Sehr geehrte Damen und Herren, neben den juristischen gibt es aber auch noch ganz praktische Gründe, warum die EU mit ihrer Richtlinie bereits vor sechs Jahren auf dem aus unserer Sicht richtigen Weg war und Mecklenburg-Vorpommern als Teil der Bundesrepublik in der Umsetzung schleunigst nachziehen muss. Wie bei vielen anderen Berufen, wie beispielsweise im Bereich der Pflege oder Gesundheit, hat sich auch der Beruf der
Hebamme in den letzten 30 Jahren stark in Richtung Eigenständigkeit entwickelt und verlangt nicht zuletzt durch die Komplexität der Arbeitsinhalte und der gesetzlichen Anforderungen das bereits erwähnte Maß an Verantwortung für eine Ausbildung auf akademischem Niveau. Kein anderer Gesundheitsberuf außer Ärztinnen und Ärzten arbeitet derart selbstständig wie Hebammen und Geburtshelfer. Dem muss bei der Wertigkeit der Ausbildung und letzten Endes auch der Entlohnung endlich Rechnung getragen werden.
Auf diese neue Herausforderung muss sich das Land Mecklenburg-Vorpommern einstellen, und das schnell. Es bleibt kein ganzes Jahr mehr, um die Akademisierung des Berufs zu planen. Das führt mich direkt zu der Entwicklung der Hochschullandschaft in Mecklenburg-Vor- pommern. In diesem Zusammenhang dürfte es keine Überraschung sein, dass ich hier und heute daran erinnern möchte namens unserer Fraktion, dass die zukünftige akademische Hebammenausbildung Verhandlungsgegenstand der Zielvereinbarungen zwischen der Landesregierung und den Hochschulen sein muss. Auch hier drängt die Zeit. Neben dem Ausbildungsstandort oder Standorten, Art und Umfang muss die konkrete Ausgestaltung der akademischen Ausbildung geklärt werden.
Meine Fraktion steht dabei an der Seite des Deutschen Hebammenverbandes, der ein duales Studium empfiehlt. Mit der Akademisierung des Berufs wird sowohl die theoretische als auch die praktische Ausbildung in die Hand des Landes Mecklenburg-Vorpommern fallen. Die Frage der Finanzierung muss also ebenfalls geklärt werden. Da die Hochschullandschaft in Mecklenburg-Vorpommern ab dem 18. Januar 2020 um mindestens dieses eine Fach reicher sein wird, muss die Erhöhung der Grundfinanzierung der Hochschulen deshalb die Antwort sein. Das muss sich selbstverständlich in den Verhandlungen zum Doppelhaushalt 2020 und 2021 niederschlagen und Sie können sichergehen, dass wir diese Erhöhung auch einfordern werden.
Sehr geehrte Damen und Herren von den Freien Wählern/BMV, bis zu diesem Punkt konnten wir in weiten Teilen mit Ihrem Antrag inhaltlich mitgehen, bei Punkt 3 ist uns das mit dieser Antragsformulierung nicht mehr möglich. Sie reden von einem Übergangsprozess, der vorher nicht geklärt wurde. Sie reden von der Einbeziehung von Ausbilderinnen und Ausbildern der Berufsfachschulen in den Prozess der Akademisierung, und das in besonderer Weise, machen hierzu keine weiteren Aussagen, wie dieses aussehen soll, und bringen letztendlich nicht unbedingt Licht ins Dunkel. Auch das war für uns Anlass, dies zum Bestandteil des Änderungsantrages zu machen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Die Würdigung ist erfolgt. Lassen Sie uns gemeinsam die Sache angehen! – Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Der Kollege Koplin von der Linksfraktion hat gesagt, wir haben Handlungsbedarf. Ich frage mich: Haben wir Probleme mit der Hebammenaus
bildung? Also das ist bei mir noch nicht angekommen. Meines Wissens haben wir Probleme damit, dass nicht genügend Hebammen da sind, wie in anderen Berufen, Gesundheitsberufen auch. Das gilt eben auch für die Hebammen. Also deswegen haben wir meines Erachtens kein Problem mit der Ausbildung der Hebammen, sondern die Hebammen sind bei uns gut ausgebildet, sie machen eine gute Arbeit, und das ist alles sehr zu honorieren.
