Protokoll der Sitzung vom 24.09.2020

Ebenso angesprochen wurden die 100 Prozent Kompensation, wenn es um den Schutz der Weidetiere geht bei Angriffen oder Übergriffen und auch Schutz vor Wölfen oder auch die Anschaffung von Herdenschutzhunden. Ich möchte das Thema Wolf gar nicht so sehr wieder aufrollen hier.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Das lohnt sich einfach nicht an der Stelle. Das heißt nicht, dass wir das Thema nicht nach wie vor ernst nehmen, gar keine Frage, aber ich glaube, wir kommen hier an diesem heutigen Tag kein Stück weiter, wenn man sich jetzt in diesem Thema so drastisch verliert. Wir werden sicherlich mit Blick auf die nächste Förderperiode gucken müssen, ob so ein Programm wie das Sommerweideprogramm wirklich, so, wie es im Moment gestrickt ist...

Entschuldigung, da sitzt der Frosch in meinem Hals.

(Thomas Krüger, SPD: Von der Weide!)

Von der Weide, genau, der ist von der Niedermoorweide sozusagen wahrscheinlich in meinen Hals...

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Nein, Spaß beiseite!

Wir müssen schauen, ob so etwas wie das Sommerweideprogramm tatsächlich so, wie es im Moment umgesetzt wird, für die Betriebe machbar ist. Wenn man sich anguckt, wie viele Betriebe nehmen teil, dann ist das ein

relativ geringer Prozentsatz. Und ich höre immer wieder von vielen Betrieben, gerade wenn es um die Jungtiere geht, also um die Färsen, die weibliche Nachzucht beim Milchvieh, dass sie sagen, na ja, rein rechtlich müsste ich sozusagen bis zur Kalbung meine Tiere auf der Weide halten. Das ist aber sozusagen für die ganze Anfütterung mit Blick auf gute, gesunde Milchproduktion nicht sinnvoll. Deswegen sagen viele lieber, sie machen es nicht, aus Tierschutzgründen. Das ist was, womit wir uns auseinandersetzen müssen, um dann zu gucken, wie kann man das unter den Rahmenbedingungen in Zukunft anders machen, geben es die jetzigen Rahmenbedingungen her, wir müssen es vielleicht nur anders programmieren, oder muss da entsprechend vielleicht auch auf europäischer Ebene die Richtlinie geändert werden.

Weidetierhaltung als Landschaftspflege ist selbstverständlich etwas, was wir nach wie vor als ganz, ganz wichtigen Bestandteil in unseren Landschaftsschutzgebieten und auch in unseren Großschutzgebieten sehen. Wer das mal erlebt hat, wenn die Wanderschäfer unterwegs sind, ob im Biosphärenreservat oder, oder, oder, das ist nicht nur beeindruckend, sondern das ist einfach für die ganze Landschaft von unschätzbarem Wert.

Und ja, letztendlich tun wir mit Weidetierhaltung auch mit Blick auf Biodiversität ganz, ganz Wichtiges. Ich weiß nicht, Herr Caffier ist da im Namen von Herrn Backhaus so durchgerast, ob er das gesagt hat, aber allein in einem Kuhfladen hat man bis zu 300 Gramm Insektenmasse. Also das ist auch was, was natürlich erheblich dazu beiträgt.

Kurzum, die SPD-Landtagsfraktion steht selbstverständlich zu den Weidetierhaltern. Wir wollen auch weiterhin in Mecklenburg-Vorpommern, dass Weidetiere gehalten werden. Deswegen haben wir natürlich unseren Minister auch dabei unterstützt, all das zu tun, was im Rahmen der jetzigen Möglichkeiten getan werden kann.

Und vielleicht erinnern Sie sich, Frau Schlupp, an die Diskussion im Agrarausschuss, als es darum ging, wie wollen wir eigentlich zukünftig unsere Flächen in Mecklenburg-Vorpommern verpachten. Da hatte ich gesagt, dass es schon sehr wünschenswert wäre, wenn wir Grünland verpachten, dass es eben nicht an jemand verpachtet wird, der davon kein Futter produziert, sondern dass wir, wenn es rechtlich machbar ist, sagen, okay, Grünlandflächen werden nur an denjenigen verpachtet, der auch Futter produziert oder Weidetiere darauf hält. Ich glaube, das ist ein Punkt, wenn es machbar ist, den wir umsetzen.

