Allerdings sind wir schon irritiert, wenn die Bürgermeisterin von Crivitz, Frau Brusch-Gamm, die gesundheitspolitischen Sprecher des Landtages am vergangenen Montag zu einer Problemdiskussion nach Crivitz einlädt – Herr Koplin, Sie haben in Ihren Redebeiträgen gestern mehrfach darauf hingewiesen –, nur der gesundheitspolitische Sprecher der AfD wird nicht für wert befunden, eingeladen zu werden. Frau Brusch-Gamm scheint offenbar nicht nur das Problem mit der Geburtsstation in Crivitz zu haben, sondern auch noch ein Problem mit den demokratischen Gepflogenheiten.
(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Heiterkeit bei Wolfgang Waldmüller, CDU – Zuruf von Horst Förster, AfD)
Unter Punkt I wird eine sehr allgemeine Feststellung von Selbstverständlichkeiten gemacht und die derzeitige Situation beschrieben. Dabei wird das Krankenhaus Wolgast als Problemzentrum allerdings ungerechtfertigterweise ausgelassen.
Unter II wird die Landesregierung beauftragt, ich zitiere, dass „eine flächendeckende stationäre medizinische Versorgung erhalten bleibt und stetig weiterentwickelt wird“. Bemerkenswerterweise wird kein Wort darüber verloren, dass diese in Aussicht gestellte Weiterentwicklung nicht mit einer Verschlechterung an Qualität und Service verbunden sein darf. „Weiterentwickeln“ heißt nicht automatisch, dass es besser wird, nur, dass es anders wird. Ich meine damit nämlich, dass der Zugang zur medizinischen Versorgung die Qualität der medizinischen Versorgung und die Kosten für die Patienten vernünftig sein müssen.
Es reicht uns auch nicht, wenn wir unter Punkt 3 verlangen, dass lediglich, ich zitiere, „zu prüfen“ ist, „inwieweit“ die „Weiterentwicklung des Vergütungssystems zu besseren Rahmenbedingungen“ führen könnte. Das ist unter Fachleuten meines Wissens bereits Konsens und deshalb nicht länger zu diskutieren aus unserer Sicht.
Unter 4. verlangen Sie, dass Fachkräften aus dem europäischen Ausland ein leichterer Zugang zur Anerkennung ihrer Leistungen ermöglicht wird. Was meinen Sie da mit „Leistungen“? Ich hätte ja verstanden, wenn Sie „ihrer Abschlüsse“ formuliert hätten. Aber was sind „Leistungen“? Sind Leistungen beim Sport, in der gesellschaftlichen Arbeit oder was auch immer für Leistungen ge
meint? Es erschließt sich nicht. Sollten Sie allerdings die Anerkennung fachlicher Abschlüsse meinen, so bin ich nicht der Meinung, dass die ausländischen Fachkräfte nicht adäquate Abschlüsse aufzuweisen haben wie die Ärzte oder die Fachkräfte in Deutschland.
Unter 5. wollen Sie deutschen Absolventen aus polnischen Hochschulen im Fach Humanmedizin den ungehinderten Zugang zum deutschen Berufsmarkt geben. Da frage ich mich, warum nur aus polnischen Hochschulen und nicht auch aus ungarischen. Sowohl Polen als auch Ungarn bieten deutschen Jugendlichen meines Wissens gegen gute Bezahlung die Möglichkeit eines Medizinstudiums, was gerne genutzt wird, wenn in der Heimat aufgrund der hohen Anforderungen beziehungsweise langen Wartezeiten kein Medizinstudium möglich war. Außerdem muss man sich doch fragen, warum wir nicht auch gleich in Deutschland Bezahlstudiengänge anbieten, wie es bereits die Privatuni Witten/Herdecke tut.
Nun komme ich zur gestern mehrfach angesprochenen Enquetekommission unter Punkt III. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass der Antrag mit der Formulierung „Der Landtag beabsichtigt, eine Enquetekommission ‚Zukunft der medizinischen Versorgung in MecklenburgVorpommern‘ einzurichten“ doch ziemlich vage bleibt. Herr Koplin, Sie haben gestern darauf hingewiesen.
Und dann soll diese Kommission auch noch bis zum Ende der Legislatur, das ist praktisch vor der Sommerpause 2021, einen Bericht vorlegen.
Meine Damen und Herren, Herr Ehlers hat es zwar herabgestuft, dieses Problem, aber ich sage es gleich und deutlich: Ich denke, da wird nichts Vernünftiges bei herauskommen. Ich kann mich jedoch des Eindrucks nicht erwehren, dass sich mit dieser Enquetekommission Verantwortliche geschickt aus der Affäre ziehen wollen, zumal vor der in Aussicht stehenden nächsten Landtagswahl.
