Protokoll der Sitzung vom 11.06.2020

Meine Partei appelliert an die Landesregierung: Seien Sie einsichtig und stellen Sie für die Kitas sofort die Normalität wieder her! Mit jedem Tag, den Sie damit warten, fügen Sie dem Land weiteren Schaden zu. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Torsten Renz, CDU: Alles in einen Topf schmeißen und dann umrühren!)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 55 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen und wir verfahren so. Ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort gebeten hat zunächst für die Landesregierung die Ministerin für Soziales, Integration und Gleichstellung. Bitte schön, Frau Drese!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Bei diesem Antrag der AfD-Fraktion scheint einiges durcheinandergeraten zu sein, und auch die Einbringung hat hier keine Klarheit gebracht.

(Torsten Renz, CDU: „Einiges“ ist geschmeichelt.)

Der Titel lautet: „Regelbetrieb in der Kindertagespflege unverzüglich zulassen“. Im Beschlusstext ist dann wiederum von „Kindertagesstätten“ und „Kindertagespflegepersonen“ die Rede.

(Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Ich hoffe nicht, dass für Sie, werte Herren der AfDFraktion, „Kindertagespflege“ der Sammelbegriff für unsere Kindertageseinrichtungen ist. Unsere gute Kindertagesförderung im Land besteht aus Krippe, Kindergarten, Hort und den Tagespflegepersonen. Überall wird hervorragende Arbeit durch unsere qualifizierten Erzieherinnen und Erzieher

(Torsten Renz, CDU: Einfach mitschreiben müssen Sie jetzt!)

sowie durch Tagespflegemütter und Tagespflegeväter geleistet. Das zeigt sich gerade auch in diesen CoronaZeiten. Wir gehen mit unserer Kindertagesförderung auch in der Krise bundesweit voran.

Zurück zum Antrag, der aus einer – vorsichtig formuliert – missverständlichen Überschrift und einem Satz Beschlusstext besteht. Abgerundet wird das Ganze noch durch einen langen Satz in der Begründung. Als Sie am 27. Mai den Antrag „Regelbetrieb in der Kindertagespflege unverzüglich zulassen“ gestellt haben, da war bereits seit dem 11. Mai 2020 die Kindertagespflege wieder geöffnet, also über zwei Wochen lang. Dank der kleinen Gruppen von maximal fünf Kindern bei Tagesmüttern und Tagesvätern konnten wir hier wesentlich früher in den Regelbetrieb starten.

Im Antrag wird dann gefordert, den Betrieb der Kindertageseinrichtungen uneingeschränkt zuzulassen. Das wäre meines Erachtens grob fahrlässig, gerade auch mit Blick auf die übergroße Mehrheit der Expertinnen und Experten. Mir ist wohl bewusst, dass es Menschen gibt, die die

Corona-Pandemie nicht ernst nehmen oder die Risiken herunterspielen. Aber die Landesregierung hat gemeinsam mit dem Bund, den Landkreisen und kreisfreien Städten sowie den Kitaträgern eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung. Wir haben viel und lange und manchmal auch sehr kontrovers diskutiert, aber wir waren uns immer darin einig, alles Erdenkliche zu tun, um Infektionen und daraus resultierende Schäden von Kindern und Beschäftigten zu verhindern, weil der Regelbetrieb zu früh, ohne Hygienemaßnahmen, ohne Schutz des Personals, ohne Dokumentation der Kontakte wiederaufgenommen wird. Das ist wahrscheinlich der grundlegende Unterschied zwischen mir und Ihnen, meine Herren von der AfD-Fraktion. Und auch das Bundesverfassungsgericht hat uns in dem eingeschlagenen Weg gestern bestärkt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die aktuelle Lage in der Corona-Krise darf uns nicht zu Schnellschüssen und Unvorsichtigkeiten verleiten. Wir wägen ab mit Bedacht, mit Blick auf die Rechte der Kinder, denken an die Bedarfe der Eltern und stellen die Risiken für die Beschäftigten in der Kindertagesförderung gegenüber. Wir evaluieren fortlaufend die notwendigen Regelungen der Corona-Kindertagesförderungsverordnung und arbeiten mit Experten, mit Virologinnen und Virologen, mit Hygienikerinnen und Hygienikern, mit den Trägerverbänden und den Jugendämtern, mit den kommunalen Landesverbänden und den Gewerkschaften am schrittweisen Wiedereinstieg. Das ist durchaus mühselig, stellt alle Beteiligten vor Herausforderungen und war und ist aber meiner festen Überzeugung nach der richtige Weg.

Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, auf diesem Weg einer schrittweisen Öffnung zu Kindertagesförderungsangeboten sind wir weit und ohne Infektionen vorangekommen. Über 80 Prozent der Kinder sind bereits wieder in den Krippen und über 85 Prozent in den Kindergärten, und das täglich über viele Stunden lang. Das ist ein Ergebnis, auf das wir stolz sein können. Das alles ist auch nur möglich, weil sich die aktuellen Infektionszahlen auf einem konstant niedrigen Niveau halten. Dafür haben die Fachkräfte in unseren Einrichtungen, die Kitaleitungen, die Jugendämter und nicht zuletzt die verantwortungsbewussten Eltern viel getan. Ihnen gilt mein herzlicher Dank!

Die Landesregierung und ich als Sozialministerin können genau das verantworten, was wir ermöglicht haben. Wir nehmen unsere Verantwortung für Kinder, für Eltern, für die Erzieherinnen und Erzieher ernst. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Daniel Peters, CDU)

Jetzt gleich?

Ums Wort gebeten hat ebenfalls der Minister für Inneres und Europa. Bitte schön, Herr Caffier!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich habe mich deswegen noch mal kurz zu Wort gemeldet, weil, Kollege Förster, Sie die Landesregierung in Gänze angesprochen haben und Sie offensichtlich gestern früh zur Aktuellen Stunde nicht da waren und nicht zugehört haben, denn die Ministerpräsidentin hat explizit

ausgeführt, dass ein Corona-Expertenrat einberufen wird, der genau die Dinge beraten wird, wie es in Zukunft aussieht. Und die Opposition war eingeladen dazu, sich einzubringen, wo wir möglicherweise gegensteuern müssen und umsteuern müssen. Das haben Sie offensichtlich versäumt. Insofern kann ich nicht erkennen, dass die Landesregierung nicht bereit ist, sich mit den Experten über die Weiterentwicklung auseinanderzusetzen. – Herzlichen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Das habe ich Ihnen aber gesagt.)

Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt das Wort die Abgeordnete Bernhardt.

Sehr geehrte Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Wir behandeln heute den Antrag der AfD-Fraktion, der da heißt: „Regelbetrieb in der Kindertagespflege unverzüglich zulassen“. Es fällt mir wirklich schwer nach der Rede von Herrn Förster, hier inhaltlich zu Ihrem Antrag Stellung zu nehmen, weil er ein Sammelsurium an Themen war. Da ging es von Schwangerschaftsabbrüchen über die Relativierung von Corona bis hin zur Bezeichnung von Kindern als Virenverbreiter. Und dazu sachlich zu reden, Herr Förster, das ist einfach nur schwer, es fällt mir schwer.

Und genauso holprig, wie eigentlich Ihre Rede war, ist auch Ihr ganzer Antrag, der uns heute vorliegt, und da kann ich nur Bezug nehmen auf das, was die Sozialministerin am Anfang erzählt hatte. Das Holprige fängt schon in der Überschrift an, wo Sie davon reden, die Kindertagespflege unverzüglich zuzulassen, und dann in Ihrem Antrag auf Kita, Kindertagespflege, auf Schulen eingehen.

