Protokoll der Sitzung vom 15.05.2002

Das Wort hat der Kollege Biel.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das neue Preissystem, das die Bahn AG für den Herbst 2002 angekündigt hat, geht - ich betone das hier deutlich - vom Grundsatz her in die richtige Richtung. Darin sind wir uns einig, Herr Wenzel. Die Tarife werden transparenter und übersichtlicher sein.

Die Landesregierung und die sie tragende SPDFraktion haben ebenso wie die Fahrgastverbände immer wieder gefordert, den Tarifdschungel, in dem sich niemand mehr auskennt - nicht einmal die Bahn selbst -, endlich zu lichten. Ich finde, meine sehr verehrten Damen und Herren, dies ist im Großen und Ganzen gelungen.

Hinzu kommt eine ganze Reihe von Regelungen, die Familien und Mitreisenden deutliche Anreize zum Umsteigen vom Pkw auf die Bahn bieten. Auch das kann man, meine ich, nur begrüßen. Ebenso muss das Bemühen der DB AG anerkannt werden, über das Preissystem eine gleichmäßigere Auslastung der Züge zu erreichen.

Allerdings will ich nicht verhehlen, Herr Kollege Wenzel, dass wir mit einigen Änderungen nicht einverstanden sind. Mit der Senkung des BahcardRabatts auf 25 % kommen auf einige Nahverkehrsnutzer Kostensteigerungen zu. Auch will die Bahn keine Frühbucherrabatte gewähren, wenn ausschließlich Züge des Nahverkehrs benutzt werden.

Meine Damen und Herren, die Bahn AG will - so haben es ihre Vertreter im Ausschuss dargestellt an ihren Vorstellungen festhalten. Wir bedauern sehr, dass sich die Bahn hier nicht bewegt. Die Fahrgastverbände und auch die anderen Länder sind mit uns insofern auf der gleichen Schiene.

Wir können die Bahn allerdings nicht zwingen, das neue Preissystem zu korrigieren, Herr Kollege Wenzel. Dazu fehlt uns, den Ländern und den Länderparlamenten, die rechtliche Kompetenz. Die besonderen Beförderungsbedingungen - z. B. die Bahncard-Regelung - sind nämlich speziell für den Fernverkehr konzipiert. Diese Regelungen werden von der DB Regio und anderen Verkehrsunternehmen im Nahverkehr lediglich akzeptiert. Die Genehmigungskompetenz für die Fernverkehrstarife liegt allein beim Bund, und der Bund hat diese Tarife bereits im Januar 2002 genehmigt.

Bei allem Verständnis in der Sache: Die Landesregierung ist in das Genehmigungsprozedere nur insoweit eingebunden, als es um die Genehmigung der Tarife für den Nahverkehr geht. Alle Bundesländer haben diese Genehmigung im Januar einvernehmlich erteilt. Rechtliche Einwirkungsmöglichkeiten der Länder, das neue Preissystem im Sinne des Entschließungsantrags zu korrigieren, bestehen - ich wiederhole das - nicht.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Wenzel?

Ich bin gleich fertig. - Von daher, meine Damen und Herren: So bedauerlich es ist - das will ich auch ganz offen sagen, Herr Wenzel -, wir können hier gar nichts anderes beschließen, weil es nicht in unserer Kompetenz liegt, die Bahn AG zu korrigieren. Die Bahn AG hat das so vorgestellt und will das so durchziehen.

Ich wiederhole: Im Januar 2002 ist dieses System so vom Bund genehmigt worden. Von daher ist der Entschließungsantrag für erledigt zu erklären.

(Beifall bei der SPD)

Nunmehr spricht der Kollege Schirmbeck.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal sollten wir feststellen, dass sich die Bahn bewegt. Nach dem, was wir im Fachausschuss gehört haben, dürfen wir sogar feststellen, dass sie sich in die richtige Richtung bewegt.

Nun mag man zwar einige Einzelheiten besonders diskutieren. Aber das, was hier von Herr Wenzel vorgetragen wurde, betrifft - so ist uns von den Mitarbeitern aus dem Ministerium und auch von der Bahn AG erläutert worden - nur etwa 2 % der Bahnbenutzer. Damit will ich nicht sagen, dass man diese 2 % vernachlässigen sollte, und es mag durchaus sein, dass das ein Großteil der Stammkunden im engeren Sinne ist.

(Wenzel [GRÜNE]: Die Bahn macht gerade Umfragen, weil sie an ihren eigenen Zahlen zweifelt!)

Aber es darf nicht der Eindruck entstehen, als wären davon alle Bahnkunden betroffen.