Wir meinen, der zuständige Minister – und ich traue das dem Herrn Glawe durchaus zu – und sein Ministerium sollen gefälligst ihren Job machen und sich nicht hinter einer vagen, noch ins Leben zu rufenden Enquetekommission verstecken.
Der Antrag ist offensichtlich in aller Eile und meines Erachtens mit zu heißer Nadel gestrickt und zeigt eigentlich nur die Unbeholfenheit und Ratlosigkeit der Regierungskoalition, mit den selbst verursachten Problemen fertig zu werden.
ja, ich habe es Ihnen gerade gesagt. Wir überweisen den Antrag in die Ausschüsse und dort werden wir gerne darüber diskutieren können,
(Wolfgang Waldmüller, CDU: Es ist alles nur Blabla. Sie haben gar keinen Plan! – Zuruf von Dietmar Eifler, CDU)
Den Antrag in der vorliegenden Form werden wir aus den oben genannten Gründen ablehnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Christian Brade, SPD: Aber der Redebeitrag zeigt ja auch, warum Sie nicht eingeladen wurden von den Crivitzern.)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die eigene Gesundheit, die Gesundheit der Familie, der Freunde, das ist ein extrem hohes Gut. Und ohne die eigene Gesundheit – das merken wir gerade in diesen Tagen – ist alles nichts. Und das gilt unabhängig davon, ob man in der Stadt wohnt, ob man auf dem Land wohnt, woher man stammt und welches Lebensalter man hat. Deshalb ist es ganz natürlich, dass sich die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern intensiv Gedanken über den Zugang zu einer flächendeckenden und guten medizinischen und pflegerischen und übrigens auch geburtshilflichen Versorgung machen. Das ist der gesunde Menschenverstand, der einem das sagt. Das zeigen aber auch sämtliche Befragungen, welche Themen politisch ganz oben auf der Agenda stehen bei den Menschen.
Und wir als Landtag, wir als Landespolitik – ich glaube, das eint uns auch zwischen der SPD, zwischen den LINKEN und auch der CDU – müssen bei diesen ganz
elementaren Lebensfragen eng an der Seite der Menschen stehen, die diese Versorgung ganz dringend brauchen. Die Menschen erwarten zu Recht, dass der Staat sich um die wesentlichen Belange der Daseinsvorsorge kümmert und, wenn das nötig ist, dem Markt auch die Stirn bietet. Deshalb heute auch ein neuerlicher Antrag zu diesem wichtigen Thema. Wie nötig das ist, das haben wir jüngst gesehen in Crivitz, in Parchim, auch an anderen Standorten. Wir erleben das auch weiterhin. Insgesamt geht es darum, alle Krankenhaus- und Versorgungsstandorte in Mecklenburg-Vorpommern nachhaltig so zu stärken und bedarfsgerecht zukunftssicher und vor allen Dingen aber auch sektorenübergreifend aufzustellen, damit eine flächendeckende stationäre medizinische Versorgung erhalten bleibt und sich am Bedarf orientiert weiterentwickelt.
Meine Damen und Herren, dazu haben wir hier als Landtag bereits mehrfach Position bezogen und uns auch für eine Lösung für die Pädiatrie und die Geburtshilfe in Parchim ohne Nachteile für den Kreißsaal in Crivitz starkgemacht. Das vereinbarte Ziel des Erhaltes einer Gynäkologie an beiden Standorten muss weiter ernsthaft verfolgt werden. Bis Ende Juni besteht hierzu Gelegenheit. Da braucht es eine gute Gesamtlösung und in meinen Augen nach wie vor keine Lösung zulasten eines der Standorte. Es darf insgesamt nicht sein, dass das Land weiterhin dabei zuschauen muss, wenn sich einzelne privatwirtschaftlich organisierte Träger auf profitable Bereiche stürzen und wichtige, aber weniger oder nicht profitable Bereiche da eher hinten runterfallen, Stichwort, klar: „Geburtshilfe/Pädiatrie“. Wir müssen uns klarmachen, die Politik muss es sein, die die Regeln dieses Spiels bestimmt und gemeinsam mit den Beteiligten aktiv und mit klaren Anforderungen ausgestaltet.
Meine Damen und Herren, das ist die Motivation für den heutigen Antrag. Deshalb müssen wir zumindest auch für die Zukunft an den rechtlichen Regelungen arbeiten, die das Land und die kommunale Ebene in die Lage versetzen, Krankenhausträger auch zu einer ganzheitlichen Ausübung von übernommenen Versorgungsaufträgen zu verpflichten. Der Einfluss des Landes und der Kommunen muss an der Stelle steigen, der muss größer werden. Das Landesministerium muss zudem eine aktive Rolle, weiterhin eine noch aktivere Rolle bei der Ausgestaltung des Landeskrankenhausplanes spielen,
damit die Akteure der Selbstverwaltung damit umgehen können, damit die genau wissen, wohin der Hase da zu laufen hat.