Ich will hier nicht missverstanden werden, auch die SPD hat kein Problem mit der Akademisierung des Hebammenberufs, aber was ich mehr in den Fokus stelle, ist einfach die Frage: Muss eine derartige Ausbildung nicht durchlässig organisiert sein? Also das hängt doch immer stark davon ab, was für Berufswünsche ich habe. Wenn ich akademisch ausgerichtet tätig sein will, dann sollte ich eine akademische Ausbildung haben, will ich mehr praktisch arbeiten, finde ich, ist diese Ausbildung, die wir im Augenblick anbieten, doch eine super Geschichte. Also jeder, der hier ans Mikrofon tritt, sagt, unsere Hebammen, die so ausgebildet sind, wie sie ausgebildet sind, machen eine hervorragende Arbeit und nehmen diesen verantwortlichen Job eins a wahr. Das ist hier Konsens in dieser Runde. Deswegen kann ich jetzt nicht erkennen, dass wir da derartige Ausbildungsdefizite haben.
Wir müssen also mal gucken, woher das Thema kommt. Das Thema kommt von der europäischen Ebene, die bei Gesundheitsberufen, auch bei der Pflege übrigens sagt, wir brauchen hier eine andere Form von Qualifizierung. Dabei, habe ich den Eindruck, werden oft Äpfel und Birnen miteinander verglichen, gerade, wenn man in den europäischen Kontext kommt. Das Thema „duale Ausbildung“, wie sie bei uns vorhanden ist, ist in anderen europäischen Ländern derartig nicht etabliert. Also insofern sind diese andere Wege gegangen, und jetzt quasi herzugehen und zu sagen, weil die europäische Ebene das verlangt und wir das irgendwie nachvollziehbar finden, machen wir das jetzt auch. Also wir müssen uns nicht alles aufoktroyieren lassen.
Wir haben hier gute Sachen bei uns in der Bundesrepublik Deutschland, da muss man erst mal gucken, dass diese dann auch erhalten werden.
Natürlich noch mal: Akademisierung ist wichtig, auch in der Pflege ist Akademisierung wichtig, aber eben nicht in toto. Man muss gucken, dass, wie gesagt, Bildung durchlässig organisiert wird, und insofern ist es natürlich auch sinnvoll, darüber nachzudenken, dass wir eine akademische Hebammenausbildung in Mecklenburg-Vorpommern quasi anbieten. Aber dass hier jetzt die Welt zusammenbricht und wir einen derartigen Handlungsdruck haben, meine sehr geehrten Damen und Herren, das kann ich nicht erkennen.
dann hat der hier vorn referiert, was das Bundesgesundheitsministerium in den nächsten Monaten auf den Weg bringen wird. Insofern würde ich Sie bitten, noch mal nach vorn zu kommen und zu sagen, wo jetzt hier und
Insofern, sage ich mal, kann man resümieren, der Rest ist gesagt, die wesentlichen Dinge sind hier zum Ausdruck gebracht worden, und insofern wird auch die SPDFraktion Ihren Antrag ablehnen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Koplin, es ist nicht so, dass ich definitiv gesagt hätte, dass wir uns für die Nichtakademisierung aussprechen, sondern ich habe lediglich gesagt, ich zitiere mal: „Diese Antworten sollten aber nicht Politiker, sondern die betroffenen Fachvertreter aus der Medizin und der Geburtshilfe und die Hebammen geben.“
Und jetzt komme ich zu Herrn Heydorn, der nämlich im Grunde das auch so kurz gesehen hat, der hat nämlich gar nicht gesehen, dass die Hebammen sich massiv und intensiv für eine Akademisierung aussprechen. Das hat er hier einfach mal so weggelassen.
