Das Wort zur Begründung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU hat der Abgeordnete Herr Barlen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bereits in der Novembersitzung des Landtages haben wir hier in diesem Plenum eine Sache klar und deutlich gemacht: Wir wollen eine Lösung für die nachhaltige Sicherung der kinder- und jugendmedizinischen Versorgung in Parchim, und wir wollen dadurch gleichzeitig eine Sicherheit für die Geburtshilfe in Parchim. Das haben wir im vergangenen Monat hier an gleicher Stelle besprochen und genau das haben wir hier in diesem Saal dann auch einstimmig beschlossen.
Meine Damen und Herren, zwischenzeitlich – und deshalb bedarf es hier heute auch leider dieses weiteren Dringlichkeitsantrages –, zwischenzeitlich hat uns alle überrascht, kalt erwischt, was der Klinikkonzern eisenhart durchsetzen möchte. Meine Damen und Herren, für die Sicherung einer pädiatrischen Versorgung, die in Wirklichkeit nur eine pädiatrische Tagesversorgung ist, und für die, auch damit verbunden, Sicherung einer Geburtshilfe in Parchim, tatsächlich den Kreißsaal in Crivitz schließen zu wollen und gleichzeitig einen satten, dauerhaften Landeszuschuss für Personal und zudem weitere Boni wie beispielsweise einen Hubschrauberlandeplatz und auch profitable geriatrische Betten in Crivitz abgreifen zu wollen, meine Damen und Herren, das ist keine Lösung, das ist falsch und das lehnen wir als Koalition ab.
Meine Damen und Herren, unsere Ministerpräsidentin Manuela Schwesig hat sich am Dienstag sogleich mit den Demonstrierenden aus Crivitz solidarisiert, hat diese unsere Haltung sehr deutlich gemacht. Auch der Landrat ist in dieser Frage klar. Viele Kolleginnen und Kollegen bringen sich dort vor Ort sehr direkt ein. Ich sehe gerade Christian Brade, der da im direkten Austausch steht. Und deshalb, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, rufen wir das Thema hier im Landtag erneut auf und machen folgende Dinge sehr dringlich klar: Wir machen dringlich klar, dass es weiterhin schnell eine Lösung für die Pädiatrie, die Gynäkologie und Geburtshilfe in Parchim braucht, und zwar ohne – ich betone: ohne! – Nachteile für Crivitz,
durch Personalgewinnung, durch die Nutzung von auf dem Tisch liegenden Kooperationsangeboten, durch innovative Modelle.
Zweitens, meine Damen und Herren, machen wir dringlich klar, dass Strukturveränderungen, die bereits verabredet wurden, also die Schließung des Kreißsaals in Crivitz, die anderen Dinge, dass diese Vorhaben nicht umgesetzt werden und dass alle Umsetzungsschritte in diese Richtung sofort gestoppt werden müssen und an einer neuen Lösung gearbeitet werden muss.
Und drittens, meine sehr verehrten Damen und Herren, bekräftigen wir erneut, dass alle Menschen, gleich welchen Alters, in unserem Bundesland ein Anrecht auf einen flächendeckenden Zugang zu einer guten medizinischen Versorgung haben. Und das gilt dementsprechend auch für die kinder- und jugendmedizinische Versorgung und gleichzeitig gilt es für die ganzheitliche geburtshilfliche Versorgung. Auch wenn es mit Aufwand verbunden ist, meine Damen und Herren, wir müssen weiterhin dafür kämpfen, dass werdende Mütter den Geburtsort ihres Kindes auch weiterhin möglichst frei wählen können, ohne im Zweifel stundenlang durch das Land fahren zu müssen. Meine Damen und Herren, wir müssen also heute hier noch einmal eine klare Kante zeigen für die Region Crivitz-Parchim, für die kleinen
Meine Damen und Herren, die Frauen und Männer, die Mütter und Väter, die Großeltern, die Hebammen, die Schwestern, die Ärztinnen und Ärzte, generell alle Beschäftigten, alle Menschen in Crivitz, die auf die Straße gehen und die im Augenblick mit Leidenschaft für ihren Standort kämpfen und ihre tiefe innere Verbundenheit zu diesem Standort zeigen, meine Damen und Herren, all diese Menschen haben uns hier in ihrem Engagement an ihrer Seite. Wer einen Versorgungsauftrag übernimmt, der muss auch dazu stehen, und wer einen Versorgungsauftrag übernimmt, kann nicht irgendwann anfangen, die guten profitablen Krankenhausabteilungen gegen weniger profitable auszuspielen,
nach dem Motto, solange der Rubel rollt und gewinnträchtige Erkrankungen in ausreichender Stückzahl kommen, solange ist alles in Butter, und wenn aber Abteilungen und Versorgungsbereiche anfangen, weniger Geld abzuwerfen, dann können die am besten weg, und dann können die Patienten zusehen, wo sie bleiben oder müssen eben im Zweifel weit fahren.
Meine Damen und Herren, so kann es nicht gehen. Diese Art von Rosinenpickerei lehnen wir ab. Bei der Gesundheitsversorgung stehen nach wie vor die Interessen der Patientinnen und Patienten an oberster Stelle und eben nicht die Profitmaximierung privater Konzerne.
