Protokoll der Sitzung vom 23.09.2020

Nun ist das Anliegen im Antrag vollkommen richtig und auch erstaunlich einfach erläutert. Unser Bundesland ist das am dünnsten besiedelte und wir haben eine große Zahl kleiner Ortschaften und Siedlungen. Was das alles dann für die Menschen vor Ort bedeutet, haben wir gerade vom Minister und auch von Herrn Schulte gehört, das brauche ich hier tatsächlich nicht noch mal zu sagen. Ich möchte sagen, aus unserer Sicht gibt es zwei Möglichkeiten, diese Situation zu ändern. Entweder man ändert die Verwaltungsvorschrift oder die Richtlinien, eins von beidem. Ich gehe davon aus, dass beides im Sinne des Antrages zu dem gewünschten Ziel führen würde.

Die Richtlinien stammen übrigens auch noch aus dem Jahre 2001 und enthalten keine weiteren Punkte zum Thema Barrierefreiheit. Eine Neuerung dieser Richtlinien ist also ratsam und man könnte dann auch in dem Punkt 2.3 Satz 1, der bereits Ausnahmefälle vorsieht, im Sinne der Ortschaften, deren Einwohnerstruktur eben zu gering ist und die durchs Raster fallen, das so konkretisieren, dass man dort mehr Zebrastreifen errichten kann. Das ist die Intention dieses Antrages und dem stimmen wir zu. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Eifler.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Als der Antrag im Austausch war mit unserem Koalitionspartner, gebe ich ganz ehrlich zu, habe ich erst mal überlegt, worum geht es überhaupt.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Zebrastreifen!)

Zebrastreifen, ja, genau.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Aber ganz so oberflächlich ist das ja nicht. Das ist ja bei der Einbringung auch schon gesagt worden. Letzten Endes geht es um die Verkehrssicherheit der Menschen im ländlichen Raum.

Wir haben in den zurückliegenden Wochen und Jahren hier sehr viel von der Anpassung der Lebensverhältnisse der Menschen, die in den Städten leben und im ländlichen Raum, wie ja unser Land insgesamt geprägt ist, gehört, und insofern ist dieser Antrag auch richtig platziert, nämlich dafür zu sorgen, dass die Menschen in den ländlichen Räumen auch dasselbe Sicherheitsbedürfnis und -empfinden haben wie die Menschen, die in den Städten leben.

Die Rahmenbedingungen, um dann die Verkehrssicherheit vergleichbar auch zu gestalten, sind ja schon aufgeführt worden. Insbesondere weiß ich eben auch aus eigener Erfahrung, wie die Menschen mit ihren Sorgen zu den Bürgermeistern oder zu den Gemeindevertretern gehen, die Situation schildern und von da eben auch eine Lösung der Situation und der Probleme erwarten. Aber so, wie die gegenwärtige Rechtslage ist, ist ja auch schon ausführlich erläutert worden, ist das eben nur dann möglich, wenn die Rahmenbedingungen entsprechend sind, wie es in den Verwaltungsvorschriften aufgeschrieben ist.

Die Verwaltungsvorschriften binden natürlich auch die zuständigen Genehmigungsbehörden, und das sind im überwiegenden Teil die Landkreise. Die kreisfreien Städte, da ist diese Situation deutlich anders. Ich habe das ja schon versucht zu skizzieren. Also von daher sind dann auch die Mitarbeiter in den zuständigen Verkehrsbehörden auch gebunden an die Regelvorschriften, sodass im Wesentlichen, wie im Ansinnen, dann mit relativ einfachen Mitteln – Herr Schulte, Sie haben gesagt, es ist einfach nur ein bisschen Farbe auf die Fahrbahn zu bringen –, letzten Endes ja, aber die Wirkung und der Umstand, der damit verbunden ist, ist ja viel, viel weitgreifender.

