Protokoll der Sitzung vom 18.06.2020

Es ist vorgeschlagen worden, eine Redezeit von bis zu 55 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat für die Fraktion der AfD der Fraktionsvorsitzende Herr Kramer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Landsleute! Die Ministerpräsidentin hat es schon eingangs erwähnt und hat sich für die Zusammenarbeit bedankt. Und ja, niemand hier in diesem Raum und auch niemand in den Ministerien hat sich die Entscheidung leicht gemacht, weder die Entscheidung, wie gehen wir jetzt mit der Situation um, noch die Entscheidung, was für eine Vorlage, was für einen Antrag wird hier eingebracht werden.

Und auch ich möchte mich an dieser Stelle für die offene und transparente Zusammenarbeit bedanken, für die Zusammenarbeit mit der Ministerpräsidentin, mit den anderen Fraktionsvorsitzenden, aber auch den Ministern und dem Ministerstab dazu, aber auch bei der Landtagspräsidentin und den Angestellten und Mitarbeitern des Landtages, die es so kurzfristig ermöglicht haben, dass wir uns in den entsprechenden Räumlichkeiten treffen konnten, beraten konnten und eben auch jetzt diese Sitzung stattfinden lassen können.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Und ja, wir haben uns die Entscheidung wirklich nicht leicht gemacht. Also nur, um das mal kurz zu skizzieren:

Das war nicht so, dass wir uns irgendwie auf dem Flur kurz getroffen haben, die Köpfe zusammengesteckt haben, was machen wir jetzt, nee, es war so, dass am Sonnabendmittag um kurz vor 12 die Ministerpräsidentin mich anrief und den Weg skizziert hat, der ein möglich gangbarer Weg gewesen wäre. Und auch schon im Vorfeld der Corona-Sondersitzung hat mich der Finanzminister Meyer angerufen und hat gesagt, es sind ja nicht nur die Corona-Soforthilfen, die zu beschließen sind, wir müssen uns auch Gedanken machen über die Werften. Also es ist schon ein langer Weg, den wir hier gemeinsam gehen, getragen – so, wie Sie es schon gesagt haben, Frau Ministerpräsidentin –, getragen von Hoffnung.

Und ich muss Ihnen auch ganz ehrlich gestehen, dass ich die letzten Nächte recht schlaflose Nächte hatte, weil es wirklich keine einfache Entscheidung ist. Hier ist eben aufzuwiegen das Know-how unserer Fachkräfte, ein Traditionsberuf für unser Land gegen die Entscheidung, den Schiffbau in Mecklenburg-Vorpommern komplett einzustellen, denn darauf wird es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hinauslaufen, wenn das Projekt Genting beendet wird. Dann sind der Schiffbau in Mecklenburg-Vorpommern und dieser Traditionsberuf Geschichte.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Es gibt auch noch Wolgast.)

Für meine Fraktion und mich steht das Wohl unserer Bürger an erster Stelle, es ist Maß und Ziel unseres politischen Handelns. Deshalb werden wir den vorliegenden Beschluss zur Hilfe für die MV WERFTEN mehrheitlich mittragen.

Das Geschehen um die MV WERFTEN ist eine eindrucksvolle Lektion von Fluch und Segen der Globalisierung. Mit Genting hat sich ein ausländischer Konzern gefunden, der für den asiatischen Markt Kreuzfahrtschiffe benötigt. Und für den Bau dieser Schiffe sind die Werftstandorte Wismar, Rostock und Stralsund geeignet. Ein ausländischer Konzern, der für den ausländischen Markt hier bei uns im Land Arbeitsplätze schafft und damit unseren Bürgern Einkommen und unserem Gemeinwesen Steuern generiert – das darf man ruhig als Vorteil der Globalisierung bezeichnen.