Und von daher sind wir da auf einem guten Weg. Und wenn jetzt noch die Bundesebene mitzieht und wir endlich dann eine Weidetierprämie bekommen und Frau Klöckner das einreicht, dann sind wir auf einem noch besseren Weg. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt das Wort der Abgeordnete Dr. Weiß.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man der Letzte in der Runde ist, dann hat man den Nachteil oder den Vorteil – je nach Betrachtungsweise –, dass schon alles gesagt wurde, aber eben noch nicht von jedem. Und

zudem ist eine Erzählung nur insofern von Wert oder verliert sich eben nicht im Nebel, wenn sie vollständig ist. Und zur Vollständigkeit, zum Thema gehört auch, dass die existenziellen Probleme, insbesondere der Schäfer – und ich bin sehr dankbar, Frau Schlupp, dass Sie sich nicht nur auf die Schäfer,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Und Schäferinnen.)

sondern auf die Weidetierhaltung generell kapriziert haben –, aber dass gerade die Not der Schäfer unter anderem auch mit den radikalen Veränderungen in unserer Landwirtschaft vor ungefähr 30 Jahren zusammenhängt. Die fehlende Marktfähigkeit von Schafswolle und von Hammelfleisch aus deutscher Produktion ist das Damoklesschwert, das seit dem Beitritt zum EU-Agrarmarkt über unseren Schäfern schwebt. Genau darum sind die Versuche, den Berufsstand zu fördern, viel älter als die aktuellen Entwicklungen, die am Wolf, an der Weidelandvernässung oder an Veränderungen des Futterdargebotes infolge des Klimawandels festgemacht werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist gut, dass wir uns hier nicht auf den Wolf beschränken, sondern das Thema weiter greifen. Ich bin außerordentlich dankbar, Frau Schlupp, dass Sie den Problemkreis Boden und das Bodeneigentum angeführt haben. Es ist ja so, dass doch viele Agrarfördergelder oft in den falschen Taschen landen, nämlich in den Taschen der Flächeneigner. Eine wirkliche existenzielle Bedrohung für alle ortsansässigen Agrarbetriebe sind die Heuschrecken, also landwirtschaftsfremde Investitionsnetzwerke. Die Weidetierhalter dagegen sind seit Jahren von dem Aus bedroht. Und ich zitiere mich mal selbst:

(Heiterkeit bei Jochen Schulte, SPD: Das tue ich auch immer am liebsten.)

„Die Weidetierhaltung... ist die Verliererin einer verfehlten EU-Agrarförderpolitik“ in Deutschland.

(Heiterkeit bei Jochen Schulte, SPD: Ich bin wenigstens ehrlich!)

„Die Folgen sind prekäre Arbeits- und Einkommensbedingungen ausgerechnet für den Teil der Nutztierhaltung, der die meisten Gemeinwohlleistungen erbringt“, und das weitgehend unbezahlt. Das ist inakzeptabel und führt entweder zur Selbstausbeutung oder zur Aufgabe. Beides dürfen wir als Land und als Gesellschaft nicht hinnehmen. Das Zitat ist gestattet, immerhin ist es doppelt richtig.

Während im Koalitionsvertrag dagegen, das möchte ich an der Stelle doch wirklich mal unterstreichen – und an der Stelle, Frau Aßmann, sind wir sicherlich nicht einer Meinung –, während im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD im Bund die Weidetierhaltung wenigstens mit einem Ziel erwähnt wird, spielt das Thema in dem Koalitionsvertrag hier im Landtag keine Rolle. Vielleicht ist auch das der Grund, weshalb hier nur eine Aussprache zu bestreiten ist und kein Antrag zu debattieren.

Und nun doch noch mal zum Wolf: Selbst, wenn der Wolf und vielleicht auch Rabenvögel und andere Störenfriede hierzulande wieder ausgerottet werden würden, wären da immer noch die äußerst prekäre Einkommenssituation der Tierhalter und das ungelöste Problem der vielen

erbrachten Arbeit im Sinne der Gesellschaft ohne Bezahlung. Meine Fraktion würde sich einer rechtssicheren Regulierung der hiesigen Wolfspopulation überhaupt nicht entziehen, aber solange der günstige Erhaltungszustand nicht klar definiert ist, solange es seitens der europäischen Politik keine Anerkennung diesbezüglich gibt, solange wir also in diesem Falle in MecklenburgVorpommern nationales und EU-Recht berühren, sind uns natürlich – und das wissen Sie genauso wie alle anderen Fachleute –, in diesem Falle sind uns hier die Hände gebunden.

Und in diesem Zusammenhang möchte ich doppelt und dreifach unterstreichen, dass wir unbedingt eine Weidetierprämie brauchen. Herr Borschke hat sich wahrscheinlich meine letzte Rede noch mal rausgeholt. Da habe ich ja darüber gesprochen, wie bereits in 22 EU-Staaten die Einführung dieser Weidetierprämie mit EU-Mitteln erfolgreich praktiziert wird. Zudem – das wiederhole ich auch gerne noch einmal – fordert unsere Bundestagsfraktion seit Jahren ein Herdenschutzkompetenzzentrum. Das könnte man relativ leicht mit einer jährlichen Finanzierung von 2 Millionen Euro stemmen. Angesichts der Gelder, die in den letzten Monaten durch die Landschaft wabern, ist das ein Tropfen auf den heißen Stein. Das würde man gar nicht mitkriegen.

