Protokoll der Sitzung vom 12.12.2019

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

jedenfalls gehe ich mal davon aus,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Dann würde ich so was gar nicht benennen!)

jedenfalls gehe ich mal davon aus, dass die entsprechende Behörde, wenn sie sich mit dem Bericht des Verfassungsschutzes in Bayern auseinandergesetzt hat, dass da schon Gründe vorliegen, dass es nicht völlig aus der Luft gegriffen ist.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Also teilen Sie die Auffassung?!)

Aber wie gesagt, ich gehe davon aus,

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

in der Regel, dass Behörden...

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Offensichtlich ist ja die Entscheidung,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Teilen Sie die Auffassung oder nein?! Das ist doch nicht schwer!)

offensichtlich ist ja die Entscheidung bis heute nicht erfolgreich angefochten, und dann spricht einiges dafür, dass sie richtig ist.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: So, so!)

Ich habe selbst nicht entschieden, aber vielleicht reicht Ihnen das. Ich sage nichts zu Dingen, die ich selbst im Detail nicht kenne.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ach deswegen haben Sie das zitiert! – Zurufe von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE, und Karsten Kolbe, DIE LINKE)

Ich habe hier das benannt, weil es ein aktuelles Beispiel ist, auf das Sie sich hier auch gestützt haben,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Okay.)

um die politische Tätigkeit gemeinnützig zu machen. Dafür habe ich sie erwähnt.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Und das, ob ich das teile: Ich habe Ihnen schon mal gesagt, ich teile mit Überzeugung nur das, was ich selbst beurteilen kann, wo ich das Urteil selbst geschrieben habe.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Dann tragen Sie doch so was nicht vor!)

Ich habe mit guten Gründen

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das vorgetragen, als Beispiel benannt.)

dies als einen der jüngsten Fälle erwähnt, wo die Gemeinnützigkeit entzogen wurde.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sie merken selbst, dass Sie danebenliegen!)

Basta, Punkt!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Peter Ritter, DIE LINKE: Sie merken selbst, dass Sie danebenliegen!)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Gundlack.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die Mehrheit der Bundesbürger/-innen ist Mitglied in zumindest einem Verein. Der Zweck des Vereins besteht in der Verfolgung ideeller, nicht wirtschaftlicher Zwecke. Hierbei gibt es ein breites Spektrum von zum Beispiel wissenschaftlichen, politischen bis hin zu sportlichen Vereinen. Der Vereinszweck des ideellen Vereins kann durch wirtschaftliche Tätigkeit unterstützt werden, und zwar zum Beispiel durch Erhebung von Beiträgen, Veranstaltungen und, als sehr wichtiger Bestandteil, durch Spenden.

Vereine streben in der Regel die Anerkennung der Gemeinnützigkeit an. Die Bestimmungen über die Gemeinnützigkeit fallen nicht unter das Vereinsrecht, sondern Gemeinnützigkeit ist ein Begriff des Steuerrechts. Entscheidungsgrundlage des Finanzamtes für die Steuerfreistellung ist die Abgabenordnung, in der das Einmaleins der Gemeinnützigkeit festgehalten ist. Bisher ist das so, dass die jeweils örtlich zuständigen Finanzämter über die Gemeinnützigkeit eines Vereines entscheiden. Das kann tatsächlich dazu führen, dass ein Fi

nanzamt in Berlin anders entscheidet als das Finanzamt in Oberhausen-Süd.

Das mag man widersprüchlich finden, aber zum einen handelt es sich wohl um unterschiedliche Vereine beziehungsweise Sektionen der VVN-BdA, zum anderen steht gegen die Aberkennung der Gemeinnützigkeit durch das Finanzamt Berlin der Rechtsweg offen, notfalls bis zum Bundesfinanzhof, sodass am Ende durch die Gerichte doch wieder eine gewisse Rechtseinheitlichkeit hergestellt werden sollte. Dieses Verfahren ist sicherlich besser, als wenn eine nationale Behörde bundesweit einheitlich über die Anerkennung der Gemeinnützigkeit zu entscheiden hätte. Eine solche Behörde wäre womöglich politischem Druck noch stärker ausgesetzt als das jetzige dezentrale Verfahren.

Finanzämter und Gerichte müssen sich an die geltende Abgabenordnung halten. Paragraf 51 Absatz 3 der Abgabenordnung lautet: „Eine Steuerbegünstigung setzt zudem voraus, dass die Körperschaft nach ihrer Satzung und bei ihrer tatsächlichen Geschäftsführung keine Bestrebungen im Sinne des § 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes fördert und dem Gedanken der Völkerverständigung nicht zuwiderhandelt. Bei Körperschaften, die im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes als extremistische Organisationen aufgeführt sind, ist widerlegbar davon auszugehen, dass die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht erfüllt sind.“

Insoweit mag die Entscheidung der Berliner Behörde aus unserer Sicht falsch sein und womöglich vor Gericht nicht standhalten, sie hat ihre Begründung jedoch darin, dass die VVN-BdA in Bayern vom Verfassungsschutz als linksextremistisch eingestuft wird. Auf jeden Fall müssen wir an dem Grundsatz im Gesetz festhalten, dass verfassungsfeindliche Gruppierungen nicht auch noch über die Gemeinnützigkeit steuerlich belohnt werden dürfen, zumal jetzt, da vermehrt rechtsextreme Bestrebungen zu beobachten sind.