Natürlich handelt so ein Konzern nicht uneigennützig. Es geht ihm um größtmögliche Rendite, er sucht seinen eigenen Vorteil unter Minimierung der eigenen Risiken. Man tut gut daran, sich seine Vorschläge sehr genau anzusehen, bevor man ins Geschäft kommt. Und genau das ist getan worden. Im April letzten Jahres hat der Finanzausschuss Bürgschaften des Landes in Millionenhöhe zugestimmt, um den Bau der geplanten Schiffe, etwa die gigantische „Global 1“, auf den MV WERFTEN zu ermöglichen. Auch meine Fraktion hat damals die Entscheidung mitgetragen. Grundlage dieser Entscheidung war eine sorgfältige Begutachtung des Geschäftsmodells und der damit hier schon angesprochenen verbundenen Risiken.

Auf den MV WERFTEN und bei den Zulieferern hier in Mecklenburg-Vorpommern wurden seither Tausende guter Jobs geschaffen. Junge Leute haben hier ihren Weg ins Berufsleben angetreten, konnten auf dieser Grundlage eine Familie gründen oder erhalten. Frau Ministerpräsidentin sprach es vorhin auch an und auch

ich selbst weiß nicht von wenigen Arbeitnehmern, die aus anderen Bundesländern extra deshalb wieder nach Mecklenburg-Vorpommern zurückgekommen sind. Und das ist das, was wir seit Jahren wollen: die Abwanderung junger Fachkräfte stoppen. Es wurden Millionen Euro an Gehältern und Löhnen gezahlt, es wurden aber auch Millionen von Steuern gezahlt.

Der Anblick der wachsenden Schiffe machte stolz, stolz auf die eigene Arbeit und stolz auf ein Land, in dem so etwas möglich ist, aber die Vorteile der Globalisierung sind nicht auch ohne Risiken zu bekommen. Das Corona-Virus verbreitete sich aus Asien über die ganze Welt. Die Eindämmungsmaßnahmen legten den Kreuzfahrtmarkt weltweit still. Genting büßte durch die Maßnahmen seine Geschäftsfelder ein. Hier bei uns führten diese Eindämmungsmaßnahmen zur Einstellung der Werftarbeiten, die Arbeitnehmer wurden zu größten Teilen in Kurzarbeit geschickt und sind es immer noch. Das ist in gewisser Weise der Fluch der Globalisierung. Und wenn es jetzt keine Hilfen für die MV WERFTEN gibt, dann stehen sie vor dem Aus, dann werden Tausende Arbeitsplätze auf den Werften und bei den Zulieferern verloren gehen.

Diese Krise in der Krise muss ebenfalls bewältigt werden und heute wird damit ein erster Schritt gemacht. Dabei dürfen wir nicht vergessen, auf wessen Schultern diese Last eben auch mit ruht. Hilfe kommt nicht von den internationalen Konzernen und Banken – sie bleiben auch in der Krise die kühlen, eigennützigen Rechner, die sie immer sind –, Hilfe kommt nicht von den ausländischen Regierungen oder der Europäischen Union, nein, die Hilfe kommt nur von uns selbst. Es ist die Solidarität der eigenen Landsleute, die mit ihren Steuern die Hilfen von Land und Bund finanzieren.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Und Frau Ministerpräsidentin hat vorhin auch schon den Unterschied zu den vorausgegangenen Werftenkrisen hier verdeutlicht, auch erwähnte sie den Wirtschaftsstabilisierungsfonds. Dieser bietet uns zusätzlich zu all den angesprochenen Risiken eben auch gute Perspektiven. Und bevor hier jemand den Einwand bringt, streng genommen sei das nicht so, dass es auf den Schultern der Steuerzahler hier gelastet werde, weil es doch Einnahmen von Genting selbst sind und die Locked Box doch eine eigene Sicherheit ist, erhöhen wir dennoch unser Risiko aufgrund unserer Bürgschaften.

