Und da bin ich bei den Gasbedarfsfragen. Und jetzt wieder: in Europa betrachtet, nicht in Deutschland. Wir haben ein eng vermaschtes Gasnetz in Europa. Wir reden, wenn, dann immer über die wenigstens west- und mitteleuropäische Gasversorgung insgesamt.
Und dann mal ein Ausflug in den Planfeststellungsbeschluss für den Teil von Nord Stream, der auf mecklenburg-vorpommerschem Boden und im mecklenburgvorpommerschen Küstenmeer unterwegs ist: Für eine Planfeststellung brauchen Sie ein sogenanntes Planfeststellungsinteresse. Es muss also irgendein Gemeinwohl bedienen, was diesem natürlichen Partner „Natureingriff“ gegenübersteht, und man sagt, er ist so werthaltig, dafür gibt es das Interesse, dass ich eine solche Baugenehmigung, nichts anderes ist eine Planfeststellung, bekomme. Und diese Planfeststellungsinteressenfragen berühren auch die Frage, brauchen wir eigentlich zusätzliche Gasmengen.
Dafür hat man sich orientiert an einem EU-Referenzszenario, ein Szenario, das die EU-Kommission bis 2045/2050 hat ausblicken lassen, wie der Gasbedarf und die Gaseigenversorgung sich in Europa verhalten wird. Mal knapp zusammengefasst: Die Europäische Union – damals noch EU 28, inklusive Schweiz und Ukraine – braucht rund 500 Milliarden Kubikmeter, rund 500 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr. 494 ganz genau, knapp 500 ist die Range, die man sich gut merken kann. Und da sagt die EU-Kommission mit ihrem Referenzszenario, entwickelt 2015, das halten wir die 30 Jahre auch durch, wir werden vielleicht mehr Mengen brauchen für die Stromerzeugung in schnell regelbaren Gaskraftwerken, aber über erneuerbare Energien in der Wärme, über mehr Effizienz kriegen wir auch ein Stück weit Gas eingespart, aber im Mittel 30 Jahre lang circa gleicher Bedarf, 500 Milliarden Kubikmeter.
Um mal ein Gefühl zu geben: 2000 haben wir in der Europäischen Union, vor allen Dingen in Nordwesteuropa, noch knapp die Hälfte davon, 258 Milliarden Kubikmeter, selbst gefördert pro Jahr. Im Jahr 2015 waren wir nur noch bei 146. Also früher mal knapp die Hälfte von 500 Milliarden selbst gefördert, 2015 noch knapp ein Viertel. Für 2050 geht die EU-Kommission von noch circa 66 Milliarden aus. Mal rund gerechnet – das ist jetzt sehr grob –, knapp ein Fünftel von dem, was wir 2000 hatten, haben wir 2050 noch an Eigenproduktion, vor allen Dingen in Nordwesteuropa.
Und das gibt dann noch ein Gefühl daher, wo die erforderlichen Gasmengen als Bedarf herkommen könnten. Kurzes Gefühl: Deutschland, Italien, Großbritannien, Niederlande, durchschnittlicher Rückgang bis 2050 zwischen 66 und 94 Prozent bei den Fördermengen, die von dort kommen werden. Die EU-Kommission geht im Szenariorahmen davon aus, zusätzlicher, noch mal, zusätzlicher Importbedarf auf 2015, Range obendrauf gerechnet, im Jahr 2050 110 Milliarden Kubikmeter Erdgas, 500 rund der Bedarf, 110 davon noch nicht gedeckter, neuer zusätzlicher Importbedarf. Und jetzt die große Frage ans Auditorium, wie viel Nord Stream 2 befördern kann pro Jahr: 55 Milliarden, die Hälfte von 110. Und dann bekommen Sie ein Gefühl dafür, weshalb im Planfeststellungsbeschluss davon ausgegangen wurde, dass wir auch die UkraineLeitung und so weiter weiterhin benötigen werden, die im Übrigen an völlig andere Erdgasfelder, nämlich im Süden Russlands, anknüpft als der Bereich, über den wir uns bei Nord Stream 2 unterhalten. Aber wenn wir diese Petitessen mal außen vor lassen, dann sind wir schon bei langen Verbindungsleitungen, die ich in Russland bräuchte. Wir brauchen das Doppelte von dem, was Nord Stream 2 überhaupt kann, an zusätzlichen Erdgasmengen nach diesem Szenariorahmen 2050. Das mal für die Mengen.
Daher kommt die Überzeugung, als Übergangsbrückentechnologie brauchen wir zwingend diese Erdgaspipeline Nord Stream 2. Im Übrigen wird sie immer noch Wasserstoff speichern und befördern können. Ich glaube also nicht, dass es ein gestrandetes Investment sein wird in 30 Jahren, sondern es wird eine neue Rolle bekommen.
Zweitens. Nur einer von zwei Strängen geht bis Tschechien. Das zeigt also, erhebliche Mengen bleiben in Deutschland. Trotzdem ist es ein Teil des europäischen Gasnetzes, von daher auch tschechische Mengen.
Drittens. Das bezahlt nicht der deutsche Versorger, sondern die tschechischen, slowakischen, wer auch immer. Die Empfänger des Gases bezahlen natürlich für den Transportweg ihre Beiträge. Da gibt es nämlich festgesetzte Gebühren für, die die Bundesnetzagentur festsetzt.
