(Frau Körtner [CDU]: Sie hätten eher informieren müssen! - Frau Harms [GRÜNE]: Zulasten der Bürger wird dieser Zuständigkeitsstreit geführt!)
- Meine Damen und Herren, so sind die Regelungen. Das Spannende ist, dass das so geregelt ist, aber dass das Eisenbahnbundesamt und die Bahn AG öffentlich den Eindruck erwecken, als ob sie mit dieser Veranstaltung nichts mehr zu tun hätten. Das ist falsch. Wir haben uns an die Rechtslage zu halten und dürfen nicht den Eindruck erwecken, dass wir uns das zu Eigen machen können. Wir haben diese Zuständigkeit nicht. Sie sollten auch nicht diesen Eindruck erwecken.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat die für sie vorgesehene Redezeit jetzt genau um 15 Minuten und 55 Sekunden überzogen. Deshalb erhält der Herr Kollege Schünemann noch einmal eine Redezeit von bis zu fünf Minuten.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie die Landesregierung, der Innenminister, der Umweltminister und auch der Ministerpräsident mit diesem Thema umgehen, macht mich wirklich betroffen, zumal wenn man sich vor Augen führt, wie gerade der Umweltminister argumentiert und die Zuständigkeiten links und rechts vorgelesen hat. Meine Damen und Herren, es geht hier darum, dass Menschen Angst hatten und nicht wussten, wie stark sie gefährdet sind, und dass Menschen tatsächlich belastet worden sind. Dann erst nach vier Tagen zum ersten Mal vor Ort zu sein und zu sagen „Die Behörden vor Ort haben das vielleicht nicht richtig gemacht“, kann doch nicht wahr sein! Das können die Leute vor Ort nicht verstehen.
Herr Umweltminister Jüttner, wenn Sie hier sagen, dass die Zuständigkeit bei der Bahn oder vielleicht auch vor Ort liegt, dann kann ich auch nicht nachvollziehen, dass Sie am Freitag Folgendes ausgeführt haben:
„Ich war hochgradig erstaunt, dass die Beteiligten vier Tage nach dem Unglück erstmals in einer Lagebesprechung zusammen gesessen und über Zuständigkeiten geredet haben.“
Sie waren nach vier Tagen nicht richtig informiert. Sie hatten sich bis zu diesem Tag nicht informiert. Denn sonst hätten Sie gewusst, dass das Ganze nicht vernünftig gehandelt wird.
Meine Damen und Herren, in Niedersachsen ist ein schweres Unglück passiert. Wenn Sie sich allein die Fotos von dieser Explosion ansehen und sich auch einmal den Bericht aus Schleswig-Holstein über das ansehen, was dort 1989 passiert ist und welche Spätfolgen sich dort eingestellt haben, dann müssen Sie in einem solchen Fall sofort tätig werden. Mir ist egal, was links und rechts steht. Es geht darum, dass den Menschen geholfen wird. Wenn es Versäumnisse gegeben hat - der Ministerpräsident hat eben all die Versäumnisse klar genannt -, dann ist die Landesregierung gefordert, sofort zu handeln. Wenn das am Montag passiert, dann muss sie am Dienstag handeln.
Ich möchte Ihnen noch einmal darlegen, auf welcher Grundlage die Landesregierung zuständig ist. Das ist zum Teil schon angesprochen worden. Sie ist einmal nach dem Gefahrenabwehrgesetz zuständig. Das hat schon die Kollegin Harms gesagt. Ferner ist das Innenministerium eindeutig für die Fachaufsicht zuständig. Sie hätten sofort reagieren müssen. Auch in den Richtlinien des Bundesinnenministeriums, wie in solchen Schadensfällen vorzugehen ist, steht genau, was passieren muss.
