Protokoll der Sitzung vom 24.05.2019

Man fragt sich also, was kann man noch tun? Abfallmanagement und Abfallberatung sind allerdings und bleiben die Hauptverantwortungsbereiche der Bundesländer. Näheres... Ja, Ihre „Nationale Strategie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung“ hatte ich bereits erwähnt, hier ist also diese Planung bis 2030.

(Thomas Krüger, SPD: Jetzt kommt der alternative Vorschlag.)

Was mir noch klärungsbedürftig scheint, ist, ob wir in unserem Abfallwirtschaftsplan eine Regelung haben. Vielleicht konnten Sie das inzwischen klären, ich würde mich freuen, aber das wäre so eine Anregung, die man vielleicht mitgeben könnte unserer Regierung.

Und was das Containern betrifft, so finde ich, dass Ihr Antrag leider vollkommen danebenschießt, denn schließlich befinden wir uns dann im Bereich des Strafrechtes. Sie wollen da etwas legalisieren,

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Ja.)

was derzeit unter Strafe gestellt ist,

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Ja, wollen wir.)

und das aus guten Gründen. Es gibt den Diebstahl, der da zu nennen ist, und natürlich auch den Hausfriedensbruch, und wir können nicht ernsthaft verlangen, dass nun die Rechte der Betroffenen hier eingeschränkt werden, und außerdem ist ja nun für das Strafrecht der Gesetzgeber der Bund. Also von daher würden wir uns dazu entschließen, Ihren Antrag leider abzulehnen.

Als abschließende Frage würde ich mich noch interessieren, ob Sie nicht am Ende, wenn wir schon solche Pläne wieder haben, bis 2030 die Verschwendung zu halbieren, wie wäre es denn mal mit einer Bepreisung der Lebensmittelverschwendung. Das, könnte ich mir vorstellen, würde bei den LINKEN gut ankommen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort die Abgeordnete Aßmann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Obwohl wir sicherlich alle gerne nach Hause möchten,

(Torsten Renz, CDU: Ich nicht.)

glaube ich, dass DIE LINKE hier ein Thema aufgegriffen hat, was wichtig ist

(Torsten Renz, CDU: Genau. – Heiterkeit und Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

und was aber so wichtig ist, dass wir auf Bundesebene als SPD da schon lange, lange dran sind. Und deswegen brauchen wir Ihren Antrag an dieser Stelle leider nicht.

(Sebastian Ehlers, CDU: Sehr gut! – Peter Ritter, DIE LINKE: An anderer Stelle?!)

Mit wem sind wir da dran? Wir haben im Deutschen Bundestag Ulla Schulte sitzen, die sich diesem Thema sehr verschrieben hat, wir haben auf Bundes-SPD-Ebene einen Ideenwettbewerb für den Kampf gegen vermeidbare Lebensmittelverschwendung, findet man unter „verbraucherpolitik.spd.de“.

Der Minister hat angesprochen die „Nationale Strategie“, und ja, bei einer Strategie, die muss auch erst mal anlaufen. Es ist ja jetzt nicht so, dass man von heute auf morgen da gleich alle Ergebnisse haben kann. Und ja, auch

ich hätte mir gewünscht, dass es mehr Verpflichtungen gibt, gerade was die Vermeidung von Lebensmittelabfällen beim Lebensmitteleinzelhandel angeht. Aber machen wir uns doch nichts vor, die Abfälle im Bereich Lebensmitteleinzelhandel, das sind anteilig 14 Prozent. Wenn wir also jetzt dahin kommen, dass wir sagen, nur erst mal dort ein Verbot der Entsorgung, dann ist das definitiv zu kurz gesprungen. Das kann ein Punkt sein.

Und Sie sprechen ja in Ihrem Antrag an das Gesetzgebungsverfahren in Frankreich, und da will ich mal sagen, es ist ja gar nicht verboten in Frankreich, Lebensmittel aus dem Lebensmitteleinzelhandel zu entsorgen. Sie dürfen ja nach wie vor kompostiert werden, und nur, weil sie nicht auf der Deponie landen, heißt es ja nicht, dass sie nicht trotzdem umsonst erst mal hergestellt wurden. Das heißt auch dort, dieses Gesetzgebungsverfahren oder das Gesetz, was Sie hier ansprechen als Vorbild, das ist doch auch deutlich zu kurz gesprungen und definitiv nicht nachahmenswert für Deutschland oder Mecklenburg-Vorpommern.

