Protokoll der Sitzung vom 12.03.2020

Zu der Frage, die Herr Kollege Ehlers gerade aufgeworfen hat, ist Folgendes zu sagen: Wir hatten ja 1990/1991 noch 52 Krankenhäuser im Land. Die sind im Laufe der jeweiligen Legislaturperioden und auch durch Straffung der Krankenhauslandschaft abgebaut worden. Heute haben wir eine Struktur, von der wir überzeugt sind, dass sie für die nächsten Jahre auch tragen wird. Entscheidend wird aber sein, welche Fächer werden vorgehalten, sind es chirurgische, internistische, gynäkologische, pädiatrische, dermatologische oder orthopädische Ansätze oder Herzuntersuchungen et cetera und damit auch gefäßchirurgische Ansätze. Das muss in den einzelnen Krankenhäusern unter den neuen Bedingungen der Qualitätskriterien, die durch den Gemeinsamen Bundesausschuss der Bundesrepublik Deutschland für alle Krankenhäuser festgelegt werden, dann auch beachtet werden. Entscheidend wird aber sein, dass wir als Landesregierung im Landeskrankenhausplan grundsätzlich alle Krankenhäuser erhalten werden. Von daher bin ich eigentlich sehr optimistisch, dass auch die LINKEN am Ende dieser Struktur dann zustimmen können.

Herr Koplin hat in besonderer Weise jetzt noch mal die Rekommunalisierung ins Feld geführt. Da würde ich zumindest Folgendes dazu sagen: Ein Versorgungsauftrag kann von einem Krankenhausträger zurückgegeben werden. Das Grundgesetz schützt Eigentum und Berufsfreiheit. Mit Zwang kann ein Versorgungsauftrag nicht durchgesetzt werden – Herr Koplin, noch mal: nicht durchgesetzt werden –, wonach die Landkreise und kreisfreien Städte verpflichtet sind, Krankenhäuser zu errichten. Also ich will sagen, das, was Sie sozusagen hier einfordern, hat eine hohe Hürde im Grundsatz und im Grundgesetz. Von daher müssen Sie über diese Hürde erst mal kommen. Deswegen habe ich heute Vormittag auch gesagt, es muss immer einen Verkäufer geben und einen, der kaufen will. Wenn dieser Grundsatz erfüllt ist, kann man natürlich über jedes Thema reden und auch über einen Trägerwechsel.

Von daher sehe ich also der Diskussion relativ entspannt entgegen, weil wir gerade in der Region Crivitz, Parchim, Ludwigslust, Hagenow et cetera, denke ich, in guten Gesprächen sind, die einerseits mit dem Landkreis, andererseits mit den Trägern laufen, um auch den Kooperationsvertrag, der am 19. Dezember letzten Jahres geschlossen worden ist bis zum 30.06., mit Leben zu erfül

len. Über die Strukturen wird zu reden sein und da wird es noch weitere intensive Gespräche geben. Aber man kann nicht jeden Tag eine Wasserstandsmeldung abgeben, denn am Ende muss ein Gesamtkonzept stehen. Von daher, glaube ich, Herr Koplin, sind Sie auch als LINKE gut beraten, diesen Prozess positiv zu begleiten

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Machen wir immer!)

und nicht immer mit Panikmache.

Meine Damen und Herren, natürlich ist es auch so, dass eine Enquetekommission durch den Landtag eingesetzt werden soll. Ich finde, das ist ein richtiger Hinweis, dass in besonderer Weise im nächsten Jahr noch mal insgesamt über die Krankenhauslandschaft und deren Struktur nachgedacht wird, auch mit den Ansätzen von sektorenübergreifender Versorgung, mit telemedizinischen Ansätzen, mit Zweitbehandlungsgeboten et cetera. Das sind alles Themen, die wichtig sind. Am Ende geht es aber dann auch um die Frage, wie entwickeln wir die MVZ. Das sind ja Ihre Polikliniken, die sind hier im Land mittlerweile auch da. Frau Hildebrandt hat ja in Brandenburg auch nicht nur positive Spuren hinterlassen. Da gibt es auch genügend Kritiker, die das durchaus auch anders sehen.