Und, meine Damen und Herren, die komplexe Konstruktion, die hinter all diesem steht, ist für den interessierten Laien schwer verständlich und schwer durchschaubar. Bei den Bürgern kommt an, das Risiko für das Land erhöht sich, und so ist es auch. Aber dieses Risiko können wir tragen, da die Hilfsbereitschaft unserer Bürger, die Hilfsbereitschaft der Gesellschaft sich in der Krisenzeit mehr als bewährt hat. Und auf diese Hilfe gründet sich die Hoffnung für den Erhalt der gefährdeten Arbeitsplätze in Mecklenburg-Vorpommern.

Zu guter Politik gehört aber immer auch Ehrlichkeit. Es gibt Anzeichen für eine Wiederbelebung des Kreuzfahrtmarktes. Wir sind deshalb zuversichtlich, dass der Bau von Kreuzfahrtschiffen in unserem Land eine Perspektive hat, aber sicher können wir nicht sein. Es ist möglich, dass kein dauerhaftes Hilfspaket für die Werften zustande kommt. Und selbst bei Zustandekommen eines solchen

Paketes sind Arbeitsplatzverluste möglich. Frau Ministerpräsidentin hat es auch in Ihrer Einbringung schon angesprochen, mit dem heutigen Beschluss erkaufen wir uns und auch allen anderen Akteuren lediglich Zeit, aber diese Zeit ist wichtig. Diese Zeit muss Genting nutzen, ein tragfähiges Konzept zur Fortführung aller drei Standorte in Mecklenburg-Vorpommern der MV WERFTEN vorzulegen, um Grundlage für Hilfen des Bundes zu schaffen. Diese Zeit muss Genting nutzen, die Zuliefererbetriebe und andere Schuldner auszuzahlen, vor allem muss Genting über die MV WERFTEN aber ausstehende Löhne zahlen.

Abschließend noch einige Worte in Richtung der Regierungsbank: Wir danken für diesen stetig fließenden Informationsfluss, für die aktive Einbindung während dieses Prozesses. Die MV WERFTEN gehen uns alle etwas an und die Landesregierung minimiert somit ihr eigenes politisches Risiko, wenn alle politischen Kräfte mit eingebunden werden. Aber daraus folgt nicht – bei allem Verständnis zur Dringlichkeit der Sache –, den Landtag als Klatschbude für seine Zwecke zu missbrauchen. Das ist kein guter Stil.

(Beifall Dr. Ralph Weber, AfD)

Die Landesregierung bittet nämlich mit dem Antrag den Landtag, zu beschließen, die Landesregierung zu loben. Man hätte wenigstens erwarten dürfen, dass die regierungstragenden Fraktionen diesen Antrag einbringen.

Zu den Punkten III.7. bis 9. in diesem Antrag sei noch erwähnt, dass es sich hier lediglich um Banalitäten handelt, sehr geehrte Damen und Herren von der Linksfraktion, die den Eindruck erwecken, hier zu stehen, damit jemand von aktiver Mitarbeit sprechen kann. Die Pflicht zur Wiederauffüllung der Locked Box nach Punkt 7 ist sowieso Voraussetzung für die Entnahme. Zu Punkt 8: Abgesehen davon, dass die Übernahme der bestellten und im Bau befindlichen Schiffe sicher wünschenswert ist – mit Stand heute ist es utopisch, die Abnahme von geplanten Schiffen in den Forderungskatalog aufzunehmen. Dafür gibt es leider noch zu viel Unbekannte. Und zur Umweltverträglichkeit nach Punkt 9 sei gesagt, der Einbau umweltverträglicher Antriebsmaschinen wurde von Anfang an in der Planung der Schiffe berücksichtigt. Eine ständige Forderung nach einem Mehr macht diese Schiffe irgendwann zu teuer und damit unrentabel. Auf diese Art und Weise kann man das Projekt auch torpedieren, wenn man die offene Ablehnung zum jetzigen Zeitpunkt scheut.

