Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 85. Sitzung des Landtages. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die Tagesordnung der heutigen Sitzung liegt Ihnen vor.
Meine Damen und Herren, die von den Abgeordneten gemäß Paragraf 65 unserer Geschäftsordnung eingereichten Themen und die Reihenfolge der Geschäftsbereiche sind der Drucksache 7/4767 zu entnehmen. Laut unserer Geschäftsordnung ist für jeden Fragesteller eine Nachfrage zulässig. Die Fragen sollen nicht länger als zwei Minuten dauern und kurze Antworten ermöglichen.
Ich rufe auf den Geschäftsbereich der Ministerpräsidentin. Der Minister für Inneres und Europa wird in Vertretung die Fragen beantworten. Hierzu bitte ich den Abgeordneten Karsten Kolbe, Fraktion DIE LINKE, die Frage zum Thema Nummer 1 zu stellen.
Ja, guten Morgen, Frau Präsidentin! Guten Morgen, Herr Minister! Auf der europäischen Ebene wird momentan heftig über den mehrjährigen Finanzrahmen diskutiert, die Frage, wie sich die Europäische Union bis 2027 finanziell aufstellt. Und etwas plakativ gesprochen, gibt es ja einen Streit zwischen den Freunden der Kohäsion auf der einen Seite, wozu ja auch unser Bundesland gehören dürfte, weil wir profitieren enorm von den Strukturfonds- und den Regionalfondsmitteln, und auf der anderen Seite haben wir die Sparer, zu der ja auch die Bundesregierung derzeit gehört. Und ich frage Sie, Herr Minister: Wie wird sich Mecklenburg-Vorpommern auch in der Ministerpräsidentenkonferenz am 30.04. positionieren, dass wir als Land dort möglichst profitieren?
Ja, vielen Dank! Schönen guten Morgen, Herr Kollege! Ich nehme die Beantwortung für die Ministerpräsidentin wahr, die ja heute zur Ministerpräsidentenkonferenz ist. Zunächst erst mal ist zu sagen, dass die Ministerpräsidentenkonferenz für den 30.04. in Brüssel bisher nach wie vor geplant ist, aber ob sie stattfindet in Zeiten von Coronavirus, kann man in so einer Zeitspanne von sechs Wochen momentan nicht voraussagen.
mehrjährigen Finanzrahmen 2021 bis 2027 sind aufgrund ihrer finanziellen Bedeutung für dieses Land vor allem die Kohäsionspolitik und die Gemeinsame Agrarpolitik, also GAP, der EU. Hinsichtlich der Kohäsionspolitik verfolgt M-V wesentliche Anliegen wie Mittelausstattung. Nach den Vorschlägen der EU-Kommission zur Mittelausstattung und Verteilung könnten die Mittel für die ostdeutschen Übergangsregionen, darunter M-V, bis auf ein Drittel der Finanzausstattung in der Förderperiode 2014 bis 2020 fallen, während sie für die stärker entwickelten Regionen in Deutschland deutlich steigen würden. Da
setzen wir uns mit anderen ostdeutschen Ländern dafür ein, dass dieser Mittelrückgang durch ein regionales Sicherheitsnetz abgefedert wird. Dieses würde das bereits von der EU vorgeschlagene nationale Sicherheitsnetz ergänzen, das einen überproportionalen Mittelrückgang auf Mitgliederstaatsebene verhindern soll – also ein gleiches Modell, insbesondere für die neuen Bundesländer oder für die ostdeutschen Bundesländer.
Die europäische territoriale Zusammenarbeit, also Fortführung von INTERREG und ausreichende Mittelausstattung für die grenzüberschreitende und transnationale Zusammenarbeit, die Kofinanzierungssätze: Die EU sieht in ihrem Vorschlag einen Kofinanzierungssatz in Übergangsregionen von 55 Prozent vor. In der laufenden Förderperiode beträgt dieser Satz 80 Prozent. Durch die Absenkung drohen zusätzliche Belastungen für den Landeshaushalt, welche die Handlungsspielräume stark einschränken könnten. Daher setzen wir uns für die Anhebung der Kofinanzierungssätze auf zumindest 65 Prozent ein, wie vom EUParlament gefordert. Bei INTERREG sollte ja der bisherige EU-Kofinanzierungssatz von 85 Prozent beibehalten werden. Die EU hat hier ja 70 Prozent vorgeschlagen.