Und ich glaube, Sie bekommen es einfach auch nach drei Jahren, vier Jahren Landtag einfach nicht hin, die Begrifflichkeiten im KiföG auseinanderzuhalten. „Kindertagespflege“ meint etwas anderes als Krippe, Kindergarten, Hort, sondern ist eben im Paragrafen 2 Kindertagesförderungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern geregelt. Da sollten Sie vielleicht mal reingucken. Sie selber sind Jurist, Herr Weber ist Jurist, Sie haben genug Juristen. Es fällt mir einfach schwer, Sie immer wieder auf die Gesetzlichkeiten in der Kindertagesförderung hinzuweisen. Das hatten wir ja schon vor zwei Landtagssitzungen, als Sie Vollzeitäquivalente mit Personalschlüsseln gleich- setzten. Das ist einfach nur fachlich falsch. Und auch vor diesem Hintergrund fällt es schwer, bei dieser Rede zu einem fachlich unbegründeten Antrag hier Stellung zu nehmen. Aber ich versuche es dennoch und... Ja, mal schauen!

Wie gesagt, in Ihrem Antrag nehmen Sie auf die Kindertagespflege in der Überschrift …

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD)

Sie sollten schon zuhören, wenn ich mich mit Ihrem Antrag auseinandersetze! Das Selbige fordern Sie von mir, wenn Sie hier vorne stehen.

Als ich Ihren Antrag gelesen hatte und Sie sozusagen davon sprachen, die Kindertagespflege unverzüglich zuzu

lassen, erinnerte ich mich daran, dass am 11. Mai die Kindertagespflege bereits geöffnet wurde, für alle. Dort sind Gruppen von fünf Kindern untergebracht, bis zu fünf Kindern untergebracht, in einer kleinen Gruppe, wo die Hygienevorschriften eingehalten werden konnten. Insofern dachte ich schon da, es hat sich vielleicht erledigt, aber dann kam man weiter in den Text, in den Antragstext, hinein und auch da ergab sich dieses widersprüchliche Bild, was ich eben gerade gezeichnet hatte. Insofern könnte ich es mir leichtmachen und schon an dieser Stelle Ihren Antrag einfach aus fachlicher Sicht ablehnen.

Meine Damen und Herren, dieser Antrag ist nicht nur fachlich falsch, wie ich auch Ihre Rede bezeichnen muss, sondern er ist auch populistisch. Am Anfang der CoronaKrise, im März 2020, habe ich von Ihrer Fraktion hier im Land nichts gehört.

(Zuruf von Wolfgang Waldmüller, CDU)

Als es um Gemeinsamkeit ging, um Zusammenhalt, waren Sie ganz ruhig. Anders war da auf Bundesebene Alice Weidel in den Bundestagsdebatten. Ihr konnten die Maßnahmen, die beschlossen wurden, gar nicht schnell genug gehen. Da warnte Ihre Bundestagsabgeordnete vor den Gefahren durch das Corona-Virus und sie verlangte schnelle Maßnahmen, anders, als Sie es heute machen, Herr Förster. Und genau das zeigt eigentlich Ihr Agieren. Sie springen auf, wenn Ängste bestehen, Sie schweigen, wenn Solidarität und Gemeinsamkeit gefordert sind. Das ist einfach nur populistisch und aus unserer Sicht zutiefst abzulehnen.

Deshalb auch dieses ganze Agieren seit der Eröffnung der Corona-Krise. Das, was Sie heute hier auch vorlegen, das passt zu diesem ganzen Verfahren, was Sie haben. Sie springen auf Ängste auf. Insofern sehe ich Ihren Antrag eigentlich nur als Reaktion auf die Forderungen verschiedener Bürgermeister, endlich wieder zum Kitaregelbetrieb zurückzukehren. Und ich interpretiere Ihren Antrag mal so, dass es um die Kindertagesbetreuung insgesamt geht. Erst in der letzten Woche durften wir erleben, dass es im Landkreis Rostock einen entsprechenden Aufschrei gab, der auch vom Landrat Sebastian Constien unterstützt wurde. Die Forderung, zum Regelbetrieb zurückzukehren, ergibt sich danach aus der Tatsache, dass die Regelungen zum eingeschränkten Regelbetrieb in der Praxis nicht umsetzbar seien.

Ja, der Aufschrei war berechtigt, aber inwieweit das noch aktuell ist, ist eben fraglich, weil am Wochenende, am Sonntag genau, verkündete die Sozialministerin weitere Lockerungen. Es wurden Hygienehinweise überarbeitet. Somit darf mittlerweile eine Gruppe von mehreren Bezugspersonen gefördert und betreut werden. Bei der Abwesenheit eines pädagogischen Beschäftigten kann ein anderer pädagogischer Beschäftigter die Förderung der Kinder übernehmen.

