Protokoll der Sitzung vom 24.09.2020

Mit der weder notwendigen noch verhältnismäßen Aussperrung der Tagestouristen hat die Landesregierung eine weitere Todsünde gegen die Verhältnismäßigkeit begangen und der Gastronomie einen riesigen Schaden zugefügt. Das skurrile Geschehen bei Gadebusch, wo Personen aus Schleswig-Holstein in einem grenznahen See badeten, sollte unter dem Kapitel „gelebte deutsche Einheit“ in die Geschichte eingehen. In einem von der Landesregierung verursachten Klima der Denunziation schrieben Bürger aus M-V die Kennzeichen der fremden Fahrzeuge auf und riefen die Polizei gegen die Eindringlinge aus dem Nachbarland um Hilfe. Diese wurden dann von der Polizei erfolgreich in ihr Herkunftsland abgeschoben, was sonst bekanntermaßen nicht funktioniert.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Um coronafreie Schuleinzugsbereiche geht es hier.)

Das war keine Erfolgsgeschichte,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wovon reden Sie eigentlich?)

das war nur noch peinlich.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Um coronafreie Schuleinzugsbereiche! Junge, Junge, Junge!)

Und um genau so eine überschießende und unverhältnismäßige Maßnahme verhält es sich bei der Maskenpflicht an Schulen. Und da die anderen Parteien unseren darauf gerichteten Antrag im August geschlossen abgelehnt haben, haben wir unseren Antrag auf sämtliche Corona-Maßnahmen erweitert und zugleich gezielt auf die Schulen beschränkt, in deren Einzugsbereich es keine Infektionen gibt. Hier gibt es nun wirklich keine vernünftigen Argumente mehr für eine Aufrechterhaltung der Maskenpflicht und der weiteren Maßnahmen. Wir werden die Koalition mit diesem Thema so lange konfrontieren, bis bei Ihnen der Widerstand gegen die Vernunft bröckelt.

Aber vielleicht hilft es ja auch, wenn Sie sich nicht nur von Experten beraten lassen, die in den Labors zu Hause sind, sondern von Medizinern, die tagtäglich mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben. Diese werden Ihnen nicht nur bestätigen, wie schlimm sich die Schulschließungen ausgewirkt haben, sie werden auch von der Maske abraten und wie der Chefarzt der Kinderklinik in Neubrandenburg sagen, lasst unsere Kinder ganz normal ihr Leben leben. Die Normalität ist der beste Schutz.

Und nun komme ich noch mal ganz kurz auf die offizielle Begründung für die Maskenpflicht zurück. Laut einer Pressemitteilung vom 4. August 2020 heißt es: „In den vergangenen Tagen ist ein Anstieg der Neuinfektionen in Deutschland zu verzeichnen. Die Gesundheitsexpertinnen und -experten...“ – das Übliche – „haben uns angesichts dieser Entwicklung jetzt empfohlen, eine Maskenpflicht, also die Pflicht zum Tragen einer Mund-NasenBedeckung, einzuführen.“ Das war also die Begründung, dass die Infektionszahlen stiegen. 4. August! Und es steht fest – das, was ich eben genannt habe, waren die offiziellen Zahlen des RKI-Instituts –, dass die Positivrate

sich überhaupt nicht verändert hatte. Die Infektionszahlen waren aufgrund von mehr Tests entsprechend sogar etwas weniger gestiegen, die Positivrate war unverändert. Das heißt im Klartext, die von Ihnen gegebene Begründung für diese Maskenpflicht an den Schulen ist total von den Fakten widerlegt. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 55 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen und ich eröffne die Aussprache.

Für die Landesregierung hat ums Wort gebeten die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Bitte schön, Frau Martin!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn kleine Kinder sich vor was fürchten, dann machen sie manchmal einfach die Augen zu und hoffen, dass die Bedrohung damit weg ist. Bei kleinen Kindern mag das ganz niedlich sein. Von Politikerinnen und Politikern wird zu Recht erwartet, dass wir Lösungen für Probleme erarbeiten und Maßnahmen gegen Gefährdungen der Menschen in unserem Land ergreifen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Sie, verehrte Herren der AfD, beweisen mit diesem Antrag erneut, dass Sie dieser Verantwortung nicht gewachsen sind,

(Thomas Krüger, SPD: Genau so! – Zuruf von Dirk Lerche, AfD)

denn das Corona-Virus ist nicht einfach so weg, auch wenn Sie die Augen noch so fest zumachen. Und deswegen ist es schlicht unverantwortlich zu fordern, dass wir in Schulen die Hygienemaßnahmen einfach abschaffen.