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und Dr. Ralph Weber, AfD – Rainer Albrecht, SPD: Sehr richtig, ja!)
Dass sich MediClin und das Mutterschiff Asklepios hiervon augenblicklich gänzlich unbeeindruckt zeigen und bei dieser, beschönigend gesagt, Portfolio-Optimierung hart bleiben wollen, zeigt in meinen Augen nur die Arroganz dieser Betreiber,
Und genau deshalb muss nun mit allen Mitteln versucht werden, eine gute Lösung für die Menschen in der Region Crivitz und in der Region Parchim zu finden. Ich möchte den Betreibern Asklepios und MediClin an dieser Stelle wirklich noch einmal nahelegen und sie wirklich auch auffordern, sich konstruktiv und nach Kräften – und eine Sache, meine Damen und Herren, müssen wir uns nämlich vor Augen halten, dieser Konzern hat große Kräfte, dieser Konzern hat große Potenziale, dieser Konzern schreibt satte Gewinne –,
dass sich diese Betreiber Asklepios und MediClin nach Kräften einbringen und eine gute Einigung für die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern möglich machen.
(Die Abgeordnete Christel Weißig bittet um das Wort für eine Anfrage. – Jochen Schulte, SPD, und Sebastian Ehlers, CDU: Einbringung! Einbringung!)
Meine Damen und Herren, für den Fall, dass sich diese privaten Betreiber nämlich weiterhin auf die Hinterbeine stellen und dass sie weiterhin tatsächlich keine Möglichkeit sehen, dem öffentlichen Interesse der Menschen in der Region Crivitz und Parchim, den werdenden Müttern und den kleinen Patienten und deren Interessen Rechnung zu tragen, muss geklärt werden, wie die medizinische Versorgung und auch die geburtshilfliche Versorgung auf andere und eben nicht privatwirtschaftliche Weise organisiert werden können. Das müssen sich alle Beteiligten klarmachen.
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine verbundene Aussprache mit einer Dauer von bis zu 55 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Wir haben in dem letzten halben Jahr intensive Bewegungen erfahren und erleben dürfen bei der Versorgung von Kindern und Jugendlichen in Parchim. Es musste eine Station abgemeldet werden, weil fünf Ärzte krank wurden und später auch nicht mehr im Konzern gearbeitet haben. Zweitens haben wir die Dinge, die gerade alle vorgetragen worden sind, gehört.
Eines will ich noch mal vorwegschicken zu dem, was Professor Weber gerade gesagt hat, dass eine Tagesklinik oder eine Portalpraxisklinik nicht hilft, die Versorgung sicherzustellen. Ich will es Ihnen am Beispiel von Wolgast mal verdeutlichen. Am Beispiel von Wolgast kann man feststellen, dass allein bis September 1.605 Behandlungen stattgefunden haben,
… dass Überwachung, telemedizinische Konzile stattgefunden haben – das waren immerhin 71 – und dass eben auch Aufnahmen auf dieser Station stattgefunden haben. Genau das, was ich damals vor drei Jahren auf den Weg
gebracht habe, wurde durch die Bürgerinitiative massiv bezweifelt. Mittlerweile erkennt auch die Bürgerinitiative an, dass diese Lösung eine Lösung ist, die trägt.
Und die 24-Stunden-Versorgung findet ab 21.00 Uhr in der Universitätsklinik in Greifswald statt. Alle anderen Dinge sind auch finanziert, werden gelebt, und man muss sagen, aus meiner Sicht ist es weiterhin ein Erfolgsmodell. Wenn Ärzte fehlen oder Pflegepersonal fehlt, müssen wir heute auch zur Kenntnis nehmen, dass sich die Welt weiterbewegt hat. Personaluntergrenzen sind heute entscheidende Prämissen. Wenn die Personaluntergrenze nicht gewährleistet wird, fehlt Qualität und dann müssen Betten oder Stationen geschlossen oder abgemeldet werden. Das gilt, seitdem der Deutsche Bundestag diesen Beschluss gefasst hat.
Zu der Frage „Tagesklinik Parchim“: Die Tagesklinik Parchim, glaube ich, ist genau richtig gewählt, um einmal dafür zu sorgen, wenn eine Gyn/Geb-Station weiter betrieben werden soll in Parchim, dass dazu auch eine Tagesklinik für Kinder und Jugendliche gehört, denn entscheidend ist – und das hat sozusagen die Ärztekammer festgelegt –, dass eine Versorgung einerseits mit Gynäkologen und andererseits mit Pädiatern am Standort sein muss, und dem entsprechen wir damit, Herr Kollege Weber.
Liebe Landsleute! Wertes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Können Sie mir mal erklären, wie eine Tagesklinik – lassen wir mal das Schönreden für die Tagesklinik in Wolgast mit zehn Betten und vielen Ärzten, mehreren Ärzten …
Wie soll denn eine Tagesklinik mit Besetzung eines Arztes funktionieren? Der hat Urlaub, der kann krank werden und sonst irgendwas. Also selbst wenn ich mal das alles, was es an Kritik über die Tagesklinik sonst noch gibt, weglasse, wie soll das mit einer Arztstelle funktionieren?