Sie sollten auch einmal in Ihre Schublade gucken, Herr Umweltminister. Seit Mitte der 1980er-Jahre liegt ein Konzept darin. Das hätten Sie sich einmal ansehen müssen. Darin ist detailliert aufgeführt, wie in einem solchen Schadensfall reagiert werden soll. Es geht nicht an, dass man irgendwelche Arbeitskreise, eine Task Force oder so etwas bildet. Nein, einer muss zuständig sein, der richtig die Verantwortung hat! Herr Kollege Dr. Stumpf hat richtig gesagt: Es muss derjenige Verantwortung haben, der den Hut auf hat, der wirklich etwas regeln kann. Das liegt bei Ihnen im Ministerium. Sie lassen aber die Schublade zu
Nein, meine Damen und Herren, es hätte sofort reagiert werden müssen. Die Debatte zeigt, dass Sie mittlerweile eingesehen haben, dass Sie da einen Fehler gemacht haben. Ich hoffe nur, dass Sie daraus Konsequenzen ziehen.
Herr Ministerpräsident, Sie sind ja persönlich - zumindest stand es so in der Zeitung - von der Bürgerinitiative angefaxt worden, nämlich am 14. September.
Ist das richtig? - Dann ist es vielleicht nicht an Sie weitergeleitet worden. Zumindest hat die Bürgerinitiative gesagt, dass Sie informiert worden seien. Wenn sich schon der Kollege Jüttner und der Kollege Bartling nicht für zuständig erklären, dann ist es meiner Ansicht nach die Sache des Ministerpräsidenten, zu reagieren und vor allen Dingen die Minister dafür zuständig zu machen.
Die Kollegin Harms hat ja Recht: Wie war es denn bei der Flutkatastrophe? - Ich hätte das nicht gesagt, wenn Sie es nicht selber angesprochen hätten.
- Es gibt ja noch andere Kollegen, die dafür zuständig waren. Ich habe mir glaubhaft versichern lassen, wie es dort abgegangen ist.
(Lachen bei der SPD - Adam [SPD]: Uns machen Sie Vorwürfe, aber bei Ihnen gibt es „andere Kollegen“! Das ist reiner Populismus, was Sie hier machen! Das erzählen Sie mal den Menschen, die vom Hochwasser be- troffen sind!)
Wenn ich mir angucke, wie man sich dort eingesetzt hat, als die Kameras liefen, und wie man sich jetzt nicht kümmert, wo es tatsächlich eine Gefährdung der Menschen vor Ort gibt, dann kann ich das
Wir reagieren ja nicht nur, wenn ein solcher Schadensfall tatsächlich eingetreten ist. Sehen Sie sich einmal die Entschließungsanträge aus den letzten Jahren, insbesondere aus dem November des letzten Jahres, an. Im November haben wir einen Antrag zum Katastrophenschutz hier in den Landtag eingebracht, in dem wir die Landesregierung aufgefordert haben, ein vernünftiges Risikomanagement aufzubauen und Zuständigkeiten klar zu regeln. Darum haben Sie sich nicht gekümmert.
(Adam [SPD]: Sie kennen ja noch nicht einmal den Unterschied zwi- schen Katastrophenschutz und Zivil- schutz!)
Wenn Sie sich vernünftig um diese Angelegenheit gekümmert und sich in Ihrem Ministerium angesehen hätten, was dort schon alles in Ihrer Schublade liegt, dann hätten Sie hier ganz klar die Zuständigkeit gehabt und hätten Sie die Menschen vor Ort nicht im Regen stehen lassen. Das muss man Ihnen vorwerfen.
Herr Kollege Schünemann, Sie haben die Redezeit jetzt auch schon überschritten. Bitte kommen Sie zum Schluss!
Meine Damen und Herren, wenn man mit den für Katastrophenschutz zuständigen Bediensteten und mit denjenigen, die dort vor Ort sind, spricht, dann ist völlig klar, worauf es ankommt: Kommunikation, Koordination und Kooperation sind das Wichtigste. Das hat hier im schlimmsten Fall nicht funktioniert. Wir fordern Sie auf, jetzt endlich einzusehen, dass Sie dort einen Fehler gemacht haben. Aus Fehlern kann man lernen. Aus diesen Fehlern müssen Sie lernen, damit die Menschen in einem solchen Fall tatsächlich vernünftig geschützt werden können.
