Protokoll der Sitzung vom 05.09.2019

Wenn man sich mal die Zahlen anschaut, sieht man ja einfach auch, dass Ihre Wahrnehmung hier nicht richtig ist, denn wenn Sie sich mal die Zahlen anschauen, allein die Geburtenzahlen für Mecklenburg-Vorpommern – und ich habe bewusst die geburtenschwachen Jahrgänge Mitte der 90er rausgenommen –, da lagen wir 1995 bei 9.878 Geburten, 2017 waren es 13.081. Und die Zahl ist in den letzten Jahren relativ konstant. Das zeigt doch einfach wieder, dass wir das große Tal durchschritten haben, dass wieder mehr Kinder geboren werden, dass sich wieder junge Menschen dazu motivieren und auf den Weg machen, Kinder zu bekommen.

Was erwarten denn junge Familien? Wie gesagt, da brauche ich nicht Familien zu befragen, weil ich selbst sozusagen betroffen bin und man logischerweise viele im Umfeld hat, und da sind es dann doch die Fragen, die wir gestern diskutiert haben, das Thema „beitragsfreie Kita“, weil das natürlich viele Menschen bei uns, junge Menschen im Land bewegt hat, wenn wir bisher Beiträge hier gezahlt haben, die wir gestern schon genannt haben, mehrere Tausend Euro im Jahr. Das sind doch die Dinge, über die wir reden, und da hatten Sie gestern die Chance mitzustimmen. Ich finde, das muss man der Öffentlichkeit auch mal an der Stelle sagen, und da haben Sie es nicht getan.

(Thomas Krüger, SPD: Genau so.)

Dort, wo wir also ganz konkret etwas für die jungen Menschen, für die Familien in unserem Land machen können, haben Sie sich gestern als Opposition kraftvoll enthalten.

Was ist ansonsten noch wichtig für junge Familien? Finanzielle Entlastung habe ich gesagt. Es gibt insgesamt – das habe ich bei der letzten Debatte zur Familienpolitik, zu Ihrem Antrag schon gesagt – 150 familienpolitische Leistungen. Und jetzt kann man darüber diskutieren, ob die gut sind. Sind die richtig? Macht die Erhöhung von Kindergeld Sinn, der Steuerfreibetrag? Holen wir damit alle ab?

(Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke übernimmt den Vorsitz.)

Das sind doch alles die Fragen, die man diskutieren kann. Aber natürlich gehört auch zur Wahrheit, dass die Familien im Land profitieren von dem, was beispielsweise im Bund beschlossen wurde. Ich nenne mal als Stichworte das Starke-Familien-Gesetz und das Gute-KiTaGesetz, insgesamt 5,5 Milliarden Euro für die Kitas hier in Deutschland, der Kinderzuschlag erhöht sich, das Kindergeld erhöht sich. In vielen anderen Bereichen, Bildungs- und Teilhabepaket, gibt es Verbesserungen für die Kinder, denen es hier an der Stelle nicht so gut geht. Ich glaube, das sind die Punkte zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Und da fand ich es gestern – leider hatte ich nicht genug Redezeit – schon etwas despektierlich, wie Sie ja hier, Herr de Jesus Fernandes, Frau Schwesig vorgeworfen haben, sie möchte sozusagen alle Mütter gleich wieder ans Fließband schicken, am besten aus dem Kreißsaal direkt ans Fließband.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Ja, ich finde aber, man kann zu bestimmten Punkten – ich erinnere mal an die Debatte um das Betreuungsgeld, da kennen Sie unsere Position – durchaus mal unterschiedlicher Meinung sein. Da hatten wir auch eine andere Position als die Sozialdemokraten und Frau Schwesig. Aber trotzdem, finde ich, sollte man sich auch mal mit den Müttern in unserem Land unterhalten. Da stelle ich zumindest fest, dass viele auch der Meinung sind, natürlich aus gutem Grund und völlig zu Recht, dass sie möglichst schnell wieder ins Berufsleben einsteigen wollen. Das hat doch nichts damit zu tun, dass das staatlich verordnet wird, sondern natürlich gibt es …

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Es müssen nicht alle, es wollen auch, also ich kann das ja nur sagen aus dem Umfeld, in …

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Wir wollen die freie Entscheidung.)

Wir wollen die freie Entscheidung auch an der Stelle, aber wir nehmen zur Kenntnis, dass gerade in Ostdeutschland natürlich viele Frauen auch arbeiten wollen, und deswegen, glaube ich, kann man sich nicht despektierlich hinstellen und sagen, hier werden alle wieder ans Fließband gestellt. Ich glaube, das ist doch völlig an der Realität vorbei.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Wir haben in den letzten Jahren viele Punkte auf den Weg gebracht. Wenn ich an das Thema Elterngeld denke im Jahr 2007, also da gab es Sie noch gar nicht als AfD, da wurde unter Ursula von der Leyen als Familienministerin seinerzeit das Thema Mütterrente eingeführt. Also es gibt viele Punkte, wo wir wirklich auch diejenigen unterstützen, die hier Verantwortung tragen. Das, glaube ich, kann man alles nicht so richtig wegdiskutieren.

Jetzt komme ich mal ganz konkret zu Ihrem Antrag, und der ist wirklich so dünn, dass sich einem die Nackenhaare an der Stelle aufstellen,

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

und ich zitiere: „Die Landesregierung wird aufgefordert, … den Stellenwert und die Achtung der Familie in unserer Gesellschaft zu erhöhen.“

Wie, ist da die Frage. Vielleicht kommen Sie ja noch in der Aussprache mit dazu und sagen was.

