Protokoll der Sitzung vom 19.06.2019

Wir von der AfD wollen die Förderschulen erhalten und stärken. Unser Motto heißt: „Stärken stärken und Schwächen schwächen“, meine Damen und Herren.

Auf diese Art nehmen wir alle in der Gesellschaft mit und nicht mit dem Herabsetzen von Standards, damit das Ziel des nicht so Starken für alle erreicht werden kann.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Oldenburg?

Wir denken, dass Integration und Teilhabe in unserer Gesellschaft schon gut stattfinden, sie sind aber ausbaufähig. Aber wir müssen auch sagen, weltweit sind wir hier in Deutschland schon auf einem sehr hohen Niveau.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Kann das sein, dass Sie keine Ahnung haben?)

Barrierefreiheit ja, aber ohne Überregulierung und mit Verhältnismäßigkeiten, meine Damen und Herren.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Eher denken wir, dass man die Gesellschaft mobilisieren sollte, beeinträchtigte Menschen mitzunehmen und zu integrieren. Hier ist noch viel Platz nach oben. Ein gutes Miteinander ist hier ein Weg.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Sprechen Sie mal über das Gesetz! – Zuruf von Simone Oldenburg, DIE LINKE)

Dieses gilt in der Nachbarschaft, in der Freizeit, im Beruf, im Verein, aber auch bei den täglich zu bewältigenden Alltagshürden.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Thomas Krüger, SPD: Und was machen Sie, wenn es nicht funktioniert?)

Wir begrüßen das Gesetz, können aber schon jetzt sagen, dass wir uns auf die Anzuhörenden freuen und dass wir dementsprechend Änderungsanträge einreichen

werden, meine Damen und Herren. Unsere Fraktion stimmt der Überweisung des Gesetzentwurfes zu.

Und, Frau Oldenburg, um Ihnen da mal ein bisschen Wind aus den Segeln zu nehmen,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Das schaffen Sie nicht! Das schaffen Sie nicht!)

wir halten ja auch politische Reden. Ich habe gerade keinen Kaugummi im Mund, sonst könnte ich Sie wahrscheinlich kopieren.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ach, ist doch alles gut!)

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Andreas Butzki, SPD: Das war ja ein toller Schuss.)

Für die Fraktion der CDU hat jetzt das Wort die Abgeordnete FriemannJennert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen im Landtag! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die UN-Behindertenrechtskonvention ist ein verabschiedeter Text, der uns in vielfacher Hinsicht beschäftigt, so auch in der heutigen Vorlage zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes. Was für einen Aufwand zur rechtlichen und damit auch praktischen Umsetzung dies bedeutet, kann man erahnen, wenn man allein die Zeiträume betrachtet, die diese benötigt. Es besteht immer Handlungsbedarf zur besseren Teilhabe, aber hier können wir doch auch einmal sagen, darauf können wir stolz sein.

Dass uns das Thema wichtig ist, zeigte auch der einstimmige Beschluss dieses Hohen Hauses, einen Tag der Menschen mit Behinderungen durchzuführen, auf dem uns ganz sicher auch noch weitere Dinge zur Berücksichtigung vorgelegt werden. Und in einer alternden Gesellschaft wird diese Thematik auch immer wichtiger. Die Zunahme von Anspruchsberechtigten von Hilfeleistungen aus dem öffentlichen Hilfesystem löst schon fast automatisch einen politischen Handlungszwang aus. Es muss uns darum gehen, allen Bürgerinnen und Bürgern die volle Integration in das soziale, politische, wirtschaftliche und kulturelle Leben in unserem Bundesland Mecklenburg-Vorpommern zu garantieren.

Hier sprechen wir nun über die Umsetzung der UNBehindertenrechtskonvention in Ausprägung des Bundesteilhabegesetzes, welches ebenso wie andere Maßnahmen in diesem Zusammenhang auch landesrechtliche Entscheidungen zu Neuerungen auslöst. Mit dem vorliegenden Umsetzungsgesetz zum BTHG wird dieser Aufgabe Rechnung getragen, wobei der Eingriff in bestehendes Recht nicht unbeträchtlich ist. Aber wenn wir umfassende personenzentrierte Teilhabeleistungen auch außerhalb des Fürsorgesystems wollen, muss die Eingliederungshilfe fortentwickelt werden. Dieser Aufgabe nimmt sich die Landesregierung an und natürlich auch der Landtag.

