(Peter Ritter, DIE LINKE: Ich kann mich nicht erinnern, dass Frau Oldenburg gesagt hat, Dr. Jess ist ein Faschist.)
Ich möchte jetzt meine weiteren Ausführungen machen. Es gibt einen sehr schönen Spruch von Ignazio Silone: „Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus.“ Und das trifft auf Sie zu, Frau Oldenburg.
(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Peter Ritter, DIE LINKE: Da werden wir uns doch gleich wieder vor Gericht sehen, Herr Dr. Jess! Da werden Sie die nächste Klatsche kriegen. Fragen Sie mal Ihren Vorsitzenden!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Wort hat jetzt zunächst der Abgeordnete, fraktionslos, Holger Arppe.
Frau Oldenburg, wenn das alles wahr wäre, was mir da so immer unterstellt wird, dann wären Ihre Partei und ich das perfekte Team.
Vielleicht sollte ich, ich habe da einen Mitgliedsantrag liegen für die LINKE, den brauchen Sie nachher bloß noch zu unterschreiben. Wir passen gut zusammen.
Dieser Antrag – und jetzt will ich dann doch wieder ernst werden –, dieser Antrag ist ein wichtiger Antrag, gar keine Frage. Er ist allerdings eine Farce, weil er von Ihnen kommt, weil Sie dieses wichtige Thema instrumentalisieren, um gegen Ihren politischen Gegner in Gestalt der AfD zu polemisieren, denn wenn Sie es wirklich ernst meinen würden mit Ihrem Kampf gegen Hass und Gewalt und alles das, dann hätten Sie sich auch bei anderen Gelegenheiten genauso empört, zum Beispiel, als dieser Tage in Gelsenkirchen eine mehrere Meter große LeninSkulptur aufgestellt wurde, Lenin, ein Massenmörder, von dem der Satz stammt: „Wie kann man denn eine Revolution machen, ohne Menschen zu erschießen?“ Und über diese Revolution haben dann Sie von der Linkspartei ein paar Tage später in Kassel diskutiert, wo es dann wahlweise darum ging, ob man 800.000 Deutsche erschießen oder lieber zu nützlicher Arbeit in Gulags einliefern soll.
Sie haben sich auch nicht empört, als in Erfurt ein demokratisch gewählter Ministerpräsident der FDP auf Geheiß der CDU-Bundeskanzlerin weggeputscht wurde, mit Ihrer aller Unterstützung, um dann einen bekennenden StalinFan wie Bodo Ramelow
der sich darüber freut, wenn ihm im Urlaub in Russland ein Kühlschrankmagnet mit dem Konterfei eines der größten Verbrecher der Weltgeschichte begegnet,
Sie haben sich auch nicht darüber empört, als durch Zwickau unlängst die FDJ, Ihre frühere Jugendorganisation – im Grunde ist sie es ja heute noch –, durch die Innenstadt zog
(Peter Ritter, DIE LINKE: Sie haben null Ahnung! Sie haben null Ahnung, Herr Arppe, aber davon jede Menge!)
„Wir wollen jetzt wieder die Revolution, und zwar den Sozialismus in Gesamtdeutschland.“ Und diese Figuren wollen in vielen – auch in Rostock –, in vielen deutschen Städten demonstrieren.
Und nicht zuletzt: Wo war Ihre Empörung und Ihre Entrüstung, die Sie hier ja in fast schon bizarrer Art und Weise zur Schau gestellt haben, als vor ein paar Tagen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk vor einem Millionenpublikum eine linke Pastorin der evangelischen Kirche allen Ernstes zur Erstürmung der Parlamente aufrief? Kein Wort zu diesem Thema von Ihnen!
(Holger Arppe, fraktionslos: Ich danke. – Peter Ritter, DIE LINKE: Nicht nur Ihre Redezeit ist abgelaufen. – Zuruf von Thomas Krüger, SPD)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Strategie, rechtsextreme Mörder als Bestandteil einer rechtspopulistischen Bewegung zu bezeichnen und damit in die Nähe der AfD zu rücken, ist nicht nur falsch, sie ist verantwortungslos und brandgefährlich.
(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD und Holger Arppe, fraktionslos – Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)
Ich vergleiche das mit den Morden der RAF, die Zeit habe ich ja selbst erlebt. Es ist doch eben genau, das genaue Gegenteil der seinerzeit unter Helmut Schmidt gegen die RAF verfolgten Strategie. Dort wurde alles getan, die Täter, die trotz einer starken linksradikalen Szene, aus der sie stammten, in ihrem Selbstbildnis nicht darin zu bestärken, Teil eines weltweiten Klassenkampfes und damit einer politischen Bewegung zu sein, sondern die sollten – und wurden auch so bezeichnet – als ganz gemeine Kriminelle qualifiziert werden.
Und diese Strategie der gesellschaftlichen Isolierung war erfolgreich. Und anders als heute gab es auch in intellektuellen Kreisen damals eine offen bekundete sogenannte klammheimliche Freude über diese Morde. Das ist heute total anders. Ich kenne niemanden, erst recht niemanden der AfD, der irgendwo diese Morde in Kassel, Hanau und so weiter innerlich, auch nur innerlich begrüßt oder gut findet.
Jetzt geht man nämlich genau umgekehrt vor. Man stärkt Täter, selbst solche mit bizarrem Geisteswahn, und wertet sie auf, indem man sie in ihrem Selbstverständnis dem Rechtspopulismus zuordnet und damit zu Repräsen
tanten einer politischen Bewegung macht, anstatt das, was sie sind, sie schlicht als kriminelle Mörder zu qualifizieren,
und genau wie damals zu isolieren. So, wie das hier geschieht, dass man sie zum Teil einer Partei machen will, die mehrere Millionen Wähler hinter sich hat, indem man das tut und sie einer Bewegung zuordnet, wertet man sie auf, und vor allem, man erhöht, gewollt oder ungewollt, das Risiko von Nachahmungstaten.