Und zu guter Letzt, diese Leitung ist extrem günstig pro Kubikmeter, den Sie durchleiten, weil sie einen sehr großen Durchschnitt hat und sehr moderne Methoden. Sie senkt im Zweifel eher Preise, weil sie einen der günstigsten Preise pro transportierten Kubikmeter hat in Deutschland und nicht einen der teuersten. Also wenn überhaupt, trägt sie eher zu einer Erleichterung bei.
Und trotzdem noch mal: Wir brauchen zuweilen auch neue Infrastruktur, die dann natürlich auch in entsprechenden Netznutzungsentgelten sich abbildet, aber sie verteuert nichts. Und die tschechischen und anderen Kunden außerhalb Deutschlands bezahlen ihre transportierten Mengen in dieser EUGAL von Lubmin nach Südsachsen selbstverständlich selbst. Das wird entsprechend mit den Preisen umgerechnet.
Ich hoffe, ich konnte mit ein paar Fakten beitragen. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit! Erfolgreiche Debatte!
Vielen Dank noch mal für die Darlegung, wie wichtig Nord Stream 2 in der Energieversorgung nicht nur für unser Land, nicht nur für Deutschland, sondern auch für die Europäische Union insgesamt ist. Ich glaube, da ist in der Debatte in den letzten Wochen auch noch mal, aber ja auch schon seit Beginn der Debatte, ob man so eine weitere Pipelineröhre baut oder nicht, ja einiges an Blendgranaten in die Landschaft geworfen worden. Und da wird auch viel versucht, Stimmung zu machen, dieses Projekt doch noch zu verhindern.
Ich möchte es ähnlich wie Sie machen und mich doch am Antrag langhangeln, der uns hier heute vorliegt. Und wenn man sich den anguckt, fragt man sich natürlich schon einigermaßen erstaunt, wozu brauchen wir diesen weiteren Antrag. Wir haben, Herr Pegel hat es schon gesagt, in der letzten Sitzung ja sehr intensiv hier über die Fortführung des Baus von Nord Stream 2 diskutiert und haben ja als Landtag auch sehr deutlich Position bezogen. Wir haben den gemeinsamen Antrag gehabt von der SPD, von der CDU und auch von meiner Fraktion, und dem haben, wenn ich mich nicht ganz irre, Sie ja auch einstimmig zugestimmt, meine Herren von der AfD.
Warum stellen Sie diesen Antrag? Und wenn man sich dann diesen ja doch recht dünn beschriebenen Antrag, der hat zwei Punkte und einen kurzen Sachverhalt, anschaut, dann wird man eigentlich im Sachverhalt fündig, warum man ihn jetzt doch brauchen könnte,
Dann kommen Sie auf den Fall Nawalny und sprechen in diesem Zusammenhang davon, dass das jetzt massiv infrage gestellt wird, neuerdings auch von Politikern unseres Landes.
Und das ist jetzt das Entscheidende, weil wir sind hier im Landtag, wir sind im Land Mecklenburg-Vorpommern, und auch Politiker unseres Landes stellen das Projekt infrage.
Da habe ich mir gedacht, na gut, wenn das so stimmt und wenn das so sein sollte, steht das da drin, dann wäre das ja vielleicht ein Grund, wenn einzelne Politiker oder Politikerinnen jetzt den Beschluss, den sie das letzte Mal gefasst haben, zu dem nicht mehr so ernst stehen würden, das wäre ja möglich.
Und, Herr Renz, da seien Sie mir gar nicht böse, aber habe ich zuerst gedacht, na ja, also, wenn irgendjemand das infrage stellt, dann vielleicht am ehesten die CDU. Da hört man ja aus der Bundespolitik verschiedene Signale.
Herr Röttgen hat sich da ja sehr kritisch geäußert. Da habe ich natürlich geschaut, wie sieht es denn aus mit der CDU. Sind die uns etwa von der Stange gegangen?
Da habe ich nachgeschaut. Und dann habe ich ja geguckt, was in der SVZ so verlautbart wurde zu Nord Stream 2. Da hat sich Ihr neuer Vorsitzender geäußert, der Herr Sack. Und der sagt: „Die Verträge, die wir geschlossen haben, sollten wir auch einhalten.“ Also keine neue Position, das ist erst mal gut. Und dann Torsten Renz, der hat auch was gesagt. Torsten Renz hat gesagt: „Ich teile die Position von Herrn Röttgen nicht.“
Also auch dort keine neue Position, sondern auch die CDU steht zu dem, was wir das letzte Mal beschlossen haben. Das heißt eigentlich, das einzige inhaltliche Argument zu sagen, diesen Beschluss noch mal zu erneuern, liegt darin, dass wir jetzt eine andere Mehrheitsverteilung haben, das hat sich eigentlich erledigt.
dann kann man natürlich ganz öffentlich sagen, ja, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die schaden da dem Land massiv, aus meiner Einschätzung. Gegen dieses Infrastrukturprojekt so Sturm zu laufen, das ist ja auch wieder neu. Und mit Verlaub, ich finde das auch wenig überraschend, dass die GRÜNEN das machen, aber das müssen sie ganz mit sich selbst klären.
Und dann sagen Sie ja noch, gut, die Landesregierung soll in die Spur geschickt werden. Und nun sind wir ja oft sehr kritisch zur Landesregierung und auch zu Recht sind wir sehr oft sehr kritisch zur Landesregierung,