Protokoll der Sitzung vom 17.10.2019

Deswegen beschäftigt sich die SPD auf der Bundesebene auch mit der Kindergrundsicherung, das heißt, dass man unabhängig von Einkommensgeschichten guckt, was können wir an Grundsicherung für Kinder zur Verfügung stellen, um Kinder aus der Armut zu holen und das ganze Verfahren auch möglichst ohne großen Verwaltungsaufwand über die Bühne zu bringen. Wir haben vor einiger Zeit hier eine Anhörung gehabt. Da ging es um diese Anhörungsreihe „Jung sein in M-V“, und da kann ich mich erinnern, dass der Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, hier war und genau dieses Konzept der Kindergrundsicherung vorgetragen hat, worauf eine Frage kam von Ihrem Abgeordneten Herrn Professor Weber, wie es denn dann gewährleistet sei, dass das Geld, was zur Verfügung gestellt wird, nicht von irgendwelchen Sozialhilfeempfängern dann zweckfremd verwandt und ausgegeben wird.

Und Herr Hilgers trug da Folgendes vor: dass über 80 Prozent der Menschen, die davon profitieren würden, Alleinerziehende wären, die es besonders schwierig haben, das Thema „Geldverdienen und Kinderbetreuung“ unter einen Hut zu bringen. Und Hilgers kommt wohl aus der Nähe von Köln und er sagt, wenn eine alleinerziehende Polizeibeamtin mit zwei Kindern nach Köln zieht oder eine alleinerziehende Krankenschwester mit zwei Kindern nach Köln zieht, dann ist sie von dem Zeitpunkt an, wo sie sich da angemeldet hat, Empfängerin von Grundsicherung, weil das Geld, was sie verdient, nicht ausreichen wird, um quasi den Lebensunterhalt für diese Familie finanzieren zu können.

Deswegen sagen wir, okay, Kindergrundsicherung ist gerade für diesen Personenkreis, der ja nicht klein ist bei uns in der Bundesrepublik Deutschland, die richtige Geschichte, um wirkungsvoll und ohne großen Verwaltungsaufwand eine Menge erreichen zu können. Also damit würde sich auch das Thema „Bildungs- und Teilhabepaket“ weitestgehend erledigen.

Und jetzt gucken wir uns mal an, welche Zielstellungen Sie hier mit Ihrem Gesetzentwurf verfolgen. Sie sagen, ja, also es wird nicht alles vollständig auf die kommunale Ebene runtergegeben, diese 3-Komma-schieß-mich-totProzent bleiben beim Land, und auf der anderen Seite sagen Sie, na ja, die Gemeinden haben ja so einen hohen Investitionsbedarf, wir haben Investitionsrückstaus in Größenordnungen, denen man nicht nachgekommen ist. Da habe ich keine andere Meinung zu. Es gibt auf der gemeindlichen Ebene große Investitionsrückstaus, die man angehen muss. Deswegen haben wir als Koalition im Rahmen der Reform des FAG eine Regelung getroffen, wo wir sagen, wir stellen 150 Millionen Euro als Land zur Verfügung, um diesen Investitionsrückstaus entgegenzutreten und die notwendigen Maßnahmen letztendlich auch ergreifen zu können.

So und jetzt kommt folgender Denkfehler in Ihrer Konstruktion: Wenn ich sage, ich gebe diese 3,14 Prozent –

die bisher nicht irgendwie weitergegeben werden nach Ihrer Auffassung – jetzt weiter, dann sind das Leistungen für Kosten und Unterkunft. Wie Sie die umswitchen wollen, um davon Investitionen durchführen zu können, das müssen Sie quasi erklären, weil es sind zweckgebundene Leistungen. Diese Leistungen müssen zweckgebunden ausgegeben werden für Kosten der Unterkunft. Da werden Sie es nicht hinkriegen zu sagen, also da machen wir jetzt Investitionsförderung draus.

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Das ist eine völlig zweckfremde Geschichte.

Also wenn man sich den Gesetzentwurf anguckt, die Ministerin ist da im Detail drauf eingegangen, und auch die Kollegin von der CDU und Herr Foerster haben klar dargelegt, dass man das nicht wird unterstützen können. Und für uns ist auch klar, wie lehnen das ab. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Heydorn.

Das Wort hat jetzt noch einmal für die Fraktion der AfD Herr Dr. Jess.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Gäste! Liebe Landsleute! Eines muss ich mir vorwerfen: Offensichtlich habe ich es in meiner Rede nicht so einfach und deutlich rübergebracht, wie ich es eigentlich machen wollte, denn ich habe den Eindruck, dass viele von denen, die jetzt eben gesprochen haben, gar nicht verstanden haben, worum es geht.

(Beifall Dr. Ralph Weber, AfD – Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Und ich sage Ihnen auch, warum.