In dieser Phase der Einführung des Teilhabegesetzes werden eine ganze Reihe von Änderungen vorgenom

men, die eine große Zahl an Betroffenen berühren. Dabei stellt die aktuelle Vorlage bereits die dritte Stufe der Umsetzung im Land dar. Schon zuvor wurde eine Teilneuordnung im Bereich der sozialen Gesetzbücher vollzogen.

In einer ersten Stufe zum 01.01.2017 wurden Verbesserungen bei der Berücksichtigung von Vermögen und Einkommen im SGB VII Teil I und III und eine Änderung im Schwerbehindertenrecht vorgenommen.

In einer zweiten Stufe sind dann umfassende Eingriffe im Neunten und Zwölften Sozialgesetzbuch erfolgt. Besonders hervorgehoben werden kann hier zum Beispiel die Verbesserung im Bereich der Teilhabe am Arbeitsleben. All diese Änderungen, meine Damen und Herren, haben wir als CDU-Fraktion grundsätzlich ausdrücklich begrüßt und so tun wir es auch mit diesem aktuellen Entwurf.

In der dritten Stufe werden nun die Einführung eines zweiten Teils zur Umsetzung des BTHG im Zwölften Sozialgesetzbuch und ein zweiter Schritt zur Berücksichtigung von Vermögen und Einkommen vorgenommen.

Eine vierte Phase zur Einführung soll dann die Umsetzung des BTHG ab dem Jahr 2023 komplettieren.

Das uns nun vorliegende Gesetz ist der richtige Weg, um eine Teilhabeverbesserung vorzunehmen, und es bedeutet einen echten Systemwechsel. Wesentliche Änderung ist das Herauslösen der Eingliederungshilfe aus der Sozialhilfe. Das bedeutet eine Überführung der Leistungen aus dem Zwölften Sozialgesetzbuch, welches die Sozialhilfe beinhaltet, in das Neunte Sozialgesetz zu den Rehabilitations- und Teilhabeleistungen. Praktisch ist dies die Trennung der Eingliederungshilfe von den Leistungen zum Lebensunterhalt. Die Gewährung der Mittel für beide Hilfen bleiben wie bisher bei den Landkreisen und kreisfreien Städten verortet. Die ausgegebene Leistung berechnet sich aber nicht mehr einfach pauschal, sie ist ausschließlich am einzelnen Hilfebedürftigen ausgerichtet. Rehabilitations- und Teilhaberecht selbst werden erneuert. Dies betrifft die Zuständigkeitserklärung, die Bedarfsermittlung und das Teilhabeplanverfahren, die Mitwirkungsmöglichkeiten von Behinderten in Werkstätten, die Benutzung von Behindertenparkplätzen werden verbessert und ein Merkzeichen für taubblinde Menschen eingeführt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, heute befassen wir uns in Erster Lesung mit dem Gesetz zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes und ich freue mich schon auf das parlamentarische Verfahren und weitere anregende Beiträge, damit das Gesetz erfolgreich wird im Sinne von mehr Teilhabe. Deshalb gilt es auch, sich noch einmal mit Kritik von außen, von den Verbänden zu beschäftigen, aus deren Richtung wir in den letzten Monaten Bedenken zur praktischen Umsetzung des Gesetzes gehört haben.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Hauptsache, Marteria ist nicht dabei!)

Das werden wir selbstverständlich auch gerne tun.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir als CDUFraktion begrüßen den vorliegenden Entwurf als weiteren Schritt zu einer tieferen Integration von Behinderten in die Gesamtgesellschaft, die Menschen mehr Chancen eröff

nen kann, vor allem durch die strukturellen und inhaltlichen Änderungen im Recht der Eingliederungshilfe. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt das Wort der Abgeordnete Koplin.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben ja eben gerade gehört, dass die Fraktion der CDU und die Fraktion der AfD diesen Gesetzentwurf begrüßen. Wir nehmen ihn zur Kenntnis, weil wir sagen, Zeit wird es, dass er auf dem Tisch des Hauses liegt, und selbstverständlich muss er vorgelegt werden, weil wir in Anbetracht geltenden Bundesrechts zum Handeln aufgefordert sind.