Die Regeln zur Anhebung der Mittelbindung: Wir setzen uns für eine Fortschreibung der sogenannten „n+3“-Regelung ein, nach der die Mittel, eine Jahrestranche, nach drei Jahren nach Ablauf des entsprechenden Jahres verausgabt werden können. Die EU hat für die Aufhebung der Mittelbindung eine „n+2“-Regelung vorgeschlagen. Angesichts der sich bereits abzeichnenden Verzögerungen der Fondsverordnung und der Genehmigung der Programmdokumente könne die „n+3“-Regelung Probleme bei der Umsetzung der Mittel, vor allem in den ersten Jahren nach der neuen Förderperiode, abfedern. Aufgrund der sich abzeichnenden Verzögerung sollte ähnlich wie bei GAP in Erwägung gezogen werden, eine Übergangsregelung auch in der EU-Kohäsionspolitik einzuführen, um Förderlücken zwischen Ende der laufenden und dem Beginn der neuen Förderperiode auszugleichen.
Die Mittelausstattung: Wir setzen uns für eine angemessene Mittelausstattung der GAP ein. Insbesondere die überdurchschnittliche Kürzung der zweiten Säule um rund 20 Prozent hätte erhebliche negative Auswirkungen auf die Förderung der ländlichen Räume.
Die Kappung: Degression oder die Umverteilung von Agrarzahlungen dürfen nicht zu einer Benachteiligung der gewachsenen Agrarstrukturen im Land führen. Bei der vorgesehenen Umsetzung des ELER durch einen nationalen Strategieplan und nicht mehr durch regionale Programme ist dafür Sorge zu tragen, dass regionalen Belangen in angemessener Weise Rechnung getragen wird und ausreichend regionale Gestaltungsspielräume erhalten bleiben. Bei der vorgeschlagenen Aussiedlung des ELER aus der gemeinsamen Dachverordnung mit den Strukturfonds müssen fondsübergreifende Fördereinsätze und gemeinsame Strukturen aller Fonds auf regionaler Ebene, zum Beispiel ein angemessener Begleitausschuss, möglich sein.
Letztendlich Kofinanzierungssätze selbst: Die Kommission sieht in ihrem Vorschlag einen EU-Kofinanzierungssatz im ELER von 43 Prozent vor, ohne dabei zwischen stärker entwickelten und Übergangsregionen zu unterscheiden.
Bislang beträgt der Regelsatz bei der EU-Kofinanzierung für unser Land 75 Prozent. Wir setzen uns dafür ein, dass die Kategorie der Übergangsregionen auch im ELER wieder eingeführt wird und die EU-Kofinanzierungssätze zumindest denen im EFRE und im ESF angeglichen werden.
Das sind sozusagen die Schwerpunkte, für die wir uns im Rahmen der Gesamtverhandlung miteinbringen und auch versuchen starkzumachen.
Ich rufe auf den Geschäftsbereich des Ministers für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit. Hierzu bitte ich die Abgeordnete Jacqueline Bernhardt, Fraktion DIE LINKE, die Frage zum Thema Nummer 2 zu stellen.
Guten Morgen, Frau Landtagspräsidentin! Guten Morgen, Herr Minister! Es gab ja am 19. Dezember 2019 die Vereinbarung zwischen MediClin, Asklepios, dem Wirtschaftsministerium und dem Landrat, dass zur Zukunft der Geburten- und Kinderstationen in Parchim und Crivitz ein Konzept bis zum 30. Juni erstellt werden soll. Mittlerweile werden vor Ort Gerüchte laut, dass insbesondere seitens der Klinikbetreiber diese Kooperation hintergangen wird oder nicht mitgetragen wird. Insofern stellt sich die Frage, wie weit die Erstellung des Konzeptes ist und ob alle Beteiligten daran arbeiten.
Ja, liebe Kollegin, guten Morgen! Vielen Dank für die Frage! Sie haben recht, die Kooperationsvereinbarung wurde am 19. Dezember nach verschiedenen Nachverhandlungen auf den Weg gebracht. Unterzeichner waren MediClin, Asklepios, der Landkreis Ludwigslust-Parchim und das Wirtschaftsministerium. Vom Grundsatz her geht es ja darum, dass man einerseits die Gyn/Geb-Versorgung in der Region weiter aufrechterhält und in besonderer Weise für Parchim eben auch die Frage beantwortet, ob es einen sektorenübergreifenden Ansatz für die pädiatrische Versorgung von Kindern und Jugendlichen gibt.