Schlussendlich möchte ich noch einmal klarstellen, wir retten nicht Genting, wir retten keine Banken. Wir erwarten, dass Genting und die Banken auch selbst ins Risiko gehen, und das tun sie, wenn sie nächste Woche die Locked Box öffnen. Wir möchten mit diesem Beschluss heute ein starkes Signal an unsere Bürger senden. Wir glauben an ihre Arbeitsleistung, an ihren Wirtschaftszweig und wir glauben an eine gute Zukunft hier in MecklenburgVorpommern.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Und in diesem Zusammenhang erinnere ich mich an ein Banner von der IG Metall: „Wenn wir zusammenhalten, ist alles möglich.“ – Herzlichen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Vielen Dank, Herr Fraktionsvorsitzender!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU Herr Waldmüller.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn Sie sich erinnern, als die Werften, die MV WERFTEN, hier im Land gegründet wurden, da haben wir hier und viele Mitglieder in diesem Hause das auch als Glücksfall bezeichnet. Und durch diesen Glücksfall wurden Tausende Arbeitsplätze geschaffen, und von diesem Glücksfall profitieren Zulieferer und die Wertschöpfung in ganz MecklenburgVorpommern, die Zulieferer – Sie wissen, dass so ein Schiffbau ja im Wesentlichen durch die Zulieferer zustande kommt –, die Zulieferer im gesamten Land. Und ich habe die Hoffnung, dass Genting einen Beitrag für ein strukturelles Defizit, was wir im Land MecklenburgVorpommern haben – sondern sie sind Industriearbeitsplätze –, dass Genting mit den Werften einen strukturellen Beitrag leistet, um dies für uns zu verbessern.

Mit der Corona-Pandemie endet vieles: Der Kreuzfahrtmarkt in Südostasien brach zusammen, es kam zum Liquiditätsengpass bei Genting, und das hat nun auch Auswirkungen auf Mecklenburg-Vorpommern, akut zum Beispiel auf die Zulieferer der MV WERFTEN. Spätestens ab dem 1. Juli 2020 gibt es nun genau zwei Möglichkeiten: Entweder, wir ignorieren die momentane Schieflage Gentings, dann werden laufende Betriebsausgaben nicht mehr finanziert, die Werft muss folglich Insolvenz anmelden und dann wären 3.100 Arbeitsplätze unwiederbringlich weg, auch viele Zulieferer wären betroffen und außerdem würden mit der Insolvenz für uns im Land Landesbürgschaften greifen, oder wir gehen jetzt den Weg, um den uns die Landesregierung mit vorliegender Entschließung bittet, wir bekräftigen eine Entscheidung des Finanzausschusses zur Inanspruchnahme der Locked Box, also einem von Genting an Banken und Bürgen verpfändetem Kontoguthaben. Und in meinen Augen spricht alles, für unsere Fraktion spricht alles für den zweiten Vorschlag, also die Freigabe des verpfändeten Guthabens. Ich will das begründen:

Erstens. Natürlich haben wir keine Glaskugel. Dass aber der Kreuzfahrtmarkt in Südostasien von Corona nicht profitiert, leuchtet ein, und dass die Lage sich wieder entspannen wird, wenn die Pandemie überstanden ist, halte ich für plausibel. Der asiatische Markt scheint ja jetzt schon wieder vorsichtig anzulaufen. Und ich war vorhin, wie viele andere von uns auch, bei der Demonstration, und da ist ja auch mir noch einmal mitgeteilt worden, dass die Vorbuchungszahlen für 2021 dem Stand entsprechen, den wir bereits vor Corona in 2020 eben hatten. Also ist diese Aussicht auf die künftige gute Entwicklung gegeben. Dass Investoren an die Zukunft des Kreuzfahrtgeschäftes glauben, zeigen auch die Maßnahmen anderer Kreuzfahrtreedereien am Kapitalmarkt zur Überbrückung der Corona-Krise.

