Protokoll der Sitzung vom 15.05.2002

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Sie haben in einer Lerngruppe von 20 Kindern mindestens zwei Lehrerpersönlichkeiten - zum Teil sogar noch mehr -, die in der Klasse unterrichten. Das bedeutet, dass integrierte Systeme mit einem erheblich größeren Lehreraufwand funktionieren. Wenn Sie uns garantieren, dass Sie diesen Lehreraufwand gewährleisten, dann können wir mit

einander darüber reden. Das sind aber ungelegte Eier. Dies können Sie hier nicht ins Spiel bringen.

Frau Ministerin, Sie haben gesagt, es gebe eine Akzeptanz für das Schulgesetz. Wer an der Anhörung teilgenommen hat, wird festgestellt haben, dass alle Verbände, unisono, Ihren Gesetzentwurf in Bausch und Bogen abgelehnt haben.

(Beifall bei der CDU - Widerspruch bei der SPD)

Ich habe in die Gesichter der Mitarbeiter geguckt; sie taten mir Leid, dass sie so etwas vertreten mussten.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, im Lande Niedersachsen gibt es nur zwei Gruppen, die Ihren Gesetzentwurf für richtig halten. Das sind zum einen die SPD-Landtagsfraktion und zum anderen die Landesregierung. Sie stehen damit ziemlich allein.

(Plaue [SPD]: Wie immer Quatsch!)

Ich finde es unehrlich, wenn Sie sagen, Sie hätten Anregungen aus der Anhörung in den Gesetzentwurf aufgenommen. Sie haben mitnichten den Gesetzentwurf, Sie haben ihn mit keinem Komma nach der Anhörung verändert. Das ist ein Schlag in das Gesicht der Leute, die sich während der Anhörung stundenlang hingesetzt und Anregungen vorgetragen haben. So kann man, auch im Schulbereich, nicht mit Anzuhörenden umgehen.

(Beifall bei der CDU)

Frau Kollegin Seeler hat das Wort.

(Möllring [CDU]: Ziehen Sie doch einfach den Gesetzentwurf zurück!)

Das ist wirklich erstaunlich: Herr Klare malt immer Gespenster an die Wand und kämpft dann dagegen. Aber er hält sich nicht an die Wahrheit.

(Busemann [CDU]: Was?)

Während der Anhörung hat es Zustimmung gegeben

(Beifall bei der SPD - Lachen bei der CDU)

zur Sprachförderung für Kinder im Vorschulalter und zur Sprachförderung für Kinder im Schulalter. Es hat Zustimmung gegeben zu der Möglichkeit, an den Grundschulen für die 1. und 2. Klassen Eingangsstufen einzuführen. Zustimmung hat es gegeben zu der Aufforderung, für jedes einzelne Kind Förderpläne zu erstellen,

(Frau Vockert [CDU]: Stimmt nicht!)

damit jedes einzelne Kind im Mittelpunkt der pädagogischen Arbeit der Schule steht. Es hat Zustimmung gegeben zu der Ankündigung, mehr Förderstunden in die 5. und 6. Klassen zu geben und die Förderstufe verlässlich zu gestalten. Zustimmung hat es gegeben zu der Aufforderung, mehr Kooperation aller Schulformen untereinander zu organisieren. Es hat Zustimmung gegeben für die Möglichkeit, das Abitur nach zwölf Jahren abzulegen. Diskussionen hat es, wie die Kultusministerin bereits ausgeführt hat, in einem einzigen Punkt gegeben. Dort liegen die Auffassungen wirklich sehr weit auseinander. Dabei geht es um die Frage der Förderstufe.

Frau Kollegin Seeler, möchten Sie eine Frage des Kollegen Möllring beantworten?

Nein, ich habe nur sehr wenig Zeit. Deshalb möchte ich das nicht. - Immer wieder ist darauf hingewiesen worden, dass bei fast 90 % des Gesetzentwurfs Übereinstimmung mit fast allen Verbänden besteht, allerdings nicht - das ist richtig mit der CDU-Fraktion.

(Frau Vockert [CDU]: Sie verdrängen die Wahrheit, aber total!)

Die CDU-Fraktion will zurück zu den Zuständen der 50er-Jahre, sie will eine Einsortierung der Kinder nach Klasse 4, sie will keine Durchlässigkeit. Sie hat keinen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt, weil sie für Fragen, wie die nach der Kapazität, keine Lösungen anzubieten hat.

(Beifall bei der SPD - Frau Mundlos [CDU]: Unglaublich ist das! - Buse- mann [CDU]: Ich hatte schon die Sor- ge, Sie würden Ihren Gesetzentwurf zurückziehen!)

Meine Damen und Herren, ich schließe die Beratungen zu diesem Tagesordnungspunkt.

(Zurufe)

- Ich erbitte Ihre Aufmerksamkeit für die Abstimmung.

Wer der Nr. 1 der Beschlussempfehlung des Kultusausschusses in der Drucksache 3343 seine Zustimmung geben will und damit die Anträge der Fraktion der CDU in den Drucksachen 1838 und 2423 ablehnen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Das Erste war die Mehrheit.