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Das schließt aber das Begrüßen nicht vollständig aus.)

Frau Ministerin und Frau Friemann-Jennert haben ausführlich dargelegt, wie dieser Gesetzentwurf strukturiert ist. Wer genau zugehört hat, hat schnell erfahren können, dass es ein sehr komplexes Gesetz ist, das sehr viel Regelungsbereiche anfasst, und dahinter – Regelungsbereiche, das ist immer alles sehr technisch – wird stehen oder davor vor allen Dingen steht die Tatsache, dass es sich um viele Menschen in diesem Land handelt und dieses Gesetz große Auswirkungen hat auf die Sozialpolitik hierzulande. Insofern kann dieser Gesetzentwurf auch als ein Schlüsselgesetz in Fragen der Sozialpolitik des Landes betrachtet werden.

Wir haben mit großer Aufmerksamkeit diesen Gesetzentwurf gelesen und zunächst ist erst einmal zu konstatieren, dass er ein wichtiger Meilenstein ist auf dem Weg in eine inklusive Gesellschaft. Dass zu betonen, ist ungeheuer wichtig. Wir haben uns alle selbst in die Hand versprochen, dass wir dafür Sorge tragen wollen, die UNBehindertenrechtskonvention umzusetzen.

(Thomas Krüger, SPD: Das ist richtig.)

Die UN-Behindertenrechtskonvention verfolgt ja das Ziel, dass wir in einer inklusiven Gesellschaft leben. Niemand wird diskriminiert, niemand wird ausgegrenzt und es handelt sich dann um Verhältnisse, die man durchaus, also weitestgehend als sozial gerecht betrachten kann. Das ist ein hoher Anspruch und das ist ein sehr guter Anspruch.

Nun haben wir dieses, man kann sagen, Gesetzespaket auf dem Tisch und das Erste, was auffällt, ist, es soll zum 1. Januar 2020 gelten. Mit den Auswirkungen und der Zeit, die uns bleibt, beginnt mein erster Kritikpunkt. Es ist im Grunde genommen zu kritisieren, dass wir so spät als Parlament diesen Gesetzentwurf auf den Tisch bekommen. Die Grundlagen dazu auf Bundesebene sind 2016 gelegt worden. Zu Beginn 2017 ist die erste Stufe des Bundesteilhabegesetzes in Kraft getreten und es war klar, weil es sich um ein stufenweises Inkrafttreten des Bundesrechts handelt, dass wir auch stufenweise nachziehen. In diesem Fall war aber spätestens 2017 klar, was auf uns zukommt.

Ich weiß, das hatte ich an anderer Stelle schon mal gesagt, Frau Dr. Albrecht und ihre Kolleginnen und Kolle

gen arbeiten mit Hochdruck und sind sehr fleißig. Nichtsdestotrotz haben wir hier zu konstatieren, das Parlament kriegt zur Sommerpause, kurz vor der Sommerpause, dieses Paket auf den Tisch. Wir haben im Sozialausschuss wirklich alles möglich gemacht. Heute ist gerade abgegeben worden, wen wir anhören wollen, mit welchen Fragen, damit wir Ende August ins Verfahren einsteigen können durch die Anhörung. Gleichwohl ist sehr, sehr wenig Zeit und wir haben ja dann noch andere große Brocken auf dem Tisch.

(Torsten Renz, CDU: Kita.)

Kita, aber vor allen Dingen den Haushalt.

Und da kommen wir zu dem nächsten Punkt. Es ist ja hier freimütig bekannt worden, dieses Gesetz ist auch unfertig uns auf den Tisch gelegt worden. Die Konnexitätsverhandlungen sind noch nicht abgeschlossen. Und da frage ich mich natürlich, wie soll denn das funktionieren. Im Gesetzentwurf steht, wir bekommen im Verfahren der Behandlung dieses Gesetzentwurfes die Ergebnisse dieser Verhandlungen nachgeschoben. Das mag rein technisch alles nachvollziehbar sein. Ich frage mich nur, wenn jetzt in der nächsten oder übernächsten Woche, ich glaube nächste Woche, Haushaltsklausur des Kabinetts ist