Was ist das Problem daran, wenn wir kompostieren dürfen oder wenn es, so wie jetzt, natürlich ein Problem ist, dass zum Beispiel aus Kantinen oder aus dem Catering die Probleme kriegen, wenn man das Essen mitnehmen will nach einer Veranstaltung. Die Ministerin Hesse oder, Entschuldigung, Präsidentin Hesse hatte gerade wieder das Erlebnis auf einer Veranstaltung, dass von einer Feier vom Catering das Essen mit nach Hause genommen werden wollte und der Caterer gesagt hat, Entschuldigung, ihr dürft das nicht, wir müssen es entsorgen,

(Heiterkeit und Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

oder die Firma darf es nicht, es muss entsorgt werden. Natürlich ist es ein Punkt, über den man nachdenken muss, ob das so sinnvoll ist.

Und warum ist das für mich ein Punkt? Weil wir natürlich – ich habe selber bei mir im Wahlkreis eine Anlage –, wenn wir Lebensmittel, also verpackte Lebensmittel, zur Vergärung in Biogasanlagen zum Beispiel zuführen, haben wir in der Vergangenheit immer wieder das Problem gehabt mit Plastik auf dem Acker. Das ist ein Problem, das ist auch an einigen Stellen leider nach wie vor nicht immer vermeidbar.

Und ja, es ist auch ein Problem, dass wir 800 Millio- nen Menschen auf der Welt haben, die Hunger leiden, und wir gönnen uns 80 Kilogramm im Jahr pro Mensch und Jahr in Deutschland, die wir an Lebensmitteln wegschmeißen. Das aber unter einen Hut zu kriegen, die Verteilung hinzubekommen, den Luxus, den wir uns hier leisten können, und die Armut an vielen anderen Stellen der Welt, das ist die hohe Kunst und das werden wir mit Ihrem Antrag definitiv nicht erreichen können.

Ziel muss es doch sein, dass wir uns gemeinsam die gesamte Wertschöpfungskette angucken. Es kann nicht sein, dass es sich nur auf den Lebensmitteleinzelhandel bezieht. Und machen wir uns nichts vor, abgesehen davon, dass der Begriff „Containern“ gar nicht wirklich rechtssicher definiert ist, jetzt möchte ich mal erleben, dass jemand, der sich dort aus seiner Not heraus mit Lebensmitteln versorgt, vielleicht eine Salmonelleninfektion hat oder sich Noroviren oder was auch immer einfängt, denjenigen möchte ich mal erleben, der dann nicht

auf die Palme geht und vielleicht im Nachgang versucht, dann den entsprechenden Eigentümer dieses Müllcontainers zu beklagen.

Wir müssen also gemeinsam strategisch – und dafür gibt es eine „Nationale Strategie“, wo jetzt verschiedene Schwerpunkte gesetzt wurden –, wir müssen gemeinsam die gesamte Wertschöpfungskette entlang versuchen, Verluste zu vermeiden. Das geht bei der Produktion der Rohstoffe los, bei der Verarbeitung weiter. Es kann nicht sein, dass mehr – gerade im Obst- und Gemüsebereich ist das ein Riesenproblem –, dass Waren produziert werden, die der Handel nicht annimmt, weil sie zu groß, zu klein, zu unmöglich geformt sind. Da müssen wir ran und da gab es in der Vergangenheit schon verschiedene Kampagnen, es gibt auch mittlerweile wieder verschiedene Kampagnen, die darauf hinweisen, dass diese Produkte eben trotzdem gut verzehrbar sind, und auf diesem Weg müssen wir weitermachen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Und um mal ein Beispiel zu nennen, auch wenn es ein Discounter ist, Frau Bernhardt, aber auch beim Lebensmitteleinzelhandel ist wirklich viel im Fluss. Wenn man sich den Discounter Penny anguckt zum Beispiel, die haben jetzt an vielen Stellen eine Kampagne gehabt, zum Beispiel auf Milchprodukten, auf denen dann draufsteht, man kann es riechen, man kann es schmecken, man kann erst mal überprüfen, ob es überhaupt abgelaufen ist oder nicht mehr verzehrbar ist, wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist.

(Präsidentin Birgit Hesse übernimmt den Vorsitz.)

Also es ist viel in Bewegung. Ja, wir müssen noch mehr tun, aber Ihr Antrag ist für „mehr tun“ definitiv nicht die richtige Grundlage. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE Frau Bernhardt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe heute mal wieder, wie erwartet, gehört, was Sie nicht alles gegen Lebensmittelverschwendung tun und weshalb unser Antrag aus Ihren Gesichtspunkten heraus überflüssig ist. Allerdings haben Sie mir zwei Fragen nicht beantwortet, in keinem der Diskussionsbeiträge.