Mein Optimismus wird vor allem auch dadurch bekräftigt, dass Genting ein Restrukturierungskonzept für das Reedereigeschäft erarbeitet, und außerdem liegt eine Zusicherung an Bundes- und Landesmitteln zur Fertigstellung und Abnahme von „Global 1“ und von der „Endeavor 1“ vor. Mit Fertigstellung kommt auch neue Liquidität. Und das alles deutet auf ein ernsthaftes Engagement der Reederei hin. Außerdem hat Genting insgesamt bereits

1,6 Milliarden Euro in den Standort MecklenburgVorpommern investiert und bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie war der Konzern ein gesundes Unternehmen und verfügte über ausreichend Liquidität.

Zweitens. Die Mittel der Locked Box sind keine Landesmittel, das ist schon gesagt worden. Wir können uns über die Frage unterhalten, welche Auswirkungen die Freigabe der 175 Millionen auf die Bürgschaften haben, wir können uns über die Frage unterhalten, wann diese Mittel von Genting wieder aufgefüllt werden. Letzteres halte ich aber aktuell aufgrund der Schieflage des Kreuzfahrtmarktes und der daraus resultierenden Liquiditätsengpässe nicht für prioritär. Grundsätzlich muss aber klar sein, wir reden hier über die Freigabe von Mitteln, die Genting selbst als Sicherheit hinterlegt hat.

Und drittens. Mein Optimismus begründet sich auch auf die Bundeshilfen. Dreh- und Angelpunkt für die Frage nach dem Erfolg der heutigen Maßnahmen ist natürlich das Bundesprogramm, der sogenannte Wirtschaftsstabilisierungsfonds. Wir reden jetzt also über eine Zwischenfinanzierung, und danach reden wir über Bundeshilfen in Größenordnungen. Und Finanzminister und Wirtschaftsminister haben sich im Finanzausschuss optimistisch gezeigt, dass diese Hilfen aufgrund der geführten Gespräche auch kommen. Und ich war bei den Gesprächen auf Bundesebene zwar nicht dabei, aber ich habe keinen Grund, den Optimismus, der hier besteht, den Optimismus der Minister aufgrund der geführten Gespräche, in Zweifel zu ziehen. Es gibt also berechtigte Hoffnung auf eine nachhaltige Finanzierungsperspektive, und es wäre nun töricht, diese Perspektive heute faktisch auszuschlagen. Unser heutiger Landtagsbeschluss ist ein klares Signal an den Bund, je einvernehmlicher, desto besser.

Und viertens. Wenn die MV WERFTEN jetzt Insolvenz anmelden würden, wären die daraus folgenden finanziellen Folgen für das Land wahrscheinlich sogar größer als das Risiko aus der Freigabe der Locked Box. Und wir bräuchten ja jedenfalls eine Auffanggesellschaft für Arbeitnehmer, die nicht vom Insolvenzverwalter gebraucht würden, und wir bräuchten einen Massekredit, um die Schiffe fertigzubauen, und vor allem bräuchten wir einen Restrukturierungsprozess für die Werften. Und das Ergebnis einer solchen Restrukturierung wäre aber mit Sicherheit nicht noch mal ein Investor von dem Format Genting. Darauf würde ich nicht zu hoffen wagen. Ich sage es ganz klar, eine Insolvenz jetzt bedeutet das Ende der Werften in Mecklenburg-Vorpommern für viele Jahre, vielleicht für immer, und das wäre volkswirtschaftlich sicher mindestens so teuer wie die heute entstehenden Mittel für Locked.

Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir zum Schluss noch zwei Anmerkungen, auch aufgrund der Vorschläge bezüglich Auflagen für die Auszahlung der Darlehen: Ich baue darauf, dass es eine schwerölfreie Kreuzfahrtschifffahrt geben wird. Vielleicht wird MecklenburgVorpommern durch die Wasserstoffstrategie durch LNG dabei sogar irgendwann eine Vorreiterrolle übernehmen.

