Protokoll der Sitzung vom 13.06.2002

Diese Behauptung hat er eben relativiert.

Ich habe das eben relativiert. Ich hatte es vorher nur so aus dem Stand gesagt. Vermutlich habe ich das mit den 3 % verwechselt. Ich weiß nicht, was ich wirklich gesagt habe. Ich glaube, wir können tatsächlich von 48 % auf 45 % heruntergehen. Das war gemeint.

(Dinkla [CDU]: Darum geht es nicht!)

Herr Kollege Biallas!

Herr Minister, sind Sie angesichts der finanziellen Situation der Kommunen, die diese Landesregierung aus meiner Sicht mit zu verschulden hat, bereit, die finanzielle Ausstattung der Kommunen deutlich zu erhöhen, damit die Kommunen die ihnen von Bund und Land durch Gesetz auferlegten Aufgaben überhaupt noch erfüllen können? Wenn ja, möchte ich wissen, in welcher Weise die Landesregierung dies zu tun gedenkt. Wenn nein,

möchte ich wissen, warum sie es nicht zu tun gedenkt.

Herr Minister!

Herr Kollege Biallas, zwei Antworten auf eine Frage. Zusätzliche Abtretungen des Landes zugunsten des kommunalen Finanzausgleichs sind aus landespolitischer Sicht nicht darstellbar. Sie selbst haben ja eine Vorstellung vom Zustand der Landeskasse, sodass sich zusätzliche Abtretungen schon von daher verbieten. Auch Sie haben es in der Vergangenheit ja nicht geschafft, die immer wieder versprochene halbe Milliarde DM im Haushalt auch nur ansatzweise zur Deckung zu bringen. Das ist für mich der beste Beweis dafür, dass auch bei der CDU-Fraktion zwischen Forderungen und realen Möglichkeiten kein Spielraum besteht.

Ihre Einschätzung über die finanzielle Ausstattung der drei politischen Ebenen - Bundeshaushalt, Länderhaushalte und kommunale Haushalte - teile ich. Deshalb haben wir unsere Forderungen ja mit Nachdruck erhoben und sind nun sehr froh darüber, dass die Bundesregierung inzwischen eine Kommission zur Gemeindefinanzreform eingerichtet hat. Sie wissen, dass ich als Niedersächsischer Finanzminister in diese Kommission berufen worden bin. Sie können sich darauf verlassen, dass wir nach den Gesprächen, die mein Kollege Heiner Bartling und ich erst vor kurzem wieder mit den kommunalen Spitzenverbänden geführt haben, insbesondere die aufgabengerechte Finanzausstattung der kommunalen Ebene in den Mittelpunkt der Diskussion stellen werden.

Sie wissen, dass derzeit zwei zentrale Themen im Mittelpunkt der Diskussion stehen. Eines dieser Themen ist die Zukunft der Gewerbesteuer. Hierbei geht es um 25 Milliarden Euro und um die Frage, ob sie aus dem unternehmerischen Bereich auch weiterhin in den Bereich der Kommunen fließen werden. Der zweite große Komplex betrifft die Zusammenführung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe in eine Hand und die daraus resultierenden Einsparungen.

Was ich damit sagen will, ist: Auf der einen Seite geht es um die Stabilisierung der kommunalen Finanzen über Steuern, nicht aber so sehr über

Gebühren und Abgaben. Auf der anderen Seite geht es um Entlastungen bei den Ausgaben insbesondere auf dem großen Feld der Sozialhilfe, der Arbeitslosenhilfe und der in diesem Umfeld auftretenden Sozialtransfers.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. - Herr Kollege Schünemann!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der öffentlichen Äußerungen des Ministerpräsidenten, dass die Gewerkschaften bei einem Angebot der Arbeitgeber in der Metallindustrie in Höhe von 3,3 % berechtigt seien, Not- und Abwehrmaßnahmen zu ergreifen, frage ich die Landesregierung: Würden Sie diese Notmaßnahmen auch dann für berechtigt erachten, wenn auch die öffentlichen Arbeitgeber 3,3 % anbieten würden? Wenn ich mich recht erinnere, sind Sie, Herr Finanzminister, auch Mitglied der Tarifkommission des öffentlichen Dienstes. Welche Auswirkungen hätte denn ein Abschluss in dieser Größenordnung auf den Landeshaushalt, aber auch auf die kommunalen Haushalte?

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister!

Die 3,3 % kann ich Ihnen jetzt nicht auf den Landeshaushalt und die kommunalen Haushalte umrechnen. Dafür war die Frage zu speziell. Wir werden Ihnen die Zahlen nachliefern. Rein rechnerisch ist das aus der Globalbetrachtung heraus herunterzurechnen.