Jetzt komme ich noch zu der Berufserlaubnis für polnische Ärzte. Da geht es ja darum, dass nach sechs Jahren Studium in Polen, das heißt nach europäischem Recht, 5.500 Studienstunden absolviert worden sind. Das hat dazu geführt, dass Polen noch einen Extraerlass herausgegeben hat, dass Ärzte, die die Approbation in Polen erlangen wollen, nach sechs Jahren noch ein 13-monatiges Praktikum machen müssen. Und das ist eigentlich im Widerspruch zu den europäischen Richtlinien.

Von daher hat sich das Land Mecklenburg-Vorpommern jetzt entschieden, einen Erlass herauszubringen, der dann auch dazu führt, dass einerseits die Berufserlaubnis hier in Mecklenburg-Vorpommern für Ärzte gilt, die in Polen studiert haben und die, da muss man ja von ausgehen, dann auch Muttersprache Deutsch haben, sodass sie keinen C1- und C2-Nachweis brauchen, sondern hier sofort arbeiten können. In dem Erlass, den ich nächste Woche beabsichtige, dem Landesamt für Gesundheit und Soziales zuzustellen, wird dann auch drinstehen, dass wir zusammen mit der Ärztekammer auch noch dafür sorgen wollen, dass Ärzte, die in Polen studiert haben, in Mecklenburg-Vorpommern eine Berufserlaubnis bekommen, in Krankenhäusern und MVZ arbeiten können, nach einem Jahr hier im Praktikum ein halbes Jahr Facharztanerkennung obendrauf bekommen, sodass wir versuchen, damit auch bis zu 65 Ärzte, die in Warschau oder an anderen Universitäten in Polen studiert haben, hier nach Mecklenburg-Vorpommern dann zu holen, um hier zu arbeiten und hier dann auch insgesamt in den Krankenhäusern und bei den Medizinischen Zentren dann gut ausgebildet werden, um sie nach Möglichkeit hier auch im Land zu halten. Es wird auch eine gewisse Entlastung bei den Medizinern aller Branchen bringen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Thomas Krüger, SPD: Gute Nachricht!)

Von daher bin ich also den Koalitionsfraktionen dankbar, dass Sie den Vorschlag, den ich vor, ich glaube, drei Wochen allen mitgeteilt habe, jeweils in den Regierungs

fraktionen, dass das dann auch sofort mit Leben erfüllt wird und wir in die Umsetzungsphase gehen.

Ansonsten will ich noch mal sagen, die Enquetekommission, mit Fachleuten besetzt, ist immer ein guter Weg, um insgesamt auch fraktionsübergreifend zusammen mit Fachleuten Empfehlungen auch für die Landesregierung und den Umgang mit den Krankenhäusern und den Strukturen, wie können wir die medizinische Versorgung der Bevölkerung auf hohem Niveau sicherstellen und natürlich auch dafür sorgen, dass Fachkräfte ausgebildet werden, dass Ärzte ausgebildet werden, dass die generalisierte Ausbildung auf den Weg gebracht wird.

Übrigens ist der Fonds mittlerweile ausfinanziert und die Ausbildung zur Krankenschwester, zum Krankenpfleger wird deutlich besser angenommen, nachdem wir also auch gesagt haben, dass dieser Fonds dazu führt, dass im ersten Jahr 1.000 Euro pro Monat gezahlt werden, im zweiten 1.100 und im dritten 1.150 Euro für eine angehende Krankenschwester oder für einen angehenden Krankenpfleger mit der Möglichkeit zur Spezialisierung auch zur Kinderkrankenschwester, auch zur Altenpflege. Das findet allerdings dann erst ab dem dritten Lehrjahr statt. Und wichtig ist auch, dass wir die hochschulische Ausbildung für die Pflege möglich machen, und zwar an den Standorten in Greifswald und in Neubrandenburg, wobei die Hebammenausbildung auch hochschulisch angelegt wird, das allerdings dann an der Universität in Rostock.

Und von daher, meine Damen und Herren, denke ich, ist es ein guter Vorschlag, der von den Regierungsfraktionen eingebracht worden ist. Ich hoffe, dass auch die LINKEN dem zustimmen können, denn es ist wichtig, dass wir in dieser Frage dann auch gemeinsame Empfehlungen erarbeiten. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit.

Und bei der Frage, wie kommen wir bei der Rekommunalisierung voran, würde ich eher empfehlen, der Antrag ist nicht hilfreich,

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Ach so!)

weil alle drei Strukturen, privat, Freie Wohlfahrt und kommunale Trägerschaft, in Deutschland üblich sind.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Unbenommen.)

