Protokoll der Sitzung vom 23.10.2002

Lassen Sie uns zu den Finanzen kommen. 2 500 zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer bedeuten Kosten in Höhe von 100 Millionen Euro. Dafür haben Sie keinen Finanzierungsvorschlag vorgelegt.

(Zuruf von der CDU)

Sie fordern mehr für die Polizei, mehr für die Kommunen, mehr für den Straßenbau, mehr für alle Bereiche, machen jedoch keinen Deckungsvorschlag für den Haushalt 2002/2003. In Ihrem Zukunftsprogramm schreiben Sie, dass Sie das alles machen und gleichzeitig Schulden abbauen wollen. Wie Sie das machen wollen, Herr Busemann, ist uns völlig schleierhaft.

(Möllring [CDU]: Weil Sie es auch nicht können!)

Sie müssen aufpassen, dass Sie in den Medien und in der Öffentlichkeit nicht als finanzpolitischer Scharlatan dargestellt werden.

(Beifall bei der SPD – Frau Seeler [SPD]: Das ist er doch schon längst! - Zuruf von Busemann [CDU] - Glocke des Präsidenten!)

Meine Damen und Herren, die gesamte CDUFraktion muss sich mathematisch und finanzpolitisch betrachtet den Vorwurf gefallen lassen, dass

sie sich immer mehr zur PISA-Fraktion entwickelt, weil sie augenscheinlich Rechnungen aufmacht, die kein Mensch nachvollziehen kann. Wenn Sie Ihr Wahlprogramm und das, was Sie hier vorgetragen haben, durchrechnen würden, dann wüssten Sie, dass das alles nicht finanzierbar ist.

Vor dem Hintergrund halte ich es für unerträglich, dass Sie den Eltern vormachen, sie würden ab einer bestimmten Zeit beitragsfrei sein. Das ist aus meiner Sicht, meine Damen und Herren, eine ganz schwierige Aufgabe. Das muss genau geprüft werden.

(Zuruf von der CDU: Lassen Sie es uns doch machen! Wir machen das! Wir leisten das!)

Meine Damen und Herren, wenn wir nach PISA dazu kommen wollen, in der Bundesrepublik Deutschland die Bildungslandschaft um Ganztagsschule, um Ganztagsbetreuung, um mehr Krippen und mehr Horte zu erweitern, müssen wir auch sagen, wie wir diese zusätzlichen Ausgaben finanzieren wollen. Ich finde es richtig, dass Herr Ministerpräsident Gabriel gesagt hat: Wir müssen gemeinsam den Mut haben, dann auch über weitere Einnahmen zu reden. Immer nur ohne weitere Einnahmen draufsatteln, das werden wir nicht machen können. Den Mut dazu haben Sie nicht. Das haben Sie beim Ehegattensplitting bewiesen. Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Herr Kollege Busemann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Noch einmal ganz kurz. Ich habe eben diese drei Reden in ihrer Hilflosigkeit gehört.

(Beifall bei der CDU - Lachen und Widerspruch bei der SPD)

Wir haben offenbar genau den richtigen Nerv getroffen. Das war wohl ein politischer Blattschuss.

(Beifall bei der CDU - Lachen bei der SPD)

- Ja, ja, man merkt doch, wie weh das tut.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Herr Mühe, Sie haben es ja mit der Historie. Da will ich Ihnen mal ganz deutlich etwas sagen. Manche wissen ja gar nicht mehr, was 1990 passiert ist.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Da sind Ihre Leute - Gerhard Schröder allen voran - mit dem Versprechen aufgetreten, 100 % der Personalkosten übernehmen zu wollen. Nach 12, 13 Jahren sind Sie bei 20 % angekommen und haben gleichzeitig noch die Vorschulen beseitigt. Nun sehen Sie mal, wer die Wähler betrogen hat, Sie oder andere Leute.