Meine Damen und Herren, ich denke, aus diesen Umständen wird bereits deutlich, warum wir abermals diesem Antrag einfach nicht zustimmen können. Wie gesagt, der Antrag ist überholt, und zum Zweiten oder zum Dritten ist es auch noch, dass Lockerungen unverzüglich erfolgen. Sie selber sind Jurist. Paragraf 121 BGB sagt, was „unverzüglich“ heißt: ohne schuldhaftes Verzögern. Wir sehen, dass die Landesregierung hier ohne schuldhaftes Verzögern immer weiter geöffnet hat und immer

weiter öffnen wird. Deshalb, auch vor diesem Hintergrund hat sich eigentlich Ihr Antrag erledigt. Insofern bleibt uns einfach nur, Ihren Antrag an dieser Stelle abzulehnen. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE und Martina Tegtmeier, SPD)

Für die Fraktion der CDU hat jetzt das Wort der Abgeordnete Peters.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die AfD-Fraktion hat sich mal richtig Mühe gegeben: dreizeiliger Antragstext und ein einziger Begründungssatz. Und wie wir jetzt feststellen durften, ist Ihnen der Unterschied zwischen Kita und Kindertagespflegepersonen noch nicht mal geläufig. Ich muss sagen, das unterstreicht wirklich wahnsinnig Ihre sozialpolitische Kompetenz, meine Damen und Herren.

(Stephan J. Reuken, AfD: Das ist ein Rückenwindantrag.)

Und so, wie Sie jetzt hier sich hinstellen, ja, und sozusagen die auflagenfreie Öffnung der Kindertagesstätten fordern, haben Sie am 13. März – und, Herr Kramer, hören Sie bitte zu! – in einer Pressemitteilung gefordert, mit Vehemenz, Schulen und Kitas müssen geschlossen werden. Da wollten Sie die Speerspitze der Bewegung sein. Jetzt wollen Sie andererseits Speerspitze der anderen Bewegung sein, meine Damen und Herren.

Und ich kann Ihren Ärger ja verstehen, dass Sie in diesen Tagen nicht wirklich Gehör finden, ja?! Und warum das so ist, hat in der Einbringung der Kollege Förster, finde ich, sehr gut dargestellt. Aber, meine Damen und Herren, die populistischen Anträge, die Sie hier stellen, die werden nicht helfen, von Ihrer aktuellen Bedeutungslosigkeit abzulenken und auch von Ihren internen Machtkämpfen. Ich sage Ihnen ganz klar, konstruktive Oppositionsarbeit sieht wirklich anders aus.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Eines will ich feststellen: Die CDU-Fraktion will genauso wie alle, wie die Koalition insgesamt und natürlich auch das Ministerium, so schnell wie möglich zu einem auflagefreien Regelbetrieb zurückkommen, zum Wohle der Familien, aber das muss mit Verantwortung passieren und nicht mit Sozialpopulismus.

Bevor ich Ihnen aber die Faktenlage erörtere – wobei ich das gerne etwas raffen will, die Ministerin hat das, wie ich finde, sehr eingängig dargelegt –, möchte ich mich doch namens meiner Fraktion bei den Familien bedanken, die wirklich in den letzten Wochen Erhebliches geleistet haben – Kinder, die ihre Freunde nicht sehen konnten, und Eltern, die teilweise Rund-um-die-Uhr-Betreuung mit dem Erwerbsleben unter einen Hut bringen mussten. Das führte zu Problemen und auch natürlich zu verständlichem Ärger, doch die Schließungen und Einschränkungen, und das will ich auch betonen, die waren nicht umsonst. Vielleicht haben sie das Leben mancher Großeltern gerettet und die Gesundheit von Menschen mit Vorerkrankungen und von Risikogruppen geschützt.

Und deswegen will ich – und das ist bei Herrn Förster ja auch nicht unüblich – mal vom Thema abweichen,

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)