Von daher ist dieser Antrag und diese Ausrichtung auch außerordentlich wichtig und richtig, nämlich die Landesregierung aufzufordern, im Bund dahin gehende Änderungen herbeizuführen, dass im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung auch entschieden werden kann, wo und an welcher Stelle Fußgängerübergänge und Fußgängerhilfen gebaut werden können, um sicher über die Fahrbahn zu kommen.

Wenn wir uns den Großteil unserer Dörfer anschauen, die werden überwiegend durch Bundesstraßen oder Landesstraßen geschnitten. Und das Verkehrsaufkommen ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen, sodass es eben erforderlich ist, auf diese Situation einzugehen und entsprechende Regularien dahin gehend zu ändern, um mit einem einfachen, relativ einfachen Mittel auch für die Menschen, die an solchen stark befahrenen Straßen leben und wohnen, dann entsprechend sichere Verkehrsverhältnisse zu schaffen. Überwiegend reden wir dabei über Querungen, wo Kinder in die Schule, wo der Schulweg die Straße kreuzt, wo ältere Menschen aus dem altersgerechten Wohnen oder aus welchen Umständen auch immer dann zum Einkaufen gehen. Es sind also schon konzentrierte Stellen, wo das erforderlich ist.

Es ist ja nicht zu erwarten, dass die Gemeinden jetzt ziellos Fußgängerüberwege gestalten wollen. Das ist

grundsätzlich nicht zu befürchten, weil in den Gemeinden die Entscheidungen auch verantwortlich vorbereitet und getroffen werden. Von daher kann ich einfach an der Stelle nur noch bitten, dem Antrag zuzustimmen, und der Landesregierung natürlich dann auch viel Erfolg bei der Beantragung im Bundestag und bei den Gesprächen mit den Kollegen wünschen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Dr. Schwenke.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Antrag soll mehr Verkehrssicherheit erreicht werden. Das ist gut. Alles was hilft, Unfälle zu vermeiden und Sicherheit für alle, vor allem für die schwächsten Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer, zu verbessern, das begrüßen wir. Deshalb stimmen wir dem Antrag auch zu.

(Burkhard Lenz, CDU: Danke!)

Das Problem ist hinlänglich bekannt. Viele Straßendörfer, eine typische Siedlungsform in Mecklenburg-Vorpommern, sind zerschnitten von Bundes- und Landesstraßen, vor allem die Bundesstraßen sind stark befahren. Einige Abschnitte werden nach wie vor als Autobahnvermeidungsstrecken genutzt, manchmal auch, weil diese kürzer sind als die Autobahnen. Die Bewohnerinnen und Bewohner, die direkt an so einer Straße leben, sind wirklich gestraft. Lärm oft Tag und Nacht, Erschütterungen sorgen manchmal sogar für klapperndes Geschirr im Schrank und auch manchmal für Risse am Gebäude. Das Überqueren der Straßen ist dann ein Geduldsspiel, vor allem mit hohem Risiko verbunden. Jede und jeder von uns kennt solche Orte. Ampeln sind zu teuer und für Verkehrsinseln ist manches Mal die Straße auch zu eng. Dann sollte es wenigstens möglich sein, einen Zebrastreifen anzulegen.

Die gesetzlichen Hürden, das ist schon gesagt worden, für solch einen Fußgängerüberweg, die sind zu hoch. Dabei geht es nicht nur um die Mindestzahl von Menschen, die innerhalb einer Stunde die Straße queren müssen, sondern – der Minister hat es gesagt – in der Regel darf ein Zebrastreifen nur dort angelegt werden, wo auf beiden Fahrbahnseiten ein Gehweg oder ein weiterführender Fußweg vorhanden ist. Und das ist längst nicht überall der Fall. Der Fußweg ist oftmals einseitig angelegt, manchmal auch mit großem Abstand zur Fahrbahn. Bisweilen gibt es auch überhaupt keinen Fußweg. Eine Ergänzung bezüglich dieser Aspekte sollte mit dem Antragsbegehren in einer Bundesrats- oder anderen Initiative gegenüber dem Bund noch geprüft und mitberücksichtigt werden.