Die erste Frage ist: Warum werden Landtagsbeschlüsse – im Übrigen Ihre eigenen, Frau Aßmann, insofern war Ihr Wortbeitrag jetzt gerade und Ihre Ablehnung überflüssig und widersprüchlich, weil genau Sie einen Punkt des Antrages selber gefordert hatten 2015 –,

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

warum werden diese Landtagsbeschlüsse nicht umgesetzt von der Landesregierung? Unter anderem meinte ja Herr Backhaus, dass es angeblich eine Länderarbeitsgruppe gebe.

Herr Backhaus, wenn ich dann auf die Kleine Anfrage, die ich im Februar gestellt habe und wo ich genau Fragen gestellt habe zur Umsetzung dieses Beschlusses

und nach dieser Länderarbeitsgruppe gefragt habe, was wir denn da haben, als Antwort bekomme, und ich lese es Ihnen gerne noch mal vor, ich hatte es bereits in der Einbringung gemacht: „Da die Verringerung der Lebensmittelverschwendung ein sektor- und länderübergreifendes Thema ist, beteiligt sich Mecklenburg-Vorpommern aktiv in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe“, das hatten Sie gesagt, „die unterschiedliche Sektoren in einem Stakeholder-Prozess einbezieht. Die Bildung einer Arbeitsgruppe auf Landesebene ist deshalb bisher noch nicht erfolgt, wird aber dann relevant, wenn landesspezifische Maßnahmen zur Verringerung des Problems der Lebensmittelverschwendung operationalisiert werden sollen.“ Also gibt es diese Länderarbeitsgruppe, die 2015 in dem Landtagsbeschluss gefordert war, nicht.

Es gibt ebenfalls nicht, und das wird ebenfalls aus dieser Kleinen Anfrage heraus deutlich, den Wettbewerb, der damals gefordert war. In der Kleinen Anfrage vom 27.02. heißt es in der Antwort aus Ihrem Haus – und da können Sie gerne nachgucken, ich weiß nicht, welche Antworten Sie mir geben, aber ich bekam die Antwort, „über die Modalitäten eines Wettbewerbs“ in Mecklenburg-Vorpommern wird noch „entschieden“. Entschieden nach vier Jahren, Herr Backhaus? Das ist einfach zu lang. Und das nenne ich nicht Umsetzung von Landtagsbeschlüssen!

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Und da hilft es auch nicht, wenn Sie dann so tun und mich fragen, ob ich überhaupt die Maßnahmen kenne, und damit vom Problem ablenken. Fakt ist, Maßnahmen, die 2015 gefordert waren...

Frau Bernhardt, auch Sie würde ich bitten, zum Plenum zu sprechen.

Ja, natürlich.

Fakt ist, Maßnahmen, die in dem Landtagsbeschluss von SPD und CDU 2015 gefordert waren, wurden nicht umgesetzt und auch heute konnte mir keiner darauf irgendwie eine Antwort geben. Und wie gesagt, wir haben einen Punkt Ihres damaligen Antrages mit aufgenommen. Wenn Sie das ablehnen, zeigt das die Widersprüchlichkeit und die Halbherzigkeit Ihres Handelns.

Eine zweite Frage konnten Sie mir nicht beantworten, bei allen Dingen, wenn alles so schön ist in Mecklenburg-Vorpommern, warum denn dann MecklenburgVorpommern im Bundesländervergleich bei der WWFStudie vom April 2018 als „Nachzügler“ abschneidet. Andere Bundesländer, und das hatte ich in der Einbringung deutlich gemacht, sind deutlich weiter.

Und da hilft es halt nicht, Frau Aßmann, immer nur auf die Bundesebene zu schauen, sondern was können wir hier konkret auf Länderebene vor Ort tun, um Lebensmittelverschwendung zu vermeiden. Dort werden beispielsweise in anderen Bundesländern Kinder schon in der Schule sensibilisiert. Herr Backhaus hatte das am Beispiel von Mecklenburg-Vorpommern dargestellt. Aber bei uns gibt es noch weitere Ansatzpunkte, beispielsweise in Kitas.

Wir hatten letzte Woche hier gerade in dem Raum die Anhörung zum Kindertagesförderungsgesetz im Sozialausschuss. Es war eine Vertreterin des Stadtelternrates Schwerin da, die sich über die hohen ReFood-Preise

des Caterers ausließ. Warum kann man nicht auch schon hier mit den Caterern ansetzen und mit den Caterern darüber reden, beispielsweise kleinere Portionen auszugeben oder darauf hinzuwirken, dass Eltern sich bei dem Caterer abmelden, wenn ihr Kind nicht in die Kita kommt – ganz einfache Ansatzpunkte, die man auch auf Landesebene betrachten könnte, weil das kein Einzelfall ist, um erstens die Eltern von den Kosten zu entlasten und zweitens Lebensmittelverschwendung zu verhindern –, neben den Punkten natürlich, die dann noch in dem Antrag von 2015 genannt waren.