(Beifall bei der CDU)

Dann will ich den Herrn Ministerpräsidenten ansprechen. Sie gestehen mir an zwei Stellen zu, dass die Forderung im Prinzip inhaltlich richtig ist. Dann sind auch persönliche Diskreditierungen von Ihnen oder von anderen nicht angesagt. Dann ist die Forderung in der Sache erst einmal in Ordnung.

Frau Trauernicht, ob Sie nun im Mai mit diesen Vorstellungen und auch mit konkreten Finanzierungsvorschlägen angetreten sind, kann ich so nicht nachvollziehen. Ich lasse das letzte Jahr Revue passieren: Da war der erste Antrag, konkret in diese Richtung gelenkt, jener der CDU-Fraktion aus dem November des letzten Jahres.

(Beifall bei der CDU)

Wir wollen uns aber nicht über Urheberrechte bei der ganzen Geschichte streiten. Wir wissen, Bildung ist wahrscheinlich das Mega-Zukunftsthema. Da muss die Trendwende irgendwo anfangen. Man muss bereit sein, gerade im Bereich der Bildung, der Schule, des Kindertagesstättenwesens auch in schwieriger Zeit noch einmal einige Millionen Euro bereitzustellen. Das ist schwer genug; das wissen wir wohl.

(Zurufe von der SPD)

- Das ist schwer genug. Da braucht er hier keine lange Rede über die Landesfinanzen zu halten, wenn er für sich beschreiben will, dass er keinen Handlungsspielraum mehr hat. Dann kann er auch abtreten. Das ist ganz einfach.

(Beifall bei der CDU - Unruhe bei der SPD)

Achten Sie deswegen auch auf die feinen Hinweise, wenn wir das hier übernehmen sollten. Wahrscheinlich werden wir es übernehmen müssen, weil Sie es nicht mehr können.

(Lachen bei und Zurufe von der SPD - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

- Ja, ja, wir werden das schon übernehmen. Der erste Doppelhaushalt - das sage ich Ihnen ganz deutlich - wird sich sehr stark mit der Unterrichtsgarantie befassen. Dafür gibt es 2 500 zusätzliche Lehrer. Die Kosten sind durchfinanziert. Sie wissen das sehr genau.

(Lachen bei der SPD)

Im Haushalt der beiden Folgejahre werden dann die Kindertagesstätten Thema sein. Der dritte Jahrgang wird frei von Elternbeiträgen sein. Wenn Sie es nicht können, wir werden es machen. Danke.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von der SPD: Das war wieder keine Antwort, Herr Busemann!)

Der Herr Ministerpräsident hat sich noch einmal zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde, das ist eine wichtige Debatte. Herr Busemann, bei Ihrem Vergleich aus dem Jägerlatein mit dem Blattschuss sind Sie der erste Förster, der den Lauf aufs eigene Herz gerichtet hat.

(Heiterkeit bei der SPD)

Lassen Sie mich ein paar Bemerkungen machen.

Erstens. Ich rate Ihnen, Herr Busemann: Wenn Sie über Pädagogik, über Kinder, über Schulen reden,

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

dann verlieren Sie nicht immer gleich die Fassung.

(Möllring [CDU]: Hat er doch gar nicht!)

- Na ja, das war doch eben wieder knapp vor dem Schulkrieg.

(Busemann [CDU]: In der Sache sind wir uns doch einig!)

- Nein, wir sind uns in der Sache nicht einig. Das will ich Ihnen auch gleich erläutern. Ich sage Ihnen: Versuchen Sie doch einmal, diese Debatten nicht immer nur mit Blick auf den von Ihnen angepeilten Wahltermin zu führen. Es ist doch nicht glaubhaft, wenn Sie jahrelang jede Diskussion in dem Bereich verweigern, dann aber auf einmal Ihr Kinderherz entdecken.

(Beifall bei der SPD – Möllring [CDU]: Der hat mehr Kinder als Sie!)

Zweitens. Nun sage ich Ihnen, wo wir uneinig sind. Es geht nicht um einen Bildungsauftrag im dritten Kindergartenjahr,

(Busemann [CDU]: Im Gesetz!)