Und ganz ehrlich, zu sagen, es gibt eine Region, wo kein Infektionsgeschehen ist, das mag ja sein, aber was sagt Ihnen, dass nicht morgen oder schon gestern die Situation eine ganz andere ist?

(Horst Förster, AfD: Wie viele Jahre wollen Sie denn das noch so durchführen?!)

Es sind nämlich genau diese Hygienemaßnahmen, mit denen wir während dieser Pandemie den täglichen Regelbetrieb in unseren Schulen überhaupt möglich machen. Und das muss doch unser Ziel sein, sehr verehrte Damen und Herren! Wir müssen dafür sorgen, dass die Kinder wieder so viel Schule haben wie möglich,

(Präsidentin Birgit Hesse übernimmt den Vorsitz.)

und wir müssen erneute flächendeckende Schulschließungen unbedingt verhindern.

Seit fast zwei Monaten gehen nun unsere Schülerinnen und Schüler in M-V wieder täglich zur Schule. Ja, es gab vereinzelt Infektionen, die in einige Schulen hineingetra

gen wurden und wodurch in Folge einige Klassen und auch Lehrkräfte für einige Tage in Quarantäne geschickt werden mussten. Und in drei Fällen wurde auch kurze Zeit eine Schule ganz geschlossen. Aber was viel wichtiger ist: Seit dem 3. August 2020, also seit dem Schulstart nach den Sommerferien, waren zu jeder Zeit mehr als 99 Prozent aller Schülerinnen und Schüler in der Schule, jeden Tag, fünf Tage die Woche, und es ist in fast allen Infektionsfällen gelungen, die Quarantäne einzugrenzen auf die direkten Kontaktpersonen, also auch auf die definierten Gruppen.

Die Rechnung geht also auf. Wir reagieren schnell und punktuell, regional und konkret, jeweils abgestimmt auf den Einzelfall. Dass dies bisher so gut gelungen ist, ist auf das gute Hygienekonzept des Landes für unsere Schulen zurückzuführen und auf die hervorragende Zusammenarbeit der Schulbehörden mit den örtlichen Gesundheitsbehörden.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Sehr viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten in diesen Zeiten weit über das Normalmaß hinaus. Da wird nicht gefragt, ob es Wochenende ist oder abends. Wenn Eltern zu informieren sind, wenn Maßnahmen zu ergreifen sind, gucken die Kolleginnen und Kollegen eben nicht auf die Uhr in den Ämtern, sondern gehen einfach an die Arbeit. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle auch mal ganz herzlich bedanken.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, vor uns liegen Herbst und Winter. Die Erkältungszeit beginnt. Jetzt muss es darum gehen, dass die Kinder auch in dieser kalten Jahreshälfte weiterhin verlässlich täglich in die Schule gehen können. Und wir wollen natürlich auch, dass die Lehrkräfte genügend Sicherheit am Arbeitsplatz haben, auch in dieser Erkältungszeit. Deshalb haben wir entschieden, die freiwilligen Testungen für alle an Schule Beschäftigten auszuweiten. Wir hatten zunächst ja vorgesehen, dass das bis zu den Herbstferien läuft, dass alle sich fünfmal freiwillig testen lassen dürfen. Dieses Angebot haben wir nun bis zum Ende des Jahres ausgeweitet.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ja, und wer hats vorgeschlagen?!)

Nein, das hatten wir schon vorher geplant.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Jaa!)

Und wir haben beim MV-Gipfel in der vergangenen Woche entschieden, dass wir ein Pilotprojekt starten, in dem wir das Fiebermessen der Schülerinnen und Schüler erproben wollen. Für dieses freiwillige Projekt wollen wir in jedem Landkreis und in jeder kreisfreien Stadt eine Schule gewinnen, um das Fiebermessen zu erproben.

Auch haben wir ein sogenanntes Fließschema, also so ein Schnupfenpapier, durch das LAGuS entwickeln lassen, das wir an die Schulen weitergegeben haben. Darin gibt es Hinweise, wie damit umgegangen wird, wenn ein Kind, ein Schulkind, einen Schnupfen hat, eine Schniefnase hat. Was sind Symptome, wo man sich Sorgen machen muss? Was sind Symptome, wo können Kinder

in die Schule gehen? Ich denke, das ist eine sehr wichtige Hilfe auch für die Eltern.