Ein Zebrastreifen heißt auf Amtsdeutsch „Fußgängerüberweg“. Und das besagt, dass Fußgängerinnen und Fußgänger Vorrang haben. Auch Nutzer und Nutzerinnen von Krankenfahrstühlen und auf den Rollstuhl angewiesene Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer haben stets Vorrang. Radfahrer und Radfahrerinnen

müssen den Zebrastreifen nutzen. Die den Zebrastreifen nutzen wollen, müssen, um Vorrang zu haben, ihr Rad schieben.

Meine Damen und Herren, eine aus unserer Sicht noch bessere Lösung als ein Zebrastreifen wäre eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 Kilometer pro Stunde oder eine Kombination von beidem. Aber dafür sind die Hürden noch weit höher gesetzt. Nach wie vor ist es trotz geänderter Regelungen nicht leicht, vor Altenheimen, Krankenhäusern und Kindereinrichtungen das Tempo von Amts wegen zu drosseln. Zonengeschwindigkeitsbegrenzungen kommen aktuell nur dort in Betracht, wo der Durchgangsverkehr von geringer Bedeutung ist. Damit scheiden überregionale Straßen von vornherein aus.

Bislang dienen Tempo-30-Zonen vorrangig dem Schutz der Wohnbevölkerung sowie der Fußgänger und Fahrradfahrer. Für Gewerbe- und Industriegebiete kommen sie daher grundsätzlich nicht in Betracht. Das ist aus meiner Sicht ein mittlerweile überholter Ansatz, der allein auf Kraftfahrzeuge abzielt. Was wir brauchen, ist Gleichberechtigung der Verkehrsteilnehmer und Verkehrsteilnehmerinnen, als ersten Schritt zumindest.

Die Autoindustrie war jahrzehntelang die Leitbranche des deutschen Kapitalismus. Noch heute orientiert sich der gesellschaftliche Alltag am Autoverkehr. Nicht nur aus Sicherheitsgründen, sondern auch aus ökologischen und Klimagründen kann das so nicht weitergehen. Tempo 30 sollte innerorts auch bei Durchgangsstraßen fast überall Standard sein, in Straßendörfern ohnehin. Das würde viele Innenbereiche wirklich entlasten, könnte für die Bewohner mehr Lebensqualität und mehr Sicherheit bringen, und es könnte auch Kosten sparen. Vielleicht bräuchten wir dann auch nicht mehr so viele teure Ortsumgehungen.

Die erfolgte Straßenverkehrs-Ordnungs-Novelle ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Sie könnte, wenn sie denn endlich beschlossen würde, mehr Sicherheit für Radfahrerinnen und Radfahrer bringen. Auch werden mit dem Vorzug von Parkmöglichkeiten für Carsharing Ansätze für weniger Autos in Innenstädten geschaffen. Die Novelle bietet ein Plus an Verkehrssicherheit. Dennoch bleibt noch viel zu tun. Nach wie vor bildet die Straßenverkehrs-Ordnung die Perspektive vorrangig der Autofahrenden ab. Der Prozess des Umdenkens, die Nutzung des Verkehrsraums aus Sicht aller Verkehrsteilnehmenden abzubilden, hat gerade erst begonnen. Andere Länder sind da schon sehr viel weiter. Die Bußgeldhöhe trifft dort sehr empfindlich. Höchstgeschwindigkeiten sind festgelegt.

Der Zebrastreifen ist wahrlich keine Weltrevolution. Herr Schulte hat es mit Recht betont. Ich sagte bereits, wir werden dem Antrag zustimmen, aber der Weisheit letzter Schluss kann es nicht sein. Ja, es ist richtig, wir bräuchten mehr Flexibilität für bundesweite Regelungen, angepasst an die konkreten Bedingungen auch in den unterschiedlichen Regionen. Aber die Prioritäten müssen sich grundlegend ändern. Mobilität für alle, Barrierefreiheit, Umwelt- und Klimaschutz, Gesundheit und Lebensqualität für die Bewohnerinnen und Bewohner, das brauchen wir, Gleichberechtigung, wenn nicht sogar Vorrang für den weichen Verkehr. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete!