Deshalb ist es durchaus wichtig, dass diese verschiedenen Partner an den Tisch kommen und gemeinsam über diese Sache debattieren. Ich muss aber ehrlicherweise sagen, ich habe versucht, das Für und Wider neutral darzustellen,
und gegen die Akademisierung sprechen aus meiner Sicht mehr Argumente. Das wäre aber praktisch mit dem Hebammenverband zu diskutieren und dann muss man sehen, wo man landet. Ich würde da keine Vorentscheidung treffen. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass wir ein Problem bei diesem Thema haben, sieht man schon daran, dass sich bis auf Frau Weißig bisher nur Männer an der Debatte quasi beteiligt haben. Ich finde schon, dass wir Männer zwar vieles können, aber beim Thema Geburt haben wir doch einen eindeutigen Nachteil. Wir werden wahrscheinlich nicht mehr die biologischen Möglichkeiten haben, dass wir das selbst erleben.
Deshalb merkt man das der Diskussion natürlich auch an, sie ist sehr akademisch, und dann guckt man hier
und guckt man da hin. Jetzt zum Schluss ist es sogar so, dass die Hebammen in Deutschland quasi laut gerufen haben: Wir wollen unbedingt akademisiert werden. Nein, Herr Dr. Jess, das Gegenteil war der Fall.
Ich habe genau gelesen, was der Hebammenverband dazu geschrieben hat, und Sie können mir glauben, ich bin da familiär so vorgeprägt, dass ich mich permanent mit diesem Thema beschäftigen muss, egal, ob ich es will oder nicht.
Aber was ist denn passiert? Über den Deutschen Hebammenverband ist es genauso gekommen wie über die deutsche Politik, nämlich, dass man in Brüssel am Tisch saß, überall sich Landkarten angesehen und festgestellt hat, die Einzigen, die einen Sonderweg haben, sind die Deutschen. Ja, warum? Weil wir natürlich mit unserer dualen Ausbildung auf der ganzen Welt durchaus einen Sonderweg beschritten haben, aber ich finde, nach wie vor einen sehr erfolgreichen. Und für mich stellt sich ganz generell die Frage, wir fangen also bei A an und hören bei B auf, wir werden irgendwann die Situation haben, dass wir darüber diskutieren, die duale Ausbildung in ihrer Gesamtheit wird einfach abgeschafft, weil andere meinen, sie muss abgeschafft werden.
Und ich finde, man muss viel mehr diskutieren: Haben die Hebammen, die uns alle irgendwie wahrscheinlich zum großen Teil, die hier in diesem Hause sitzen, auf die Welt geholt haben, eine schlechtere Ausbildung genossen, weil sie nicht ein zwölfjähriges Abitur gemacht haben? Ist nicht Hebammentätigkeit sogar ein Stück weit Handwerk? Da wird Ihnen jede Hebamme sagen, ja, mein Beruf ist vor allem, ich kann mich hineinversetzen in die irgendwann von der Geburt betroffene Frau. Da kann sich eine Hebamme reinversetzen. Ich glaube, das ist ein ganz entscheidendes Merkmal. Da spielt erst mal überhaupt gar keine Rolle, was für eine Schulbildung sie hat.
Das sehe ich übrigens beim Medizinstudium ähnlich. Ich finde es spannend, dass diejenigen, die quasi zu DDRZeiten ihr Medizinstudium gemacht haben, die jetzt in den Prüfungsausschüssen sitzen, auch diejenigen sind, die uns jetzt die Vorträge halten, dass wir nur Ärzte haben können, wenn der Numerus clausus stimmt. Und das sehe ich bei der Hebammentätigkeit im Übrigen genauso, denn, meine Damen und Herren, wenn wir uns das noch mal auf der Zunge zergehen lassen, worum es da jetzt eigentlich geht, dann sind wir bei dem, was Brüssel uns vorgegeben hat, da haben wir überhaupt keine Entscheidungsmöglichkeiten mehr. Ich wüsste jedenfalls nicht, wie die aussehen sollten, es sei denn, wir gehen wirklich einen deutschen Sonderweg. Und was die uns dann in Brüssel erzählen, weiß ich nicht so genau.