Und wenn eine Rekommunalisierung ansteht, dann will ich das nicht als die große Nummer bezeichnen. Ich will jetzt nicht noch einzelne Standorte nennen, die gerade auch mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Sie haben ja selbst Demmin genannt. Ich glaube, das ist ein kommunaler Träger. Nichtsdestotrotz bin ich für die Vielfalt.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Wir auch.)

Ja, dann müssen Sie es auch mal sagen

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

und nicht bloß immer mit dem Knüppel durch die Gegend laufen und sagen,

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Sie sind ja gar nicht vorbereitet, auf nichts vorbereitet!)

Rekommunalisierung, Rekommunalisierung, Rekommunalisierung! Das können Sie ja schon fast singen, Herr

Koplin. Nur auf der Straße immer Parolen hochzuhalten, wird am Ende nicht tragen,

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

denn wir brauchen ausgebildete Ärzte, wir brauchen 24 Stunden rund um die Uhr Besetzung durch Ärzte und durch Hebammen und durch Krankenschwestern. Und deswegen haben wir, das habe ich heute Morgen schon mal gesagt, auch für die nächsten drei Monate die Dienstpläne der Krankenhäuser angefordert, um uns ein Bild zu machen, wie ist die Situation tatsächlich im wahren Leben und nicht auf der Straße vor einer Klinik oder mit hochgehaltenen Transparenten oder mit Herzen, oder was Sie alles so auf die Beine stellen. Das wird den Leuten nicht helfen. Wir brauchen Verlässlichkeit, wir brauchen Strukturen und wir brauchen vor allen Dingen die Versorgung der Bevölkerung auf hohem Niveau.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Na logisch!)

Und es darf kein Krankenhaus sozusagen unbesetzt sein. Und wenn es unbesetzt ist mit Fachkräften, dann muss man auch die Kraft haben, für Tage oder auch für eine Woche sich mal abzumelden. Denn es kann nicht sein, dass der Rettungswagen oder andere in eine Notfallaufnahme kommen, wo im Hintergrund keine Versorgung stattfinden kann, weil Fachpersonal fehlt, Herr Koplin. Darum würde ich auch mal in Ihrem Namen appellieren, dass das Ihnen, glaube ich, auch nicht schwerfällt, mal einzusehen. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Für die Fraktion der AfD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Dr. Jess.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Landsleute und verehrte Gäste!

Herr Koplin, gestern debattierten wir über den Antrag 7/4741 Ihrer Fraktion. Da führten Sie die Ursache der Versorgungsprobleme in der Kinder- und Jugendmedizin und der Geburtshilfe/Gynäkologie in unserem Land auf das Fallpauschalensystem, auch DRG-System genannt, zurück, was, wie ich gestern bereits ausführte, nicht ganz falsch ist. Im heutigen Antrag Drucksache 7/4742 haben Sie als Ursache der gleichen Problematik die private Trägerschaft der Krankenhäuser ausgemacht und fordern deren Rekommunalisierung.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Nein, das ist nicht so gewesen. Da haben Sie nicht richtig zugehört!)

Das liest sich aber so, Herr Koplin.

Das ist in dieser Pauschalität definitiv falsch, denn Sie lassen dabei außer Acht, dass auch Krankenhäuser öffentlicher Träger, wie zum Beispiel in Wolgast und in Demmin – der Minister hat schon darauf hingewiesen – eine Schließung der oben genannten Versorgungsbereiche realisiert haben beziehungsweise in Erwägung ziehen. Das lässt den Schluss zu, dass Ihre Ursachenforschung für die Problemsituation an der Oberfläche liegt.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Nein, das ist nicht so. Da haben Sie nicht zugehört.)

Zudem möchte ich daran erinnern, dass eine linke Landrätin das kommunale Krankenhaus Wolgast an die Unimedizin Greifswald verkaufte. Wenn nicht damals, 2006, die heutige Unimedizin sich intensiv um den Kauf des Krankenhauses bemüht hätte, dann wäre auch dort ein privater Träger zum Zuge gekommen. Aber Sie haben ja auch schon in Ihren Ausführungen deutlich gemacht, dass es offensichtlich auch ökonomische Gründe gab, die Krankenhäuser zu verkaufen.