Etwas völlig anderes ist die Frage, inwieweit Organisationen hier einen der in Paragraf 52 aufgeführten gemeinnützigen Zwecke verfolgen und darüber oder daneben auch politisch aktiv werden können. Hier hat der Bundesfinanzhof zu Attac eine Entscheidung getroffen, die nicht generell politisches Engagement untersagt, sondern nur feststellt, dass überwiegend tagespolitischer Einsatz oder ein allgemeinpolitisches Mandat sich nicht mit dem Zweck der Volksbildung aus Paragraf 52 der Abgabenordnung rechtfertigen lassen.

Der Bundesfinanzhof hat ausdrücklich festgehalten, dass sich Körperschaften nach ständiger BFH-Rechtsprechung zur Förderung ihrer nach Paragraf 52 Abgabenordnung steuerbegünstigenden satzungsmäßigen Zwecke in gewissen Grenzen auch betätigen dürfen, um zum Beispiel zur Förderung des Umweltschutzes Einfluss auf die politische Willensbildung und die öffentliche Meinung zu nehmen. Ein Verein, der sich zum Beispiel auf die Zwecke „Förderung der Hilfe für politisch, rassisch oder religiös Verfolgte“, wie in Paragraf 52 Absatz 2 Nummer 10, oder „Förderung internationaler Gesinnung, der Toleranz auf allen Gebieten der Kultur“ und der Völkerverständigung, hier Paragraf 52 Absatz 2 Nummer 13 Abgabenordung, stützt, darf in diesem Rahmen sehr wohl weiter politisch tätig werden.

Trotzdem hat das Attac-Urteil des BFH gewisse Abgrenzungsfragen aufgeworfen. Einerseits soll Vereinen, die

zum Beispiel für Umweltschutz oder Völkerverständigung gemeinnützig tätig sind, Rechtssicherheit geboten werden, sodass für sie weiterhin wie bisher politische Aktivitäten möglich sind. Zudem soll geklärt werden, inwieweit Vereinigungen, die für sich ein allgemeinpolitisches Mandat beanspruchen, einerseits im Interesse einer aktiven Zivilgesellschaft gefördert werden können, zugleich aber die Abgrenzung zu Parteien und Wählervereinigungen geklärt und Transparenz wie bei der Parteienfinanzierung gewährleistet bleibt.

(Torsten Renz, CDU: So ist es, Herr Kollege!)

Ein Gesetzentwurf aus dem Bundesfinanzministerium liegt bisher überhaupt noch nicht vor. Alle Aufregung beruht auf Gerüchten und Halbinformationen, die von politischen Mitbewerbern verteilt, teils bewusst auch gestreut werden, hier konkret von einem GRÜNEN-Europaabgeordneten. Die Versuche, missliebige Vereine über den Entzug der Gemeinnützigkeit in Schwierigkeiten zu bringen, kommen und gingen bisher immer von einer gewissen konservativen Seite aus. Wir gehen davon aus, dass der Bundesfinanzminister – so auch seine Aussage kürzlich, als ich auf der Sprechertagung in Düsseldorf mit ihm zusammentraf – und sein Ministerium einen Vorschlag vorlegen werden, der engagierten Vereinen Rechtssicherheit bietet, wenn sie sich auch politisch engagieren, und dazu gleich eine Lösung für eher allgemeinpolitisch ausgerichtete Organisationen eröffnet.

In diesem Sinne wird sich auch die SPD-Landtagsfraktion zusammen mit der Bundestagsfraktion in den parlamentarischen Prozess einbringen, wenn denn einmal ein Gesetzentwurf des Bundesministeriums vorliegt, vom Kabinett beschlossen und in den Bundestag eingebracht wurde. Daher lehnen wir Ihren Antrag ab. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Einerseits sehr gut, andererseits sehr schlecht.)

An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass es nicht zulässig ist – und das in Richtung Besuchertribüne –, Meinungsäußerungen zu dem hier Gesagten in irgendeiner Form beizutragen, sei es auch durch bestimmte Gesten, die wohl offensichtlich gemacht wurden. Ich gehe auch davon aus, dass das im Vorfeld so durch den Besucherdienst auch klargestellt worden ist.

Und ich rufe jetzt auf für die Fraktion der CDU den Abgeordneten Herrn Wildt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Jetzt ist natürlich schon fast alles gesagt worden, insbesondere schon durch den Minister. Ich werde mich also jetzt ein bisschen kurzfassen und meine Rede mal kurzfristig etwas verändern.

Der erste Aspekt, liebe Frau Rösler, ist natürlich das Verfahren als solches. Sie fordern ja eine Bundesratsinitiative. Das halten wir nicht für richtig. Herr Gundlack hat es gerade schon angesprochen, das Verfahren liegt ja schon in Berlin vor. Das Bundesfinanzministerium arbeitet daran, es wird einen Vorschlag geben, es wird in den Bundestag gehen, und dann können Sie sich leicht

vorstellen, wenn jetzt noch alle 16 Landtage Bundesratsinitiativen starten würden, dann hätten wir ein totales Chaos.

(Zurufe von Karen Larisch, DIE LINKE, und Jeannine Rösler, DIE LINKE)

Und von der Seite her muss ich sagen, rein verfahrensmäßig ist das Kokolores, jetzt noch mal eine Bundesratsinitiative zu starten.

Aber nichtsdestotrotz finde ich Ihren Antrag natürlich – das wissen Sie auch –