Der Hebammenverband war einfach nur davon getrieben, dass er gesagt hat: Liebe deutsche Politik, ihr wisst es jetzt lange genug, entscheidet es bitte! Einige Bundesländer sind vorgeprescht und haben sofort gesagt, okay, wir akademisieren, wir geben das an die Hochschulen, wir geben das an die Universitäten.
Ich sage Ihnen mal, die Hebammen, die ich kenne – davon kenne ich zwei gut –, haben quasi jetzt schon auf
Hochschulniveau ihre Ausbildung genossen, denn in Mecklenburg-Vorpommern wurden die Hebammen ohnehin nur an der Universität in Rostock ausgebildet. Das hieß zwar Berufsschule, da waren aber am Ende Gynäkologinnen und Gynäkologen, die dort ausgebildet haben. Das waren Professoren, die ansonsten Mediziner ausgebildet haben. Sie haben am Ende kein Diplom gekriegt, das stimmt, aber war dadurch die Ausbildung schlechter? Das ist ja die entscheidende Frage.
Ich finde, wir stehen ganz generell an einem Scheideweg, wo wir einfach für uns entscheiden müssen, ob wir unsere duale Ausbildung immer weiter aushöhlen. Das Land Mecklenburg-Vorpommern ist gerade bei denjenigen, die sich in unserer Kita verdient machen sollen, einen anderen Weg gegangen, wo wir gesagt haben, da gehen wir bewusst wieder ein Stück zurück und sagen, duale Ausbildung machen wir als Land selbst und treiben das voran. Bisher höre ich, diejenigen, die das anbieten, sind rappelvoll, da haben wir quasi überhaupt keine Plätze mehr frei. Also es gibt durchaus die Nachfrage.
Wer in diesem Parlament sitzt und denkt, dass wir, wenn man die Hebammenausbildung akademisiert, auch nur eine einzige Hebamme in Deutschland dadurch mehr haben, das halte ich für einen Trugschluss. Ich glaube sogar im Gegenteil, weil Sie die Hürden noch mal hochheben und drastisch verengen für diejenigen, die das nachher machen wollen und auch können aufgrund ihrer schulischen Ausbildung.
Ich glaube, Hebammen – das muss ich Ihnen auch aus eigenem Erleben sagen – haben ganz andere Probleme. Nach wie vor ist das Problem mit den Haftpflichtversicherungen nicht geklärt, nach wie vor haben wir reihenweise Frauen, die keine betreuende Hebamme mehr finden, weil es schlicht und ergreifend keine freiberuflichen mehr gibt.
Mittlerweile sind die Haftpflichtversicherungen bei weit über 9.000 Euro. Da muss man sich natürlich die Frage stellen: Wer soll das eigentlich bezahlen, und das in der Freiberuflichkeit mit dem Risiko am Jahresanfang? Oder warum darf die Frau heute ihren Geburtsort nicht mehr frei wählen? Das Problem haben wir schon in unserem Land. Das sind Probleme, die Hebammen umtreiben. Also mich hat noch niemand darauf angesprochen, dass er jetzt unbedingt akademisiert werden will.
Bei der Problembeschreibung sind wir immer alle gut, auch da. Also ich beschreibe ja auch nur die Probleme und habe keine Lösungsmöglichkeit. Herr Ritter nickt. Das trifft also für DIE LINKE genauso zu. Wenn ich eine Lösung dafür hätte, würde ich sie Ihnen heute präsentieren. Ob das wirklich die Lösung ist – wir rennen immer gleich allem hinterher und sagen, duale Ausbildung weg, wir machen eine Akademisierung. Da mache ich mindestens bei dem Thema ein großes Fragezeichen dahinter, weil das wird uns weder kurzfristig noch langfristig helfen, mehr Hebammen zu finden.