Es gibt seitdem intensive Gespräche, die es einerseits zwischen Landkreis und Wirtschaftsministerium, andererseits aber auch zwischen den Klinikträgern und den beiden Partnern Landkreis und Wirtschaftsministerium gibt. Es gab unterschiedliche Herangehensweisen in der ersten Phase. Da ging es aber aus unserer Sicht in besonderer Weise darum, festzustellen, wie ist die Dienstplangestaltung in den Krankenhäusern abgesichert oder auch nicht, muss man sich auch teilweise vom Dienstplan abmelden oder von der Dienstbereitschaft der 24 Stunden. Sie wissen, dass es Probleme gibt einerseits mit der ärztlichen Besetzung, andererseits mit Hebammen. Und die Ergebnisse haben gezeigt, dass es richtig war, jetzt über drei Monate sich die Dienstpläne vorlegen zu lassen, um also auch zu gucken, wie ist die Versorgung und damit auch die Sicherstellung des Versorgungsauftrages nach dem Landeskrankenhausplan. Das ist der erste Schritt.
Die zweiten Schritte befassen sich in besonderer Weise mit der Frage, gibt es einerseits Möglichkeiten, um Kooperationen in dem Sinne zu erzielen, dass auch das, was Sie als Rekommunalisierung anregen, ob das ein Thema ist oder nicht. Entscheidend ist, wie ich es auch schon
mal vor acht Wochen gesagt habe, es muss immer einen geben, der verkaufsbereit ist, und es muss einen geben, der kaufen will. Dazu gibt es zurzeit intensive Gespräche auf verschiedenen Ebenen. Ich muss Ihnen aber sagen, dass zwischen dem Landkreis und dem Wirtschaftsministerium einerseits und den Klinikbetreibern in dieser Frage erst noch Stillschweigen vereinbart ist.
Auf alle Fälle ist es so, dass das Konzept einerseits für Parchim so weit gediehen ist, dass man sagen kann, die tagesklinische Versorgung im sektorenübergreifenden Bereich für die Pädiatrie soll etwa Mitte April starten, also nach Ostern. Es gab in dieser Frage einerseits mit der KV und mit der Ärztekammer Gespräche, erstens, um einen Sitz zu bekommen, dass man also aus dem MVZ heraus die sektorenübergreifende Versorgung organisiert. Zweitens ist dann zu beantworten gewesen, ist es ein Assistenzarzt oder ist es ein Facharzt. Vom Grunde her ist es ja so, dass ein Facharzt grundsätzlich dann auch eigenverantwortlich arbeiten kann. Und wenn das nicht gelingt, soll es eine Assistenzarztstelle sein. Da muss allerdings dann die Bereitschaft der beiden jetzt im MVZ in Parchim tätigen Kinderärzte vorliegen, dann auch die Ausbildung des Assistenzarztes mit zu begleiten. Da gibt es zurzeit die Prüfung. Es gibt eine Bewerbung zu diesem Thema. Jetzt ist die Prüfung, kann die angehende Ärztin innerhalb von kurzer Zeit den Facharztabschluss machen oder müssen noch Anerkennungszeiten nachgereicht werden. Das würde also heißen, wir glauben, dass wir Ende März von der Ärztekammer eine Antwort haben und uns dann auf die Maßnahmen einstellen können.
Grundsätzlich hat Asklepios zugesagt, auch zwei Krankenschwestern zu beschäftigen, sodass die tagesklinische Betreuung sichergestellt ist. Und wichtig ist, dass die U1-Untersuchung dann auch auf der Geburtenstation vor der Entlassung der Mutter und des Kindes dann auch gemacht wird, was zurzeit ja eine Doppelbelastung für Ärzte darstellt.