Also, Frau Drese – ich fange mal von vorne an –, Frau Drese, also ich denke mal, solche Vorwürfe sollten Sie sich sparen in Zukunft, dass wir die Gesetze nicht zu Ende lesen, mit denen wir uns beschäftigen. Und Sie sollten uns nicht unter Gebühr einschätzen. Wir sollten auf Augenhöhe miteinander agieren, sonst, glaube ich, wird das in Zukunft nicht gerade besonders erquicklich.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Und keiner hat gesagt, keiner hat gesagt, dass die 3,1 Prozent, die auf der einen Seite einbehalten werden, nicht wieder ausgereicht werden. Wir haben ganz deutlich gesagt, sie sind ausgegeben worden für das Bildungs- und Teilhabepaket. Also ich verstehe gar nicht, wieso das überhaupt missverständlich war. Das haben wir also ganz deutlich gesagt.

Worum es uns geht, das ist Folgendes: Und zwar halten wir es nicht für gerechtfertigt, dass die Kosten für Unterkunft und Heizung sozusagen als Sammelbecken für Kommunalentlastungen eingesetzt werden. Wenn man wirklich Bildung und Teilhabe finanzieren will, dann soll man das auch direkt so tun und dann soll man das auch mit einem entsprechenden, separaten Kostenansatz tun

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

und nicht jetzt aus einem zweckgebundenem Ansatz, der praktisch vom Bund für die Kommunen zur Verfügung gestellt wird, dann abzweigen und sagen, wir sind jetzt aber als Land der Meinung, wir geben es für etwas anderes. Überlassen Sie das den Kommunen!

Und das ist genau das, was wir gesagt haben: Subsidiaritätsprinzip. Wenn Mittel für die Kommunen zur Entlastung zur Verfügung gestellt werden vom Bund, soll das Land es auch eins zu eins durchreichen, damit die Kommunen entscheiden können, wie können sie die Mittel einsetzen. Und ich sage Ihnen eins, die Kommunen wissen am besten, wofür sie die Mittel einsetzen können. Und die Entlastung im Investitionsbereich ist doch dann eindeutig. Die KdU-Mittel sind nicht kostendeckend. Die Kommunen sind dadurch weiterhin massiv belastet. Das sind Millionenbeträge, die Kommunen da aufbringen müssen, und die würden sie natürlich sparen, wenn die Mittel durchgereicht werden würden, wie sie für die KdU vorgesehen sind.

Noch ein zweiter Punkt: Herr Foerster, ich fand das ja sehr interessant, was Sie da ausgeführt haben, aber wir wollen jetzt hier nicht die Sozialgesetzgebung ändern. Und ich muss Ihnen ehrlich sagen, ich verstehe gar nicht, wie Sie darauf kommen, dass 49 Prozent der KdU-Mittel, der Kosten, durch den Bund getragen werden. Das stimmt nicht. Ich kann Ihnen hier einen sehr schönen Artikel geben, der das alles auflistet seit 2005. Es sind immer um die 30 Prozent, und das ist eben das Dramatische, dass der Bund Mittel für die kommunale Entlastung, allgemeine kommunale Entlastung in die KdUEntlastung packt, weil er nämlich keine anderen Möglichkeiten hat, das direkt an die Kommunen zu geben. Und deshalb hat er diesen Weg gewählt. Also darüber sollten wir uns noch mal unterhalten. Das ist spannender, als Sie denken.

Frau Friemann-Jennert, also mit Ihnen, muss ich ehrlich sagen, kann ich mich leider nicht auseinandersetzen,

(Zuruf von Maika Friemann-Jennert, CDU)

denn Sie haben nicht verstanden, was wir eigentlich machen wollten.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Maika Friemann-Jennert, CDU: Sie können den Euro auch nicht zweimal ausgeben, sondern nur einmal.)

Und deshalb belassen wir das mal dabei, und wir sollten vielleicht anderweitig uns da noch mal verständigen. – Schönen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/4206 zur federführenden Beratung an den Sozialausschuss und zur Mitberatung an den Innen- und Europaausschuss sowie an den Fi

nanzausschuss zu überweisen. Ein gleicher Überweisungsantrag wurde von Herrn Dr. Jess auch mündlich vorgetragen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? ‒ Die Gegenprobe. ‒ Stimmenthaltungen? ‒ Damit ist der Überweisungsvorschlag mehrheitlich abgelehnt.

Der Gesetzentwurf wird gemäß Paragraf 48 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung spätestens nach drei Monaten zur Zweiten Lesung erneut auf die Tagesordnung gesetzt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 6: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Fraktion der AfD – Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Kommunalen Versorgungsverbandsgesetzes, Drucksache 7/4207.

Gesetzentwurf der Fraktion der AfD Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Kommunalen Versorgungsverbandsgesetzes (Erste Lesung) – Drucksache 7/4207 –

Das Wort zur Einbringung hat erneut der Abgeordnete Herr Dr. Jess.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Landsleute und verehrte Gäste!

Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen versprechen, es wird nicht dabei bleiben, dass ich heute den ganzen Tag hier bestreite.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Es wird noch Veränderungen geben.

In der Generaldebatte zum Haushaltsentwurf 2020/2021 hatten wir als AfD-Fraktion versprochen – das wiederhole ich noch einmal –, dass wir als stärkste Oppositionskraft im Parlament Initiativen zur Kontrolle der Landesregierung entfalten werden.

In dem Zusammenhang regen wir heute die Beseitigung eines strukturellen Mangels an, der mit unserem Gesetzentwurf zur Änderung des Kommunalen Versorgungsverbandsgesetzes behoben werden kann, denn zu den finanzpolitischen Grundsätzen der AfD-Fraktion gehört neben der Stärkung des Subsidiaritätsprinzips auch die Wahrnehmung von Verantwortung und Fürsorge gegenüber den Gemeinden bei uns im Land, woraus sich auch die Verantwortung im Hinblick auf deren Vermögensanlagen ergibt.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Aber lassen Sie mich etwas zum Ausgangsproblem, nämlich zum Kommunalen Versorgungsverband M-V sagen. Der Kommunale Versorgungsverband Mecklenburg-Vorpommern ist bereits im Jahr 1992, damals unter CDU-Regierung, als Körperschaft des öffentlichen Rechts eingerichtet worden. Zu den Aufgaben des Kommunalen Versorgungsverbandes gehört die Versorgungssicherung kommunaler Bediensteter, sowohl der Angestellten als auch der Beamten. Dazu werden von den Kommunen Umlagen erhoben, die zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs und für die Rückstellung für

zu zahlende Renten, Pensionen und Beihilfen erforderlich sind.

Damals, 1992, sahen sich die Mitglieder der kommunalen Landesverbände offenbar nicht in der Lage, die notwendigen Strukturen aufzubauen und diese Aufgabe selbstständig durchzuführen. Deshalb wurde damals die Versorgungsausgleichskasse Schleswig-Holstein mit der Aufgabenwahrnehmung betraut. Der Übergangszeitraum war mit fünf Jahren im Gesetz festgelegt worden. Schon damals wurde dies von einigen Abgeordneten kritisiert. Die Abgeordnete Stefanie Wolf, F.D.P., sah darin einen, ich zitiere, „Schritt auf dem Weg zur Entmündigung der Leute bei uns im Lande“. Und sie fügte hinzu: „Die Leute bei uns … sind auch nicht dümmer als woanders. Und das ist eine Aufgabe, die man schneller als in fünf Jahren lernen kann.“ Zitatende. Damals applaudierten alle Fraktionen, und sie hatten recht damit.

Doch was geschah? Nach den vereinbarten fünf Jahren verbandsmäßig gar nichts. Doch, 1997 wurde die Zusatzversorgungskasse ins Leben gerufen, die Kommunale Zusatzversorgungskasse, und zwar aus strukturellen Gründen in Strasburg, eine Entscheidung, der wir zur Stärkung ländlicher Regionen sehr gut folgen können. Aber damit gestaltete sich die Organisationsstruktur für den Kommunalen Versorgungsverband und die Zusatzversorgungskasse mit drei Standorten wie folgt: Kommunaler Versorgungsverband, Sitz in Kiel, mit dem Direktor, Kommunaler Versorgungsverband, Sitz in Schwerin, Beihilfebearbeitung, Kommunale Zusatzversorgung für M-V, Sitz in Strasburg, mit dem Geschäftsführer.

Meine Damen und Herren, in anderen ostdeutschen Bundesländern gibt es eine einheitliche Struktur und einen Sitz für diese Aufgaben, und ich bin mir ganz sicher, dass eine derartige gebündelte Struktur die Effizienz und Transparenz deutlich erhöhen würde. Doch in Mecklenburg-Vorpommern geschah diesbezüglich weiterhin nichts.

Dagegen geschah etwas in Kiel. Im April 2018 titelt die „Schweriner Volkszeitung“: „Millionenbetrag verschwunden“. Was war geschehen? Nach den Erkenntnissen der Kieler Staatsanwaltschaft waren rund 5 Millionen Euro aus dem Verbandsvermögen des Kommunalen Versorgungsverbandes Mecklenburg-Vorpommern auf andere Konten überwiesen worden. Spätestens nach dieser Meldung hätte die Frage der sofortigen Neustrukturierung des Kommunalen Versorgungsverbandes für M-V neu gestellt werden müssen. Darüber hinaus werfen die Geschehnisse in Kiel eine Reihe von Fragen auf, die dringend einer Klärung bedürfen:

Erstens. Warum wurden die Vorgaben des Landtages aus der Gesetzeinbringung bisher nicht umgesetzt?