Aber zurück zum Antrag. Wir könnten bei einer Einzelabstimmung dem Punkt 2 Ihres Antrages durchaus zustimmen, da auch wir eine Rekommunalisierung von Krankenhäusern oder von Teilbereichen als eine Handlungsoption sehen, wenn auch nicht als Königsweg. Ich beantrage also hiermit auch die Einzelabstimmung der Punkte.

Wir wissen, dass linke Politik gerne von einer Ausweitung der Staatsquote träumt, und manche aus Ihrer Partei, wie wir unlängst aus Ihrer Strategiekonferenz erfahren durften, sogar von Revolution, Erschießungsquoten bei Reichen

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

beziehungsweise von Arbeitslagern fabulieren. Wir meinen dagegen, dass wir alle, auch private Ressourcen unseres Volkes für eine gute Gesundheitsversorgung nutzen sollten, wobei ich zugebe, dass der Anteil privater Krankenhäuser in Mecklenburg-Vorpommern besonders hoch ist. Von den 37 sind gerade noch 4 in öffentlicher Hand. Damit bin ich, was den Antrag der LINKEN angeht, aber auch schon am Ende, denn meines Erachtens gibt er leider nicht mehr her.

Außerdem wurde den Anträgen der LINKEN von gestern und heute zum Thema Kinder- und Jugendmedizin und Gyn/Geburtshilfe durch den Dringlichkeitsantrag der Regierungskoalitionen in gewisser Weise der Schneid abgekauft, wie man so schön sagt.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Das war ja auch das Ziel!)

Allerdings ist es mit Ihrem Schneid, werte Kollegen der Koalition, auch nicht so toll, wenn man nämlich genauer hinschaut.

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Ihr sogenannter Dringlichkeitsantrag weist – und da hatten Sie, Herr Koplin, gestern völlig recht – keine Dringlichkeit auf. Trotzdem haben wir alle zugestimmt, ihn auf die Tagesordnung zu setzen. Es wäre dann aber auch sinnvoll gewesen, eine verbundene Aussprache über alle drei Anträge zu führen, denn der Antrag der Koalitionäre macht wieder einmal eine bereits häufiger geführte umfassende Debatte zur Sicherstellung der Gesundheitsversorgung in unserem Lande auf. Der Antrag nennt sich „Medizinische Versorgung zukunftsfähig gestalten“. Meine Damen und Herren aus SPD und CDU, Sie versuchen, sich mit dem Antrag als potenzielle Gestalter eines zukunftsfähigen Gesundheitswesens in MecklenburgVorpommern darzustellen. Da kann ich nur fragen: Warum haben Sie das in den vergangenen 30 Jahren, in denen Sie direkt oder indirekt ständig in Regierungsverantwortung in Bund und Land waren, nicht schon getan?

Wir alle müssen heute die Folgen Ihrer jahrelangen verfehlten Gesundheitspolitik in Bund und Land ausbaden, wie man so schön sagt, aber in besonderem Maße die älteren Bürger in den ländlichen Regionen, die Kinder und Jugendlichen und die Frauen in der Schwangerschaft nach den Schließungen von Stationen in Wolgast, Parchim und Crivitz oder auch die Schließung der Kinder- und Jugendmedizin in Demmin, öffentlich erwogen, wie der NDR am 24. Februar 2020 berichtete. Glücklicherweise scheint dies momentan in Zusammenarbeit mit der Universitätsmedizin Greifswald abgewehrt worden zu sein. Eine nachhaltige Lösung dieser unserer Probleme im Gesundheitswesen werden wir nur durch eine konzertierte gesellschaftliche Kraftanstrengung lösen können. Und dieser werden wir uns auch als AfD nicht verweigern.

Allerdings sind wir schon irritiert, wenn die Bürgermeisterin von Crivitz, Frau Brusch-Gamm, die gesundheitspolitischen Sprecher des Landtages am vergangenen Montag zu einer Problemdiskussion nach Crivitz einlädt – Herr Koplin, Sie haben in Ihren Redebeiträgen gestern mehrfach darauf hingewiesen –, nur der gesundheitspolitische Sprecher der AfD wird nicht für wert befunden, eingeladen zu werden. Frau Brusch-Gamm scheint offenbar nicht nur das Problem mit der Geburtsstation in Crivitz zu haben, sondern auch noch ein Problem mit den demokratischen Gepflogenheiten.