Die Frage zu MediClin muss man so beantworten, dass da zurzeit weitere intensive Gespräche stattfinden. Und ich habe mir mit dem Landrat folgendes Szenario vorgenommen, dass wir versuchen, bis Ende April/Anfang Mai eine Lösung mit den Trägern auszuhandeln, die wir dann der Öffentlichkeit vorstellen wollen. So weit ist der Fahrplan besprochen. Allerdings ist es eben auch so, wenn man in Verhandlungen steckt, kommt man mal bei einer Verhandlung relativ weit und beim nächsten Mal …
Herr Minister, ich würde Sie bitten, so langsam zum Schluss zu kommen. Ich weiß, dass die Frage nicht einfach und kurz zu beantworten ist, wir haben uns aber im Ältestenrat darauf verständigt, dass die Redezeit auf fünf Minuten begrenzt sein sollte. Die haben Sie jetzt schon überschritten. Vielleicht schaffen Sie es jetzt, in einer Kurzform noch mal die letzte Antwort zu geben.
Im Dezember sprach sich die Ministerpräsidentin Schwesig für die Rekommunalisierung von Krankenhäusern aus und dass das Land Städten und Gemeinden helfen werde, die ihre Krankenhäuser von privaten Betreibern zurückkaufen wollen. Hier stellt sich die Frage, wie weit die Prüfung ist und welche konkreten Vorstellungen es hierzu gibt.
Ich habe gesagt, Rekommunalisierung kann man nicht anordnen, da muss immer einerseits ein Verkäufer da sein und einer, der kaufen will. Und zweitens ist es ja auch so, wir können nicht grundsätzlich Enteignungen vornehmen, das würde also zu Verwerfungen führen. Am Ende geht es immer so, wenn der Sicherstellungsauftrag zurückgegeben wird, dann ist es so, dass der Landkreis oder die kreisfreie Stadt dann die Versorgung sicherzustellen haben und dann auch Krankenhäuser betreiben können. Aber eine generelle Enteignung ist ein schwieriges Geschäft. Andererseits werden alle Möglichkeiten zurzeit diskutiert. Und, wie gesagt, wir haben vor, Ende April/Anfang Mai dann die Öffentlichkeit über die Verhandlungsergebnisse zu unterrichten.
Ich bitte den Abgeordneten Torsten Koplin, Fraktion DIE LINKE, die Frage zum Thema Nummer 3 zu stellen.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister! Seit dem 8. Januar dieses Jahres liegt ein Entwurf, ein Referentenentwurf, für ein „Gesetz zur Reform der Notfallversorgung“ vor. Es hat in zweierlei Hinsicht eine besondere Bedeutung auch für unser Land und zwingt auch zu einer Stellungnahme durch die Landesregierung. Das zum einen. Dass es über eine Rechtsverschiebung in der Notfallversorgung zu einer Lastentragung von Kommunen und unserem Land oder den Ländern von insgesamt 2,5 Milliarden Euro – wir wären dann anteilig betroffen – kommen würde, und zweitens, dass die vorgesehenen integrierten Notfallzentren und die Kriterien, die daran gebunden sind, mit sich führen, dass insbesondere Krankenhäuser im ländlichen Raum, kleine Krankenhäuser in große Bedrängnis kommen können, da würde mich interessieren, welche Position die Landesregierung oder Sie sich als zuständiger Fachminister bereits erarbeitet haben.
Ich denke, es ist lange überfällig gewesen, dass einerseits die klinische Notfallversorgung vor und im Krankenhaus einer Lösung zugeführt wird. Insgesamt ist zu be
grüßen, dass das alles ins SGB V aufgenommen wird, also als Regelleistung. Das, was uns in besonderer Weise stört, dass im SGB V zwar die Aufnahme vorgesehen ist, aber die Planungs- und Organisationshoheit der Länder wird eingeschränkt. Das halten wir zumindest nicht für den ganz großen Wurf. Deswegen wird das Land sich in dieser Frage auch positionieren gegenüber dem Bund, um da eine Besserung zu erreichen.
Insgesamt können wir sagen, dass es natürlich auch bei der Frage darum geht, die Verantwortung der Länder, die Finanzverantwortung, mit Augenmaß zu sehen und nicht grundsätzlich einerseits die Betriebskosten über die Krankenkassen abrechnen zu können, und andererseits dann alles, was Investitionen betrifft, sollen die Länder stemmen. Da gebe ich Ihnen völlig recht. Das ist eine Aufgabe, die zurzeit jedenfalls die Länder aus unserer Sicht überfordern wird.