mit dem Landesförderinstitut und dem zuständigen Wirtschaftsministerium umsetzen?

Ein weiterer Punkt ist: Wie sieht eigentlich die Eigenanteilsquote für Antragsteller aus? Ich sage Ihnen, der Vergleich hinkt doch, wenn die polnische Seite bei der deutsch-polnischen Kleinstförderung eine Eigenanteilsquote von 5 Prozent hat und wir von 15. Ich bin sehr wohl der Landesregierung dankbar dafür und den Koalitionsfraktionen, dass wir im Bereich Kommunalfinanzen in der letzten Woche etwas Wichtiges auf den Weg gebracht haben, aber dann verraten wir doch auch kein Geheimnis, dass 15 Prozent Eigenanteilsquote für einen Landkreis Vorpommern-Greifswald bei der schwierigen Haus

haltslage schon ein ordentlicher Schluck ist, der erst einmal zu stemmen ist. Also wir müssen das Thema „Eigenanteilsquote bei der Kleinstförderung“ sehr wohl in den Blick nehmen.

Wir müssen uns auch immer fragen, waren alle Projekte, die aus diesem Topf in der Vergangenheit gefördert wurden oder versucht wurden zu fördern, wirklich auch jede Unterstützung wert?

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Ich werde nicht müde, dieses eine Beispiel eines Radweges dabei zu nennen. Bei allem Respekt, ein Radweg in Marlow und ein Radweg in der Woiwodschaft Westpommern, wo dazwischen 500 Kilometer liegen, und Sie stellen an beiden Stellen ein Schild auf und sagen, das ist der gemeinsame deutsch-polnische Radweg, das hat mit grenzüberschreitender Zusammenarbeit herzlich wenig zu tun, meine Damen und Herren.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Aber mit Regierungsarbeit.)

Deshalb müssen wir solche Dinge auch ansprechen. Ich bin froh, dass der Begleitausschuss, der es im Übrigen auch sehr kritisch diskutiert hat, am Ende zu einem guten Entschluss gekommen ist.

Aber was sind die Projekte, die uns weitergebracht haben, gelungene Projekte? Ich bin sehr froh darüber, dass wir gestern sagen konnten, wir geben den Startschuss für das erste Großprojekt, wie von Ministerpräsident Erwin Sellering in der Regierungserklärung angekündigt wurde. Wir konnten mit 2,5 Millionen Euro gemeinsamen Mitteln – für die Stettiner und für die Anklamer – das Projekt IKAREUM starten und schaffen somit für den berühmtesten Sohn des Landesteils Vorpommern die richtige Stätte, die ein richtiger Besuchermagnet sein wird, und bringen dazu gleichzeitig deutsche und polnische Akteure zusammen – tatsächlich ein Paradebeispiel für Tierparke, für Museen, für unsere Universität in Greifswald, für wirklich viele Akteure wichtige Mittel.

Das wichtigste Projekt, das wir aus INTERREG finanzieren konnten, war aber zweifelsohne das Nachbarsprachprojekt der Brandenburger und der Vorpommern-Greifswalder Kollegen. Ich kann es den jungen Menschen in Vorpommern nicht erklären, dass wir Französisch, Russisch, Latein oder Spanisch in den Schulen lernen können, die Sprache unseres Nachbarn aber nicht beherrschen. Deshalb ist das gut angelegtes Geld und ich rufe Frau Oldenburg beim Thema Bildung auf den Plan.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Oldenburg?

Sehr gerne.

Danke schön.

Herr Dahlemann, können Sie mir sagen, wann die Rahmenpläne für den Polnischunterricht fertig sind?

Genau dazu sind wir mit den Akteuren des Landkreises Vorpommern-Greifswald im Gespräch und werden es im Übrigen in der nächsten Woche auch in der gemeinsamen Kabinettssitzung Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg beraten.

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?