Insofern darf ich noch mal abschließend sagen, mir erschließt es sich nicht, welches Ziel Sie genau mit diesem Antrag verfolgen, aber vielleicht kommt das ja noch. An sich hätten Sie das jetzt hier machen müssen, denn Sie begründen ja mit der Einbringung diesen Antrag. Mir hat es sich nicht erschlossen. – Herzlichen Dank.
(Minister Dr. Till Backhaus: Mit dem Wolf am Revers. – Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke übernimmt den Vorsitz.)
Herr Minister, wir haben die gleichen Fragen. Ich hoffe, es kommt jetzt keiner auf die Idee, wir haben den gleichen Redenschreiber.
Ich weiß nicht, meine Damen und Herren, wer von Ihnen mitgezählt hat, wie oft wir in diesem Landtag in dieser Legislaturperiode dieses Thema Wolf bereits auf der Tagesordnung hatten. Wir haben es, und es ist kaum zu glauben, mit der heutigen Sitzung ist es das siebte Mal, dazu sechs Kleine Anfragen. Nandu, Biber, Kormoran, Robben, Mink, Marderhund, Waschbär, Rabenvögel, Insekten – all dieses Getier zusammen könnte neidisch werden, denn sie haben insgesamt nicht so viel Zeit in Anspruch genommen, nicht mal im Volksmärchen, in den Fabeln und in den Sagen der deutschen Mystik des Gevatter Grimm so häufig wie hier im Landtag.
Und wenn man bedenkt, dass der Wolf und seine Ausbreitung in Mecklenburg-Vorpommern und ganz Deutschland auf Agrarministerkonferenzen, im Bundestag und im Bundesrat auch eine Menge Zeit in Anspruch genommen haben, könnte man den Eindruck gewinnen, dass dieses Tier das akuteste Problem für Landwirtschafts- und Umweltpolitik in Bund und Land ist. So viel Engagement wünsche ich mir beim Tierwohl für unsere Nutztiere, wünsche ich mir beim Einsatz für eine insektenfreundliche Landwirtschaft, wünsche ich mir beim Erhalt der dringend notwendigen Verbesserung der Biodiversität, beim Schutz unserer natürlichen Ressourcen Wasser, Luft, Boden und beim Klimaschutz.
Aber sei es drum, heute geht es mal wieder um den Wolf, Canis lupus. Die AfD fordert jetzt die Landesregierung auf, die Ergebnisse der Genanalysen, die im Rahmen des Wolfsmanagements von toten Wölfen und Rissvorfällen genommen werden, für jedermann zugänglich zu machen. Zudem soll sie eine öffentlich einsehbare Auflistung aller Wölfe zugänglich machen, die in MecklenburgVorpommern durch Genanalysen festgestellt werden.
Eins ist klar, auch wir sind nachdrücklich für Transparenz und unterstützen die Wissensbasierung von Entscheidungen. Aber mit Verlaub, das, was Sie da jetzt fordern, halte ich für absoluten, perfekten Unfug. Denn was soll das bezwecken? Und da bin ich genau auf der Frageebene des Ministers: Hilft das irgendwem irgendwie weiter?
Welche Öffentlichkeit ist eigentlich gemeint und was soll diese damit anfangen? Ehrlich gesagt, ich finde kaum parlamentarisch statthafte Begriffe dafür.
Genanalysen sind Standard, das ist erst mal Fakt, bei Rissvorfällen, bei im Verkehr getöteten Wölfen, bei illegal geschossenen Tieren – eigentlich immer dann, wenn man Proben entnehmen kann oder will. Da ist die Politik, nicht zuletzt auch unter der Mitwirkung der Politik von Mecklenburg-Vorpommern, schon wesentlich weiter, insbesondere bei den Konsequenzen. Bundesrat und Bundestag sind dabei, rechtskonforme Regeln zu finden, wann Einzeltiere oder sogar ganze Rudel entnommen
werden können. Genanalysen sind dabei ein wichtiges Hilfsmittel für die Entscheidungen. Die aktuellen Anträge diesbezüglich sind verfügbar, auch beispielsweise zur Frage des Umgangs mit Hybriden. Es gibt aber kein Argument, dass diese Analysen jedem Bürger zur Verfügung stehen.
Meine Damen und Herren, ich weiß nicht, wer von Ihnen schon einmal den Schlüssel eines Gentestes gesehen hat. Das ist Wissenschaft. Was davon soll denn zugänglich sein, und vor allem, mit welcher Art und Weise der Tiefe der Analyse wird dann gearbeitet und zu welchem Zweck? Offensichtlich geht es nur darum, das Feuer in der Debatte nicht erlöschen zu lassen und die Mär vom bösen Wolf aus der deutschen Märchenwelt weiterzuspinnen. Meine Damen und Herren, ich bin verführt zu sagen, wenn Sie Humor hätten, dann hätten Sie diesen Antrag Ihren Kollegen Grimm einbringen lassen.
Erst kürzlich habe ich in diesem Hause anmerken lassen, dass das größte Problem – insbesondere der Weidetierhalter – nicht der Wolf ist, sondern die deutschlandweit verfehlte Agrarpolitik, die die Weidetierhaltung und insbesondere die Probleme unserer Schäfer forciert hat, die Schäfer im Regen stehen lässt. Wir lehnen diesen Antrag ab. – Danke schön.