Darüber hinaus warne ich allerdings zur Vorsicht mit einseitigen oder mit linearen Eingriffen in Ökosysteme. So, wie – ich zitiere mal Minister Backhaus – wir durch unsere Jagdmethoden die Sauen schlaugeschossen haben, passen sich gerade Wolf und Kolkrabe und andere intelligente Tiere sehr schnell an Entnahmen aus der Population an, und radikale Eingriffe ins Ökosystem verbieten sich dadurch von selbst, zumal die aktuelle Vermehrungsrate von ungefähr einem Drittel des Bestandes pro Jahr ganz deutlich zeigt, dass hier offensichtlich die existenziellen Bedingungen für diese Tierart außerordentlich gut sind.

Nebenbemerkung: Eines der neuesten Wolfsrudel hat sich gerade in den letzten Monaten zwischen Greifswald, Stralsund und Grimmen, in diesem Dreieck, festgesetzt.

(Minister Harry Glawe: Auch das noch!)

Ja, Herr Borschke, jetzt kriegen Sie vielleicht kalte Füße. Aber dort – insbesondere zwischen Horst und Steffenshagen, also doch noch ein bisschen weit weg – gibt es bislang keine Probleme für die Weidetiere, aber das Damwild ist bald alle. Vielleicht hat der Wolf auch Vorlieben, vielleicht ist das auch ein Standort, wo die Schäfer alles richtig machen, oder der Wolf ist richtig konditioniert. Ende der Nebenbemerkung.

Zum Schluss vielleicht noch ein Gedankenexperiment, ein Gedankenexperiment, das Sie so ernst nehmen können, wie Sie es schaffen. Aber vielleicht sind wir eines Tages dankbar, wenn uns der Wolf hilft, eine effektive Bekämpfung der ASP durchzuführen.

Bleibt eine Bemerkung zu einer aktuellen Situation: Die Beispiele der Koexistenz von Weidetierhaltung und Wolf sind im letzten Sommer mehrfach durch Veranstaltungen und Exkursionen des WWF und des BUND angezeigt worden. Auf diesen Exkursionen war ich oft der einzige Vertreter aus Mecklenburg-Vorpommern und der einzige aus diesem Hause. Ich könnte da also sehr viel berichten, aber es ist sehr viel gesagt.

Ich wiederhole noch einmal: Das Wichtigste ist eine auskömmliche Weidetierprämie. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren und Frau Schlupp, bei allem Respekt, eine Obergrenze ist ökologisch Unfug. – Danke für die Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Minister Harry Glawe)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache und rufe auf den Tagesordnungspunkt 26: Beratung des Antrages...

Nee, 25 ist doch auf morgen verlegt. Einen kleinen Moment!

(Peter Ritter, DIE LINKE: 26!)

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 26: Beratung des Antrages des Abgeordneten Holger Arppe – Von Extremismus freie Medien in Mecklenburg-Vorpommern, auf Drucksache 7/5255.

Antrag des Abgeordneten Holger Arppe, fraktionslos Von Extremismus freie Medien in Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 7/5255 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Arppe.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Bürger! Die Entwicklungen der letzten Jahre haben in Deutschland und damit natürlich auch in Mecklenburg-Vorpommern zu einer Polarisierung des gesellschaftlichen Klimas geführt. An die Stelle eines für Demokratien unerlässlichen meinungspluralistischen Diskurses ist ein scharfes SchwarzWeiß-Denken getreten, dessen Akteure sich die jeweils andere Seite nur noch in einer Haltung der völligen Unterwerfung vorstellen können.

Vor allem die öffentlich-rechtlichen Medien, lange Zeit bei den allermeisten Bürgern – egal, welcher politischen Couleur – in höchstem Ansehen stehend, könnten zu einer Milderung dieser dem gesellschaftlichen Zusammenhalt nicht unbedingt zuträglichen Situation durchaus beitragen. Leider ist es genau andersherum. Es ist schon oft genug auch hier in diesem Hause beklagt worden. ARD und ZDF haben sich von einer Haltung der Überparteilichkeit weitestgehend verabschiedet, bezogen stattdessen Stellung auf dem Feldherrenhügel der Regierungspolitik.

Dementsprechend geriet mit der als „Panoramagate“ bundes- und europaweit bekannt gewordenen Affäre rund um die vom NDR produzierte Fernsehsendung „Panorama“ die Arbeitsweise des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erneut massiv in die Kritik. Auf der Grundlage dürftigster Informationen …

Entschuldigung, die Uhr ist nicht an, aber ich rede gerne …

So. Gut, wo war ich?

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wir haben alle mal gelacht!)

Auf der Grundlage dürftigster Informationen ging der NDR bereitwillig das Risiko ein, mit seiner Berichterstattung die bürgerliche Existenz eines bis anhin völlig unbescholtenen Offiziers der Bundeswehr zu vernichten. Besonderes Aufsehen in der breiten Öffentlichkeit erregte freilich die Tatsache, dass sich der NDR hierbei wieder einmal der Zuarbeit einer in linksextremistischen Kreisen verkehrenden, höchst umstrittenen österreichischen Aktivistin bediente, ferner andere an dem inkriminierten Fernsehbeitrag beteiligte NDR-Reporter und -Journalisten im Internet ihrer Sympathie für verfassungsfeindliche linksextremistische Organisationen unverhohlen Ausdruck verleihen.