(Beifall bei der CDU - Adam [SPD]: Dann sprechen Sie mal mit den Leu- ten vor Ort! Sie waren nicht vor Ort! Sprechen Sie mal mit der Feuerwehr! Die erzählt Ihnen etwas ganz ande- res!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, auch die weiteren Beiträge - mit Ausnahme des Beitrags des Kollegen Schröder - haben gezeigt, dass in der Tat versucht wird, aus einem Ereignis, für das die Landesregierung weder in der Ursache noch in der weiteren Handhabung verantwortlich war, einen Anlass zu konstruieren, um der Landesregierung vorzuwerfen, Kollege Schünemann, was der eine oder andere Minister hätte tun müssen. Ich kann nur im Konjunktiv sagen: Wenn es denn eine Katastrophe gewesen wäre! Sie waren doch auch erst am Freitag zum ersten Mal in Bad Münder.
Meine Damen und Herren, ich muss Ihnen jetzt ein paar Daten vortragen. An jenem Abend war um 21.27 Uhr, ungefähr eine halbe Stunde nach dem Ereignis, der Gefahrgutbeauftragte des Landkreises alarmiert. Messfahrzeuge waren dort an mehreren Stellen unterwegs. Die untere Wasserbehörde war alarmiert. Wir haben einen Umweltzug, einen ABC-Zug des DRK in Coppenbrügge. Kollege Schwarzenholz, in der Nähe des Kernkraftwerkes Grohnde existiert eine exzellent ausgebildete Messtruppe, die nicht nur ABC-Messungen machen kann, also nicht nur biologische oder chemische Messungen, sondern auch andere. Dieser Messtrupp war dort im Einsatz.
Die Rundfunkwarnung ist um 22.02 Uhr erfolgt. Die Bevölkerung hat davon Kenntnis bekommen. Die Polizei war unterwegs. Der Umweltzug des Landkreises ist eingetroffen, und es hat zahlreiche - ich wiederhole mich da - Messeinsätze gegeben.
Im weiteren Verlauf der Nacht ist dann, nachdem alle Messungen negativ verlaufen waren, mitgeteilt worden, dass das Ereignis ein Ende gefunden hat. Das Feuer war gelöscht, die Luft war gemessen. Dies waren die Signale, die sowohl an den Landkreis als auch an die Landesregierung gegangen sind.
Deswegen sehe ich überhaupt keinen Grund, am Freitag danach so zu tun, als ob diese ganze Sache in der Verantwortung der Landesregierung gelaufen sei. Sie tun den Kräften vor Ort einen Tort an, weil Sie ihnen unterstellen, dass sie mit der Sache nicht fertig geworden seien. Das stimmt nicht, Herr Schünemann! Gehen Sie mal zu meinen Leuten vor Ort und erkundigen sich, wie die sich dort engagiert haben.
Noch einmal, damit das hier keine Legendenbildung gibt: Wir sind für die Aufklärung der Ursache. Das betrifft die Bahn. Ein weiterer Punkt. Ich weiß nicht, welcher Minister es eben gesagt hat, nach meiner Erinnerung der Ministerpräsident. Es muss schneller gehen, eine elektrifizierte Bahnstrecke abzuschalten und zu entladen, und die Feuerwehr muss vor Ort handeln können. So, wie ich das sehe, ist eine Stunde vergangen, bevor sie löschen konnte. Wären die Erdung und die Entspannung gleich erfolgt, wäre es möglicherweise gar nicht zu der zweiten großen Explosion gekommen. Wir hätten dann heute nicht einmal mehr einen Streitpunkt gefunden, über den wir uns hätten auseinander setzen können.
Da liegt nach meiner Meinung der eigentliche Fehler. Alle Informationssysteme, das TUISSystem, die Firma Honeywell aus Seelze, mit der die Deutsche Bahn AG zusammenarbeitet, sind informiert und, so schnell es ging, auch vor Ort gewesen. Deswegen können Sie eben nicht eine Katastrophe konstruieren; denn das hätte in der Tat die eine oder andere Kritik an Mitgliedern der Landesregierung berechtigt. Es war ein Unfall, der alles in allem glimpflich abgelaufen ist.