Und zweitens zum Abschluss: Die konstruktive Zusammenarbeit im Finanz- und Wirtschaftsausschuss hat mich sehr optimistisch gemacht über den Fortbestand des Werftenstandortes in Mecklenburg-Vorpommern. Die Opposition hat dem heutigen Vorgehen bereits im Finanzausschuss zugestimmt. Ich freue mich darüber, dass der langfristige Fortbestand des wichtigsten In

dustriezweigs in Mecklenburg-Vorpommern somit mit der Opposition einheitlich so gesehen wird, und deswegen nenne ich das sehr verantwortungsvoll und möchte mich dafür ausdrücklich bedanken. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Waldmüller!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE Herr Foerster.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Liste der Unternehmen, die aufgrund der Corona-Krise in Schwierigkeiten geraten sind und die staatliche Hilfen benötigen, ist lang. Heute reden wir hier über die Rettung unserer Werften, dem industriellen Herz unseres Landes – schon wieder, möchte man hinzufügen, denn erneut geht es um hohe Summen und ein nicht unbeträchtliches Risiko für das Land. Wenn ich hier freimütig bekenne, dass ich nach der Übernahme der Werften durch einen milliardenschweren Großkonzern darauf gehofft hatte, in dieser Wahlperiode mal nicht über Rettungspakete reden zu müssen, dann stehe ich wohl nicht alleine da.

Staunend stand ich in den letzten Jahren, wie viele andere Kollegen auch, in den riesigen Schiffbauhallen oder nahm die Produktion der Kabinen in Wismar in Augenschein. Und nun das! Es bahnte sich in den letzten Wochen bereits an, und so diskutieren wir jetzt also tatsächlich darüber, wie wir unsere Werften zunächst über den Sommer retten, um dann im Herbst mithilfe des vom Bund aufgelegten Wirtschaftsstabilisierungsfonds wieder die berühmte Handbreit Wasser unter den Kiel zu bekommen.

Das ist bitter, denn für viele von uns, für die Kommunen, in denen die Werften beheimatet sind, und nicht zuletzt für die Beschäftigten war der Einstieg von Genting Hong Kong seinerzeit ein Glücksfall. Hohe Erwartungen und große Hoffnungen schwangen damals mit, und der Konzern hielt Wort. Mit einem Milliardenbetrag reaktivierte er die Werftstandorte, modernisierte die Infrastruktur, rekrutierte und bezahlte das Personal und finanzierte den Bau von Flusskreuzfahrtschiffen zunächst ganz allein. Die Beschäftigten und die IG Metall überzeugte er damit, dass er ohne Diskussion bereit war, Tariflöhne zu zahlen. Vor diesem Hintergrund gab es auch keinen Grund, an den Absichten von Genting zu zweifeln, denn – daran möchte ich auch einmal erinnern – hierzulande war man anderes gewohnt.

Meine Damen und Herren, Bund und Land haben in den vergangenen Monaten milliardenschwere Rettungspakete auf den Weg gebracht. Auch die Summe für die Rettung der MV WERFTEN ist unbestritten hoch, sehr hoch sogar. Und auch wenn wir heute zunächst über die Freigabe von Geld, das der Eigner in der sogenannten Locked Box hinterlegt hat, sprechen, steigt das Ausfallrisiko für unser Land erheblich – um den Faktor 3, um es dann auch auszusprechen.

Schon deshalb haben Parlament und Regierung eine große Verantwortung, denn es geht bei Staatshilfen, ganz egal ob von Bund oder Land, ja immer um Geld, welches Beschäftigte und Unternehmen gleichermaßen erwirtschaftet und über Steuern abgeführt haben. Und wenn dieser Landtag dann heute ein positives Votum zur

Freigabe der Locked Box gibt, dann ist sich meine Fraktion auch darüber im Klaren, dass es dort draußen auch kritische Stimmen geben wird: Schon wieder Geld für die Werften?! Müsste man nach den Erfahrungen der letzten Jahrzehnte nicht umsteuern? Ein Fass ohne Boden! Kritik, die man verstehen muss, gerade in Zeiten, in denen viele Unternehmen infolge der Corona-Krise Probleme haben und Beschäftigte sich auch in anderen Branchen um die Sicherheit ihrer Arbeitsplätze sorgen.