Wir sollten der Bahn zugestehen, dass das, was sie jetzt auf den Weg bringt, auch von ihr nicht in letzter Konsequenz zu übersehen ist, sondern dass wir erst einmal Erfahrungswerte abwarten müssen.

Herr Wenzel, Sie haben in Ihrer Rede abschließend gesagt, dass das vermutlich nicht die letzte Diskus

sion sein wird. Ich gehe ganz sicher davon aus, dass das nicht die letzte Diskussion ist. Wenn uns empirische Daten vorliegen, werden wir das wieder zu diskutieren haben und uns fragen müssen, wo gegebenenfalls nachgesteuert bzw. politischer Druck erzeugt werden muss, um auf die Bahn AG einzuwirken, damit das eine oder andere im Tarifsystem noch verändert wird.

Insgesamt - das sage ich noch einmal - geht das in die richtige Richtung. Über Einzelheiten muss man sich zu einem späteren Zeitpunkt unterhalten.

Wir sollten diese Diskussion aber auch realistisch führen. Bei allem, was man macht, ob man die Stellschraube nach links oder nach rechts dreht, muss man nämlich zur Kenntnis nehmen, dass das Geld kostet. Wir wollen ja, dass gerade im Nahverkehr in Niedersachsen neben der Bahn AG auch zunehmend Dritte tätig werden. Die NordWestBahn beispielsweise loben und unterstützen wir ja, wo es nur geht. Das bedeutet aber im Umkehrschluss: Wenn sich die Bahn AG in ihrer Tarifstruktur bewegt und kostengünstiger wird, wenn also die Tarife für die Bahnkunden sinken, dann hat das auch Auswirkungen auf die Dritten, und dann wird man sich darüber unterhalten müssen, wie die Dritten die Mittel, die dort dann ausfallen, aufbringen sollen.

Von daher sollte man das nicht so vollmundig angehen und nicht gleich glauben, wenn da etwas in Bewegung gerät, muss man schon wieder mit dem Degen dagegenhalten. Wir müssen vielmehr abwarten, wie sich das entwickelt.

Wir hören im Übrigen auch von einer weiteren Entwicklung, nämlich dass die Bahn die Trassenpreise erhöhen wird; die Rede ist von 17 Millionen Euro. Ob die Zahl endgültig stimmt oder nicht, lasse ich einmal im Raum stehen. Aber Tatsache ist, dass die Bahn AG die Trassenpreise erhöhen wird. Insofern müssen wir uns Gedanken darüber machen, woher diese Beträge kommen sollen.

Weil die ganze Sache in Bewegung ist, glauben wir, dass es richtig ist, heute nicht zu einer abschließenden Meinungsbildung zu kommen. Deshalb haben wir uns im Ausschuss auch der Stimme enthalten. Wir gehen davon aus - wir werden gegebenenfalls auch die Initiative ergreifen -, dass wir, wenn wir ein Jahr lang Erfahrungen gesammelt haben, an der einen oder anderen Stelle nachsteuern müssen. Dann werden wir das wieder als Tagesordnungspunkt im Landtag und im Fachaus

schuss aufgreifen, um in der Feinsteuerung den Interessen der Bürger optimal gerecht zu werden.

Was die Bahn AG uns im Fachausschuss vorgetragen hat, war - das gehört zum fairen Umgang dazu - sehr überzeugend. Deshalb stimmen wir heute auch nicht mit den Grünen, sondern enthalten uns der Stimme und werden die Entwicklung abwarten. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr in der Drucksache 3344 zustimmen will und damit den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 2643 in der Fassung des Änderungsantrags in der Drucksache 2974 für erledigt erklären möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit. Damit ist der Antrag angenommen.

Wir kommen damit zu

Tagesordnungspunkt 8: Zweite Beratung: Neue Wege in der Tourismuswirtschaft Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 14/2514 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Freizeit, Tourismus und Heilbäderwesen - Drs. 14/3345

Der Antrag der Fraktion der SPD in der Drucksache 2514 wurde in der 80. Sitzung am 14. Juni 2001 an den Ausschuss für Freizeit, Tourismus und Heilbäderwesen zur Beratung und Berichterstattung überwiesen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen, aber es liegt eine Wortmeldungen für die Beratung vor. Der Kollege Peters hat sich gemeldet.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um einer Legendenbildung vorzubeugen, lassen Sie mich gleich zu Beginn Folgendes klarstellen. Dass der Antrag „Neue Wege in der Tou

rismuswirtschaft“ erst heute und damit fast ein Jahr nach der ersten Beratung zur Verabschiedung vorliegt, liegt nicht an der SPD-Fraktion, sondern an dem politischen Unvermögen der CDU-Fraktion und der Fraktion der Grünen, die über Monate nicht in der Lage waren, eigene Vorschläge zu machen und an der Gestaltung eines gemeinsamen Antrags mitzuwirken.