Ich gebe Ihnen völlig Recht, wenn Sie sagen, dass der Bayerische Finanzminister Faltlhauser und ich in der TdL die Verhandlungsführer der Länder sind. Wir haben in den letzten Jahren z. B. bezüglich des Tarifvertrages über die Einkommen, Löhne und Gehälter hervorragende Abschlüsse ausgehandelt. Insbesondere aber durfte ich über die Zusatzversorgungskasse für den öffentlichen Dienst Bund, Länder und Gemeinden - federführend verhandeln. Mit dem dort erzielten Ergebnis ist die

Zusatzversorgung auf eine zukunftsfähige Basis gestellt worden.

Wir haben immer - das ist der entscheidende Punkt - den Grundsatz vertreten, dass wir die Verhandlungsposition der öffentlichen Arbeitgeber weder hier im Plenum noch über die Medien vorab bekannt geben, weil es bei Tarifverhandlungen unsinnig ist, die eine Position unter Berücksichtigung der Tarifautonomie gegen die andere Position über die Medien an die Öffentlichkeit zu tragen. Ich werde das auch hier nicht tun.

Sie können sich aber darauf verlassen, dass sowohl der Kollege Faltlhauser als auch ich als auch die dahinter stehenden Kolleginnen und Kollegen, die das mitzutragen haben, aus zwei Gründen heraus verantwortlich verhandeln werden. Zum einen sind die Beschäftigten im öffentlichen Dienst natürlich kein isolierter Teil der Beschäftigten in der Gesellschaft schlechthin. Die Tarifabschlüsse im privatwirtschaftlichen Bereich haben eine gewisse prägende Wirkung. Bund, Länder und Gemeinden haben aber auch haushaltstechnische und haushaltsmaterielle Möglichkeiten, die die Spielräume nach oben erheblich begrenzen. In diesem Wechselspiel werden wir unsere Verhandlungen qualitativ und quantitativ führen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Biallas hat eine letzte Zusatzfrage.

Herr Minister, Sie haben eben vorgetragen, dass Sie offensichtlich Hoffnung haben, dass sich die finanzielle Situation der Kommunen verbessern werde und dass sich die kommunalen Finanzen konsolidieren ließen. Können Sie mir einmal mitteilen, wie Sie sich das angesichts der geplanten weiteren Kürzung der Mittel aus dem kommunalen Finanzausgleich um mehr als 500 Millionen Euro pro Jahr in den nächsten vier Jahren vorstellen?

Herr Kollege Biallas, im Zusammenhang mit der Sanierung oder Stabilisierung der kommunalen Finanzen sehe ich eine zentrale Aufgabe, nämlich die Verhinderung des Wahlsieges der CDU am 22. September.

(Beifall bei der SPD)

Wenn die CDU mit all ihren Versprechungen Herr Meinhold hat ja nachgefragt - und all den massiven Einbrüchen auf der Einnahmeseite von Bund, Ländern und Gemeinden gewinnt, dann brauchen wir uns in Niedersachsen über Landespolitik und Kommunalpolitik überhaupt nicht mehr zu unterhalten.

(Beifall bei der SPD)

Ich bitte Sie, einfach nur einmal das eigene Programm zu lesen. Vielleicht laufen Sie dann zu uns über. - Das war die eine Geschichte.

Zweitens wissen Sie, dass der kommunale Finanzausgleich auf einer rechtlichen Basis, nämlich auf dem Gesetz über den kommunalen Finanzausgleich, aufgebaut ist. Eine der zentralen Schlüsselfunktionen ist die Verteilungssymmetrie. Das heißt, wir werden jeweils zu Beginn der Haushaltsplanberatungen des Landes überprüfen, wie sich die finanzielle Situation der Kommunen darstellt. Am Schluss der Haushaltsplanberatungen des Landes werden wir nach Abwägung aller rechtlichen und gesetzlich vorgeschriebenen Aspekte - in diesem Zusammenhang nehmen wir den Beschluss des Staatsgerichtshofs sehr, sehr ernst entscheiden, wie das Verhältnis zwischen Land und Kommunen aussehen soll und welche Summen und welche Finanzausgleichsquote hinterlegt werden können. Das ist eine mittelfristige Projektion, die derzeit noch im Raum steht. Sie wissen, dass die neue mittelfristige Finanzplanung erst im Herbst vorgelegt wird und im Dezember rechtswirksam zur Kenntnis genommen werden soll.

Vielen Dank. - Jetzt hat der Kollege Schwarzenholz eine Zusatzfrage.

Herr Minister Aller, Sie haben vorhin auf die Frage nach der Staatsquote geantwortet, dass Sie es für möglich hielten, diese Quote jetzt von 48 % auf 45 % herunterzudrücken. Ich frage Sie: Wie passt diese Äußerung mit der gerade in den letzten Tagen auch vom Bundeskanzler und von der Bundesregierung erklärten Notwendigkeit zusammen, die Bildungsausgaben drastisch zu erhöhen, um die Zukunftsaufgaben finanzieren zu können?

Vielen Dank. - Herr Minister!