Und auch das Lüften der Schulräume wird in den kommenden Monaten eine wichtige Rolle spielen. Schon jetzt sieht es unser Hygieneplan vor, dass Lüften, regelmäßiges Lüften, Pflicht ist. Diese Regelung wird in den Wintermonaten natürlich noch mehr und noch wichtiger sein. Ich habe dazu Gespräche mit den Schulträgern geführt, damit sichergestellt wird, dass die Schulen mit ihren Unterrichtsräumen, dass dort auch das Lüften erfolgen kann. Es hat gestern eine Schalte, ein Expertengespräch auf KMK-Ebene stattgefunden, wo Ratschläge gegeben wurden durch die Expertinnen und Experten, die unser Konzept auch bestätigen.

Bevor in rund zwei Wochen die Herbstferien beginnen, werden wir außerdem ein Hinweisschreiben an alle Eltern erstellen, dass wir Eltern dort darauf hinweisen, dass, wenn sie in ein Risikogebiet fahren, was wir nicht hoffen und nicht empfehlen natürlich, aber wenn sie dann zurückkommen, dass die Kinder dann in Quarantäne müssen und nicht in die Schule gehen dürfen.

(Beifall Thomas Krüger, SPD)

Wir werden dort auch ein Formular beilegen, das die Eltern dann ausfüllen, die ihre Kinder in die Schule schicken, natürlich eben nicht aus den Risikogebieten kommend, und dort versichern, dass sie eben nicht in einem Risikogebiet waren. Wie gesagt, unsere Erfahrungen zeigen es, dass das Virus nicht in den Schulen lauert, sondern in die Schulen hineingetragen wird. Und es ist leider so, dass wir feststellen mussten, dass in mehreren Fällen Reiserückkehrer diese Infektionen auch hervorgerufen haben.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich könnte an dieser Stelle noch viel sagen. Ich könnte auf vieles eingehen, was Herr Förster so eben zu Hygienemaßnahmen von sich gelassen hat. Wir hatten ja vorhin das Vergnügen, konnten schon lange darüber reden, was sinnvolle oder weniger sinnvolle Vorschläge sind, um Corona zu bekämpfen. Ich würde mich deswegen da etwas beschränken. Ich könnte davon berichten, wie hart die Schulämter, die Gesundheitsämter, die Schulleitungen und Lehrkräfte daran arbeiten, Schule trotz Pandemie möglich zu machen. Ich könnte erklären, wie wichtig die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie sind, auch und gerade für Schule. Und ich könnte betonen, dass es genau all diese Schutzmaßnahmen und Hygienemaßnahmen sind, die uns in M-V bisher so gut durch diese Krise geführt haben. Und es sind genau diese Maßnahmen, die die Fallzahlen kleingehalten haben.

(Horst Förster, AfD: Das wissen Sie doch gar nicht!)

Doch all das habe ich bereits getan, nämlich in meiner Gegenrede zum Antrag der AfD-Fraktion zur Abschaffung der Maskenpflicht auf der vergangenen Landtagssitzung – auch so ein Versuch, die notwendigen Schutzmaßnahmen infrage zu stellen und damit die Gesundheit der Kinder und der Lehrkräfte aufs Spiel zu setzen. Mir fällt da nur ein einziges Wort ein: unverantwortlich!

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Nun ja, während Sie die Augen vor der Realität verschließen, kümmern wir uns darum, dass die Kinder und

Jugendlichen weiter jeden Tag in die Schule gehen können, darum, dass die Arbeitskräfte, also unsere Lehrkräfte und Schulleitungen, sichere Arbeitsbedingungen haben, und darum, dass der Alltag für alle eine größtmögliche Normalität hat. Und deshalb bitte ich Sie, diesem Antrag nicht zuzustimmen. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE die Fraktionsvorsitzende Frau Oldenburg.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Es war eine Kurzintervention angemeldet.)

Entschuldigung, das ist dem Wechsel geschuldet. Ich habe noch, mir liegt noch ein Antrag auf Kurzintervention von Herrn Dr. Jess vor. Bitte, Herr Dr. Jess!