(Beifall bei der SPD)

Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, haben das Beratungsverfahren verzögert und verschleppt. Damit haben Sie eine große Chance, die wir Ihnen immer wieder mit Engelsgeduld geboten haben, vertan. Das ist beschämend für eine Oppositionsfraktion und sehr zum Nachteil der Tourismuswirtschaft in Niedersachsen.

Die Tourismuswirtschaft verlangt nach einem klaren Konzept. Das klare Konzept haben wir. Die neuen Wege, die wir in Niedersachsen gehen wollen und werden, sind Ihnen bekannt und werden schon längst beschritten.

Meine Damen und Herren, in der Ausschusssitzung am 31. März hat die CDU-Fraktion gefordert, den Antrag für erledigt zu erklären. Insoweit liegt ein eklatanter Widerspruch vor. Einerseits haben Sie immer wieder behauptet, dass die Landesregierung Ihre offenen Fragen noch nicht beantwortet habe. Aber diese Behauptung ist fadenscheinig und nachweislich falsch. Andererseits erklären Sie im Ausschuss, dass der Antrag für Sie erledigt sei. Bei logischer Betrachtung bedeutet das doch, dass Sie überhaupt keinen Ergänzungs- bzw. Änderungsbedarf hatten, weil Sie offensichtlich mit den Aussagen in unserem Antrag und der heute bereits praktizierten Tourismuspolitik der Landesregierung einverstanden sind.

Aber, meine Damen und Herren, nach dem zähen Beratungsvorgang weiß ich, dass die Fraktionen von CDU und Grünen nie bereit waren, Vorschläge für einen gemeinsamen Antrag zu machen. Es ist ein Armutszeugnis, wenn eine Opposition einen Antrag der Regierungsfraktion ohne konkrete Begründung ablehnt.

Nun zu dem Vorwurf, dass Sie noch viele offene Fragen haben, die Ihnen angeblich noch nicht von der Landesregierung beantwortet wurden. Meine Damen und Herren, in mehreren Sitzungen wurden Sie von verschiedenen Referenten aus dem Wirtschaftsministerium einschließlich der Staatssekretärin Frau Dr. Grote sowohl über Haushaltsfragen

als auch über Themen der touristischen Entwicklung in Niedersachsen, über die Situation in den Staatsbädern, die Neustrukturierung der Verbände, die neue TourismusMarketing-Gesellschaft Niedersachsen, über EU-Förderprogramme oder das Niedersachsen-Radwanderwegenetz informiert.

Der Ausschuss hatte außerdem die Geschäftsführerin der TourismusMarketing-Gesellschaft, Frau Carolin Ruh, eingeladen. Sie hat ausführlich über die Zielsetzung der neuen Landesmarketinggesellschaft informiert. Ich erinnere mich ganz genau daran, dass Sie damals den Ausführungen von Frau Ruh mit Begeisterung gelauscht und Punkt für Punkt zugestimmt haben. Sie hatten also genügend Gelegenheit, um Fragen zu stellen.

Darüber hinaus, meine Damen und Herren, hat jede Fraktion die Möglichkeit, Vertreter aus dem Wirtschaftsministerium zu den Arbeitskreissitzungen einzuladen. Wenn Sie es nicht getan haben, dann haben Sie ein merkwürdiges Verständnis von politischer Arbeit.

Ihre Absicht war es, das Beratungsverfahren bewusst zu verzögern. Ihr Problem ist, dass Sie an unserem Antrag nichts auszusetzen haben. Ich glaube, Sie hätten schon gerne zugestimmt, wenn nicht Ihre Fraktionsführung die Order ausgegeben hätte, in Wahlkampfzeiten keinem Antrag der SPD-Fraktion mehr zuzustimmen

(Plaue [SPD]: Hört, hört!)

bzw. keinen Kompromiss mit der SPD-Fraktion mehr einzugehen.

Meine Damen und Herren, Niedersachsen ist ein erfolgreiches Tourismusland und wird es auch bleiben.

(Beifall bei der SPD)

Um im Wettbewerb bestehen zu können, hat das Land erfolgreich neue Rahmenbedingungen gesetzt. Wir haben mit der TourismusMarketingGesellschaft ein wichtiges Etappenziel erreicht. Wir sind auf dem elektronischen Markt präsent, und wir haben Niedersachsen online buchungsfähig gemacht. Wir setzen auf das Prinzip der Marktwirtschaft, auf Wettbewerb, auf Marketing, auf innovative Ideen und neue Angebote.