Wer der Nr. 2 der Beschlussempfehlung des Kultusausschusses zustimmen und damit die in die Beratungen einbezogenen Eingaben für erledigt erklären möchte, den bitte ich ebenfalls um ein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Auch hier war das Erste die Mehrheit.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 7: Zweite Beratung: „Die ganze Republik zum halben Preis“ Keine Benachteiligung von Nahverkehrskunden bei der neuen Preisgestaltung der Bahn! - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 14/2643 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr Drs. 14/2909 - Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 14/2974 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr - Drs. 14/3344

Dazu erteile ich das Wort dem Kollegen Wenzel.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Die ganze Republik zum halben Preis“ - Sie alle kennen sicherlich noch den alten Slogan der Fahrgastverbände, die unter diesem Motto geworben haben.

Die SPD-Mehrheitsfraktion hier im Landtag ist der Auffassung, dass die Themen „Neue Bahntarife“ und „Halbe Bahncard“ schon erledigt seien. Einen

solchen Beschlussvorschlag unterbreiten Sie uns heute.

Am 15. Dezember dieses Jahres wird der neue Tarif der Deutschen Bahn eingeführt. Es ist Zeit genug, um Einfluss auf die Deutsche Bahn AG zu nehmen, Zeit genug, um intensiv nachzuverhandeln, und Zeit genug, um länderspezifische Angebote vorzubereiten.

(Präsident Wernstedt übernimmt den Vorsitz)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin mir sicher, dass die Damen und Herren von der SPDFraktion einen solchen Beschluss noch bedauern werden.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Daher will ich Ihnen noch einmal unsere Forderungen in Erinnerung rufen. Noch habe ich die Hoffnung, dass wir hier einen Beschluss zum Wohl der Fahrgäste fassen werden. Wir fordern, dass sich die Landesregierung dafür einsetzen möge, dass die Kunden im Nah- und Regionalverkehr nicht gegenüber den Fernverkehrskunden benachteiligt werden. Wir fordern, dass künftig auch im Nahverkehr Rabatte von 50 % möglich sind. Wir fordern, dass durch geeignete Fördermaßnahmen sichergestellt wird, dass die familienfreundlichen Regelungen des neuen Tarifsystems auch in den Verkehrsverbünden und in den verbundfreien Bereichen zum Tragen kommen.

Ist das alles erledigt? - Die Kunden werden Ihnen was geigen, wenn es bei dem lupenreinen Konzept der Deutschen Bahn bleibt. Gerade umweltbewusste Kunden mit Bahncard, die häufiger unterwegs sind, und Teilzeitpendler werden von den neuen Bahntarifen nicht profitieren, sondern draufzahlen. Ich glaube nicht, dass es aus kaufmännischer Sicht Sinn macht, gerade die Stammkunden zu brüskieren. Ich glaube nicht, dass es Sinn macht, eine solche Chance zur Verbesserung der Tarife einfach verstreichen zu lassen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die neuen Tarife der DB wurden von der Fernverkehrs-AG der Deutschen Bahn entwickelt. Sie bringen auch Verbesserungen. Das will ich an dieser Stelle ausdrücklich betonen. Sie vereinfachen den Tarifdschungel, sie bieten attraktivere Angebote für Familien, und sie bieten - wohlgemerkt im Fernverkehr - Rabatte von bis zu 66 %, wenn man be

reit ist, fest und frühzeitig zu buchen. Das sind Fortschritte.

Genauso offensichtlich ist aber auch, dass dieser neue Tarif auf das Produkt zugeschnitten ist, das von der Bahn eigenwirtschaftlich betrieben wird. Kunden im Nahverkehr - der weitaus größte Teil aller Fahrten findet im Nahverkehr statt - gucken in die Röhre. Sie zahlen im Vergleich zu früher, wenn sie umweltbewusst, d. h. mit Bahncard, unterwegs waren, künftig das Doppelte.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meinen Sie wirklich, dass dieses Thema erledigt ist? Andere Länder gehen offensiver damit um. SchleswigHolstein plant die Einführung einer Landesrabattkarte, der Schleswig-Holstein-Card. Sie soll parallel zur neuen Bahncard der DB AG eingeführt werden. Sie soll im Nahverkehr und auch auf Schiffen und in den Bussen gelten.

Der Fahrgastverband Pro Bahn fordert eine Mobilcard, die als von Verkehrsunternehmen unabhängige Karte mit 50 % Rabatt eingeführt werden soll. Das Modell für solche Angebote steht, allein es fehlt der Wille zur Übertragung solcher Modelle auf Niedersachsen.

Notwendig ist zudem ein spezielles Tarifangebot für Jugendliche und Auszubildende.

Ich möchte Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, nachdrücklich um Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag bitten. Sollten Sie ihm nicht zustimmen, dann war das sicherlich nicht die letzte Diskussion zu diesem Thema hier im Plenum. Vielen Dank für‘s Zuhören.

(Beifall bei den GRÜNEN - Plaue [SPD]: Das war eine Drohung! Das könnte man als Nötigung eines Ver- fassungsorgans auslegen!)

Das Wort hat der Kollege Biel.