Auch an dieser Stelle weise ich darauf hin, dass die Abgeordneten, die an der Abstimmung teilnehmen wollen und sich derzeit nicht im Plenarsaal befinden, sich auf den Weg machen können, denn ich rufe den letzten Redner auf, und das ist für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Schulte.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Na, dann ist ja alles klar! – Zurufe von Jochen Schulte, SPD, und Schriftführer Jens-Holger Schneider)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen! Sehr geehrte Kollegen! Ich habe mich ja eben noch mal vergewissert, ich habe 18 Minuten Redezeit.

(Beifall und Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)

Ich habe nicht vor, die auszunutzen.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, erst mal herzlichen Dank an Sie, dass dieser Antrag ja offensichtlich eine breite Unterstützung hier in diesem Haus findet durch alle Fraktionen. Das freut natürlich mich – meine Fraktion und mich, der Esel nennt sich nicht zuerst.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Zebra!)

Das Zebra in dem Fall.

Aber ich denke mal, es wird auch eine Vielzahl von Menschen in diesem Land geben, die das tatsächlich dann auch positiv zu schätzen wissen, dass gerade ein Thema, das die Menschen in ihrem täglichen Leben dann auch betrifft, mit der entsprechenden Ernsthaftigkeit hier nicht nur diskutiert worden ist, sondern auch entsprechend hier durch das Plenum mitgetragen wird.

Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte nur einen Satz noch mal ausführen oder einen Punkt noch mal aufgreifen, der eben auch angesprochen worden ist von Herrn Minister Pegel. Natürlich ist es schwierig. Das weiß ich auch aus meiner anderen Tätigkeit als Anwalt, dass es schwierig sein kann, Beamte davon zu überzeugen, dass sie etwas anders machen sollen, als sie das vielleicht schon Jahrzehnte so gemacht haben. Aber auf der anderen Seite muss man natürlich auch mal die Chance sehen, weil das ist ja hier deutlich gemacht worden, dass es sich nicht um eine gesetzliche Regelung oder eine Verordnungsregel handelt, sondern es handelt sich um eine Verwaltungs..., im Grunde eine interne Verwaltungsanweisung. Und die kann relativ einfach, wenn denn der Wille besteht im Bundesverkehrsministerium, kann die relativ einfach geändert werden, ohne dass es jetzt großartiger Bundesratsinitiativen, ohne dass es eines Gesetzgebungsverfahrens bedürfte, sondern es bedarf im Endeffekt nur eines verwaltungsinternen Willens und eines entsprechenden verwaltungsinternen Handelns, damit das geändert werden kann.

Das bedeutet jetzt nicht, dass ich glaube, dass das in den nächsten 14 Tagen geändert wird. Das würde mich

jetzt überraschen. Aber ich glaube schon, dass es eine Möglichkeit gibt – und das ist dann ja tatsächlich nicht nur für die ganz kleinen Gemeinden hier in diesem Land mit den Einwohnern und Einwohnerinnen wichtig, sondern durchaus auch für Gemeinden – in der Presse ist es ja abgehandelt worden, Güstrow ist genannt worden, Barth ist genannt worden, Boltenhagen, andere Kommunen auch –, das sind ja keine Dörfer, und auch dort spielt das eine Rolle. Und ich denke mal, deswegen ist das für die Breite des Landes und für die Menschen in der Breite des Landes durchaus ein wichtiges Thema. Und ich bedanke mich noch mal für Ihre Zustimmung zu dem Antrag. – Danke schön!

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Herr Schulte!

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 7/5352. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 7/5352 einstimmig angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 12: Beratung des Antrages der Fraktion der AfD – Fall Nawalny nicht missbrauchen, Drucksache 7/5353.