Sehr geehrter Herr Dr. Weiß! So sehr ich Ihnen oft zustimmen kann, sehe ich doch die Bedeutung von genetischen Daten und deren Veröffentlichung an dieser Stelle etwas anders, als Sie es hier vorgetragen haben, denn die Auswertung genetischer Analysen ist die entscheidende Voraussetzung zur Beurteilung des Erhaltungszustandes einer Art, der Populationsabgrenzung, der Bestimmung des Inzuchtkoeffizienten innerhalb einer Population
Seit 2011 werden die Genanalysen nach Wolfsrissen am deutschlandweiten Referenzlabor Senckenberg-Institut für Wildtiergenetik durchgeführt. Die Länderarbeitsgemeinschaft Naturschutz hat das Institut beauftragt. Leider stehen die Daten der Öffentlichkeit nicht zur Verfügung,
und zwar diese Daten, die dort ermittelt werden. Zugang haben lediglich die zuständigen Landesbehörden und deren Beauftragte im Wolfsmanagement. Das habe ich bereits in meiner Rede zum Antrag der Fraktion Freie Wähler/BMV am 14.03. deutlich gemacht und auch kritisiert. Wer mag da Tierhaltern Vorwürfe machen, die von Intransparenz und Vertuschung sprechen, wenn nach vermuteten Wolfsrissen keine endgültige Klärung herbeigeführt werden kann beziehungsweise wird?!
Aber auch in der Debatte zum Erhaltungszustand des Wolfes täte mehr Transparenz gut. Derzeit steht insbesondere das Bundesumweltministerium auf dem Standpunkt, dass der gute Erhaltungszustand noch nicht erreicht ist. Begründet wird dies mit der Abgrenzung zwischen der deutsch-westpolnischen und der nordeuropäisch-baltischen Population und dem mangelnden genetischen Austausch zwischen diesen. Zahlreiche Wildbiologen bezweifeln diese Aussagen. Und ich kann Ihnen sagen, dass auch ich aufgrund der Berichte über die Wanderungen einzelner Wölfe durch halb Europa daran zweifele. Die Veröffentlichung der Ergebnisse der Genproben könnte hier Klarheit bringen. Dann gäbe es auch Gewissheit darüber, ob im Land Wolfshybriden unterwegs sind oder ob es sogenannte Problemwölfe oder -rudel gibt. Weshalb also wollen die Mitglieder der LANA mit diesen Daten nicht an die Öffentlichkeit?
Gerade in Zeiten des Wahlkampfes hat das Thema Wolf wohl die Bundesumweltministerin und auch unseren zuständigen Minister darin befeuert, das Bundesnaturschutzgesetz ändern zu wollen. Wölfe sollen künftig bereits entnommen werden können, wenn sie ernste Schäden verursachen. Das heißt, eine Existenzgefährdung des Tierhalters muss künftig nicht mehr vorliegen, aber zum Abschuss eines Wolfes wird es wohl trotzdem nicht im erforderlichen Maße kommen, denn ohne eine Veröffentlichung der genetischen Daten ist es für Betroffene nur schwer bis unmöglich, einen dezidierten Schadensnachweis für einen einzelnen Wolf beizubringen, um einen genehmigungsfähigen Antrag auf Entnahme stellen zu können. Es fehlen einfach die Daten. Und so sind die Wölfe weiterhin so sicher wie in Abrahams Schoß, solange sie sich nicht auf viel befahrene Straßen wagen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in anderen Ländern gilt offensichtlich anderes europäisches Recht, wie jüngst der Agrarausschuss in Schweden erfahren durfte. Dort gibt es eine Beschlussfassung des Schwedischen Reichstages, einen Mindestbestand von 170 bis 270 Wölfen vorzusehen. Daraus abgeleitet wurde eine zu bevorzugende Referenzpopulation von 270 Tieren, bei der unterstellt wurde, dass sich der Genpool alle fünf Jahre erneuere.
Ähnliches fordert meine Fraktion schon lange auch für Mecklenburg-Vorpommern und bundesweit. Wir wollen die Festlegung von Obergrenzen und wolfsfreien Zonen für unser Land. Hierfür bedarf es der wissenschaftlichen Expertise. Wenn aber Daten nicht zur Verfügung gestellt werden, erweist man dem Artenschutz einen Bärendienst, indem man der Selbstjustiz Tür und Tor öffnet und die Akzeptanz für den Wolf in den betroffenen Gebieten gefährdet.
Natürlich muss man hierfür unabhängige Wissenschaftler zurate ziehen. Professor Pfannenstiel und seine Kollegen aus Polen kommen seit Jahren zu ganz anderen Einschätzungen als das Senckenberg-Institut. Hier brauchen wir endlich Klarheit.
Aber das Senckenberg-Institut ist unabhängig, Herr Heydorn, ja? Von wem wird es denn bezahlt? Und warum werden die Daten nicht veröffentlicht?
Und ich habe nicht nur Professor Pfannenstiel angesprochen, sondern auch polnische Kollegen. Natürlich gibt es Hinweise darauf, dass die Populationsbetrachtungen, wie wir sie derzeit führen, nicht zielführend sind,
... dass die baltisch-osteuropäische Population natürlich im Zusammenhang zu betrachten ist. Und das kann man aber nur bewerten, wenn man über die Gendaten verfügt und diesen genetischen Austausch auch bewerten kann.