Und auch, meine Damen und Herren, dass gerade in den Gebieten, wo es nur einen solchen Versorgungsanker gibt, der für eine ganze Region von einer immens großen Bedeutung ist, der auch völlig anders als in vielen anderen Städten im Bundesgebiet, auch im westlichen Teil unseres Bundesgebietes, wo es oft noch mehrere Krankenhäuser gibt, ein freigemeinnütziges, ein privates, irgendwo noch ein staatliches, und die konkurrieren sich da munter weg und es gibt einfach mehrere Standorte. Hier ist es oft ein Standort, der eine ganz große Bedeutung für die Region hat. Und diese Standorte sind wichtig und dürfen nicht gefährdet sein. Und ganz elementare Bereiche wie die Pädiatrie und die Geburtshilfe müssen wir da besonders in ihrer Bestandssicherung im Blick haben. Die dürfen nicht gefährdet werden, nur, weil es
Und deshalb, darüber haben wir bereits gestern gesprochen, der Gesundheitsminister ist darauf eingegangen, muss Mecklenburg-Vorpommern diese Entwicklung der Vergütungsstruktur natürlich im Bund auch im Blick behalten, muss sich auch dafür einsetzen, dass das auch kleineren Standorten in der Fläche eine solide finanzielle Basis ermöglicht und natürlich gleichzeitig Fehlanreize verhindert werden. Das ist klar. Und in diesem Kontext werden wir dann über die Effekte einer Rückkehr zur Selbstkostenerstattung anstelle der DRG für die Kinder- und Jugendmedizin sprechen müssen, das prüfen müssen und generell natürlich mit großem Engagement und mit Anstrengung für eine bessere Bezahlung und auch für gute Arbeitsbedingungen bei den Hebammen und bei der Geburtshilfe streiten.
Meine Damen und Herren, Stichwort „Personal“. Wir haben darüber bereits hier an dieser Stelle gesprochen. Ich bleibe dabei, dass gerade große Konzerne, die es wirklich wollen, es schaffen können, durch einen rotierenden Personaleinsatz beispielsweise, auch kleinere Häuser in der Fläche mit Personal auszustatten. Es geht auch darum, gute Löhne zu bezahlen und Arbeitsbedingungen zu bieten, die für das Personal attraktiv sind. Das brauchen wir, glaube ich, an dieser Stelle überhaupt keinem mehr zu erzählen. Das lässt einen natürlich auch kopfschüttelnd auf die eine oder andere Tarifauseinandersetzung im Augenblick im Lande blicken, möchte ich wirklich sagen. Wer heute an der Stelle ordentliche Bezahlung, gute Arbeitsbedingungen auf stur stellt, wenn es also um die Lohnverhandlungen geht, der nimmt meiner Meinung nach in Kauf, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Ende zu Recht mit den Füßen abstimmen. Das kann niemand wollen, das ist schlecht für die Versorgungssituation in der jeweiligen Region und das sei auch wirklich allen Klinikleitungen ins Stammbuch geschrieben, die sich aktuell in einer solchen Tarifauseinandersetzung befinden.
Meine Damen und Herren, darüber hinaus gilt es − zurück zur Personalgewinnung −, jenseits der Bezahlung Studierenden und ausgebildeten medizinischen Fachkräften aus dem europäischen Ausland eine leichtere Anerkennung ihrer Leistungen zu ermöglichen und den deutschen Absolventen in dem von Minister Glawe angesprochenen Fall mit einem polnischen Hochschulabschluss im Fach Humanmedizin einen Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt zu eröffnen. Das unterstützen wir als SPD-Fraktion ausdrücklich. Es darf nicht sein, dass junge motivierte Ärztinnen und Ärzte mit erfolgreichem Medizinstudium – übrigens auf Englisch – auf hohem Niveau keine Approbation bekommen, dass sie auf der Matte stehen, nicht loslegen können, weil es da Probleme bei der harmonischen Leistungsanerkennung gibt. Hier müssen sich die Behörden bewegen und wir hören mit großer Zustimmung, dass sie sich da auch bewegen. Es werden dringend Ärztinnen und Ärzte gebraucht und dieses Potenzial dürfen wir nicht ungenutzt lassen, meine Damen und Herren.
Und auch macht es, wie vorgeschlagen, in unserem Antrag auch angesprochen, Sinn, zusammen mit der Ärztekammer die Fort- und Weiterbildung zum Facharzt in Mecklenburg-Vorpommern sowie das Angebot an Praktikums- und Assistenzarztstellen im ländlichen Raum verstärkt zu fördern. Das jüngst von uns beschlossene,
ebenfalls angesprochene Landärztegesetz, die schon bestehenden Angebote bei der Weiterbildung im Bereich Allgemeinmedizin sind weitere wichtige Aspekte.