„2. eine Kampagne für die traditionelle Familie zu initiieren.“

Wie soll das aussehen? Was soll da passieren? Werden da bunte Flyer gedruckt? Werden da Werbefilme gezeigt? Was soll dort passieren ganz konkret?

„3.“ – das ist der einzige konkrete Punkt – „junge Familien besser zu unterstützen, ein Babywillkommenspaket einzuführen.“

Das habe ich Ihnen beim letzten Mal schon erklärt. Aus meiner Sicht ist das nicht das, was junge Familien brauchen. Das Steuergeld sollte man dann lieber investieren beispielsweise in das Thema „Beitragsfreie Kita“. Windelpaket et cetera habe ich von diversen Roßmanns und

Co dieser Welt schon jetzt nach der Geburt bekommen. Ich glaube, das braucht man an der Stelle nicht.

„4. Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern.“ Ich glaube, das machen wir. Da haben wir die Punkte ebenfalls Ihnen genannt.

„5. in den schulischen Lehrplänen Themen wie ,Mutter sein‘ und ,Vater sein‘ aufzunehmen.“

Ja, sehr geehrte Kollegen von der AfD, wo konkret? Wie soll das passieren? Sollen wir unsere Zehnjährigen jetzt schon darüber informieren oder die Fünfzehnjährigen? Was soll da konkret passieren? Also auch hier reichlich unkonkret.

Und dann – das wissen Sie, das kann ich Ihnen an dieser Stelle wieder mal nicht ersparen –, wenn wir aber eine Kampagne machen sollten, falls sich der Landtag dazu entschließen sollte, diese Kampagne durchzuführen, würde ich sagen, machen wir das probeweise in der AfDFraktion.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und Freie Wähler/BMV)

Denn Sie wissen ja, bei jedem Antrag, wo Sie das Thema „traditionelle Familie“ wie so eine Monstranz vor sich hertragen, gucke ich immer, ob sich bei Ihnen etwas verändert hat in der Fraktion. Von den 13 Abgeordneten leben genau 4 diesen Lebensentwurf, den Sie hier gesagt haben,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

verheiratet mit Kindern, also 4 von 13 Abgeordneten,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Da sind Reserven! Da sind Reserven!)

und ich finde, da kann man sich doch hier nicht hinstellen, das so vor sich hertragen und selbst diesem Ideal nicht folgen. Die Welt ist nun mal – und das können wir jetzt gut finden, das können wir schlecht finden –, das Leben ist nun mal so bunt und so vielfältig, wie in diesem Fall Ihre Fraktion ist.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Dass ich Ihre Fraktion noch mal als bunt und vielfältig bezeichne, habe ich auch nicht gedacht,

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Peter Ritter, DIE LINKE: Die Regenbogenfraktion!)

aber da gibt es nun mal die Verheirateten ohne Kinder, da gibt es die Ledigen ohne Kinder, da gibt es die Geschiedenen ohne Kinder, da gibt es die Ledigen mit einem Kind, da gibt es die Geschiedenen mit vier Kindern und da gibt es die eingetragene Lebenspartnerschaft. Das ist doch gut so, meine sehr verehrten Damen und Herren von der AfD,

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

dass wir diese Vielfalt auch haben, und das ist doch Ihre persönliche Entscheidung.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Und so ist es genauso die persönliche Entscheidung jedes Einzelnen draußen, wie er lebt. Wenn man Kinder in die Welt setzt und, aus welchen Gründen auch immer, nicht diesen Ring hier tragen möchte, dann ist es doch das gute Recht jedes einzelnen Menschen. Ich persönlich habe mich für diesen Weg entschieden und bin damit auch ganz zufrieden, kann ich sagen an der Stelle,

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Nach 25 Jahren ist man noch zufrieden.)

sehr zufrieden, sehr zufrieden damit, ich korrigiere mich.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und Freie Wähler/BMV)

Aber das können wir doch als Staat nicht aufoktroyieren, wir können jetzt nicht als Staat losgehen und sagen, das ist die einzig wahre Lebensform, die einzig wahre Form des Zusammenhalts und alles andere ist uns nichts wert, alles andere unterstützen wir nicht. Und deswegen, glaube ich, ist es gut, dass wir an der Stelle ähnlich bunt und ähnlich vielfältig sind, wie es Ihre Fraktion uns ja in diesem Fall vormacht. Deswegen werden wir Ihren Antrag hier heute auch ablehnen. Das wird Sie nicht überraschen, meine sehr geehrten Herren von der AfD.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Herr Kollege Ehlers, ich bitte Sie stehenzubleiben. Der Abgeordnete Professor Dr. Weber hat nach Paragraf 81 unserer Geschäftsordnung um eine Kurzintervention gebeten.

Liebe Bürger von Mecklenburg und Vorpommern! Frau Präsident! Werte Kollegen und liebe Gäste!

Herr Ehlers, würden Sie bitte zur Kenntnis nehmen, dass wir niemals gegen die kostenfreie Kita geredet oder gearbeitet haben, im Gegenteil, dass von Anfang an unsere Wahlkampfforderung war, dass wir allen Maßnahmen, die das umsetzen, immer positiv entgegengestanden sind!