Sie wissen, dass Politik gestalten auch eine Frage der Prioritätensetzung und der jeweiligen Ausgaben ist. Das Programm für den Bildungsbereich, dessen Höhe vom Bundeskanzler auf 4 Milliarden Euro beziffert worden ist, ist ein auf vier Jahre angelegtes Programm zur Förderung von Ganztagsschulen in ganz Deutschland. 10 000, und ganz bestimmte Beträge pro Schule! Auch Niedersachsen wird von diesem Programm mit 400 Millionen Euro profitieren. Ich habe gesagt: Absenkung auf 45 % auf der Zeitschiene. Ich glaube, dies ist die entscheidende Botschaft, weil wir uns aus dem Geleitzug der übrigen europäischen Länder nicht komplett abmelden können. Deshalb lautet die entscheidende Frage: Welche Politikfelder müssen welche Priorität eingeräumt bekommen und mit welchen Summen hinterlegt werden? Daraus ergibt sich dann eine absenkte Staatsquote.

Vielen Dank. - Herr Kollege Möllring stellt eine letzten Zusatzfrage.

Herr Präsident, ich muss die Frage von Herrn Schünemann wiederholen, weil sie nicht beantwortet worden ist. Sie sind Mitglied der Tarifkommission der Länder. Wie bewerten Sie die Äußerung des Ministerpräsidenten auf der 1. Mai-Kundgebung in Braunschweig, dass ein Angebot der Arbeitgeber von 3,5 % zu Notwehrmaßnahmen zwingen würde?

Herr Minister!

Sie wissen, dass es in der Zeit um den 1. Mai Tarifauseinandersetzungen gegeben hat, insbesondere im Bereich der Metallindustrie und der chemischen Industrie und in einigen anderen Tarifbereichen. Dort wurden Forderungen von 6,5 % und 6 % an die Arbeitgeber gestellt.

Sie können - das unterstelle ich Ihnen - das Tarifrecht und Tarifrechtsauseinandersetzungen bezüglich der Finanzierbarkeit einschätzen. Es gibt in der Tat Branchen und Bereiche im Tarifgeschäft, die in der letzten Zeit erhebliche Erfolge verbuchen konnten. Die Unternehmensgewinne sind – aus

weislich der Bilanzen - in einem Umfang gestiegen, der in keinem Verhältnis zu den Lohnzurückhaltungen stehen, die in der letzten Zeit gerade in diesen Bereichen vorgenommen worden sind.

Ich halte es für eine gesellschaftspolitisch durchaus vernünftige Ansage, wenn ein Ministerpräsident in einer politischen Rede deutlich macht - das vertrete ich ausdrücklich auch -, dass in Branchen und Bereichen, in denen gute Gewinne gemacht werden, die Arbeitnehmer - die einen ganz wesentlichen Anteil an der Erzielung dieses Gewinns haben durch eine entsprechende Teilhabe in diese Entwicklung einbezogen werden. - Das ist der eine Punkt.

(Möllring [CDU]: Was sagen Sie ver.di?)

Den zweiten Punkt impliziert aber diese Diskussion auch. Der Ministerpräsident ist sehr gut über die Haushaltslage der öffentlichen Hände informiert. Er weiß sehr genau über die Personalkostenquote, die wir in den Haushalten haben, Bescheid. Er weiß auch sehr wohl über die Auswirkungen von Tarifabschlüssen, die in die gleichen Größenordnungen gehen würden wie beispielsweise im IG-Metall-Bereich, Bescheid. Weil er das weiß, hat er sich zu diesem Punkt ausdrücklich nicht geäußert, weil er öffentlicher Arbeitgeber ist. Das deckt sich exakt mit meiner Meinung, dass die öffentlichen Arbeitgeber vor den Tarifverhandlungen überhaupt keine Aussage machen sollten. Das werde ich hier auch nicht tun.

(Beifall bei der SPD - Rolfes [CDU]: Also haben Sie mal wieder den Leu- ten nach dem Mund geredet!)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit den Tagesordnungspunkt 18.

Wir kommen jetzt zu einer Bitte unseres Kollegen Schirmbeck. Er möchte entsprechend § 76 eine persönliche Bemerkung vortragen. Da er seit langem Mitglied dieses Hauses ist, muss ich den Paragrafen nicht vorlesen. Er kennt ihn. - Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Landwirtschaftsminister Bartels hat gestern beim

Tagesordnungspunkt 1b - ich zitiere das vorläufige Protokoll, Seite 22 - ausgeführt:

„Für den Landkreis Ammerland gilt: Er ist seiner Meldepflicht nicht nachgekommen, weder gegenüber der Bezirksregierung noch gegenüber dem LAVES.“

Ich habe ihm dies in meinen Ausführungen vorgehalten. Daraufhin hat Herr Minister Bartels gesagt - ich zitiere das vorläufige Protokoll, Seite 26 -: